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IV. Heiterkeit.

Nichts desto weniger haben die jungen Mädchen dieses ernste Haus auch mit reizenden Erinnerungen erfüllt.

Zu gewissen Stunden blitzte die Kindheit in diesem Kloster. Wenn die Erholungsstunde schlug, so drehte sich eine Thür in ihren Angeln. Die Vögel dachten: »Gut! Jetzt kommen die Kinder!« Ein Strom der Jugend ergoß sich über den Garten. Strahlende Gesichter, weiße Stirnen, treuherzige Augen voll heiteren Lichts, alle Arten Morgenröthen zerstreuten sich in diesem Dunkel.

Nach den Psalmen, Singen, Beten, dem Glockenläuten, dem Gottesdienst, plötzlich dieses Gesumme kleiner Mädchen, sanfter noch als das Summen von Bienen. Der Bienenkorb der Freude öffnete sich und jedes Bienchen brachte seinen Honig freudig herbei. Man spielte, rief einander, sammelte sich in Gruppen, lief; hübsche kleine, weiße Zähne plauderten in den Ecken und Winkeln. Von fern bewachten die Schleier das Lachen, die Schatten hielten Wache über die Strahlen, aber gleichviel! Man strahlte und lachte. Es war wie ein auf Trauer fallender Rosenregen.

In diesem Hause sind vielleicht mehr als irgend wo anders »Kinderworte« gesprochen worden, welche so viel Reiz haben und alle Mal wenn wir sie hören, uns ein träumerisches Lächeln abgewinnen.

So verzeichnen wir hier folgendes Gespräch, welches einst geführt wurde:

Eine Stimmmutter: »Warum weinst Du, mein Kind?«

Das Kind (sechs Jahre alt, schluchzend): »Ich habe zu Alix gesagt, ich wüßte meine französische Geschichte ganz gut. Sie meint, ich wüßte sie nicht und ich weiß sie doch.

Alix, die ältere (neun Jahre alt): Nein; sie weiß sie nicht.

Die Mutter: Wie so nicht, mein Kind?

Alix: Sie sagte mir, ich solle das Buch auf's Geradewohl aufschlagen und ihr eine Frage daraus vorlegen. Sie würde sie beantworten.

»Nun?«

»Sie hat sie nicht beantwortet.«

»Sieh doch! Was hast Du sie denn gefragt?«

»Ich schlug das Buch auf Geradewohl auf und fragte die erste Frage, die ich fand.«

»Was war das für eine Frage?«

»Sie lautete: was geschah hierauf?«

Ferner wurde auf einer Steinplatte dieses Klosters eine schriftliche Beichte gefunden, die eine siebenjährige Sünderin sich vorher aufgeschrieben hatte, um sie nicht zu vergessen:

»Mein Vater, ich klage mich an, geizig gewesen zu sein.«

»Mein Vater, ich klage mich an, die Ehe gebrochen zu haben.«

»Mein Vater, ich klage mich an, meine Blicke zu den Männern erhoben zu haben.«

Das dunkele und feuchte Refectorium war, wie die Kinder sagten – voll Thiere. Jede der vier Ecken hatte in der Sprache der Pensionärinnen einen besonderen, ausdrucksvollen Namen erhalten. Da gab es die Ecke der Spinnen, die der Raupen, die der Asseln und die der Heimchen. Die Heimchenecke war mit der Küche benachbart und sehr geschätzt. Da war es weniger kalt als anderswo. Von dem Refectorium waren die Namen in das Pensionat übertragen worden und dienten hier wie im alten College von Mazarin zur Unterscheidung von vier Nationen. Jede Schülerin gehörte zu einer der vier Nationen je nach der Ecke des Refectoriums, in welcher sie in den Eßstunden saß. Eines Tages sah der Erzbischof bei seinem Besuch im Kloster in die Classe ein hübsches, kleines, blühendes Mädchen mit bewunderungswürdigen, blonden Haaren eintreten. Er fragte eine in seiner Nähe stehende, andere Pensionärin, eine reizende Brünette mit frischen Wangen:

»Wer ist die?«

»Eine Spinne, Ew. Gnaden.«

»Ah! und die andere?«

»Ein Heimchen.«

»Und die da?«

»Eine Raupe.«

»Wirklich? Und was bist Du?«

»Ich bin eine Assel, Ew. Gnaden.«


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