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Phidias.

Der aus unsichtbaren Zaubersprossen
Vom Olymp die Götter niedertrug,
Der der Musen holde Gunst genossen,
Phidias ist's, den man in Fesseln schlug.
Als der Götter frevelnder Verächter
Hütet ihn ein rauher Kerkerwächter.

Doch zu ihm, den Menschen von sich bannten,
Tritt gelassen eine lichte Schar:
An der Spitze himmlischer Trabanten
Zeus, der Donnrer, im gelockten Haar,
Hehres Selbstgenügen in den Mienen,
Wie er einst dem Bildenden erschienen.

Seine Laute in den Götterhänden
Schreitet liedersinnend Musaget;
Und geschickt, die Pfeile zu entsenden,
Cynthia in keuscher Majestät;
Aber in der Schönheit Strahlenkrone
Aphrodite mit dem zarten Sohne.

»Sieh, wir haben deiner nicht vergessen,
Deß der Menschen kurzer Sinn vergaß;
Schelten sie doch jenen stets vermessen,
Der, was ewig ihnen fremd, besaß.
Der Mysterien heimlich Eingeweihten
Sehn sie dich auf irren Bahnen schreiten.

Daß ich dich an meine Brust gezogen,
Wie Herakles einst und Ganymed,
Wird dir hier als schwere Schuld gewogen,
Weil die blinde Menge nie versteht,
Daß, den sie erkannt als ihres Gleichen,
Götter liebend ihre Hände reichen.

Ob auch deine Schöpferhand in Eisen
Ihre Thaten schimpflich büßen muß:
Die mein Ebenbild erschüttert preisen,
Zittern doch vor deinem Genius.
Sei getrost: wenn ich dich auswärts rette,
Sinkt zur Erde die gelöste Kette.«

*


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