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Wurst wieder Wurst / und der Magd ein Trinckgelt.
JCh hatte zwar dieselbe gantze Nacht kein Aug zugethan / und dannoch war ich eben so fertig in die Apotheck zu gehen / als die Beschliesserin / die ihren Theil geschlafen: dann der Apothecker war mir verwandt / und nur von meinetwegen meines Weibs Vetter / über das war er je und allweg mein vertrauter Hertzens-Freund / und von Jugend auff mein Schulgesell gewesen: so daß ich mich keines andern gegen ihm versehen konte / als daß er mir in diesem Handel / darinn ich seiner nicht wol entberen konte / mehr Treu als meinem Weib erweisen würde / welche ich vor dißmal mit seiner Hülff betrügen wolte / damahl sah ich die Beschliesserin nackend / als sie auffstund / und befande sie so anmutig / so schön! so liebreitzend und so wol proportionirlich formirt / daß ich den Fritzen nicht verdencken konte / daß er ihr sein Hertz geschenckt / aber ich gedachte ihm diß gute Bißgen drumb nicht so fett zukommen zu lassen / dann ich entschlosse mich / gleich meines Weibs Untreu / die sie zwar nur in Sinn genommen / an ihr würcklich zu revengiren / wann ich ihr thät / was mein Weib ihr vom Doctor thun zu lassen vor hätte / ob ich gleich besagtem meinem Weib sonst allweg treu verblieben / auch ihr solche Untreu zu erweisen / die Tag meines Lebens niemal in Sinn genommen:
Wer war aber anders schuldig dran als mein schönes Weib / die mich mit Vorzeigung dieser Schönheit gleichsam geludert / und ohne Zweiffel mit ihrem Ehebrecherischen Discurs, und eygenen würcklichen Beginnen dem guten Mägdgen auch lange Zähn gemacht. Jch gieng mit ihr auß meines Weibs Cabinet / und sahe sie mit Lust die Cappaunen abwürgen / mich darauff freuende / wie wir sie so lustig miteinander verzehren wolten / ehe sie nun der Köchin befahle / was sie darmit machen solte / und sich mutzte in die Apotheck zu gehen / da gieng ich ihr vor / und kam eben dahin / als die Apothecker-Gesellen die Apotheck geöffnet / und geschefftig waren / die Zierrathen auff den Laden zu setzen: Jch kame zwar unsichtbar in das Hauß / aber nachdem ich einen Winckel gesehen / allwo ich versichert war / daß mein Naßtüchel sampt der Unsichtbarkeit dort wol verwahrt ligen bleiben würde / legte ichs hin / liesse mich sehen / und fragte nach dem Haußherrn: der stack aber noch in den Federn biß über die Ohren.
Dieweil ich dann mehr Recht in diesem Ort wegen der Vertreulichkeit / in deren ich mit dem Apothecker stunde / mir anzumassen gewohnet war / als wann ich das Kind im Hauß gewest wäre: so weckte ich ihn auff / nam ihn in seine obere Stub / und erzehlet ihm alle Händel meines Weibs: nichts verschwiege ich ihm / als eintzig diß / daß ich mich unsichtbar machen könte: Ja ich vertrauet ihm auch meinen Anschlag / den ich vor hatte / mein Weib nicht allein mit Betrug artlich zu hintergehen / sondern ihr auch die Untreu / die sie mir zu beweisen sich vorgesetzt / mit einer andern zu bezahlen: das war nun eine gemähete Wiese vor ihn / dann er war ein solcher Compan, dems Hertz im Leibe lacht / wann er so etwas dergleichen anstellen solte helffen.
Das erste das er thät / war diß / daß er seinem Haußgesind gebot / meine Gegenwart zu verhölen / hernach liesse er Mandlen zum Marzapan zurichten / den mein Weib bestellen würde / Bißquid / Macronen / Nürnberger Lebkuchen / und deß Dings hatte er ohne das genug im Vorrath: doch machte er meinem Weib ein dutzet Macronen zu Gefallen / ihr solche im Kauff zu verehren / die er trefflich mit Pley-Zucker vermischte / so ihren hitzigen Nieren zur Kühlung taugen solte: Es muste alles in der Apotheck arbeiten / damit ja mein Weibgen nicht verhindert würde / uns mit einem guten Schlamp zu verehren: den Marzapan zierte er überall mit flammenden Hertzen / und einem Pfeil dardurch / mit Hand-Treuen und dergleichen Phantastereyen / so die Verliebte in ihren Schilden führen / der Spruch drumb her lautet also:
Mein Lieb und Treu Wird täglich neu! |
Und unter solchem Geschäfft erwarten er und ich der Beschliesserin mit grossem Verlangen.
Dieselbe kam endlich über ein Stund oder anderthalbe nach mir mit ihrem Schreiben angestochen: Aber ach leyder! das arme Ding hat in der Eyl das unrechte / nemlich das jenige erwischt / worauff es lautet: An den Herrn Doctorem Louis Adolphi einzuhändigen! Der Apothecker / welcher gar ein arger Vocativus ist / sagte: Die Jungfer komme nur mit mir herein / und erbrach indessen das Schreiben / gleichsam als in der Eyl / doch also / daß er das Siegel nicht versehrte / ohnangesehen er zuvor wol wuste / und von mir erfahren / was darinn stünde: wie er nun die Uberbringerin Abweg gebracht von seinen Leuten / und im Brieff zu lesen anfangen wolte / sagte er: Ey potz Glück Jungfer / was habt ihr gemacht? Jch habe gemeynet / ihr hättet mir ein Schreiben an mich geben / so sehe ich aber wol / es gehöret einem Doctor! Was Raths! es ist einmal erbrochen? Darüber wurde meine Beschliesserin gantz bestürtzt / und überall so roth / wie eine glüende Kohl: Ey Jungfer sagte der Apothecker / sie darff so hoch nicht erschrecken / wann sie auch eins an mich hat / so geb sie es nur immer her / ich will schon sehen / daß ich diß an den Doctor wieder zukleibe / daß ers nicht mercken soll: darauff langte sie ihm auch das auß ihrem Sack / so an ihn stunde: Er aber sagte zu ihr / damit die Jungfer sehe / daß ich ihrer Frauen Heimlichkeiten nicht zu wissen begehre / so komme sie mit mir herauff / und sehe zu / daß ich nicht einmal lesen / sondern es wieder beschliessen werde / damit sie deßwegen ausser Gefahr sey / und also brachte er sie zu mir in die obere Stub.
Man kan wol erachten / wie das gute Mensch erschrocken sey / als sie mich so unversehens vor ihr stehen: und zugleich den Apothecker die beyde Schreiben in Händen halten sahe: dieser warff selbige auff den Tisch / und sagte / sehet Mensch / da habt ihr euren Herrn / mit dem möcht ihrs außmachen / ich hab jetzt anders zu thun / gieng darmit zur Stub hinauß / schlosse die Thür hinder ihm zu / und steckt den Schlüssel in Sack.
Jch weiß nicht / wer im Anfang unter uns beyden mit dem andern am mehristen zu schaffen gehabt? Sie mit mir / mich umb Verzeyhung zu bitten / oder ich mit ihr sie zu trösten? Nachdem sie aber wieder ein wenig zu ihr selbst kommen war / stellte ich ihr beydes meines Weibs / und ihr eygen Verbrechen vor Augen / und hielte ihr vor / daß jenes den Tod / das ihrig aber auffs wenigst die Außsteupung verdienet hätte: doch könte ich beyden / wann ich die Würckung der Liebe bedencken wolte / leicht verzeihen: lag ihr darauff einen gantzen Last-Wagen voll vor / was massen ich sie / die Beschliesserin / schon vor langer Zeit hero inbrünstig geliebt: und dannoch meine Liebes-Schmertzen verborgen / und meinem Weib zu Ehren Lieb und Treu / mit unleidenlicher Gedult getragen hätte: So ich ihr aber nunmehr die Hand im Sack erwischt / und vor Augen sehe / daß sie solche meine Treu mit Untreu belohnen / und mir auß dem Geschirr schlagen wolte / so wäre ich verhoffentlich nicht zu verdencken / wann ich auch meinen Begierden den Zaum lassen / und mein Weib mit ihrer Müntz bezahlen werde: Jch näherte mich auch darauff zu ihr mit solchen liebreitzenden Geberden / wie es die Beschaffenheit meiner damahligen Gelegenheit erfordert / und reitzte sie mit grossen Verheissungen dermassen / daß ich sie nemlich künfftig vor allen andern Weibsbildern in der gantzen Welt eintzig vor meine Allerliebste halten / und sie meinem grossen Vermögen nach mit der Zeit wol versorgen wolte / biß sie endlich das küssen annam / und zu mir sagte / ich sehe wol / daß mein Kräntzlein prædestinirt ist / in diesen 24. Stunden verlohren zu gehen / von einem / der sich umb seinetwegen selbst umbbringen wolte / hab ichs erst diese Nacht errettet / nun aber gehets auß meinem eygenen Ubersehen dahin: doch will ichs lieber einem solchen Mann / wie der Herr Vetter ist / gönnen / als einem leichtfertigen Betrüger / der dessen nicht werth ist;
Solcher Gestalt erlangte ich was ich wolte / und thät meinem Weib / was sie nie zu thun im Sinn hatte: Aber was vermeynestu wol / was der gerechte Richter an jenem grossen Tag hierzu sagen werde? Du wirst hierauff mit besserer Billichkeit / als die Hohepriester zu Jerusalem zum Juda sagen / da schaue du zu! Diß war zwar die geringste Frucht meiner Unsichtbarkeit! es setzte nachgehende wol erschröcklichere Schnitz! so / daß es wol bey mir hiesse:
Jch fiel je längr je tieffer drein / Kein guts war an dem Leben mein. |
Aber es gehet nicht anderst zu / wann man umb deß verfluchten Gelts und Guts willen Gottes und seines Worts vergist / geschweige / wann man sich der Zauberer Hülffe gebraucht / solches zu erlangen: ich vermeynte damals / als ich diß unschuldige / einfältige und fromme Schäflein zu Fall gebracht / ich hätte alles wol außgericht / und mich an meinem Weib / dem elenden Werckzeug dapfferlich gerochen; aber hätte ich in meinem Garten / da ich die von ihrer Zierde entblößte Blumen-Zwiebeln in der Erde betrachtet / den heiligen Einsprechungen meines guten Engels gefolgt / so hätte ich Christlich und weislicher gethan / und es wärs weder mit mir noch meinem Weib / viel weniger mit diesem armen Mägdgen nimmermehr so weit kommen! hätte ich den fahrenden Schüler so lang zaubern lassen als er gewolt ohne mich / so wäre ich in dieser Antrettung der Sündenbahn nicht zugleich ein Ehebrecher und Jungfrauen-schänder worden.
Vor dißmal aber betrachtet ichs nicht so weit / sondern war nur drauff bedacht / wie ich den Possen / welchen ich meinem Weib auch reissen wolte / Werckstellig machen möchte; Unterliesse auch darneben gar nicht / mit meiner Beschliesserin noch ein paar mahl zu widerholen / was ich mit ihr angefangen; und als sie mit weinenden Augen mir ihr Sorg entdeckte / sie möchte vielleicht hierdurch unter die Zahl der Mütter kommen / gab ich ihr diesen Rath zum Trost / sie solte alsdann unsern Fritzen / wann sie es merckte / bey Zeiten zum Vatter einkommen lassen.
Jndessen hatte der Apothecker sein Marzapan verfertigt / das gaben wir der Beschliesserin mit / und unterrichteten sie / wie sie mein Weib überreden solte / sie hätte so lang drauff warten müssen / umb der Frauen solches zu zeigen / dann der Apothecker gesagt / so fern ihr diß / daran er eben gemacht / nicht beliebig / so könte er ihr wegen anderer Geschäfften vor sinckender Nacht kein anders verfertigen; Wir gaben ihr auch das Schreiben widerumb verschlossen an den Monsieur Docteur Louis mit nach Hauß / damit sie / wann etwan die Frau darnach fragte / nicht wie Butter an der Sonnen bestünde / und als wir vermeynten / sie wäre kaum in meinem Hauß angelangt / siehe / da kam sie widerumb / das übrig Confect auch abzuholen: Ob ich nun gleich ungezweifelt vermeynte / ich hätte die Beschliesserin durch meine Freundlichkeit und ansehenliche promessen gewonnen / daß sie mir treu seyn müste / so schenckte ich ihr doch zum Uberfluß / und auch vor ihr Kräntzlein ein halb dutzet Ducaten / damit sie eygentlich mit dem / was mein Weib ihr auffgeben würde / dem Doctor zu bringen / zu uns kommen / und mich vor alles übrige sorgen lassen solte: Sie versprachs und hielts auch / massen sie unlängst hernach mit einem schweren Korb voll Naschwerck / und einer Fläschen voll von meinem Necker-Wein beladen / zu deß Apotheckers hindern Garten-Thür / die wir ihr zu solchem Ende offen gelassen / angehauen kam: also gieng alles nach meinem Wunsch / wie dann auch mein Weib / die vor sie zum Geschenck mit Pley-Zucker verfertigte Macronen daheim behalten hatte / als welche wir durch hin und wider Zerbröcklung zu solchem Ende schadhaft: und also zu einer ansehenlichen Verehrung unscheinbar gemacht.