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Salzburg

Auf allen Gebieten treten starke Geister gleich schweren Gewitterwolken, denen ungreifbare Kräfte innewohnen, in die Erscheinung, die, sobald sie günstigen Widerstand für ihren Prozeß vorfinden, gleich dem Blitzschlag sich selbst und alle diejenigen befreien, die ihren »Messias« vorausgefühlt, gehofft, geahnt. So scheint mir Beethoven; ein Gewitter, das beim Entladen, je nach individuellem Gefüge des Hörers, diesen ängstigt oder ihn mit blendender Kraft erleuchtet. – Eine Gewitterwolke möchte ich auch Richard Wagner nennen, der nicht nur zerstörte, wie man vielfach auszusprechen geneigt ist, sondern auch in manchem Sinne wohltätig war, den kein noch so vernichtendes Urteil aus der Geschichte großer Zeiten der Musik verschwinden machen wird. Seine Kraftentladung wirkte elektrisierend auf die Zeitgenossen, und ob gewollt, ob nicht, abklärend auf das Urteil der Besten seiner Zeit, indem er die einfache Größe, das gesunde göttliche Genie Mozarts, nur um so erkennbarer hervortreten, nur um so anbetungswürdiger erscheinen läßt.

Gesund, das ist's! Mozarts Genie ist gesund, und unverdorben, was er uns gegeben. Mozart beglückt, beruhigt, ohne auf Schmerz und Tränen zu verzichten, die er in seiner Größe so einfach, so erhaben gezeichnet hat.

Wie oft hab' ich gefühlt und ausgesprochen, wie sehr Richard Wagners Musik mein Inneres aufgewühlt, mich krank gemacht hat, weil seine sinnberückende Tonmalerei ihre Aufgabe nur darin zu finden scheint, die Nerven des Hörers zu größtmöglichster Spannung aufzureizen, der auch der Stärkste zum Opfer fallen muß, wenn er dem Einfluß eines so mächtigen Genius, wie Richard Wagner, sich zu entziehen nicht imstande ist. Und daß er mächtig war, ist und noch lange bleiben wird, werden seine Epigonen gewiß nicht ändern.

Alles dessen bedurfte es nicht, um mir Mozarts als Schutzengel gegen Unwahres, Übermäßiges oder Ungesundes bewußt zu bleiben. Nie hatte ich bei allem Enthusiasmus, aller Liebe zu Großem, Neuem vergessen, ihn als der Sänger und Musiker größten Wohltäter anzuerkennen. Und dieser Überzeugung konnte sich auch Wagner nicht verschließen, wie wäre er sonst wohl immer und immer wieder in seinen Gesprächen auf Mozart zurückgekommen?

Der Wegweiser, dem mich die Mutter folgen lehrte von Kindheit auf, er führte mich auch bei anderem Großen und Starken vorüber, bei dem ich gerne verweilte, das mich anzog durch seine Kraft und seinen Ausdruck, das mich mein eigenes Seelenleben gerade durch sein Übermaß entdecken lehrte. Aber es konnte mich Mozart nie entfremden, und soll – wenn meine Wünsche, die tief in meinem Inneren wurzeln – sich erfüllen, ihm tausendfach zustatten kommen, indem ich, was ich dabei lernte, in seinem Geiste weiter zu lehren entschlossen bin. Aufgaben höchster Hingabe dürfte ich noch an mich stellen, die fern von Egoismus und Parteienhader seiner reinen Kunst allein gelten werden.

So wäre ich am Schlusse dieses Buches bei Mozart, meiner musikalischen Heimat angelangt, und wende mich zu ihm zurück. Nach Salzburg, wo seine Wiege stand, wo man ihm huldigt. Wo begeisterte Künstler seine lebendigen Werke in Reinheit, Liebe und Verehrung der Mozartgemeinde darbringen. Was bis jetzt dort geschehen, ich will's beleuchten; will zeigen, was es war, was wir Künstler hofften, wollten, zu schaffen vermochten.

Den ersten Ruf nach Salzburg mußte ich unbefolgt verhallen lassen. Wenn ich mich recht erinnere, handelte es sich damals um die Gräfin im Figaro, die ich noch nie zuvor gesungen. Lag sie auch längst in meinen Wünschen, so wollte ich sie gerade dort nicht zum ersten Male singen, sondern reif, in die Rolle hineingewachsen sein, bevor ich sie Mozart darzubringen gedachte. – Von meiner Schwester weiß ich, daß sie um jene Zeit im Don Juan mit Marie Wilt – Donna Anna die Elvira sang, Vogl Don Octavio war, und Hans Richter die Oper dirigierte. Erst um 1901 vereinigte sich wiederum eine Künstlerschar zum Feste, der ich mich als Donna Anna im Don Juan zugesellte. Don Juan – Josef Ritter, Leporello – Heš, Elvira – Edith Walker, sämtlich von der Wiener Hofoper; Zerline – Erika Wedekind, Dresden, Comtur – Klöpfer, München, ein selten begabter junger Künstler, der bald darauf plötzlich starb. Mozarteumsdirektor Hummel leitete das Fest. Wir waren nur zu zwei Proben dort zusammengekommen, und dennoch war's eine Vorstellung, die in manchen Punkten unvergessen blieb. Damals betätigte ich mich nur als Sängerin am Werk, wohl aber wurde meine Aufmerksamkeit auf vieles gelenkt, von dem ich bisher keine Ahnung hatte. Ich sah, wieviel es gerade hier in der Mozartstadt zu tun gab, wie nötig es wäre, daß sich praktische Künstler Mozartscher Interessen annähmen, die in Beiträgen mancherlei Arten: in Fonds für die Mozartschule, Festspielen und Konzertaufführungen, Ankauf von Mozarts Geburtshaus usw. gipfelten, die ideale Aufgaben in sich schließen. Mangelt es doch bei aller Liebe und freudigen Aufopferung des ausgezeichneten künstlerisch-feinfühligen Komitees in Salzburg an Geld für alles, um ein unvergängliches, ewig sich erneuendes Denkmal für Mozarts Größe zu schaffen, d. h. so zu fundieren, daß Schule, Festspiele usw. gesichert wären für alle Zeiten. Denn Mozart muß der Maßstab bleiben für vollendete Musik, die den Menschen erhebt und beglückt. Wer wäre dessen würdiger als er und seine Werke? Müßten nicht in allen Gauen der Welt und besonders in Österreich und Deutschland Verbände, von praktischen Menschen geleitet, sich's angelegen sein lassen, für ihn zu wirken? Wie elend ist es doch noch immer um ideale Beteiligung an Kunstaufgaben bei uns bestellt, wenn es nicht einmal gelingen will, Salzburg seine größte Aufgabe zu erleichtern; es wäre doch eine Spielerei, wenn ein paar hundert Menschen einmal in ihren Säckel greifen wollten, etwas von dem zu geben, was sie übrighaben! – Wahrhaftig, da ist der Künstler, selbst wenn er Bettler wäre, noch verschwenderisch dagegen, denn er gibt aus vollem Herzen und zum mindesten: seine Kunst. –

Bis zum 150. Geburtstage Mozarts, der auf 1906 fiel, sollten große Festspiele nicht mehr stattfinden, doch erreichte ich, daß man um 1902 sein Requiem in der Domkirche aufführte, wobei sogar der Weihbischof die Totenmesse zelebrierte. Es war eine unsagbar ergreifende Feier, die wenigstens mich ganz gefangen nahm. Mein Wunsch, das Requiem möchte alljährlich dort in einer Kirche, an irgendeinem bestimmten Tage während der Fremdensaison aufgeführt werden, hat sich bis jetzt noch nicht erfüllt. Und gerade dieses Werk, das uns an Mozarts tiefsten Schmerz erinnert, müßte dem Salzburg Mozarts als Wahrzeichen dienen für alle Zeiten, auf daß man seiner nicht vergäße. Hoffen wir, daß man sich der Einsicht dieser Notwendigkeit nicht verschließen wird, selbst auf die Gefahr hin, daß Salzburg Kosten dadurch erständen. Stets wird man Künstler bereit finden, unentgeltlich mitzuwirken. Was in dieser Beziehung geschehen konnte, habe ich bisher mit Glück versucht. Sicher werden uns Helfer erstehen von allen Seiten, wenn Salzburgs Feste einmal bestimmt organisiert sein werden, und man sich der Sicherheit sowohl als der Notwendigkeit in allen gebildeten Schichten des Mozartkultus bewußt geworden sein wird.

Um 1903 war es mir vergönnt, dem Mozartfonds in Gestalt eines Liederabends etwas zufließen zu lassen, und 1904 gab man in der herrlichen Aula ein kleines Musikfest mit 4 Konzerten, die Mottl und Hummel dirigierten. Die Wiener Philharmoniker und das Fitzner-Quartett spielten, ich und Hedwig Helbig sangen Arien und Duette. In der ergreifenden C-moll-Messe, die hier zum erstenmal in Alois Schmitts Bearbeitung aufgeführt ward, sangen Frau Hilgermann, ich, die Herren Dippel und Sieglitz die Soli. Die C-moll-Messe, die meiner Ansicht nach etwas modern instrumentiert scheint, ergriff mich zu tiefst; immer mußte ich mir Zwang antun, mich von meinem Gefühl nicht überwältigen zu lassen. Wie sehr das erste Sopran-Solo, das sich mit anderem Text am Schlusse wiederholt, zu packen vermag, davon nahm ich auch in Paris Kenntnis, als wir unter Reynaldo Hahn einige Piècen aus der Messe machten, und dieses Solo geradezu bejubelt wurde. – Man wiederholte die Aufführung der Messe 1907 in Salzburg, gelegentlich des 60jährigen Bestehens der Liedertafel, wo sie mir denselben großen Eindruck hinterließ.

Das erstemal war sogar mit Erzherzog Eugen, dem hohen Protektor des Mozartkultus, der Fürst-Erzbischof anwesend, der sich enthusiastisch über die Aufführung aussprach. Direktor Hummel, den ich Salzburg und Mozarts Musik immer zu erhalten wünschte, kann man für die großartige Einstudierung seiner Chöre und der ganzen Kirchenmusik gar nicht dankbar genug sein. Möchte er noch viele Junge im Rechten unterrichten, es würde der Nachwelt nicht zum Schaden gereichen.

Das große Fest für 1906, das man nicht am Geburtstage selbst, sondern im Hochsommer zu begehen beabsichtigte, sollte sich aus Aufführungen verschiedener Mozartopern von Hoftheatern wie: Wien, Berlin, München, Dresden zusammensetzen, und jedes mit seinen eigenen Kräften das Beste ins Treffen führen, dessen es gewiß war. Ein großartiger Plan, der naturgemäß an seiner Großartigkeit scheiterte. Keines der Hoftheater ging darauf ein, nur Wien stellte zwei Mozartopern in Aussicht, und an vier Tagen waren große Konzerte geplant, die berühmte Kapellmeister zu leiten »versprachen«. Josef Joachim und ich sollten über die Konzertprogramme wachen; hier und dort helfend einzugreifen hatte ich zugesagt, Joachim lehnte ab.

Se. Majestät Kaiser Franz Josef hatte, echt kaiserlich, das ganze Wiener Hofopernpersonal mit Dekorationen und Kostümen und den ganzen technischen Apparat kostenlos zur Verfügung gestellt. Mahler sollte sich Januar für die Wahl der Opern entscheiden, verschob sie aber auf April, weil noch nicht alle Neueinstudierungen Mozartscher Opern in Wien herausgebracht waren, doch glaubte er die Wahl zwischen Don Juan, Così fan tutte und Figaro in Aussicht zu nehmen. Salzburg trat nun mit der Frage an mich heran, ob ich es unternehmen wolle, eine Mozartoper zusammenzustellen; ich hatte dabei in erster Linie an die Zauberflöte gedacht. Mir war der Gedanke sehr sympathisch. Eine Zauberflöten-Vorstellung, wie sie mir vorschwebte, mit dem naiven Text, der entzückenden Musik, die so viel Erinnerungen an meine früheste Jugend umschloß! Das reife Erkennen von Mozarts Größe, der Inbegriff so vieler seelischer Empfindungen und künstlerischer Erinnerungen, das wäre eine Aufgabe für mich gewesen. Die Aufgabe wollte indessen erwogen sein. Konnte ich auch die Künstler für die Besetzung schaffen, die Dekorationen – die ich mir ganz primitiv, naiv dafür dachte – waren nicht vorhanden, die dafür notwendigen Proben vielleicht unmöglich. Den Mozartfonds mit Schulden zu belasten, anstatt ihn zu kräftigen, hielt ich für ausgeschlossen. Und schon liefen Absagen verschiedener Künstler ein, auf deren Mitwirkung ich gehofft hatte, falls der Plan sich verwirklichen sollte. April war unterdessen ins Land gekommen, die höchste Zeit zu einer Entscheidung vor der Tür. Mahler, der auch jetzt noch unschlüssig, war sich nur des einen bewußt, daß Don Juan außer Frage stände. Da machte ich kurzen Prozeß. Vom Jahre 1901 besaßen wir ganz neue Don Juan-Dekorationen, die seit dem damaligen Feste nicht wieder gebraucht waren. Die Besetzung war nicht ganz so schwierig wie die der Zauberflöte, die konnte ich beschaffen. Man griff in Salzburg mit beiden Händen zu, und die Aufführung des Don Juan war beschlossene Tatsache.

Mir war viel daran gelegen, die betreffenden Mitwirkenden in meiner Nähe zu suchen um die Rollen mit ihnen zu probieren, eventuell zu studieren, und ließ meine Einladungen demgemäß ergehen.

Auf diese Weise konnte ich am leichtesten fix und fertig mit dem Ensemble nach Salzburg kommen, wo ich jede Vorstellung mit mehreren Chor- und Dekorationsproben, die ich ohne die Solisten vorzunehmen rechnete, mit 2-3 Theaterproben gut herauszubekommen hoffte. Die Liebe für Mozart und die Freude, sich vor einem verständnisinnigen Publikum hören zu lassen, mußte die Hauptschwierigkeiten beseitigen helfen, die darin lagen, daß das Fest in die Ferienzeit aller Künstler fiel und darum ein Opfer bedeutete, das nur ich als Künstlerin vollständig zu bewerten wußte.

Die vielfachen deutschen Neuübersetzungen des Don Juan-Textes fielen mir darum schwer aufs Herz, weil man an jedem Theater eine andere singt; sei es Levi, Grandauer, Kahlbeck. Man hat zu öfteren die Unklugheit begangen, den italienischen Text recht wörtlich zu übersetzen, worauf kein Mozartscher Originalakzent mehr paßt; denn wenn ich italienisch crudele sänge und im Deutschen Grausamer singen müßte, so wäre das einfach unmöglich. Und unmöglich ist auch der neue Text allenthalben. Man hat sich durchaus nicht gescheut, eine Menge Noten zu verändern, neue dazu zu komponieren, die Akzente zu verschieben, und aus Rücksicht für den einen und den andern ist es niemand eingefallen, dagegen zu protestieren. Da mag doch lieber ein »althergebrachtes« weniger korrekt übersetztes, mit dem Originalton sich deckendes Wort herhalten, von dem man weiß, was man dabei seit Lebzeiten zu denken gewohnt gewesen, als ein allzu korrekt übersetztes, der Originalkomposition aufgepfropftes, unpassendes, das uns fremd und darum nur um so schlechter klingt. Führt doch auch ein und dasselbe Wort in jeder anderen Sprache andere Begriffe und andere Werte mit sich und kann darum von ganz korrekten Begriffsübersetzungen doch überhaupt nicht die Rede sein. Reichman und ich sangen im Don Juan den alten Text, und als ich Mahler frug, warum er nicht allenthalben den alten Text singen lasse wenn ihm an dem neuen doch nichts gelegen wäre, sagte er: »Sie sollen meinetwegen den alten Text singen, nach und nach wird er sich wieder einfinden, direkt verlangen mag ich's nicht.« – Mahler forderte mich auf, die Gräfin in dem neueinstudierten Figaro zu singen, und ihm zuliebe hätte ich die Rezitative mit dem mir fremden Text auch gelernt; für die Ensemblenummern bestand er nicht auf dem neuen Texte. Es kam aber nicht dazu, weil ich erst zu viel beschäftigt und dann keinenfalls in dem Kostüm der damaligen Gräfin gegangen wäre, das demjenigen einer alten Urgroßmutter glich, und nicht der lebenslustigen Rosine Gräfin Almaviva.

Wäre es da nicht am allerbesten, den alten Rochlitzschen Text beizubehalten, da und dort Worte, die einen gewöhnlichen Klang angenommen haben, nach und nach – wie dies ja immer schon geschehen – durch bessere zu ersetzen und mit einigen schlecht klingenden Sätzen in den Rezitativen aufzuräumen? Wollten doch die Übersetzer selbst so klug sein, einzusehen, wie wenig es ihnen gelang, den altgewohnten, beliebten Text durch neuen, ungewohnten, zu ersetzen; die Übersetzungen sollten sie tapfer zurückziehen; es würde ihnen von allen Seiten nur Dank zuteil werden. Sie mögen sagen, was sie wollen, mögen noch so klug sein wollen oder wirklich sein: 's ist halt unser alter Mozart nicht mehr; den haben sie uns glücklich ausgewechselt und modern verschandelt.

Dem Textübelstande zu entgehen, beschloß ich, den Don Juan italienisch singen zu lassen. Schuch hatte mir schon einigemal Salzburgfeste zu dirigieren abgeschlagen, weil sie stets in seine knappe Urlaubszeit fielen; Mottl konnte sich diesmal nur für ein Konzert verpflichten; Muck war in Bayreuth gebunden, so war es am geratensten, mich Reynaldo Hahns zu versichern, mit dem wir den ganzen Don Juan concertando soeben dreimal in Paris gemacht, der ihn auswendig einstudiert und dirigiert hatte, und der die Einladung annahm. Nach vielen Absagen aus hunderterlei Gründen war mein Personenstand folgender:

Don Juan – Francesco d' Andrade, Berlin.

Komtur – Gerhard Stehmann, Wien.

Octavio – Georg Maikl, Wien.

Leporello – Hermann Brag, Berlin.

Masetto – Anton Moser, Wien.

Donna Anna – Lilli Lehmann, Berlin.

Donna Elvira – Johanna Gadsky-Tauscher, New York.

Zerline – Geraldine Farrar, New York.

Endlich hatte sich auch Mahler definitiv für Figaros Hochzeit entschieden, aber seine Bedingungen kosteten Kopfzerbrechen in Salzburg. Er hatte es leicht. Die Oper war in Wien mit 40-46 Proben neu einstudiert in Szene gegangen und ebenso oft schon gegeben worden. Der Kaiser bezahlte die Riesenkosten, Mahler brauchte nur auf den elektrischen Knopf zu drücken, um seine Befehle zu erteilen. Seine Beamten in Wien sowohl als das Komitee in Salzburg hatten für alle Vorbereitungen zu sorgen; die Vorstellung des Figaro ging »auf Befehl« – diejenige des Don Juan auf Rechnung der Liebe für Mozart und Gefälligkeit für mich in Szene. Das kleine entzückende Salzburger Theater – ich möchte nie ein größeres für Mozarts Opern – stand in Pachtbesitz eines Direktors, mußte ihm also vom Komitee für 5000 Kronen für die Festspielzeit abgekauft werden. Vier ganze Tage verlangte Mahler für die szenischen Einrichtungen zum Figaro, indem alles Vorhandene aus dem Theater heraus- und die Figaro-Einrichtung hineingebracht werden mußte. Für mich blieb nur der 12. und 13. August zu Don Juan-Proben übrig. Es mußte eben auch so gehen, und ich war ja auch vorbereitet. Vom Tage der Entscheidung, vom 4. Mai also, bis zum 20. Juli sang und spielte ich täglich viele Stunden lang mit einem oder dem andern Künstler. Fast alle kamen zu mir, und manchmal hatte ich 4-5 derselben zusammengebracht. Einem jeden zeichnete ich ein Szenarium nach den vorhandenen Dekorationen; alle waren mit aufopfernder Liebe und unermüdlichem Fleiß bei der Sache. Mein Salon war unsere Bühne, worauf wir täglich mit allen Requisiten probierten.

Wieviel Zeit und Kräfte blieben dem Künstlerpersonal erspart, wenn man, anstatt die ganzen Werke immer und täglich hintereinander durchzuprobieren, die Proben in Szenen einteilte, so daß man bis zu den letzten Ensemble- und Bühnenproben alles im einzelnen vorbereitete. Die Künstler würden frischer und mutiger an die Arbeit gehen und ungleich mehr lernen, als wenn sie stundenlang müßig auf den Proben herumzustehen genötigt sind, oder eines Statisten halber, der eine Lanze schief hält, die schwierigsten Gesangsstücke zehnmal zu wiederholen gezwungen werden, weil der Statist dem Bühnenleiter »das Ensemble« zu gefährden scheint. Wie wirkungsvoll wäre hier eine rationelle Selbsthilfe der Künstler, die sich gegen unnötige Ermüdung und Kraftverschwendung energisch wehren müßten. Niemals hat sich während der 3½monatlichen Probezeit, den endlosen Wiederholungen Müdigkeit oder Überdruß bei mir oder den Künstlern geltend gemacht, im Gegenteil; je öfter ich die Oper hörte, je mehr steigerte sich auch mein Interesse; und als die Vorstellungen vorbei waren, hätte ich am liebsten von neuem wieder angefangen.

Trotz allen Studiums blieben natürlich bei jeder Einzelleistung der Wünsche genug noch übrig. In meinem Gedächtnis lag ein kolossales Material für jede Rolle aufgespeichert. Hatte ich nicht durch beinah fünfzig Jahre alle Don Juan-Vorstellungen allerorten mit den bedeutendsten italienischen und deutschen Darstellern gesehen? Alles Prägnante, Subtile war haften geblieben. Meine eigene Individualität schuf aus dem vielen Vorzüglichen, das ich gesehen, ideale Gestalten, denen heutzutage wenige Künstler nur gewachsen sein dürften. Mein Durst nach Vollendung für mich und andere war aber stets so groß, daß mir keine Mühe zu viel erschien, im Verein mit meinen Kollegen das Mögliche wenigstens zu erreichen. Damit rechnete ich, und die Rechnung stimmte. – Perfekt sind ja auch die berühmtesten Ensembles nicht. Ensemble! Ein bequemes Wort, monotone, langweilige Aufführungen zu bezeichnen, aus denen jeder Funke individueller Auffassung der Künstler glücklich hinaus gegrault ist um Decorationen und Comparserie leuchten zu lassen.

Mahler brachte doppelte Besetzung für den Figaro, ich mußte mit einer einzigen rechnen, bei der mir die sommerliche Jahreszeit zustatten kam. Gleichwohl brachte unser Leporello einen Typhusanfall mit, den er sich von schlechter Krebssuppe geholt, und mußte nun singen, ob er wollte oder nicht. Der Salzburger Singverein, Dilettanten aus bürgerlichen Ständen, stellte uns den Chor. Damen und Herren trafen ganz ausgezeichnet, was sie vorstellten, waren uneingeengt und ununiformiert in ihren Bewegungen, und paßten mit ihrer ungeordneten Heiterkeit und gewissen bühnenungewohnten Manieren ganz köstlich in das bäuerliche Milieu Zerlinens und Masettos, und damit in den Rahmen meiner Idee für die Don Juan-Aufführung eines so zierlichen Theaters.

Auch vom 20. Juli bis zum 14. August blieb keine Minute unbenutzt, wir probierten unaufhörlich bald hier, bald dort. Professor Roller bot uns hilfreiche Hand bei den Dekorationsproben und lieh uns sogar verschiedene Beleuchtungskörper, von denen ebenfalls nichts vorhanden war. d'Andrade – Don Juan kam erst zur letzten Probe, und da er bei aller chevaleresken Liebenswürdigkeit auch in allen Ensembles »seine Tempi« unbekümmert um die anderen sang, ergaben sich leider Mißverhältnisse, die keinem von uns zu beseitigen gelang. Z. B. konnte ich meinen lieben Kollegen nicht überzeugen, daß die althergebrachte Tempowechselbezeichnung »Allegro« im Duett mit Zerline falsch sei. Es tritt nur ein Taktwechsel ein, nichts anderes; und das wußten die Franzosen früher als wir, da die Originalpartitur des Don Juan, die Frau Viardot Garcia gehörte, nunmehr als Erbschaft an das Konservatorium in Paris übergegangen ist. Auch noch ein weiterer Umstand wirkte störend auf Reynaldo Hahns Empfindung. Mahler hatte auf der letzten Figaroprobe die Musiker, besserer Akustik halber, anders gesetzt. Man hatte Hahn, der am selben Abend den Don Juan dirigierte, nicht davon unterrichtet. Als er die Ouvertüre begann und die Musiker, denen er die Zeichen geben wollte, nicht auf den Plätzen fand, war er einen Augenblick wie vor den Kopf geschlagen. Für einen weniger großen Routinier und Könner hätte diese Unterlassungssünde schlimme Folgen nach sich ziehen können.

Ich versichere, daß das in Frankreich nicht möglich gewesen wäre! Ein jeder gab, was sein künstlerisches Leben bis dahin ausfüllte, für Mozart dahin, und dieses wurde mit Enthusiasmus vom Publikum aufgenommen.

Extravagantes in Ausstattung oder Szenerie zu schaffen, lag nicht in meinem Sinn, auch nicht, die Oper mit neuen Ideen zu verunstalten. Mir genügte, im Verein mit ausgezeichneten Künstlern die besten künstlerischen Leistungen zu bieten. Wir wollten singen und darstellen, was zu unsern Rollen gehörte, wollten unser Können nicht unter den Scheffel stellen, nicht moderne Duckmäuser oder Hampelmänner, sondern selbstschaffende Individualitäten sein; als solche Mozart huldigen, ihn ehren. Altgewohntes, Liebgewordenes wollte ich dem Publikum bringen, nicht Ungewohntes, Unverständliches. War der Don Juan über hundert Jahre in derselben Fassung gegeben, und hatte er sich seit hundert Jahren erhalten, warum ihm eine Maske aufsetzen, in der ihn niemand mehr, vielleicht er sich selber nicht erkennen würde?

Ob ein Hut zu groß, ein Stuhl nicht im Stil, ein Blitz zu stark, ein Donner zu schwach war, sie sind nicht die Hauptsache an Don Juan, der, wie mir jemand ganz richtig bemerkte, gar kein eigentliches Milieu verträgt. Mozart war und ist hier alles und wird hier immer alles bleiben. Das freie Zusammenwirken so vieler ausgezeichneter Künstler, die in Hingabe wetteiferten, von keinem andern Bann gehalten als dem freundlichen Wort einer zuverlässigen Kollegin, nötigt mir das Bekenntnis ab, ein selten großes Glück genossen zu haben, für das ich ihnen gar nicht genug danken kann. Die Begeisterung der Künstler für Mozart ging Hand in Hand mit dem Enthusiasmus des Publikums, und das ist wohl das Schönste, was man von einer Don Juan-Vorstellung sagen kann.

Als zweite Oper folgte der Figaro, der mit keinem geringeren Recht bejubelt wurde und ein Ensemble umschloß, wie es wohl wenige Theater ihr eigen nennen.

Graf Almaviva – Weidemann.

Figaro – Richard Mayr.

Bartolo – Haydter.

Basilio – Breuer.

Antonio – Felix.

Richter – Preuß.

Gräfin Almaviva – Hilgermann.

Susanne – Gutheil-Schoder.

Page – Kiurima.

Marzelline – Petru.

Bärbel – Michalek.

Es wird den Leser interessieren, zu hören, daß Mahler im II. Akt eine ganze Gerichtsszene nach Beaumarchais » Les noces de Figaro« – allerdings sehr geschickt – hineinkomponiert hatte, die auch beim Mozartfestspiel nicht ausblieb, obwohl sie meines Erachtens nicht hineingehörte.

Diese beiden Vorstellungen gab man in vier Tagen zweimal hintereinander. Mahler, welcher der ersten Don Juan-Vorstellung beigewohnt, fällte, trotzdem viele der Seinen mitwirkten, ein so ungünstiges Urteil im Theater selbst, daß alle diejenigen, die über den ausgezeichneten Verlauf der Vorstellung erstaunten, sich nicht mehr trauten, ihre vorher gefaßte, ehrliche Meinung öffentlich zu bekennen. Es war das einzige Mal, daß ich etwas Unfreundliches und vor allen Dingen etwas höchst Ungerechtes von Mahler erfuhr. Doch ließ ich es ihm nicht entgelten, denn ich kannte seine exzentrische Art und Weise anderen gegenüber. Und doch hatte er mir selbst gesagt, wie sehr er und Roller sich in der Neuinszenierung des Wiener Don Juan »vergriffen« hätten, was ja jedem passieren könne. Ein mir vollständig unbekannter Kunstkritiker nahm sich aber der gerechten Sache öffentlich an und geißelte die merkwürdige Art der Gegenströmung auf das schärfste.

Für den Mozartfonds fand um 1908 wiederum ein Künstlerkonzert als Matinee im Theater statt, und tags darauf, am 18. August, zu Ehren des Geburtstags Sr. Majestät Kaiser Franz Josefs wurde im Dom die Krönungsmesse aufgeführt, die wieder der Weihbischof zelebrierte. Hatten Demut – Wien und ich mich in den Dienst der guten Sache im Künstlerkonzert gestellt, so wünschte man von mir außer dem Sopran-Solo in der Messe auch noch eine Einlage. Da mir etwas Passendes just dafür nicht bekannt, bat ich Herrn Mozarteumsdirektor Josef Reiter (Nachfolger Hummels), mir aus dem ungeheueren Mozartschen Kirchenmaterial etwas aussuchen zu wollen.

Die Sendung enthielt verschiedene Motetten, unter denen sich das ebenso entzückende als schwierige Alleluja befand, das großartig in den Rahmen der Krönungsmesse und der Geburtstagsfeier paßte. Äußerst erstaunt waren wir, als Schlußsatz des Allelujas die Melodie von Haydns österreichischer Volkshymne zu finden, die Haydn doch vierzig Jahre später, nach Mozart, erst komponiert haben soll. Seitdem hat es Hugo Bock-Berlin, mit Klavierbegleitung von Fritz Lindemann, herausgegeben, wofür 100 Mark in die Mozartkasse flossen, was sich der arme Mozart sicher nicht hat träumen lassen. Es bekannt gemacht zu haben, muß ich mir zuschreiben und bin Mozart ganz besonders dankbar für das liebe Stück, das ich ihm jedesmal ganz allein vorsinge, auch wenn noch so viel Leute im Konzertsaal sitzen und zuhören.

 

Jetzt möchte ich den Leser bitten, mir auf kurze Zeit nochmals in die schöne Kaiserstadt an die blaue Donau zu folgen, wo ich ohne es zu ahnen, zum letzten Male, unter Mahler im Mai gastierte. Mehrere Monate vorher erhielt ich von der österreichisch-ungarischen Botschaft die Nachricht, daß Se. Majestät Kaiser Franz Josef mich mit dem goldenen Verdienstkreuz ausgezeichnet habe. Ich war einfach sprachlos; denn nie wäre mir der Gedanke an eine derartige Auszeichnung auch nur im Traume eingefallen, um so weniger, als mich Se. Majestät der Kaiser bereits wenige Jahre vorher zur k. u. k. Kammersängerin ernannt hatte. Meiner augenblicklichen Freude Ausdruck zu geben, depeschierte ich meinen innigsten Dank an Se. Majestät und durfte im Mai damit rechnen, mich ihm persönlich vorzustellen und ihm zu danken, wonach es mich schon längst verlangte.

Den immer hilfsbereiten, liebenswürdigen Fürsten, Obersthofmeister Montenuovo bat ich, mich zur kaiserlichen Audienz am 13. Mai anmelden zu wollen. An diesem Abend war der Fidelio angesetzt, und ich hatte mal wieder einen meiner besten Luftröhrenkatarrhe. Aber ich war auf ¾1 Uhr bestellt, und pünktlich wie ich bin, erschien ich um ½1 Uhr bereits im großen Saal der Hofburg, wo ich schon viele hohe griechisch-katholische Geistliche, sehr viele magyarische Offiziere nebst anderen Würdenträgern vorfand. Na, das konnte hübsch lange dauern, wenn die alle vor mir an die Reihe kamen. Doch hoffte ich, daß man Damen berücksichtigen würde, und da außer mir nur noch eine antike Stiftsdame anwesend, ward ich wieder frohen Mutes. Der diensttuende Kammerherr hatte mich sofort eingetragen. Es war schon nach ½3 Uhr, als auch Dr. Karl Lueger erschien, der einzige mir bekannte Audienzler – damals schon ein Todeskandidat – dessen guter Humor sich aber nicht unterkriegen ließ. Wir hatten längst Bekanntschaft gemacht, ich ihn, er mich besucht, und uns auch öfters geschrieben, da ich ihn dem Tierschutz geneigt fand. So trat ich auf ihn zu, gratulierte ihm zu seinem letzten Jubiläum und sagte, daß ich, schon ziemlich lange anwesend, abends noch den Fidelio sänge. »Ja«, sagte Dr. Lueger, »wir sind halt nicht so hoch im Range wie die da; sehen Sie, gnädige Frau, die da mit den roten Hosen, die kommen noch alle vor uns dran,« und zeigte auf die magyarischen Offiziere. »Ja,« sagte ich, »wenn ich das gewußt hätte, hätte ich auch rote Hosen angezogen!« Er ermunterte mich aber dazu, dem Kammerherrn meine Fideliolage vorzubringen, und dieser konnte es denn auch so einrichten, daß ich viel früher daran kam, als ursprünglich vorausgesehen war. Und plötzlich stand ich vor dem ehrfurchtgebietenden Kaiser Österreichs, Franz Josef! Wie ich mich gar so befangen fühlte, mußte ich unwillkürlich an eine Künstlerin denken, von der man erzählt, was ihr bei der ersten Audienz passierte, als sie der Kaiser ansprach. »Jessas Maria und Josef,« soll sie geantwortet haben, »jetzt hab' ich auf alles vergessen, was ich hab' sagen wollen.« – Mir ging's wirklich nicht viel besser; aber ich schaute mir ihn an, den lieben Kaiser Franz Josef, der mir nicht erlaubt hatte, ihm die Hand zu küssen. Ich sah seine schlanke, hohe Gestalt, seine schönen, himmelblauen Augen und hörte seine liebe Stimme so entzückend fein wienerisch reden, daß mir das Herz aufging, wie mich gleichzeitig sein Wesen gefangen nahm. Er hatte die Güte, mir allein den Erfolg in Salzburg zuzusprechen, wofür er mir zu danken habe, und wollte nicht glauben, als ich beteuerte, wie alle unsere Künstler ganz dasselbe für Salzburg und Mozart getan hätten wie ich. Der Kaiser stand, als ich hereintrat, an einem hohen Schreibpult und notierte gerade etwas. Wie unendlich fleißig er ist, ist sprichwörtlich. Leider war die Audienz schneller beendet, als man denken kann, wenn ich auch gewünscht hätte, ihn noch lange sprechen zu hören.

Unterwegs bekam ich einen furchtbaren Hustenanfall, und als ich ins Hotel kam, war ich so rauh beim Sprechen, daß ich mir Mahler, der seines kranken Kindes halber im Hotel wohnte, herunterbitten ließ, ihm zu sagen, daß er eine der Damen, die den Fidelio sänge, bitten möge, sich für den Abend eventuell vorzubereiten. Frl. von Mildenburg hatte die große Liebenswürdigkeit, während des ersten Aktes im Theater meine Disposition abzuwarten. Dank meiner vorsichtigen Atmung überkam mich nicht der geringste Hustenreiz, und Frl. von Mildenburg war ihrer Retterdienste somit enthoben. Ihr diesen echt kollegialen Liebesdienst mit Zinsen zurückzuzahlen, war mir ganz unerwarteterweise bald vergönnt.

Im Begriffe, eines abends nach meinem Gastspiel abzureisen, hielt mich's wie mit höherer Macht zurück, noch einen Tag zuzugeben, um am Abend den Tristan mit Mildenburg und Mahler, sowie Rollers Dekorationen in aller Ruhe zu genießen. Den ganzen Tag über hatte ich Menschen gesprochen und war abends so abgespannt, daß ich nicht mehr hören noch sehen konnte und mich nur mit Anspannung aller Kräfte in die Oper schleppte, wo mir Mahlers Loge zur Verfügung stand, in der ich seine Gattin und Schwester anwesend fand. Beide Damen beeilten sich, nach dem II. Akt Mahler aufzusuchen, und forderten mich auf, sie zu begleiten. Da meine Abspannung aber aufs höchste gestiegen und ich außerdem fürchtete, Mahler nach seiner Riesenarbeit und der ihm noch bevorstehenden, lästig zu fallen, bat ich die Damen dringend, mich meinem Schicksal allein in der Loge zu überlassen. All meine Bitten schienen vergebens, sie ruhten nicht eher, bis ich mich ihnen anschloß und nun in einem großen Zimmer mit Mahler und mindestens dreißig anderen Menschen zusammensaß, wo er etwas Thee nahm und sich aufs heiterste unterhielt. Ich hörte stille zu, wunderte mich nur, wie er es möglich machte, in einem solchen Wust von Geschwätz seinen Kopf frei zu halten für seine so schwierige Aufgabe, als plötzlich der Inspizient in die Versammlung stürzte, um anzuzeigen, daß Herr Schmedes – Tristan heiser geworden und nicht weiter singen wolle. Hier bewunderte ich Mahlers Fassung, der sich die Partitur kommen ließ, um alles Erdenklich-mögliche zu streichen, und Schmedes sagen ließ, daß er die Oper zu Ende bringen müsse. Wie lange dehnte sich doch die Debatte hin und her und war noch lange nicht geregelt, als der Inspizient zum zweitenmal mit der Hiobsbotschaft erschien, daß Frl. von Mildenburg ebenfalls heiser, auch nicht weiter zu singen wünschte. Das gab den Effekt einer brennenden Fackel ins Pulverfaß geschleudert, denn nun explodierte Mahler aus seiner Ruhe, wie ein Springteufel aus seiner Schachtel, hopste wie besessen im Zimmer herum und wußte sich vor Wut und Aufregung nicht zu lassen. Es war unterdessen weit über eine Stunde vergangen, und nachdem Schmedes weiter zu singen erklärt hatte, schrie Mahler: »Die Mildenburg soll gar nicht singen, soll schweigen; die Klage werde ich streichen und den Liebestod allein vom Orchester spielen lassen!« worauf sich die ganze Gesellschaft auf die Bühne verfügte, um im Orchester der Verabredung gemäß die Striche einzurichten.

Frau Mahler und ich waren allein im Theezimmer zurückgeblieben; ich schüttelte stumm den Kopf, denn so etwas hatte ich noch nicht erlebt. Als wir auch im Begriffe waren, hinunter zu gehen, sagte ich zu Alma, die ich schon als jüngste Schindlertochter und Stieftochter Carl Molls kannte: »Wenn ich geahnt, daß das solche Wirtschaft macht, hätte ich die paar Takte der Isolde auch gesungen.« »Ja, Lilli, möchtest du das wirklich tun?« »Ja, wenn du meinst, daß Mahler ein Gefallen damit geschieht?« Fort war sie und brachte Mahler strahlend zurück, der mich frug, ob ich wirklich singen wolle? »Holen Sie mich aus dem Grabe, wenn Sie mich brauchen, Lilli, ich dirigiere alles, wo und was Sie wollen.« Nun ging's schleunigst auf die Bühne hinunter, die ich mir erst ansehen mußte, und die zu erklettern ein Kunststück für sich allein bedeutete. Als wenn der Erfolg des Tristan an den Buckeln des Bühnenbodens hinge, so hatte man ihn zugerichtet! Rücksichtslos gegen die Sänger, welche bei den schwierigsten Rollen, die es überhaupt gibt, für den Fuß nicht eine gerade Stelle zu finden vermögen. Ach ja, die Herren Maler sollten mal in ihren eigenen Dekorationen große Rollen singen müssen, sie ließen ihre Tüfteleien wirklich sein. Eine kleine Besprechung mit Schmedes – der Lage wegen – dann in die Garderobe, wo man mich aus- und anzog, Frl. von Mildenburg mir die Perücke aufstülpte, und dann mit dem Korrepetitor ins Probezimmer, da ich die Rolle – abgesehen vom Liebestod – vier Jahre nicht mehr gesungen hatte. Ich bat nichts zu annoncieren, man würde es vielleicht gar nicht bemerken. Durch die Riesenstriche für Schmedes dauerte es nicht allzu lange, bis ich dran kam, und auch meine Aufgabe ging so schnell vorüber, daß ich – als es vorbei war – nicht wußte, ob es Wirklichkeit oder Traum gewesen. Auch ohne Annonce und trotzdem ich mich fast unkenntlich gemacht durch das Hereinfallen des Haares ins Gesicht, erkannten mich die treuen Wiener und dankten mir die Gefälligkeit, die ich der ausgezeichneten Künstlerin Mildenburg (und auch Mahler) erweisen durfte, mit ihren vielleicht einzig dastehenden Beifallssalven, die mich um so mehr rührten, als ich gar nicht wußte, daß ich erkannt worden war. Mahler war glücklich, Frl. von Mildenburg beruhigt, daß sie nicht stören mußte, und ich von Herzen froh, daß ich's gekonnt.

Sehr merkwürdig war, daß ein lieber Freund, Wagnerianer par excellence, nach dem II. Akt fortgegangen war, weil er die Indispositionen der beiden Sänger empfunden. Irgend etwas zog ihn aber doch wieder hinein, um den Schluß zu hören, und er kam gerade zu meinem Auftritt zurecht. Beim ersten Ton wurde er schwankend, erkannte meine Stimme, konnte sich aber nicht erklären, wie das mit rechten Dingen zugehen solle, da er mich unterwegs nach Berlin wähnte. Auch andere durchreisende Bekannte waren zufällig in der Vorstellung und erkannten mich am ersten Ton. So kommt man zur Liebesklage und Isoldens Liebestod man weiß nicht wie; könnt' aber nicht sagen, daß mir's unangenehm gewesen!

Ging auch das Jahr 1909 leer aus für den Mozartfonds, der Vorarbeiten für 1910 gab's genug, denn man hatte mir endgültig das Fest zu künstlerischer Gestaltung überantwortet. Wir waren uns darüber einig geworden, drei Don Juan- und drei Zauberflöten-Vorstellungen und im Anschluß daran fünf Konzerte in der so weihevollen Aula mit Orchester und Solisten, ferner ein Kirchenkonzert zu geben. Dr. Muck hatte mir zugesagt, den Don Juan und ein Konzert zu übernehmen; Schuch, die Zauberflöte zu dirigieren, die er sich selber als Lieblingsoper ausgesucht; Mottl, der nicht frei war, versprach, wenn eventuell möglich, eines der Konzerte zu leiten, und Weingartner hatte das letzte Sinfonie-Konzert – dessen Programm er selbst entwarf – bestimmt zu dirigieren versprochen. Die Wiener Philharmoniker waren selbstredend als Orchester gesichert. Das waren nicht nur zugkräftige Namen, sondern verhießen ganz außerordentliche Aufführungen, um so mehr als auch von allen Hoftheatern erste Kräfte bereits von mir dazu gewonnen waren.

Angesichts der kleinen Salzburger Bühne, die weder Versenkungen, Nebenräume, noch große Tiefe besitzt, eingedenk der unendlichen Verwandlungen, welche die Handlung der Zauberflöte aufhalten, war ich entschlossen alles so einfach und natürlich als möglich zu gestalten und dekorativ Märchenhaftes nach besten Kräften zu vermeiden. In Wien hatte ich öfter mit Roller und Brioschi, denen die Salzburger Bühnenverhältnisse nicht fremd waren, Rücksprache genommen, angegeben, was ich für möglich und vorteilhaft vorzuschlagen hatte, worauf Roller die Zeichnungen anzudeuten so freundlich war, und Brioschi dieselben malte. Ich mußte darauf bedacht sein, die drei ersten Bühnengassen so zu bauen, daß sie den ganzen Abend unverwandelt in jedes Bild paßten, während ein durchgehendes Praktikabel in der hintersten Gasse, auf dem die dort notwendigen Dekorationen standen, es wiederum ermöglichte, die vielen Prospekte hintereinander zu hängen und die Sänger darauf agieren zu lassen, was einer kolossalen Zeit- und Müheersparnis gleich kam. Selbst die nur architektonisch gemalte Feuer- und Wasserprobe mußte genügen, weil etwas anderes in den engen Räumen ausgeschlossen war. Schön hatte ich mir für die Zauberflöte die Bühneneinfassung als ägyptische Pylonen ausgedacht, die sämtlichen Bildern einen entzückenden Rahmen verliehen hatten. Da sie aber nicht angebracht werden durften, mußte ich den schönen Gedanken dran geben, wie noch so manches andere im Laufe des Festspieljahres! –

Drei kleine Änderungen in der Verwandlungsfolge, die in alten Büchern schon vorgesehen, besprach ich mit Schuch, Muck und Weingartner, die es gleichmäßig für ratsam und gut erachteten. Somit konnte ich Juli 1909 dem Komitee in Salzburg den vollständigen Erfolg meiner Vorarbeiten verkünden, wohingegen man mir die freudige Mitteilung nicht vorenthielt: daß die Gemeinde zu Festspielen noch gar nicht entschlossen sei. Diese kalte Douche war nicht die letzte.

Am guten Gelingen der Zauberflöte hing meine Seele. Mit Herzlichkeit wollte ich diese göttliche Mozartoper ausschmücken bis aufs I-Tüpfelchen. So viel sie in meinem Erinnern feststand aus Zeiten, die Mozart so viel näher lagen als die heutigen. In der ganzen theatralischen Naivität jener Zeit, in der sie unter den damaligen Umständen und Verhältnissen entstanden war. Wollte man sie anders geben, oder gar zur Ausstattungsfeerie heruntersetzen, wahrlich man würde ihr die Existenz nehmen, nicht nur ihr Recht. Gleichviel ob Mozart sie vielleicht anders komponiert hätte bei einem besseren Buch – besser hätte sie nicht werden können. Man darf und soll gar nicht abrechnen, was Schikaneder für sich dazu getan hat. Die damalige Zeit gestattete dergleichen und hat sich doch bis auf unsere Tage in gewissen Rollen erhalten. Die Intimität des Publikums zum Künstler verlangte und gestattete Dinge, die in unserer heutigen Zeit nicht mehr zu passen scheinen. Aber man soll nicht glauben, daß es nicht verstanden würde; es muß nur von echten Künstlern gemacht werden. Eben darum muß die Oper ganz im Sinn der damaligen Zeit gegeben werden, mit Künstlern, die der darin enthaltenen Herzlichkeit und freudigen Heiterkeit des österreichischen Gemütes künstlerisch gerecht werden. Wenn mir einer sagen wollte, daß sich das überlebt hätte, so sage ich ihm »mitnichten!« Die Kunst der Herzlichkeit von der Bühne herunter – eigentlich in jeder Kunst – kann sich niemals überleben, aber sie ist verloren gegangen, man wird ihrer nur selten, sehr selten gewahr. Und das ist das allertraurigste in der Kunst. Man spielt jetzt »Menschen«, wie sie sagen, in gemeinen Milieus; hat keinen Sinn mehr für Wärme und Herzlichkeit. Natürlich empfinden die Künstler nicht mehr, und wenn sie so empfänden, fehlt ihnen nur zu oft die Technik resp. das Talent, es auszudrücken.

Welch eine Fülle von Heiterkeit, Lebenslust und Menschlichkeit liegt in den Figuren der Zauberflöte! Tamino und Pamina sind frische junge Menschen, die mit Papageno verkehren wie mit einem großen Kinde. Pamina und Tamino fallen einander um den Hals, sobald sie sich sehen; sie folgen den natürlichen Trieben ihres Herzens vor aller Welt.

Wie lieblich heiter sind die drei Knaben, die überall dabei sind, überallhin Frohsinn bringen, Hilfe und Rettung.

Geschwätzig, neidisch, zänkisch, verliebt die drei Damen. Lebhaft bemüht, die beiden jungen Männer Sarastro abspenstig zu machen und Tamino am Ende für sich selbst zu ködern. Alles muß Leben sprudeln in Geberden und lebhaftem Geschwätz ihrer Überredungskünste. Und was sieht man statt alledem jetzt an den meisten Bühnen? Tödliche Langweile, verschleierte schwarze Gestalten, bewegungs- und regungslose Laternenpfähle, anstatt urdeutscher, heiterer Gemütlichkeit. So verkehrt werden die Figuren in der Zauberflöte aufgefaßt von so vielen Regisseuren und Direktoren.

Und nun Papageno, der Urmensch, der gemütreiche Wiener Urmensch, der sich in seiner Unwissenheit, seinem Naturzustand so wohl fühlt; der nicht gebildet, nicht weise, nichts sein will als Papageno, der Vogelfänger; der seinen Mund spazieren führt, nichts anderes kann, nichts anderes will. Alles, was ihn vom natürlichen Lebenswege ablenkt, macht ihn unglücklich. Was will er denn mehr? Ein Weibchen, das, wie er selbst, unbeleckt von aller Kultur, nur mit Liebe für ihn ausgerüstet und höchstens, gleich ihm, mit Federn bekleidet ist.

Papagena, das liebenswürdige Evakind, ist trotz aller Natürlichkeit eine kleine Kokette. Sie gibt sich wie ein Vögelchen im Hochzeitsschmuck. Wenn sich die beiden Menschenkinder endlich gefunden haben, vergessen sie ganz, sich zu umarmen oder anzupatschen; sie brauchen weder Arme noch Hände; sie schnäbeln und küssen sich wie Tauben oder andere Vögelchen, spielen mit ihren Namen, mit ihren zukünftigen Kinderchen, bis Papageno plötzlich im vollsten, höchsten Entzücken sein Weibchen auf den Arm nimmt und davonträgt.

Wenn alle diese Figuren keine Meisterfiguren sind an Natürlichkeit, Anmut, Herzlichkeit, Freude und Glückseligkeit, dann weiß ich's nicht. So alt das Werk auch ist, ein jedes Wort darin hat noch Interesse für jeden, der es kennt und kennen lernt. Vorausgesetzt, daß er selber Herz und Gemüt hat für ein Meisterwerk, worin Leben, Liebe, Gemüt und Natürlichkeit das Zepter führen.

Selbst die Königin der Nacht ist menschlich aufzufassen und durchzuführen. Nicht allein als Beherrscherin des Aberglaubens und finsterer Macht. »Sie ist ein Weib, hat Weibersinn.« Sie spielt im herrlichen Adagio ihrer ersten Arie Tamino eine Rührszene vor. Der Schmerz um ihre Tochter mag ihr ernst sein. Tiefer aber noch kränkt es sie, daß Sarastro sie einer Macht beraubt hat, welche sie nach ihres Gatten Tode zu erben gehofft hatte, die aber nur auf einen Mann wie Sarastro übertragbar war. Um einen Sinn in die Handlung zu bringen, d. h. die Ursachen ihrer Intrigen zu verstehen, muß sie im Dialog die betreffenden, sonst meist gestrichenen Stellen unbedingt sagen. Sie heuchelt, denn sie will Tamino für ihre Rache gewinnen, Tamino soll Sarastro bezwingen. Um ihn noch mehr in ihre Netze zu ziehen, verwandelt sich gleich nach Schluß des Adagios mit dem neuen Tempo in B-Dur ihr Gesicht in entzückende Herablassung. Sie will Tamino bezaubern, mehr noch durch ihre Liebenswürdigkeit als durch ihren Schmerz. Ihre Koloraturen sind der Ausdruck weiblicher Zärtlichkeit und Überredungskunst. So gewinnt sie Tamino für ihr Werk, und so, nur so hat Mozart die erste Arie der Königin mit ihren Koloraturen sich gedacht.

Was aber machen die meisten Vertreterinnen dieser Rolle? Sie fahren bei der Tempowendung mit den Armen in die Luft, mit Schleppe und Schleier auf die andere Seite der Bühne und glauben damit einen dramatischen Effekt gefunden zu haben, wofür eine einzige herablassende Handbewegung und ein verführerisches Lächeln vollständig genügen würde. Dabei können die Koloraturen weich und zart, also natürlich gebracht werden. Auch in der zweiten Arie lassen sich dieselben zu natürlichem Ausdruck gestalten. Pamina, die erst vor ihrer Mutter flehend hingesunken, wirft sich bei den Worten »wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen« in tiefster Verzweiflung auf das Lager. Die Königin folgt ihr, beugt sich über sie und zischelt, gleich einer Schlange, Pamina die Staccati in die Ohren, als wolle sie ihr eindringlich machen, daß keine Wahl mehr bliebe, Pamina Sarastro töten müsse.

Wenn Sarastro bei seiner Weisheit, Männlichkeit und Würde mit Pamina belehrend verkehrt wie mit seinem eigenen jungen Kinde, dann ist alles getan, was für diese Rolle getan werden kann, die sich von selber spielt.

Über Monostatos braucht man wohl nichts weiter zu sagen; er muß geschmeidig, verliebt, neidisch, gehässig und falsch sein.

Die Prosa muß durchweg natürlich gesprochen werden, ganz im Charakter des oben Gesagten und der damaligen Zeit. Herzlich, heiter und liebenswürdig von seiten der verliebten Paare, würdig von den Priestern, mit feinen Nuancen abschattiert, wo Papageno mit im Spiel ist. Die ganze Oper ist menschlich liebenswürdig, freudig, heiter und natürlich zu geben, mit feinem Humor gewürzt oder zu tiefem Ernste geneigt, wenn es sich um das Heiligtum der Liebe oder des Glaubens handelt.

Und zu alledem muß sie gesungen werden. Gesungen, wie es heute so wenige mehr können. Diese Auffassung muß für mein bestes Gewissen zeugen, wie ich die Zauberflöte zu geben wünschte, wie sie in meinen reichen Erinnerungen an so viele große, bedeutende Künstler feststand.

Und nun noch etwas vom Humor! Was heute aus Unverständnis der meisten Bühnenleiter für die Künstler oder aus Unfertigkeit der Künstler für die Kunst, vielleicht auch aus falschen Anschauungen heraus, so ganz in den Hintergrund aller Opern getrieben wird, ist der Humor. Der Humor, das belebendste Element aller Theaterspielerei, des Lebensspiegels, wie ihn uns Shakespeare so unübertrefflich vorhält. Der Humor ist das Unentbehrlichste aller Theater- und Lebenswürze. Sind nicht Mozarts Don Juan, bei aller Größe, Figaro, Zauberflöte, die Entführung, Così fan tutte mit Humor durchtränkt in Wort und Musik? Fehlt nicht das Schmackhafteste, wenn ihnen der Humor genommen wird? Welch gesunde Arznei für Publikum, Künstler, Kunst und Menschlichkeit! Und nun muß man ruhig zusehen, wie verständnislos so viele Werke ihrer besten Lebenskraft beraubt werden, oft nur um einem sogenannten stilvollen Ensemble Platz zu machen, das seinen Höhepunkt in allzu edler Harmonie, d. h. beinahe in Langstieligkeit, sucht und findet. Mit geducktem Künstlermaterial eine große Idee zu verwirklichen, scheint mir unmöglich. Dazu braucht man selbstschaffende, mutige Künstler, die sich getrauen, ihre Auffassung, ihre Seele, ihr Können sprechen zu lassen. Wir hörten gerade von dem großen Bühnenkünstler Laube gelegentlich seines 100. Geburtstages, wie er bei allen Künstlern das Individuelle gelten ließ, und ich weiß es aus eigener Erfahrung, da ich ein Jahr lang bei ihm engagiert gewesen und dieselbe köstliche Erfahrung auch an Richard Wagner 1876 machte.

Für die drei »Knäbchen« schwebte mir ein besonders reizvoller Gedanke vor. Schuchs älteste Tochter sollte als erster Knabe unter ihres Vaters Leitung ihr Debüt machen; als zweiter Knabe Alvarys Töchterchen und als dritter noch ein anderes Künstlerkind. Den jungen Kindern wäre ihr Debüt zur unvergeßlichen Erinnerung geworden für ihr ganzes Leben. Aber der schöne Gedanke zerrann, und nichts davon blieb übrig als Käte von Schuchs Debüt ohne den Vater!

Der Tod unseres lieben Anton Moser-Wien, Krankheiten, Urlaubsverweigerungen und sonstige zahllose menschliche Schwächen bedrängten die fertigen Pläne bis kurz vor den Aufführungen. Der empfindlichste Schlag traf uns mit der Absage Schuchs am 6. Juli. Man hatte mich vorher gewarnt, dennoch traute ich dem Wort des Unzuverlässigen und war verlassen. Man möge bedenken, daß wir bereits mitten in den Theaterferien standen und sämtliche Künstler, in der weiten Welt zerstreut, gar nicht auffindbar waren. Telegramme und Briefe waren oft 2 bis 3 Wochen unbestellbar unterwegs. Ich depeschierte an Muck, er möchte die Zauberflöte mitübernehmen; die Depesche erreichte ihn nicht. – Ich bat Weingartner, sie zu dem Konzerte noch mitzudirigieren; er sagte auch noch das Konzert ab. Endlich mußte ich Schuchs Vorschlag, Franz Mikorey-Dessau für ihn dirigieren zu lassen, dankbar annehmen, obwohl ich nicht einmal wußte, ob die Philharmoniker der Wahl zustimmen würden. Zwei Tage vor der ersten Zauberflöte depeschierte auch noch Slezak ab, den ich mir durch ein ganz grobes Telegramm zurückeroberte, so daß nun endlich alles in Ordnung war und blieb.

 

Zauberflöte
Sarastro Richard Mayr, Wien.
Königin der Nacht Frieda Hempel, Berlin.
Pamina Johanna Gadsky-Tauscher, New York.
Erste Dame Lilli Lehmann, Berlin.
Zweite Dame Melanie Kurt, Berlin.
Dritte Dame Hermine Kittel, Wien.
Tamino Leo Slezak, Wien.
Papageno Karl Groß, Kassel.
Papagena Gertrude Förstel, Wien.
Sprecher Alexander Haydter, Wien.
Monostatos Julius Liebau, Berlin.
Priester Gerhard Stehmann, Wien.
Erster Knabe Käte von Schuch, Dresden.
Zweiter Knabe Heta Heber, Berlin.
Dritter Knabe Olga Tremelli, Berlin.
Dirigent Franz Mikorey, Dessau.
   
Don Giovanni.
Don Giovanni Antonio Scotti, New York.
Il Commendatore Gerhard Stehmann, Wien.
Don Ottavio Georg Maikl, Wien.
Leporello Andrea de Segurola, New York.
Masetto Willy Paul, Hannover.
Donna Anna Lilli Lehmann, Berlin.
Donna Elvira Johanna Gadsky-Tauscher, New York.
Zerlina Geraldine Farrar, New York.
Dirigent Dr. Karl Muck, Berlin.

 

Da wir den ersten Akt Don Giovanni in zwei Bildern gaben, um allzuviel unnötige Verwandlungen zu sparen, ließ ich nach der Rache-Arie den Zwischenvorhang fallen und ihn nach drei Minuten wieder öffnen. Inzwischen ist in demselben Bilde Dämmerung eingetreten. Ottavio tritt mit seinem Diener auf, übergibt ihm einen Brief, den dieser auf seinen Befehl Elviren in die Posada, wo sie Quartier genommen, überbringt. Man denke sich den Brief als Verabredung zu einem Rendezvous mit Donna Anna und Ottavio. Letzterer ist auf der Straße stehengeblieben, überlegt (Rezitativ vor der G-Dur-Arie), daß er Annas Worten, die Don Giovanni als den Mörder ihres Vaters bezeichnete, kaum Glauben schenken kann, woran sich seine Arie schließt. Danach kehrt der Diener aus der Posada zurück, um Ottavio die Nachricht zu bringen, daß Elvira sich zur geplanten Stunde einfinden würde, wobei beide abgehen. – Folgt Champagner-Arie usw. – Vor dem Masken-Terzett treten Ottavio und Anna hinter der Posada auf, Elvira öffnet die Tür, begrüßt die beiden mit den Worten: »Hier nehmt die Hand zum Bunde« usw. –

Den zweiten Akt spielte ich (nach dem Sextett also) bis zum Kirchhof ebenfalls nur in einer Dekoration. Um das zu ermöglichen, hatte ich, so gut und schlecht es mit alten vorrätigen Versatzstücken zu bewerkstelligen war, rechts vom Zuschauer, Elvirens Balkon gegenüber, der die Rückfassade der Posada vorstellte, einen Vorgarten des Friedhofs – von durchsichtigen, teils hohen, teils niederen Gittern umgeben – stellen lassen, dessen altes, mit Moos und Sträuchern bewachsenes Steintor mit Gittertüren versehen war. Vom Tor nach der hinteren Bühnenmitte führte eine alte Mauer mit Nische, die die im Vorgarten spielenden Personen nach innen deckte. Die Nische mit beleuchtetem Heiligenbild bot Don Giovanni während des Terzetts ein Versteck. Sobald Elvira und Leporello, von Don Giovanni erschreckt, zu entfliehen suchen, huschen sie, laut aufschreiend, durch die offenstehende Gittertür des Vorgartens, wo sie verschwinden, während Don Giovanni lachend von außen die Tür verriegelt.

Nach dem Ständchen, seiner Arie und der Zerlinens wagen sich Leporello und Elvira wieder in den Vorgarten, wo Elvira unter einer Weide auf einen Stein sinkt, um Leporello zu erwarten. Dieser sucht auf Umwegen nach einem Ausgang und gelangt gerade zum Tor – das er vergeblich zu öffnen sucht –, als Ottavios Diener mit Licht und Blumen auf der Bühne erscheint, um das Tor für seine Herrschaft zu öffnen, die ihm auf dem Fuße folgt, um des Comturs Grab zu besuchen. Leporello prallt zurück und erwartet lauschend den günstigen Moment seiner Flucht. Indessen singen Anna und Ottavio ihre beiden Sätze, nach deren Beendigung sich der Diener zu Anna verfügt, ihr die Blumen zu überreichen. Diesen Moment benützt Leporello, sich langsam durch das Tor außerhalb an der Mauer entlang zu schleichen, wo er Zerlinen und Masetton in die Arme läuft und sich das Sextett entwickelt.

Diese Anordnung schien mir eine glückliche Lösung für das sonst so herausgerissene Sextett zu sein, das doch mit dem Vorhergegangenen in engster Verbindung steht. Solange zwischen der vorhergehenden Szene und dem Sextett verwandelt wird, dürfte sich nie eine Verbindung für das Verständnis des Publikums – und auch selbst für die Künstler resp. Kenner der Oper – zwischen den beiden Szenen finden lassen. Wie vorgeschrieben, soll das Sextett im Vorhof des Comturpalastes spielen, wie die erste Szene der Oper, wohin Elvira und Leporello auf ihrer Flucht durch die Straßen zufällig geraten sind. Heimkehrend finden Anna und Ottavio dann Don Giovanni und sind entsetzt, weil sie ein neues Attentat befürchten. So ist's gemeint. Niemand aber wird und kann das natürlich finden, der nicht genau weiß, um was es sich handelt. Jeder wird es für dumm oder unmöglich halten, daß die beiden ausgerechnet in Annas Haus laufen. Man muß sehen, wohin die beiden auf ihrer Flucht geraten, und Anna kann ebenso entsetzt sein, wenn sie Don Giovanni vor dem Friedhofe begegnet, wo er ein neues Attentat auf sie vorbereiten kann, da sie um diese Zeit auch oft allein des Vaters Grab besuchen kommt. – Wenn die Szene sehr eng gestellt ist, wie z. B. in Salzburg, so macht diese Verbindung einen schönen einheitlichen Eindruck, daß selbst die Don Giovanni-Kundigsten das so angegliederte Sextett als eine Wohltat an Zugehörigkeit und Wirkung empfanden.

Die sogenannte »Brief-Arie« Donna Annas in einer Friedhofs- oder Hauskapelle oder gar auf dem Friedhofe selbst spielen zu lassen, wie ich das an verschiedenen Orten erlebt habe, ist geradezu jämmerlich. Jämmerlich, weil auf solche Art der einzige Moment, der uns mit Ottavios Geschick versöhnen könnte, zunichte gemacht wird. Darum ist es falsch. Das Rezitativ vor Annas Arie, in welchem Ottavio mit ungestümen Worten auf baldige Verbindung dringt, paßt weder auf einen Kirchhof noch in eine Kapelle, und Donna Annas Antwort ebensowenig. Obwohl sie immer noch um den teuern Vater trauert, sträubt sie sich doch nur mehr noch schwach, mit zärtlichen Worten, gegen ihr eigenes Gefühl, das sie dem Geliebten, ihrem zukünftigen Gatten, entgegenbringt. Ich meines Teils habe immer versucht, soviel Liebe und Verehrung, als nur möglich war, in diese Situation zu legen, um Ottavio einigermaßen vor dem Publikum für seinen schlechtgezeichneten Charakter zu entschädigen. Text und Komposition wollen nichts anderes. Donna Anna beschwichtigt des Geliebten Groll wegen ihres langen Zögerns mit ihrem herrlichen Rezitativ. Im Rondo beteuert sie ihm, daß sie ihn »über alles« liebt. Und wenn das Allegro über beide Verlobte, die sich umschlungen halten, ein wenig Glück breitet, eine Stimmung die Donna Anna am Schluß der Arie durch einen Kuß erhöhen darf, so wird dies auf das Publikum einen sehr befriedigenden Eindruck ausüben, der durchaus notwendig ist, der nur durch die liebevolle Intimität des Paares in dem dazu passenden Raum hervorgerufen werden kann. Und darum muß die Szene unter allen Umständen in einem Zimmer, in Donna Annas Haus, sich abspielen.

Den Namen »Brief-Arie« erhielt sie, weil Don Ottavio lange Zeit und mit ihm das ganze vorhergehende Zwiegespräch, d. h. das Rezitativ, fortblieben. Ein Brief Ottavios an Anna, der Vorwürfe der Grausamkeit ihres Benehmens enthielt, mußte ersetzen, was sie in der Arie zu beantworten hat. Wahrscheinlich beachtete man nicht, wie wichtig die Szene für Ottavio sowohl als für Donna Anna ist, die das bis dahin mißliche Verhältnis der beiden Charaktere endlich zu befriedigendem Abschluß bringt.

Das Endresultat dieser künstlerischen Vereinigung zu Ehren Mozarts war allerdings äußerst befriedigend, denn viele aus dem kunstsinnigen Publikum sprachen den Wunsch aus, weitere vierzehn Tage den beiden Vorstellungen, die sie nun sechs Tage gehört hatten, beiwohnen zu können. Wenn Theaterdirektoren solche Erfolge erzielt hätten, sie dürften wahrlich mehr Reklame damit gemacht haben als wir in Salzburg, die wir uns an stiller Befriedigung, unser Bestes gegeben zu haben, genügen ließen. Verbietet mir auch der Raum, jeder Einzelleistung gerecht zu werden, gebietet mir doch die Pflicht, einer ganz besonders zu gedenken, die uns eine Überraschung sondergleichen bot.

Auf der Suche nach einem guten italienischen Leporello kam mir Antonio Scotti zu Hilfe, der mir seinen Kollegen Andrea de Segurola, Spanier und Marchese von Geburt, dringend empfahl. Er hatte die Empfehlung, ich mein schnelles Zugreifen nicht zu bereuen, denn der junge, sehr elegante Mann entpuppte sich als ein Charakterdarsteller allerersten Ranges. Er brachte es fertig, Leporello als ernsten Menschen darzustellen, hatte den stolzen Spanier in ihm aufs feinste herausgearbeitet und nichts vergessen, was den »spanischen« Bedienten Don Giovannis kennzeichnet. Allerdings nicht in althergebrachter Gewohnheit, denn alles, was an den Bajazzo in unseren deutschen und italienischen Theatern in dieser Rolle erinnert, war hier ausgeschaltet. Schwerfällig im Denken sowohl als im Handeln, vegetiert dieser Leporello unter dem Druck einer dämonischen Gewalt, die ihn im Bann seines Amtes hält, gegen das er sich vergebens auflehnt, weil seine geistigen Kräfte nicht ausreichen, ihm zu entfliehen, und in welche Don Juan ihn immer wieder niederzwingt, um sich ihn als gefügigen Sklaven seines Dämons zu erhalten.

Von jeder einzigen Bewegung hätte ich kinematographische Aufnahmen gewünscht, um festzuhalten, was sich da an feiner Beobachtung menschlichen Charakters abspielte. Mag es manchen Zuschauer im ersten Augenblick befremdet haben, das ganze Publikum bekehrte sich gar bald zu der eminenten Auffassung, deren Wirkung eine ungeheuere war; und niemals möchte ich Leporello anders wiedersehen. Mir war's eine Erleuchtung. Das Schwerfällige dieses Menschen, der gegen seinen Willen gezwungen wird, so viele gemeine Streiche mitzumachen, machte sich auch in der ganz ungewohnten Maske (nach Velasquez) geltend. Ein rothaariger Mann, anständig, bürgerlich, braun in braun gekleidet, der eine mit roten Haaren besetzte Warze unter der rechtsseitigen Lippe trägt, die, wie ein Henriquatre aussehend, sich zu sträuben scheint und dabei auf die Seite gerutscht ist. Jede Szene war ein Meisterstück feinster Schauspielkunst. Wenn dieser Leporello von Don Giovanni zum Nachäffen seiner Gesten unter Elvirens Balkon gezwungen wurde, so war's ein mißglückter Versuch, der so verzagt ausfiel, daß Leporello wohl komisch, nie aber possenhaft wirkte. Man empfand und sah den wehrlosen Kampf des Nichtwollens und Nichtkönnens gegen die geistige Macht des Gebieters. Das Unbehagen, das dieser in Don Giovannis Bann stehende arme Mensch durch die ganze Oper hindurch zur Schau trägt, wird durch einzelne Nebenzüge des Wunsches nach Wohlleben noch erhöht. Es schmeckt ihm, von einem schönen heißblütigen Weibe umarmt zu werden; aber die Angst vor Entdeckung verdirbt ihm jede Freude an dem Abenteuer. Auch das Stückchen Fasan ißt er gern und trinkt gern guten Wein, gibt auch Bauernmädeln gelegentlich Beweise seiner Gnade. Seine scheinbare Unverschämtheit ist hier Ungeschicklichkeit. Wäre er wirklich frech, so erniedrigte er Don Giovanni, seinen Herrn, und beleidigte Elviren aufs tiefste, und das darf nicht sein. Dieser Leporello benahm mir zum erstenmal das unangenehme Gefühl, das ich stets bei dem gemeinen Betragen aller anderen Leporellos Elviren gegenüber empfinden mußte. Die ersten Szenen beim Duell auf dem Friedhof und beim letzten Erscheinen der Statue waren großartig. Ich gebe zu, daß man diesen Leporello allabendlich bewundern konnte.

siehe Bildunterschrift

Hofkapellmeister Mikorey – Exc. Graf Kuenburg – Erzherzog Eugen – Exc. Gräfin Dubsky – Dr. Karl Muck – Fürst Erzbischof Katschthaler – Gräfin Hartenau – Lilli Lehmann

Heinrich Heines köstlicher Ausspruch über Sancho Pansa, Don Quichotes treuen Diener, paßt auch auf de Segurolas Leporello:

»Denn die große Volksmasse mitsamt den Philosophen ist, ohne es zu wissen, nichts anderes als ein kolossaler Sancho Pansa, der trotz all seiner nüchternen Prügelscheu und hausbackenen Verständigkeit dem wahnsinnigen Ritter in all seinen gefährlichen Abenteuern folgt, gelockt von der versprochenen Belohnung, an die er glaubt, weil er sie wünscht, mehr aber noch getrieben von der mystischen Gewalt, die der Enthusiasmus ausübt auf den großen Haufen, wie wir es in allen politischen und religiösen Revolutionen und vielleicht täglich in kleinsten Ereignissen sehen können.«

Wiederum vereinigte ein Rout, wie sie nur Erzherzog Eugen, Mozarts würdigster Protektor, dessen besonders feiner künstlerischer Sinn und glücklichstes Erfassen menschlicher Verdienste oder Schwächen diese Feste zu den heitersten und wunschlosesten Stunden zu machen versteht, alles zum künstlerischen Teile Gehörende im Hotel de l'Europe und wiegte uns in neue Dankesschuld ein für alles, was dieser seelengroße Mann ohnehin schon für die große Sache Mozarts getan hat.

Der letzte Tag des Festes brachte große Anstrengungen, aber auch freudige Erregungen, die man gerne ertrug. Nach dem Frühkonzert im Dom, zu dem man die Credo-Messe gewählt, in die ich das liebe Alleluja hineinflocht, eilten wir auf den Platz, wo sich die zukünftige »Mozartschule« erheben sollte, zu der man heute den Grundstein zu legen gedachte. Erzherzog Eugen, Se. Eminenz Fürsterzbischof Katschthaler, Graf Gandolf Kuenburg, unser hochverehrter Präses und lieber Freund, der es so gut verstand, die Geister geschickt unter einen Hut zusammenzubringen, Künstler, Komitee und Behörden, hohe Gäste, alles nahm teil an dem so lang ersehnten feierlichen Akt in dem entzückenden Garten, der an die Mirabell-Bastei lehnt und so vornehm wirkte wie die illustren Menschen, die er barg. Nur wenige, aber würdige Worte wurden gesprochen vom Erzherzog-Protektor und von Sr. Eminenz, der Mozart hier förmlich den Hof machte, als wolle er ihm abbitten, was man an ihm hier einst verbrochen hatte. Eine schwungvolle Festrede hielt Dr. Hirschfeld-Wien, und jeder dazu Auserlesene legte Worte tiefen Sinns mit dem Stein in den Grund, aus dem dem Salzburgschen Lande einst Großes erwachsen soll. Gesegnet sei das zu beginnende Werk! Weihen möge es tiefster Ernst und höchstes Streben! Lasset »Wollen und Können« seine Losung heißen!

Mit der Jupiter-Sinfonie im Abendkonzert, in welchem Frau von Leschetizky ein Klavierkonzert spielte, ich die Arie der Fiordiligi aus Così fan tutte sang, schloß das offizielle Fest, das nach dem Konzert in einem Künstlerabend im Kurhause in vollster Heiterkeit ausrauschte und neuen Plänen, neuem Mute den Boden ebnete. Alles schien so selbstverständlich, nichts geschraubt, nichts überspannt, natürlich unsere Freude und unser Empfinden, wie Mozart es allein nur geben kann.

Es drängt mich einen wundervollen Ausspruch Gounods, den mir einst der Herzog von Sagan ins Album schrieb, hierher zu setzen:

» Beethoven est le plus grand,
Mozart est le plus haut –
Beethoven a plus de puissance, et
Mozart plus de sérénité!
Mozart est dans le ciel et
Beethoven y monte;
et pourtant ils sont égaux!
«

Charles Gounod.

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siehe Bildunterschrift

Lilli Lehmann und Dakel Baby. Nach einem Gemälde von Kunstmaler Hans Volkmer, München.


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