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Es ward ein Sulimann nur durch den Krieg ergetzt,
Der seinen Roßschweif oft mit frischem Blut benetzt;
Sein und der Feinde Land ward siegreich aufgerieben;
(O lernten Helden doch die leichte Wolfahrt lieben!)
Dem tapfern Pyrrhus gleich stritt er ohn Unterlaß;
Doch sahe der Vezier, ein andrer Cyneas,
Der wahren Grösse Freund, mit heimlichem Erbarmen
Der Herrschsucht Opferherd, das schöne Reich verarmen,
Hier Felder unbesät, dort Städt' in Flammen stehn
Und den kein Säbel fällt in Sclavenfesseln gehn.
Dieß sah er seufzend an; nur durft er es nicht wagen,
Bey Kriegesrüstungen den Frieden vorzuschlagen.
Doch seines Sultans Huld half dieser Blödigkeit
Und gab auf einer Jagd hiezu Gelegenheit.
Es hatte Sulimann die Beyen, Agas, Bassen,
Der ganzen Hofstat Zug, in schnellem Ritt verlassen.
Ihm folgte der Vezier, weil es sein Herr befahl,
Und beyde kamen bald in ein geweihtes Thal,
Wo noch zu Oßmanns Zeit ein alter Santon wohnte,
Abdallah, der Prophet, in dem die Weisheit thronte,
Der Omars grosser Sohn, ein Haupt der frommen Schaar,
Der Todes-Engel Freund, Azraels Liebling, war,
Der fast, wie Mahomet, die sieben Himmel kannte,
Und den ganz Asien vor vielen heilig nannte.
Sie wuschen sich allhier Gesicht und Arm und Hand,
Nach Art des Muselmanns, mit dürrem reinen Sand,
Und ehrten andachtvoll, an der bestaubten Stäte,
Abdallahs hohen Ruhm mit eifrigem Gebete.
Drauf hebt sich ein Gespräch von dessen Wundern an;
Da lächelt der Vezier und spracht zum Sulimann:
Ich habe, grosser Held, bereits vor vielen Jahren
Die schwerste Wissenschaft des Orients erfahren.
Und welche? Die vielleicht kein Imam eingesehn,
Kein Mufti lehren kan: Die Vögel zu verstehn.
Der Schwanen Sterbelied, was Staar und Aelster schwatzen,
Der Adler heisern Ruf, die Straussen und die Spatzen,
Des Pelikans Geschrey, selbst des Humai Stimm',
O Herr der Könige! versteht dein Ibrahim.
Ein Dervis hat mir das in Bagdad einst entdecket,
In dem Abdallahs Geist und Kraft zu Wundern stecket,
Der kennt den Alcoran; und der besitzt dabey
Die etwas schwarze Kunst der Caballisterey.
Die Probe fällt mir leicht, und die soll nimmer trügen.
Der Sultan höret dieß mit innigem Vergnügen,
Und kehrt bey Nacht zurück; da ihn Dianens Schein
Zwo Eulen sehen lässt, die unaufhörlich schrei'n.
Auf! ruft er; Ibrahim, du wirst dich zeigen müssen,
Was giebts? Was wollen die? Ich muß es alles wissen.
Der Großvezier gehorcht, und thut, als gäb er Acht
Zu forschen, was allhier die Vögel schwatzen macht;
Und endlich kömmt er schnell, als höchst bestürzt, zurücke.
O, spricht er: daß dein Reich der Mahomet beglücke!
Ich küß in tiefem Staub, Herr, deines Rockes Saum:
Nur gib, dein Azem fleht, gib einer Bitte Raum.
Verändre das Gebot; will ihm dein Wink befehlen,
So sey es, was er hört, dir ewig zu verhehlen,
Und – –
Was du itzt gehört soll mir verborgen seyn?
Mir! einem Sulimann! Nein, bey dem Allah! nein.
Sag an!
Der ganze Lerm betrifft nur Heirathsachen.
Zwey Väter sind bemüht, den Mahlschatz aufzumachen,
Womit des einen Sohn, zu beider Häuser Wol,
Des andern einzig Kind in kurzem freien soll.
Er muß, spricht dieser Greis, vor allen andern Dingen
Der Braut ein Heirathgut von funfzig Dörfern bringen,
Nebst einer wüsten Stadt, die, raubt der Tod den Mann,
Ihr Witwensitz verbleibt. Und wie? (hebt jener an)
Nur funfzig? O wie leicht ist dieses einzugehen!
Zweyhundert sollen dir, mein Freund, zu Diensten stehen.
Seit des Propheten Flucht war keine bessre Zeit:
Der Janitschar verhert die Länder weit und breit.
Es lebe Sulimann! er müsse lange leben!
So wird uns jedes Jahr schon Wüsteneien geben.
Hier schweiget der Vezier: der Kayser merkt es sich;
Er weiß ihm heimlich Dank, und folgt ihm öffentlich,
Beschleußt, der Menschen Werth nie weiter zu vergessen
Und lernt der Länder Heil nicht nach den Siegen messen. |