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Ein armes Gemäuer,
der Seele bar,
ein Herd ohne Feuer,
ein Antlitz, das teuer
mir ist und war.
Doch dahinter ist's hohl,
das Haupt ist leer:
keine Seele waltet im Körper mehr.
Das ist ein Wehe,
das ist kein Wohl
und macht dem Kinde das Herze schwer.
Bist du nicht meine liebe Kuh,
die mich treu und fromm gesäugt?
Aus toten Augen schaust du mir zu ...
Nicht leicht erträgt sich, was also äugt
aus Fensterhöhlen abgrundtief.
Dahinter Münder voll Gräberstaub,
Abgrundsschemen, stumm und taub.
Du aber stehst vor dem Spuk des Nichts
im grellen Scheine des Sonnenlichts,
Trompeten umschmettern, umwettern dein Bild,
kein Sterbechoral, frisch jubelnd und wild.
Frohes Gepränge ist's, was dich umrauscht. –
Und doch Steht einer inmitten allein
und lauscht
vor seinem Grabstein
dem Zwitschern geflügelter Harpyien,
die ihn ungesehen umschweben. –
Die Fenster des alten Gemäuers glühen:
sieh da, dein Begräbnis mitten im Leben!
Nun erhebt sich das Lob aus manchem Munde.
Stein,
du sollst sein
ein Kämpfer gegen das Vergessen,
immerdar ein Zeuge dessen,
dem wir dich in Liebe weihn! –
Welch seltsame Stunde
hält dich im Bann:
sie macht eine Wunde
und streichelt sie dann ...
Mit weitem Blick und hellem Ohr
sehe ich, höre ich festliches Grüßen.
Plötzlich verstummt's wie vor Grabestor.
Ihm entsteigen mit raschelnden Füßen
liebe Tote mit Knicksen und Grüßen.
Der Block von Granit,
das Bild in Erz,
das Festgewoge
voll Lust und Schmerz –
längst Verlaßnes, sinke zurück in die Zeit –
verlassen sei die Vergangenheit! –
Rolle, Rad, rolle hin, wie du längst getan,
in alle Weiten vom Ursprung an!
Wahn, Wahn und wiederum Wahn ...
Doch ich liebe den Wahn, und ich liebe die Bahn
von Wahn zu Wahn.
Der Wagen rennt durch verdüstertes Land,
Heimat, fremd und unbekannt.
Die Sonne erstickt am fernen Rand
düster vernebelter Hügelwogen:
ein rosinfarb schwelender Brand.
Hat dein Wandern dich, Wandrer, betrogen?
Der Himmel ist Stahl, die Luft ist Stahl,
die Fahrt durchschneidet ein düsteres Tal.
Die Frage ist Qual, die Antwort ist Qual –
und doch atmen wir alle in Gottes Saal.
Agnetendorf, 9. September 1932