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Der mächtigste Liebhaber der Welt – Napoleon

»Je déteste Josephine, parce qu'elle ne peut perpétuer ma race et qu'elle conserve toujours a son âge toutes les prétentions d'une jeune coquette« – »Ich verabscheue Josephine, denn sie ist nicht einmal imstande, mein Geschlecht fortzusetzen, und macht trotz ihres Alters noch immer die Ansprüche einer jungen Kokette.«

Dies Napoleons Worte – desselben Napoleons, der ein Jahrzehnt früher die leidenschaftlichsten Briefe an Madame Beauharnais gerichtet hat. Er war jetzt Kaiser.

Der Überflüssige
Merold

»Frankreich übersieht nicht länger ihre Beziehungen zu Barras, zu diesem Charles, und wer weiß, mit wem sonst noch.«

Aber dieser Napoleon schrieb als junger General an Josephine, eben damals, als diese Beziehungen zu Barras noch kaum erkaltet und ihre Zusammenkünfte mit jenem kleinen Leutnant gerade ein öffentlicher Skandal in Paris waren:

Lucrezia Borgia
Pinturicchio

»... Ich habe von Chattilon aus geschrieben, Geliebte, daß man Dir gewisse Gelder anweist, auf welche ich einen Anspruch habe. Nun entfernt mich jeder Augenblick weiter von Dir, und mit jedem Augenblick wird meine Kraft geringer diese Trennung zu ertragen. Unaufhörlich muß ich an dich denken, angebetete Freundin. Meine Phantasie quält sich, herauszubringen, was Du tust. Sehe ich dich traurig, so ist es, als zerre. Bist Du vergnügt und ausgelassen im Kreise Deiner Freunde, so werfe ich Dir vor, daß Du schon in drei Tagen die schmerzliche Trennung vergessen hast. Du erscheinst mir dann leichtfertig, ohne tieferes Gefühl.

Du siehst, es fällt mir schwer, zufrieden zu sein. Aber sofort denke ich anders, wenn ich mir vorstelle, Geliebte, daß Deine Gesundheit erschüttert ist, oder daß Du Dir über irgend etwas, das ich nicht erraten kann, Kummer machst. Dann ist mir die Schnelligkeit, mit der ich mich von Dir entferne, schrecklich.

Mir ist, als existiere Deine Güte für mich nicht mehr. Möge der Genius, der mich stets inmitten der größten Gefahren beschirmt hat, Dich in seinen Schutz nehmen und mich ungeschützt lassen! Ach, sei nicht zu lustig, sei ein wenig nachdenklich, einzig Geliebte! Schreibe mir, süße Freundin, und recht ausführlich, und biete mir Deine Lippen für tausend Küsse der wärmsten und aufrichtigsten Liebe.«

Dies schrieb der Siebenundzwanzigjährige der Frau, die fünfunddreißig zählte! Ihn erwarten in Italien Sorgen, Gefahr, Not und Kampf! Aber fast täglich findet er Zeit, ihr Briefe voll Feuer und Glut zu schreiben, während Josephine sich kaum die Mühe nimmt, zu antworten.

Ach, wie langweilig findet sie diese überströmende Zärtlichkeit! Und wie interessant ist Paris!

Eines Tages zerbrach das Glas über dem Medaillonportrait Josephines, das Napoleon immer bei sich trug.

Es war im Zeltlager, und Oberst Marmont, sein Freund, war eben zugegen.

Lola Montez

Napoleon wurde blaß, wandte sich an den Kameraden und stammelte:

»Marmont, meine Frau ist entweder sehr krank, oder sie ist mir untreu!«

Das eine war nicht der Fall, wohl aber das andere. Josephine fand Vergnügen daran, mit allerlei leichtfertigen jungen Galans zu schwärmen und zu flirten, während ihr Gatte in Italien für Frankreichs Ehre auf Tod und Leben kämpfte.

Böse Ahnungen quälten ihn. Schon drangen Gerüchte über die merkwürdige Lebensweise seiner Gemahlin bis nach Italien.

Von Schmerz zerrissen, von Sehnsucht geschüttelt, Schrieb er an Josephine:

»Mein Leben liegt wie ein Alp auf mir, der nicht weichen will. Eine verderbenkündende Ahnung verhindert mich zu atmen. Ich lebe nicht mehr. Aber ich habe mehr verloren, als das Leben, mehr als das Glück, mehr als die Ruhe, ich bin nahezu ohne Hoffnung. Ich schicke Dir einen Kurier. Er soll nur vier Stunden sich in Paris aufhalten und mir Deine Antwort überbringen. Schreibe mir zehn Seiten: das allein könnte mir Trost bringen. Du bist krank, du liebst mich, ich habe Dich in Kummer versetzt, Du bist guter Hoffnung, und deshalb soll ich Dich nicht sehen. Ich habe so viel Unrecht Dir gegenüber begangen, daß ich nicht weiß, wie ich es wieder gut machen, wie ich es sühnen soll. Ich schelte Dich, daß Du in Paris bleibst, und Du bist dort erkrankt. Verzeihe mir, meine Teuerste!

Die Liebe, die Du mir eingeflößt, raubt mir alle Vernunft. Ich werde sie nie wieder finden. Man erholt sich von einem solchen Übel nicht. Meine Ahnungen sind so entsetzlicher Art, daß ich mich darauf beschränken würde, Dich zu sehen, Dich zwei Stunden lang ans Herz zu drücken und dann mit Dir in den Tod zu gehen. Wer sorgt für Dich? Ich denke mir, Du hast Hortense zu Dir kommen lassen. Ich bin dem liebenswürdigen Kinde tausendmal mehr zugetan, seit ich denke, daß es Dir ein wenig Trost bringt. Für mich aber gibt es keinen Trost, keine Hoffnung, keine Ruhe, bis ich den Händen des Kuriers einen langen Brief von Dir entnehme, in welchem Du mir sagst, was für eine Krankheit Dich quält und inwiefern sie ernster Art sein könnte. Ist sie gefährlich, so werde ich sofort nach Paris abreisen. Ich war immer glücklich, niemals hat sich mein Geschick gegen meinen Willen aufgelehnt, und nun bin ich gerade an der Stelle getroffen, an der ich verwundbar bin. Ohne Appetit, ohne Schlaf, ohne Interesse für die Freundschaft, für den Ruhm, für das Vaterland ... Du, Du, nur Du, der Rest Welt besteht für mich ebensowenig, als ob er vernichtet wäre. Ich halte fest an der Ehre, weil Du es tust, am Siege, weil er Dein Gefallen erregt, ich hätte sonst alles aufgegeben, um Dir zu Füßen zu eilen. Oh, sei darauf bedacht, Teuerste, mir zu sagen, daß Du gewiß bist in bezug auf meine Liebe, die alles übertrifft, was man sich denken kann, daß Du überzeugt bist, daß jeder Augenblick Dir gehört, daß ich jede Stunde an Dich denke. Es ist mir niemals eingefallen, an andere Frauen zu denken. Sie entbehren in meinen Augen jeden Reizes und haben weder die Schönheit noch den Geist wie Du, denn Du bist die Einzige, die mir gefällt. Meine Seele hat keine Falte, in die Du nicht blicken dürftest, keinen Gedanken, der Dir nicht Untertan wäre. Der Tag, an dem es anders würde, oder an welchem Du aufhören würdest, zu leben, wäre der meines Todes. Es wäre mir unmöglich, neben Dir einen Liebhaber zu sehen. Ihn sehen und ihm das Herz aus dem Leibe reißen, wäre eins, und hernach – wenn ich meine Hand gegen Deine geheiligte Person erheben dürfte – doch nein, niemals, niemals werde ich es wagen – aber ich würde ein Leben verlassen, in dem das, was für mich der Inbegriff der Tugend war, mich getäuscht hätte. Tausend Küsse auf Deine Augen, Deine Lippen, Angebetete. Ich bin krank von Deiner Krankheit, dazu habe ich ein hitziges Fieber. Halte den Kurier nicht länger als sechs Stunden zurück, daß er ohne Aufenthalt zurückkommt und mir die teure Schrift meiner Gebieterin einhändigt!«

Josephine wußte auch darauf so gut wie nichts zu erwidern. Der persönliche Einfluß, den Napoleon während seiner Anwesenheit in Paris auf sie ausgeübt, war erloschen. Um so weniger konnte Madame Bonaparte die rasende Liebesglut ihres Gatten begreifen.

Welch ein Bild, den größten Menschen seit Nebukadnezar, den klügsten seit Friedrich dem Großen, den kühnsten seit Alexander, in den Banden sexueller Hörigkeit zu sehen!

Diese Kreolin konnte nicht begreifen, daß sexuell Hörige Treue üben, unverbrüchliche Treue. Wie würde ein sexuell Höriger es über sich bringen, den Gegenstand seiner dämonischen Anbetung zu verraten. Er wird Martern ertragen, den Tod erdulden und freudig sein Leben lassen für die Geliebte.

Verzückung
Willy Jaeckel

Interessant ist, daß der dritte Napoleon in dieser Hinsicht dem großen Vorfahr nicht nachstand.

Während Napoleon I. als reifer Mann sich kaum mehr vom Weibe beherrschen ließ (wenn auch gelegentlich von der Liebe), während weder die Gräfin Walewska noch sonst eine Frau, am wenigsten Josephine, einen beherrschenden Einfluß auf ihn ausüben konnte, war der dritte Napoleon seiner Gattin Eugenie bis zu einem gewissen Grade hörig.

Aber diese Eugenie war, wie man auch ihre Handlungen beurteilen will, als Frau bedeutend, überragend. Nicht nur, daß die spanische Abenteuerin es überraschend schnell verstanden hat, die hohe Politik zu lernen und sie zu beherrschen – sie war eine Künstlerin der Liebe, eine Künstlerin ganz großen Stils. Aber der Nachfahr des großen Korsen liebte nicht nur Eugenie. Er hatte viele Freundinnen, doch in jedem Falle war dieser Mann – und das ist wenig bekannt – ein Liebeshöriger.

Er war nicht der Präsident, der mit List und Mut aus seinem Kerker entfloh. Er war nicht der Mann, der den Staatsstreich unerhört blutig in Szene setzte. Er war nicht der Intrigant von Mexiko und nicht der Anstifter des Krieges, den Bismarck gewollt, und der unausbleiblich war. Gewiß zeichnete Napoleon III. für alle diese Dinge verantwortlich, und er war nicht ganz so apathisch und ließ sich nicht so treiben, wie viele Geschichtschreiber das darzustellen belieben. Aber dieses Handwerk war ihm nicht die Hauptsache. Er war ein Gefangener im Hörselberg sein Leben lang, und daran ist er gescheitert.

Darum hat er die Krone der Napoleoniden an sich reißen können, darum aber mußte er sie wieder verlieren.

Folgen wir einmal Oktave Aubry in der Wiedergabe Walter Heynensen in den Preußischen Jahrbüchern. Folgen wir diesem menschlich vollkommenen Portrait des französischen Kaisers, und wir verstehen alles – seinen Aufstieg und seinen Sturz, und begreifen, daß nicht das Genie die Welt beherrscht, sondern die Frau, die sich des Genies bedient.

Wären die Geschichtschreiber sinnlicher und jünger – meist sind sie über das Alter des Verständnisses für intime Zusammenhänge hinaus –, so würde die Weltgeschichte um vieles amüsanter sein, und wir würden begreifen, daß das Leben, die Politik und die Entwicklung der Völker viel reizvoller sind, als wir gemeinhin ahnen, aber auch viel einfacher, primitiver in ihren Ursachen.

Es gibt vielerlei Formen der Sexualhörigkeit, aber es gibt nur eine Idee, und diese Idee kommt immer wieder und macht das theatrum mundi zu keinem größeren und keinem bedeutenderen Spektakelstück als die Bude eines Studenten auf dem Montmartre oder das Privatkabinett eines Generaldirektors, der augenblicklich »wegen einer wichtigen Konferenz« nicht zu sprechen ist. Diese wichtigen Konferenzen – diese Staatsumwälzungen – diese Aufregung im Rate der Völker – tant de bruit pour une omlette – d'une femme! gestehen wir es doch!

Zirkus Goya

Kehren wir zurück zu Napoleon III. und Julie Leboeuf. Es ist fast Mitternacht. Die Kaiserin ist aufgestanden, und alle Besucher mit ihr. Sie grüßt in der Runde und zieht sich zurück, ohne sich einzeln zu verabschieden. Schon sind einige berühmte Gäste gegangen: Prinz Napoleon und Clotilde, die Mornys, Madame Cornu, Herr Rouher. So verschwinden nacheinander die einzelnen Paare. Der Kaiser flüstert dem Grafen Bacciochi zwei Worte zu und verläßt seinerseits die Galerie. Er begibt sich in sein Kabinett und dann durch eine niedrige Tür, wo er sich einen schwarzen Umhang mit Kapuze umlegt. Den hat der Graf ihm bereit gehalten, weil darin seine Abendtoilette ganz verschwindet. So entwischt er allein, plötzlich zwanzig Jahre jünger, flink wie ein Student.

Er geht nicht weit. In einer verlassenen Gasse hinter dem Rathaus bleibt er vor einem unscheinbaren Haus stehen und klopft. Die Tür wird aufgetan, er tritt ein. Ein Schatten, der ihm folgte, macht kehrt und verschwindet wieder im Palais, Herr Hyrvoix, Chef der kaiserlichen Privatpolizei, weiß seinen Herrn in sicherer Obhut. Im ersten Stock, in einem bescheidenen Zimmer, blinkt ein Holzfeuer. Auf einem kleinen Tischchen ist das Souper serviert. Die Vorhänge sind zugezogen. Es ist warm.

Napoleon sitzt auf einem grünsamtenen Sofa, in seinen Armen ein junges Mädel, das unaufhörlich lacht: Julie Leboeuf, die Paris, wo sie eine der Königinnen der demimonde ist, unter dem Namen Marguerite Bellanger kennt.

Baronin von Rahden, eine gefeierte Schönheit im Zirkus, Schulreiterin, erregte durch die Duelle ihres Gatten viel Aufsehen. Sie starb im Elend

Frau Wölfling, die zweite Gattin des ehemaligen Erzherzogs von Toskana

Die Jahre haben bei dem Kaiser das Verlangen nach Frauen nicht abgeschwächt. Er hat viele besessen. Von den großen Damen bis zu den Näherinnen, von den Frauen der Bourgeoisie bis zu den Putzmacherinnen. Er liebte Madame Walewska (um seinem Onkel nachzueifern, wie man sich bei Hofe zuflüsterte), Madame de Persigny (Persigny schließt dazu die Augen), und seine Zärtlichkeit reichte von der Madame de la Bedoyere bis zu Madame de Cadore, der Madame de la Barucci bis zu Anna Deslions.

»Sobald er eine coiffierte Katze sieht, läuft er ihr nach,« pflegte Prinzessin Mathilde zu sagen. Aber seit Miß Howard, der er übrigens zuweilen auch noch begegnete, gab es für ihn keine Bindung mehr von langer Dauer. Marguerite Bellanger, die er zufällig bei einem Hofbeamten gesehen und die ihm Bacciochi dann zugeführt, hat sich beeilt, ihn glücklich zu machen.

Umschlagbild eines Romans

Wieder eine Blonde – gentlemen prefer blondes! Sie hat ein helles, lustiges Gesicht. Ein Geschöpf, zum Vergnügen wie geschaffen. Sehr schön gewachsen, man nannte sie, als sie zuerst in diesen Kreisen auftauchte, Margot den Spaßvogel. Immer bereit zu lustigen Einfällen und Sprüngen, hat Napoleon an ihrer volkstümlichen Sprache Gefallen. Es zerstreut ihn von dem offiziellen Leben, ruht ihn aus von dem spitzen Charakter der Kaiserin. Ach, sie fordert doch nicht, daß man von Politik rede, und verlangt keinen Einfluß. In ihrer Villa zu Compiègne oder in ihrem Pariser Haus in der Rue des Vignes, das Napoleon ihr eingerichtet hat, kann er träumen, mit ihr eine Bohème-Wirtschaft zu führen. Unter Lachen und Singen haben sie zusammen diesen kleinen Salon eingerichtet, ihn tapeziert, Vorhänge und Bilder darin aufgehängt. Dort fühlt er sich wohler als in jedem Schloß.

Nach so vielen erlesenen Weinen und seltenen Likören ist Marguerite wie ein köstliches volles Gewächs, dessen Aroma er braucht. Schon ist sie ihm nach Biarritz und Vichy gefolgt, und es sieht so aus, als ob er sie nicht mehr entbehren könne. Fröhlich sitzen sie beieinander und essen. Der Kaiser legt die Rebhühner vor und gießt Champagner ein. Dann wieder umarmt er Marguerite und kitzelt sie. Seine müden Augen haben wieder Farbe und Glanz bekommen, seine Backen sind gerötet. Marguerite verteidigt sich mit leichter Abwehr.

Sie hat noch nicht das große Hofdiner gegessen, sie wartete auf ihn und hat infolgedessen Hunger. Er ißt ebenfalls, denn er hat bereits wieder Appetit. Wie Kameraden plaudern sie miteinander. »Was hast du heut gemacht?«

»Ich bin in Paris gewesen.«

»In Paris? Ich hatte es dir doch verboten.«

»Ach, ich langweilte mich so. Die Tage hier gehen zu schleppend hin. Der kleine père Bac (so nennt sie Bacciochi) wollte mich zu einem Spaziergang abholen und hat mich vergessen. So bin ich nach dem Frühstück mit meinem Sonnenschirm losgezogen. Es gibt einen bequemen Zug! Ich habe Adele gesehen.«

»Wer ist das, Adele?«

»Adele Rémy. Du weißt schon, dieselbe, die neulich ihren alten General vor die Tür gesetzt hat, der sie mit Ferrand, dem Schauspieler, überrascht hatte. Der Figaro hat davon gesprochen. Man hat weidlich darüber gelacht. Das ist eine wahre Freundin, die hat mir oft geholfen, wenn ich nicht einen Sou hatte.«

»Und was habt ihr gemacht?«

»Rate ... nein, du kannst es nicht raten. Ein Mann denkt an so etwas gar nicht. Wir sind zu einer Traumdeuterin gegangen, sie hat uns die Zukunft geweissagt. Adele wird zum Theater gehen, wie sie es selbst schon immer geträumt hat, und ich werde einen russischen Prinzen heiraten. Gute Sache. Du siehst mich schon als Prinzessin.«

Der Kaiser kneift sie, halb im Scherz, halb im Ernst. »Du würdest dich besser darauf verstehen, als manche, die ich kenne. Aber was soll aus mir werden?«

»Ach, mein hoher Herr, das wird doch erst viel später sein, wenn ich nicht mehr jung bin und du nichts mehr von mir willst.«

Schnell setzt sie sich auf sein Knie, küßt ihn und kraut seinen Bart. »Und du? Hast du dich mit deinen Botschaftern und Komtessen gut amüsiert?«

»Ach Gott, nein. Morgens habe ich gearbeitet, und dann war ich zur Jagd.«

»Das möchte ich auch einmal sehen. Das muß hübsch sein. Mein kleiner Bac könnte mich im geschlossenen Wagen hinführen. Niemand sollte es erfahren.«

»Nein, nein,« sagt Napoleon. »Unmöglich. Wo denkst du hin. Man tuschelt so schon. Man ahnt deine Anwesenheit hier.«

»Gut, so werde ich ganz allein gehen, als Bäuerin verkleidet, mit Butter im Korb. Das wird noch viel lustiger werden. Ja, ja, dagegen kannst du nichts machen, ich will es und werde gehen.«

Versuchung
Ferdinand Gäbel, »Neue Revue«

»Ach,« seufzte der Kaiser, »jetzt fällst du mir bald auf die Nerven. Du sollst nicht so ausgelassen sein, Kleinchen, besonders in deinem jetzigen Zustand.«

Marguerite ist in anderen Umständen. Von Napoleon? Er nimmt es jedenfalls an, und nach allem, was voraufgegangen, hat er vielleicht nicht einmal Unrecht.

»Bin ich denn so'n schwaches Persönchen, mein lieber Herr?«

Er antwortet nicht. Geschickt öffnet er ihr das Mieder, macht das Korsett auf. Immerfort lachend, läßt sie sich ausziehen. Dann trägt er sie in sein Zimmer, während sie ihm ins Ohr flüstert: »Seine Majestät versteht sich aber gut darauf, Frauen auszuziehen!«


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