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Hundertundvierundzwanzigstes Capitel.
Wie man den Weibern nicht trauen und keine Geheimnisse anvertrauen darf, da dieselben, wenn sie in Zorn gerathen, nichts verbergen.

Ein gewisser edler Ritter hatte einen König, von dem er sein Gut zum Lehn trug, schwer beleidigt, er schickte also einige andere Ritter zu ihm, daß sie sich für ihn in's Mittel schlagen sollten. Indessen erhielt er mit Mühe unter folgenden Bedingungen Gnade: er solle zum Hofe desselben halb zu Roß halb zu Fuß kommen, d. h. halb reitend halb zu Fuß gehend, und sollte mit sich den treusten Freund, den besten Lustigmacher und treulosesten Feind bringen. Der Ritter aber ward sehr traurig und überdachte bei sich, wie er das erfüllen könnte. Als er aber in einer Nacht einem Reisenden Herberge gewährt hatte, sprach er heimlich zu seiner Frau: ich weiß, daß der Fremde viel baares Geld bei sich hat, ich will, wenn Du damit einverstanden bist, ihn umbringen, und wir werden sein Geld erhalten. Jene aber sprach: der Plan ist gut. Wie nun aber Alle noch schliefen, da stand er in der Morgendämmerung auf, weckte den Fremden und hieß ihn seine Straße zu ziehen: er selbst aber schnitt eins seiner Kälber in Stücke und steckte es in einen Sack, dann weckte er seine Frau und gab ihr den Sack, damit sie denselben in einem Winkel des Hauses verstecken sollte, indem er ihr sagte: nur den Kopf und die Arme und Beine habe ich in den Sack gesteckt, den Körper aber habe ich in unserem Stalle vergraben. Als er also zu ihr gesprochen hatte, zeigte er ihr etwas Geld, als wenn er es dem ermordeten Fremden genommen hätte. Wie nun aber der Tag da war, daß er sich seinem Herrn vorstellen sollte, nahm er auf seine rechte Seite seinen Hund, seinen kleinen Sohn in seine Arme und seine Frau zu seiner Linken und zog also nach dem Schlosse. Wie er aber in die Nähe der Burg seines Herrn kam, da legte er sein rechtes Bein über den Rücken seines Hundes, gerade als wenn er ritte, mit dem andern aber ging er auf der Erde, und zog also zu Fuß und zu Roß in die Burg seines Herrn. Wie aber der König dieses gewahr wurde, wunderte er sich mit denen, welche bei ihm standen. Der Richter aber sprach zu jenem: wo ist Dein getreuster Freund? Sogleich zog dieser sein Schwert aus der Scheide und brachte damit seinem Hunde eine schwere Wunde bei, und dieser lief mit Schmerzen und Geheul hinweg. Nachher rief ihn der Ritter zurück und der Hund kam wieder zu ihm, und er sagte: sehet, hier ist mein getreuster Freund. Hierauf sprach der König: Du sagst die Wahrheit, wo ist aber Dein Lustigmacher? Hierauf antwortete ihm der Ritter: siehe hier ist mein kleiner Sohn, er spielt vor mir und macht mir vieles Vergnügen. Hierauf sagte der König: wo ist nun Dein größter Feind? Sogleich gab der Ritter seiner Frau eine Ohrfeige und sprach: warum siehst Du meinen Herrn, den König so frech an? Jene antwortete aber sogleich: o Du verfluchter Mörder, warum schlägst Du mich, hast Du nicht in Deinem eigenen Hause einen erbärmlichen Todschlag verübt und wegen einer geringen Geldsumme einen Fremden umgebracht? Da gab ihr der Ritter noch eine zweite Ohrfeige und sprach: schämst Du Dich nicht so Deinen eigenen Sohn hier zu beschimpfen? Gleich gerieth sie in volle Wuth und sprach: kommt mit, ich will Euch den Sack zeigen, in welchen er den Kopf und die Arme des getödteten Fremdlings gesteckt hat, und den Stall, wo er seinen Körper vergraben. Wie sie aber dort angelangt waren, um die Sache zu untersuchen, und die Frau den Ort angab, gruben sie sogleich nach, erstaunten aber, als sie das Kalbfleisch erblickten, und weil sie die List des Ritters erkannten, erhoben sie ihn mit verdienten Lobsprüchen. Dieser aber wurde nachher an seinen König durch das Band der Liebe als sein Vertrauter gefesselt.


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