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Am andern Morgen war Herr Seagrave zuerst auf den Beinen, und als Ready aus dem Zelte herauskam, redete er ihn folgendermaßen an:
»Wißt Ihr auch, Ready, daß ich mich weit glücklicher und beruhigter fühle, seit ich hier bin? Auf der andern Seite der Insel erinnerte mich Alles an unsern Schiffbruch, und ich konnte mich des Gedankens an die Heimath und an mein Vaterland nicht erwehren; aber hier ist mir's, als sey ich längst angesiedelt und aus freier Wahl hiehergekommen.«
»Ich hoffe, dieses Gefühl wird sich mit jedem Tage steigern, Sir, denn es nützt nicht nur nichts, sondern ist sogar sündhaft, wenn man murrt, während man doch für so viel dankbar seyn sollte.«
»Ich gebe dies zu, mein wackerer Mann, und lasse mir in Demuth Euern Verweis gefallen. An was können wir nun zuerst Hand legen?«
»Ich denke, zuerst sollten wir für einen guten Vorrath frischen Wasser sorgen. Ich wünschte daher, daß Ihr und William – nun, da ist er ja; guten Morgen, Junker William – ich wollte sagen, es dürfte wohl am besten seyn, wenn Ihr und Euer Vater, während ich mit dem Boote fort bin, die Quelle erweitertet. Ich habe gestern noch eine Schaufel mitgebracht, und ihr könnt beide arbeiten. Vielleicht ist's gut, wenn wir hingehen, denn ich sehe, daß Juno das Frühstück zurüstet. Ihr bemerkt, Herr Seagrave, wir müssen der Quelle folgen, bis wir unter die Kokosbäume kommen, wo sie vor der Sonne beschattet seyn wird. Dies geht leicht, indem man rückwärts gräbt und dem Sickern des Wassers folgt. Wenn ihr denn ein Loch ausgraben wollt, das groß genug ist, um eines von den Wasserfässern, die am Gestade liegen, in die Erde zu senken, so will ich diesen Nachmittag eines mit herunterbringen. Haben wir's in dieser Weise in die Erde gesetzt, so besitzen wir stets ein Faß voll zu unserm Gebrauch, und die Quelle füllt es wieder so schnell, als wir es leeren können.«
»Ich verstehe Euch vollkommen,« versetzte Herr Seagrave. »Dies soll also in Eurer Abwesenheit unser Tagewerk seyn.«
»Wohlan denn, so habe ich nicht weiter zu thun, als mit Juno wegen des Mittagessens zu sprechen,« entgegnete Ready. »Ich nehme dann selbst auch einen Mundvoll und mache mich auf den Weg – wir dürfen das schöne Wetter nicht unbenützt vorbeistreichen lassen.«
Ready wies darauf Juno an, in der Pfanne einiges Schweinefleisch zu braten und dann auch von der Schildkröte etliche Schnitten abzuschneiden, die sie als Steaks behandeln sollte. Zugleich empfahl er ihr, die übrig gebliebene Suppe aufzuwärmen. Dann nahm er ein Stück Zwieback und etwas Ochsenfleisch in die Hand, ging nach dem Boot hinunter und brach nach der Bucht auf. Herr Seagrave und William gingen eifrig an's Werk und hatten um zwölf Uhr, nach Readys Anweisung, das Loch tief und groß genug ausgegraben. Dann verließen sie ihre Arbeit und begaben sich nach dem Zelte, wo sie Frau Seagrave mit Ausbessern der Kinderkleider beschäftigt fanden.
»Du weißt nicht, um wie viel glücklicher ich mich fühle, seit ich hier bin,« sagte Frau Seagrave, indem sie die Hand ihres Gatten ergriff, der sich an ihre Seite niederließ.
»Ich hoffe, es ist die Vorahnung unseres künftigen Glücks,« versetzte Herr Seagrave. »Ich kann Dich versichern, daß es mir ebenso ergeht, und habe es erst diesen Morgen zu Ready gesagt.«
»Es ist hier so ruhig und schön, daß ich glaube, ich könnte für immer dableiben. Dennoch vermisse ich etwas – es gibt hier keine Singvögel, wie in unserem Lande.«
»Ich habe hier nur Seevögel gesehen, und deren gibt es in Menge. Ist Dir nichts Anderes vorgekommen, William?«
»Nur einmal, Vater, und da sah ich einen Schwarm in weiter Entfernung. Ready war nicht bei mir, und ich konnte ihn nicht fragen, was es für Vögel waren; aber sie schienen groß zu seyn, so groß wie Tauben, möchte ich glauben. Doch da kommt Ready um die Spitze herum,« fuhr er fort. »Wie schnell doch dieses kleine Boot segelt, obschon der alte Mann weit zu rudern hat, bis er die Bucht erreicht. Juno, ist das Diner bereit?«
»Ja, Massa William; sehre bald jetzt.«
»Wir wollen hinuntergehen und vor dem Essen Ready noch Einiges herauftragen helfen,« sagte Herr Seagrave.
Sie thaten so, und William rollte das leere Wasserfaß herauf, welches Ready mitgebracht hatte.
Die Schildkrötensteaks fanden den gleichen Beifall, wie die Suppe. In der That schmeckte ihnen frisches Fleisch besonders gut, da sie so lange auf das gesalzte beschränkt gewesen waren.
»Und nun wollen wir unsern Brunnen zu Ende bringen,« sagte William, sobald das Mittagessen zu Ende war.
»Du bist recht eifrig in Deinen Geschäften, William,« bemerkte seine Mutter.
»Das ist nothwendig, Mutter. Ich muß jetzt Alles lernen.« »Und Ihr werdet's auch bald können,« entgegnete Ready.
Sie rollten das Faß nach der Quelle und fanden zu ihrem Erstaunen, daß das große Loch, welches sie noch keine zwei Stunden ausgegraben hatten, schon voll Wasser war.
»O Himmel!« rief William; »jetzt müssen wir alles Wasser herausschöpfen, um das Faß hineinzubringen.«
»Besinne Dich ein wenig, William,« sagte Herr Seagrave; »denn die Quelle läuft so schnell, daß dies keine leichte Arbeit seyn würde. Fällt Dir nicht etwas Anderes ein?«
»Du weißt wohl, Vater, daß das Faß schwimmen wird,« sagte William.
»Unter gegenwärtigen Verhältnissen wohl, aber gibt es kein Mittel, es zum Sinken zu bringen?«
»O ja – ich habe es. Wir müssen einige Löcher in den Boden bohren; dann füllt es sich und fällt von selbst hinunter.«
»Ganz recht, William,« erwiederte Ready. »Ich sah voraus, daß es so kommen würde, und habe deshalb den großen Bohrer mitgebracht.«
Ready bohrte drei oder vier Löcher in den Boden des Fasses und setzte es auf das Wasser, worauf es allmählig hinuntersank. Sobald der obere Theil desselben mit dem Wasser in gleicher Höhe stand, füllten sie die Seitenzwischenräume mit Erde auf und der Brunnen war vollendet. »Wir lassen jetzt das Ganze ruhig stehen,« bemerkte Ready, »und morgen haben wir Wasser so rein und klar, wie Kristall, ohne daß es sich trüben wird, wenn man es nicht aufstört. Nun, wir haben heute eine schöne Arbeit vollbracht. Wir wollen jetzt die übrigen Gegenstände aus dem Boote heraufholen.«
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