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Kolchis. Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen, im Hintergrunde das Meer. Am Gestade desselben ein Altar, von unbehauenen Steinen zusammengefügt, auf dem die kolossale Bildsäule eines nackten, bärtigen Mannes steht, der in seiner Rechten eine Keule, um die Schultern ein Widderfell trägt. Links an den Szenen des Mittelgrundes der Eingang eines Hauses mit Stufen und rohen Säulen. Tagesanbruch.
Medea, Gora, Peritta, Gefolge von Jungfrauen.
Beim Aufziehen des Vorhanges steht Medea im Vorgrunde mit dem Bogen in der Hand in der Stellung einer, die eben den Pfeil abgeschossen. An den Stufen des Altars liegt ein, von einem Pfeile durchbohrtes Reh.
Jungfrauen (die entfernt gestanden, zum Altare hineilend).
Das Opfer blutet!
Medea (in ihrer vorigen Stellung).
Traf's?
Eine der Jungfrauen.
– Gerad' ins Herz!
Medea (indem sie den Bogen abgibt).
Das deutet Gutes; laßt uns eilen denn!
Geh' eine hin und spreche das Gebet.
Gora (zum Altar tretend).
Darimba, mächtige Göttin
Menschenerhalterin, Menschentöterin
Die den Wein du gibst und des Halmes Frucht
Gibst des Weidwerks herzerfreuende Spende
Und des Todfeinds Blut:
Darimba, reine, magdliche
Tochter des Himmels,
Höre mich!
Chor.
Darimba, mächtige Göttin,
Darimba! Darimba!
Gora.
Sieh ein Reh hab' ich dir getötet
Den Pfeil schnellend vom starken Bogen
Dein ist's! Laß dir gefallen sein Blut!
Segne das Feld und den beutereichen Wald
Gib, daß wir recht tun und siegen in der Schlacht
Gib, daß wir lieben den Wohlwollenden
Und hassen den, der uns haßt.
Mach' uns stark und reich, Darimba,
Mächtige Göttin!
Chor.
Darimba, Darimba!
Gora.
Das Opfer am Altar zuckt und endet,
So mögen deine Feinde enden, Darimba!
Deine Feinde und die unsern!
Es ist Medea, Aietes' Tochter,
Des Herrschers von Kolchis fürstliches Kind
Die empor in deine Wohnungen ruft
Höre mich, höre mich
Und erfülle was ich bat!
Chor (mit Zimbeln und Handpauken zusammen schlagend).
Darimba, Darimba!
Mächtige Göttin!
Eriho! Jehu!
Medea.
Und somit genug! Das Opfer ist gebracht,
Vollendet das zögernde Geschäft.
Nun Pfeil und Bogen her, die Hunde vor,
Daß von des Jagdlärms hallendem Getos
Der grüne Wald ertöne nah und fern!
Die Sonne steigt. Hinaus! hinaus!
Und die am schnellsten rennt und die am leichtsten springt
Sei Königin des Tags. –
Du hier Peritta? Sagt' ich dir nicht,
Daß du mich meiden sollst und gehn? So geh!
Peritta (knieend).
Medea!
Medea.
Kniee nicht! Du sollst nicht knien!
Hörst du? In deine Seele schäm' ich mich.
So feig, so zahm! – Mich schmerzt nicht dein Verlust,
Mich schmerzt, daß ich dich jetzt verachten muß
Und hab' dich einst geliebt!
Peritta.
O wüßtest du!
Medea.
Was denn? – Stahlst du dich neulich von der Jagd
Und gingst zum Hirten ins Tergener Tal?
Tatst du's? Sprich nein! Du Falsche, Undankbare!
Versprachst du nicht du wolltest mein sein, mein
Und keines Manns? Sag' an, versprachst du's?
Peritta.
Als ich's gelobte wußt' ich damals –
Medea.
Schweig!
Was braucht's zu wissen, als daß du's versprachst.
Ich bin Aietes' königliches Kind
Und was ich tu' ist recht weil ich's getan.
Und doch, du Falsche! hätt' ich dir versprochen
Die Hand hier abzuhaun von meinem Arm
Ich tät's; fürwahr ich tät's, weil ich's versprach.
Peritta.
Es riß mich hin, ich war besinnungslos,
Und nicht mit meinem Willen, nein –
Medea.
Ei hört!
Sie wollte nicht und tat's! – Geh du sprichst Unsinn.
Wie konnt' es denn geschehn
Wenn du nicht wolltest. Was ich tu' das will ich
Und was ich will – je nu das tu' ich manchmal nicht.
Geh hin in deines Hirten dumpfe Hütte
Dort kaure dich in Rauch und schmutz'gen Qualm
Und baue Kohl auf einer Spanne Grund.
Mein Garten ist die ungemeßne Erde
Des Himmels blaue Säulen sind mein Haus
Da will ich stehn des Berges freien Lüften
Entgegen tragend eine freie Brust
Und auf dich niedersehn und dich verachten.
Hallo! in Wald! Ihr Mädchen in den Wald!
Indem sie abgeben will kömmt von der andern Seite ein Kolcher.
Kolcher.
Du Königstochter, höre!
Medea.
Was? Wer ruft?
Kolcher.
Ein Schiff mit Fremden angelangt zur Stund'!
Medea.
Dem Vater sag' es an. Was kümmert's mich!
Kolcher.
Wo weilt er?
Medea.
Drin im Haus!
Kolcher.
Ich eile!
Medea.
Tu's!
(Der Bote ab ins Haus.)
Medea.
Daß diese Fremden uns die Jagdlust stören!
Ihr Schiff, es ankert wohl in jener Bucht,
Die sonst zum Sammelplatz uns dient der Jagd.
Allein was tut's! Bringt lange Speere her
Und nahet ein Kühner, zahl' er's mit Blut!
Nur Speere her! doch leise, leise, hört!
Denn säh's der Vater wehren möcht' er es.
Kommt! – Dort das Mal von Steinen aufgehäuft
Seht ihr's dort oben? Wer erreicht's zuerst?
Stellt euch! – Nichts da! Nicht vorgetreten! Weg!
Wer siegt hat auf der Jagd den ersten Schuß:
So, stellt euch und wenn ich das Zeichen gebe
Dann wie der Pfeil vom Bogen fort! Gebt Acht!
Acht! – Jetzt! –
Aietes ist unterdessen aus dem Hause getreten, mit ihm der Bote, der gleich abgeht.
Aietes.
Medea!
Medea (sich umwendend aber ohne ihren Platz zu verändern).
Vater!
Aietes.
Du, wohin?
Medea.
In Wald!
Aietes.
Bleib jetzt!
Medea.
Warum?
Aietes.
Ich will's. Du sollst.
Medea.
So fürchtest du, daß jene Fremden –
Aietes.
Weißt du also? –
(Näher tretend, mit gedämpfter Stimme.)
Angekommen Männer
Aus fernem Land
Bringen Gold, bringen Schätze,
Reiche Beute.
Medea.
Wem?
Aietes.
Uns, wenn wir wollen.
Medea.
Uns?
Aietes.
's sind Fremde, sind Feinde,
Kommen zu verwüsten unser Land.
Medea.
So geh hin und töte sie!
Aietes.
Zahlreich sind sie und stark bewehrt
Reich an List die fremden Männer,
Leicht töten sie uns.
Medea.
So laß sie ziehn!
Aietes.
Nimmermehr.
Sie sollen mir –
Medea.
Tu was du willst
Mich aber laß zur Jagd!
Aietes.
Bleib, sag' ich, bleibe
Medea.
Was soll ich?
Aietes.
Helfen! Raten!
Medea.
Ich?
Aietes.
Du bist klug, du bist stark.
Dich hat die Mutter gelehrt
Aus Kräutern, aus Steinen
Tränke bereiten,
Die den Willen binden
Und fesseln die Kraft.
Du rufst Geister
Und besprichst den Mond
Hilf mir, mein gutes Kind!
Medea.
Bin ich dein gutes Kind!
Sonst achtest du meiner wenig.
Wenn ich will, willst du nicht
Und schiltst mich und schlägst nach mir;
Aber wenn du mein bedarfst
Lockst du mich mit Schmeichelworten
Und nennst mich Medea, dein liebes Kind.
Aietes.
Vergiß Medea was sonst geschehn.
Bist doch auch nicht immer wie du solltest.
Jetzt steh mir bei und hilf mir.
Medea.
Wozu?
Aietes.
So höre denn mein gutes Mädchen! –
Das Gold der Fremden all und ihre Schätze –
Gelt lächelst?
Medea.
Ich?
Aietes.
Ei ja, das viele Gold
Die bunten Steine und die reichen Kleider
Wie sollen die mein Mädchen zieren!
Medea.
Ei immerhin!
Aietes.
Du schlaue Bübin, sieh,
Ich weiß dir lacht das Herz nach all der Zier!
Medea.
Kommt nur zur Sache, Vater!
Aietes.
Ich –
Heiß dort die Mädchen gehn!
Medea.
Warum?
Aietes.
Ich will's!
Medea.
Sie sollen ja mit mir zur Jagd.
Aietes.
Heut keine Jagd'
Medea.
Nicht?
Aietes.
Nein sag' ich und nein! und nein!
Medea.
Erst lobst du mich und –
Aietes.
Nun, sei gut, mein Kind!
Komm hierher! Weiter! hierher, so!
Du bist ein kluges Mädchen, dir kann ich trauen.
Ich – –
Medea.
Nun!
Aietes.
Was siehst du mir so starr ins Antlitz?
Medea.
Ich höre Vater!
Aietes.
O ich kenne dich!
Willst du den Vater meistern, Ungeratne?
I ch entscheide was gut, was nicht.
Du gehorchst. Aus meinen Augen Verhaßte!
(Medea geht.)
Bleib! – Wenn du wolltest, begreifen wolltest –
Ich weiß du kannst, allein du willst es nicht!
– So sei's denn, bleib aus deines Vaters Rat
Und diene, weil du dienen willst.
(Man hört in der Ferne kriegerische Musik.)
Aietes.
Was ist das? Weh sie kommen uns zuvor!
Siehst du Törin?
Die du schonen wolltest, sie töten uns!
In vollem Zug hierher die fremden Männer!
Weh uns! Waffen! Waffen!