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Über die transkontinentale Grenze hinüber nach Butte, das glitzernd und funkelnd wie ein Diamant im Dunkeln auf den Hügeln lag; nach Missoula, wo es Bäume und eine Universität gibt und einen Berg in jedem Bauernhof; durch die Flathead Agency, wo Indianer in roten Decken aus den Wigwams hervortreten und die kleinen Kinder auf Mutters Rücken reiten wie in vergessenen Tagen, hinunter nach St. Ignatius, diesem italienischen Alpenstädtchen mit seinem alten Missionsgebäude am Fuße von Bergen, die wie Himmelsmauern emporstreben, war Claire erst westlich dann nördlich gefahren. Sie segelte an Flathead Lake vorbei, wo die Pracht von fünfzig Meilen herrlichster Berglandschaft sich im klaren Wasser spiegelt. Überall waren Flecken flacher Weizenfelder eingestreut, bebend im Lärm des Dreschens der klappernden Maschinen und im Aufblitzen des umherfliegenden Strohs. Doch diese Miniaturfelder waren eingeschlossen von steil abfallenden Bergen.
Herr Boltwood bemerkte: »Ich möchte lieber eins von diesen Gehöften besitzen und über meine Felder auf jene Berge dort sehen als König von England sein«. Nicht vielleicht, daß er eines dieser Gehöfte käuflich zu erwerben trachtete. Aber andererseits trachtete er auch nicht, so viel man sehen konnte, König von England zu werden.
Claire hatte Milt seit ein und einhalb Tagen nicht mehr gesehen; seit jenem Morgen nicht, da beide Wagen Butte verlassen hatten. Sie wunderte sich, war gekränkt und fühlte sich ein wenig verlassen. Gegen Abend, als sie eben überlegte, ob sie noch bis Kalispell kommen würde – beinahe schon an der Kanadischen Grenze – sah sie eine Frau, die aus einem Haus am Ufer des Flathead Lake kam, auf die Straße laufen. Die Frau hielt die Hand empor. Claire zog die Bremsen an.
»Sind Sie Fräulein Boltwood?«
Das war ebenso verblüffend wie diese selbe Frage in einem chinesischen Dorfe geklungen hätte.
»W – warum? Ja.«
»Jemand versucht, Sie interurban telephonisch zu sprechen.«
»Mich? Telephonisch?«
Sie zitterte. »Milt ist etwas zugestoßen. Er braucht mich!« Sie konnte kaum sprechen, als sich die Telephonzentrale meldete und krächzte: »Hat jemand Fräulein Boltwood sprechen wollen?«
»Ja. Ist dort Boltwood? Hotel in Kalispell versucht seit zwei Stunden, den Ort ausfindig zu machen, wo Sie zu erreichen sind. Hab die ganze Strecke abgesucht von Butte bis Somers.«
»G – gut, b – bitte wollen Sie mich verbinden?«
Es war nicht Milts ruhig-sanfte ein wenig singende Stimme sondern eine klarere, energischere, überraschend bekannte Stimme, die endlich ertönte: »Halloh! Halloh! Fräulein Boltwood! Ich höre nicht, Zentrale, bitte besser verbinden. Fräulein Boltwood?«
»Ja! Ja! hier ist Fräulein Boltwood!« Sie verhielt sich stillflehend während einer langen, heftigen Kontroverse zwischen dem Unbekannten und der klaren Stimme aus der Zentrale, die von der englischen Sprache nichts zu wissen schien mit Ausnahme von »Die andere Partei ist hier. Warum sprechen Sie nicht? Sprechen Sie lauter!« Dann kam ein deutliches: »Hören Sie mich jetzt?«
»Ja! Ja!«
»Oh, halloh! Claire. Hier ist Jeff.«
»Jess, wer?«
»Nicht Jess. Jeff. Geoffrey! J – e – ff! Jeff Saxton!«
»Oh!« Es klang wie ein Seufzer. »Ja – ja – aber Sie sind doch in New-York.«
»Nicht ganz, meine Liebe. Ich bin in Kalispell, Montana.«
»Aber das ist ja hier ganz in der Nähe.«
»Bin ich auch!«
»A – aber –«
»Mußte nach dem Westen in Kupferangelegenheit. Ich verfolge Ihre Spur seit dem Yellowstone-Park, aber ich hab Sie in Butte verfehlt. Hab geglaubt, ich erwisch Sie unterwegs. Sie sprechen von Barmberrys aus?«
Die Frau, die Claire auf der Straße angerufen hatte, verlor gewiß nicht ein einziges Wort eines Telephongespräches, das von Tod, Feuer, Entführung oder sonst allen hochdramatischen Ereignissen handeln mochte.
Claire fragte sie: »Von wo aus, in aller Welt, spreche ich denn hier?«
»Das ist Barmberry's Wirtshaus.«
»Ja«, antwortete Claire ins Telephon, »anscheinend bin ich da. Soll ich weiterfahren und – – –«
»Nein. Hab einen famosen Plan. Bleiben Sie, wo Sie sind. Habe selbst einen schnellen Wagen da warten. Werde gleich unten sein. Können zusammen abendessen. 'dieu!«
Ein Knacksen. Keine Antwort mehr auf Claires flehende Hallohs. Sie hing den Hörer auf, sehr, sehr bedächtig. Es war ihr ungemein peinlich, sich ihren Zuhörern zuzuwenden und Herrn Henry B. Boltwood, Herrn James Barmberry, Frau James Barmberry und vier kleinen Barmberrys, durchschnittlich fünfeinviertel Jahre alt, ins Antlitz zu sehen. Sie versuchte, die Barmberrys zu ignorieren, aber deren Schweigen war lärmend und anteilnehmend, während Claire ihrem Vater berichtete: »Es ist Jeff Saxton! Er ist hier, um Kupferminen zu besichtigen. Hat die Strecke per Telephon abgesucht, um uns zu erwischen. Sagt, wir sollen mit dem Abendessen auf ihn warten.«
»Jessas«, fiel Frau Barmberry ein, »er hat mir aufgetragen, wenn ich Sie erwisch, soll ich ein paar frischgeschlachtete Hühner braten und Schlagobers vorbereiten – Jim Barmberry, geh gleich hinaus und schlag das Obers und steh nicht hier und gaff und glotz herum, und ihr, Kinder, schiebt ab!«
Claire benützte den Augenblick, da Herr Boltwood sich, ungemein höflich zwar, aber ein wenig verwirrt, vor seiner Wirtin verneigte und schlüpfte zur Türe hinaus. Um das ursprüngliche Siedlungsblockhaus waren Reihen von Masten und Zelten zum Schlafen und in einem überdachten und geschützten Vorbau mit der Aussicht auf Flathead Lake war das Speisezimmer. Die wenigen übrigen Gäste hatten ihr Nachtmahl beendet und waren in ihre Zelte gegangen.
Sie schlenderte zum Seeufer hinunter und fühlte sich noch schwächer, noch mehr wie ein gescholtenes und fortgeschicktes kleines Mädchen, dem man gesagt hatte, es dürfe erst zurückkommen, bis es wieder brav sein wolle, noch schwächer, als vor drei Tagen, da Milt einen Wald an die Hinterachse ihres Wagens gehängt hatte. Eine bildliche Darstellung ihrer Gedanken über Jeff Saxton hätte ein Labyrinth ergeben. Bald brummte sie: »Der liebe Jeff! So aufmerksam! Klug von ihm, daß er uns gefunden hat! Sehr gut, ihn wieder einmal zu sehen!« Bald: »Es muß immerhin klar festgestellt bleiben, daß ich nicht verlobt bin mit ihm, und ich will mich auch beim Wiedersehen nicht überraschen und küssen lassen, wie wenn ein Wolf in den Schafstall kommt.« Bald: »Jeff Saxton, hier! Macht mir Heimweh nach den Heights. Und den schönen Geschäften in Manhattan und einer wirklich guten Theatervorstellung – Musik, bevor der Vorhang aufgeht.« Bald: »Ohhh, herrr-jeee psss! Ich bin neugierig, ob er uns wird weiterfahren lassen im Wagen? Er ist ein so unübertrefflicher Manager und Vater wird sich sicher auf seine Seite stellen. Er hat schon einmal mit diesem Telegramm in Fargo versucht, uns bange zu machen.« Bald: »Er wäre entsetzt, wenn er von der kaputten Bremse wüßte. Milt hat es gar nicht so arg gefunden. Milt hat es gerne, wenn seine Weiber mutig sind, Jeff wünscht einen bewundernden und sehr verläßlichen Harem.«
Zusammengekauert saß sie am Ufer, eine verlorene, hilflose Gestalt. Die Spitzen der Missionshäuser jenseits des im violetten Schatten spiegelnden Sees blitzten plötzlich leuchtend rot auf im Widerschein der untergehenden Sonne und wurden dann steingrau und häßlich. Über die Straße her konnte sie ihren Vater vor dem Barmberry-Haus sagen hören: »Ach!« und »Wirklich?«, während James Geschichten erzählte.
Weiter oben an der Straße lautes Hupen, helle Lichter, die jeden Augenblick blendender wurden, ein Rollen, Anfahren, das Halten eines Wagens, und aus dem undeutlich erkennbaren Rumpf sprang eine scharf umrissene Gestalt – Jeff Saxton – Heimat und alle Menschen, die sie liebte, und Art und Weise einer Umgebung, die sie am besten kannte.
»Ist Fräulein …« ehe sie zu ihm geeilt war, in das Geborgensein seiner Arme und ihn küßte.
Sie wich zurück und versuchte zu tun, als wäre es nicht geschehen, aber sie zitterte: »Ich kann es gar nicht glauben! Es ist lächerlich wunderbar, Sie wiederzusehen!« Sie zog sich in der Richtung des Barmberry-Hauses zurück, Jeff folgte mit ausgestreckten Armen. Sie kamen in das Bereich der Lichtstrahlen des Hauses und Herr Boltwood rief: »Ah! Geoffrey! Ist das eine Überraschung – und was für eine freudige Überraschung!« »Herr Boltwood! Sie sehen herrlich aus! Ein neuer Mensch!« Dann schüttelten sich die beiden Männer auf den lampenerhellten Eingangsstufen die Hände und suchten nach irgend einer anderen Äußerung ihres kameradschaftlich-frohen Gefühls. Sie dachten daran, einander Zigarren anzubieten. Sie lächelten, sahen weg, lächelten wieder, in dieser törichten, unbeholfenen Art, die Männer haben, durch ihre Unfähigkeit, es mit Küssen auszulösen. Herr Boltwood rettete die Situation durch ein gestammeltes: »Muß hineingehen, mich waschen. Seh Sie gleich wieder.« Herr James Barmberry und die Sippschaft der kleineren Barmberrys folgten bedauernd nach. Claire blieb mit Jeff allein zurück und hatte Angst. Aber sie mußte zugeben, daß Jeff in seiner englischen Kappe und dem weiten Londoner Überrock, mit seinem freundlichen Lächeln und seiner unübertroffenen Rasiertheit anziehender war als sie in Erinnerung hatte.
»Froh, mich zu sehen?« fragte er.
»Oh, ja.«
»Sie sehen …«
»Sie sind so …«
»Schöne Fahrt? Wissen Sie, daß Sie mir nur Ansichtskarten geschickt haben mit ›Hübsche Stadt‹ oder etwas ähnlich Sentimentalem.«
»Ja, aber es war wirklich fabelhaft. Diese Berge und weiten Ebenen berauschen mich«, sagte sie ein wenig herausfordernd.
»Natürlich! Malheur ist nur, wenn Sie fort sind, haben wir bei uns daheim nichts Berauschendes!«
»Brauchen Sie denn noch etwas außer Ihrem Büro und Ihrem Klub?
»Aber Claire!«
»Nicht böse sein. Das war häßlich von mir.«
»Ja, wirklich. Aber ich bin nicht böse. Ich bin überzeugt, daß wir alle ganz sanftmütig geworden sind vor Sehnsucht nach Ihnen. Ich bin gerne bereit, mich ausspotten zu lassen.«
Sie hatte es sich selbst eingebrockt, jetzt mußte sie ihm sagen, daß er gar nicht nichts als Geschäftsmann sei, sie wollte sagen, daß er immer so praktisch sei.
»Aber Jeff ist gar nicht mehr der Praktische«, erklärte er. »Ich denke an Claire, die über Berge und durch Wüsten fährt. Aber – Oh, es war so einsam für uns. Können Sie sich vorstellen, wie einsam? Zehnmal an einem Abend bin ich ans Telephon gegangen, um Sie anzurufen und zu bitten, ob ich hinaufkommen darf, Sie besuchen und hab mich immer erst dann erinnert, daß Sie gar nicht da sind und dann bin ich dagesessen und hab das Telephon angestarrt – ach, die anderen Leute sind so langweilig!«
»Sie haben mich wirklich vermißt …«
»Ich wollt, ich wär ein Dichter, um es Ihnen entsprechend klar zu machen. Aber Sie, Claire, Sie haben nicht gesagt, daß Sie mich vermißt haben. Haben Sie mich nicht ein ganz klein wenig vermißt? Wäre es nicht erträglich gewesen, den armen alten Jeff mitzuhaben beim Hinuntersausen gefährlicher Bergstraßen …«
»Und Schmiernippel füllen! Macht so schmutzige und stinkende Hände!«
»Ja, das hätt ich auch getan. Und ich hätte allerlei Überraschungen ausgedacht unterwegs. Das versteh ich nämlich sehr gut. Ich hab ein Motorboot herbestellt, so daß wir morgen den See hier auskundschaften können. Darum wollt ich, daß Sie hier auf mich warten, statt nach Kalispell weiterzufahren. Morgen muß ich zwar leider schon wieder weiterrattern, um noch einen Eisenbahnzug zu erreichen – bin nach Californien abberufen und muß dann wahrscheinlich nordwärts gehen. Aber inzwischen – Jetzt wird mein Chauffeur meine Überraschungen wohl schon in der Küche ausgepackt haben.«
»Was ist's denn?«
»Raten Sie.«
»Eßwaren. Wundervolle Eßwaren.«
»Kann schon sein.«
»Aber was denn? Bitte, bitte! Claire ist so hungrig.«
»Wir werden alles sehen, zu seiner Zeit, mein liebes Kind. Onkel Jeff läßt sich nicht drängen.«
»Ah – ich – will's – jetzt – sehen! Sonst schrei und heul und schlag ich!«
Jeff hatte aus New-York einen ungeheuerlichen Korb voll Delikatessen mitgebracht. Er fügte dem bestellten Brathuhn wunderbar verschlossene Dosen von Pasteten und gefüllten Artischocken hinzu, die vom Küchenchef seines Klubs bereitet worden waren; Kaviar und Anschovis; eine herrliche Schöpfung von Obstgateaux, die mit dem Schlagobers serviert werden sollten; zwei Flaschen eines berühmten Sherry; kandierte Früchte in Silberverpackung. Das Essen wurde nicht im Vorbau sondern vor dem Feuer im Wohnzimmer der Barmberrys aufgetragen. Claire sah die kandierten Früchte an, starrte seltsamen Blickes auf Jeff – obwohl sie eigentlich an jemand anderen dachte – und sagte sinnend:
»Ich wußte gar nicht, daß mir an diesen dummen Luxussachen so viel liegt. Heute wünschte ich mir ein richtiges Bad, ein ganz klein wenig parfümiert und einen richtigen Toilettetisch mit dreiteiligem Spiegel und französischem Talkumpuder und dann kam ich gerne in einem richtigen Abendkleid zum Essen – Oh, Jeff, die Fahrt war herrlich. Aber mein armer Körper ist so müde und staubig geworden und da kommen Sie verräterischer Weise mit diesen Dingen her, die Sie aus den Bergen hervorgezaubert haben – Ich bin doch keine Pioniersfrau. Und Henry B. ist kein Höhlenmensch. Schauen Sie nur, wie er sich mit abgöttischer Verehrung seiner Suppe hingibt.«
»Ich habe auch das Gefühl abgöttischer Verehrung. Ich hatte die ungemein wichtige ethische Bedeutung der Suppe vergessen. Ich will sie nie wieder vergessen«, sagte Herr Boltwood im Ton eines Menschen, der heimgefunden hatte.
Claire war Jeff dafür dankbar, daß er sie hinderte, weiter dankbar zu sein. Er lenkte das Gespräch auf Brooklyn. Er gab ihnen eine klare und ausführliche – ja beinahe lustige – Beschreibung einer Vorstellung des »Sommernachtstraumes«, in der eine hausbackene und intellektuelle Dame, die über 180 Pfund wog, den Puck gegeben hatte. Als sie nach dem Essen zusammensaßen und Claire unter einem kurzen Kälteschauer leise erbebte, brachte er sofort einen gestrickten Shawl, den er fürsorglich über ihre Schultern breitete, wobei er ihr sehnsüchtig und hungrig zulächelte. Sie ergriff seine Hand. »Lieb Jeff!« flüsterte sie.
»Oh, meine Liebe!« sagte er flehend. Er schüttelte mit ernster Miene – die großen Eindruck auf sie machte – den Kopf und ging sofort pflichtschuldigst zu Herrn Boltwood hinüber, um ihn über die wahre Marktlage zu informieren.
»Sprechen Sie auch mit Claire!« verlangte sie. Dann hielt sie inne und starrte. Von draußen hatte sie ein nervöses pit – pit – pit gehört, ein halbverwischtes Gespräch zwischen Herrn James Barmberry und einem anderen Mann. Ins Zimmer herein trat Milt Daggett im staubigen, verdrückten blauen Anzug, müden Blickes und nicht allzu sorgfältig rasiert und rief: »Hab schon geglaubt, daß ich Sie nie mehr einholen werde, Claire – Ja …«
»Oh! Oh – Milt – Herr Daggett – Oh, Jeff, das ist unser lieber Freund, Milt Daggett, der uns unterwegs so oft und gut geholfen hat.«
Jeffs klare, ungefaßte Brillen starrten auf Milts vom Wind gerötete Augen; sein eleganter Sportanzug schnüffelte an Milts Sweater; seine gleichmäßige Stimme folgte auf Milts Gebrumme des Erstaunens mit einem kurzen: »Ah! Herr Daggett!«
»Freut mich sehr«, stotterte Milt.
Jeff nickte, wendete Milt den Rücken und fuhr fort: »Tatsache ist, Herr Boltwood, der ganze Metallmarkt …«
Milt blickte von einem zum anderen. Claire hatte nun den ersten Schock eines Vergleiches zwischen kandierten Früchten und Motoröl überstanden. Sie erhob sich, ging auf Milt zu und murmelte: »Haben Sie schon gegessen?«
Wieder öffnete sich die Türe. Ein rothaariger, pausbäckiger Mann in einem vorsintflutlichen grünen Anzug mit Gürtel schlenderte herein, fegte mit seinem breiten Filzhut grüßend durch die Luft und deklamierte wie ein Schmierenschauspieler:
»Freunde meines Freundes Milt, seid uns gegrüßt, ehe wir ans Mahl gehen. Gestattet, daß ich mich vorstelle als Westlake Parrott, unterm gemeinen Volke noch besser bekannt als Pinky Parrott, der rote Papagei; sportlicher Abenteurer, geboren in der Konjunktion von Mars und Venus und im Sternbild des aufsteigenden Saturns.«
Jeff hatte Milt ignoriert. Aber bei diesem lächerlich dummen zweiten Eindringen in seine entschieden ganz private Abendgesellschaft schritt er energisch in die Mitte des Zimmers und sagte: »Wie meinen Sie, bitte?« in einem so entschiedenen Bürochef-Ton, daß der rotgelockte Unbekannte in seinem Schwulst innehielt. Claire fühlte ihre Beine wanken. Sie hatte nicht die leiseste Vermutung darüber, wo Milt sich einen Hausnarren beigelegt haben mochte, noch darüber, was nun mit Milt geschehen würde – und vielleicht auch mit ihrer eigenen unvorsichtigen Person.