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Glauben Sie mir, die Politiker sind durchweg nicht so interessant wie ihr Beruf. Vor Jahren hat sich Johannes Fischart in der ›Weltbühne‹ bemüht, ihnen pittoreske Seiten abzugewinnen. Ihm folgt ein neuer Mann, der sich O.B. Server nennt. Er hat in einem Buch »Matadore der Politik« (Universitas-Verlag, Berlin) zwei Dutzend Porträts gesammelt, und Erich Goltz hat die Herrschaften sehr lustig karikiert. Politiker sind heute mehr denn je »Exponenten von Machtgruppen«, in ihrem unpolitischen Wesensteil indifferent. Aber damit gibt sich das liebe Publikum nicht zufrieden. O.B. Server weiß, daß Heinz Neumann mit einer Nichte von Stalin verheiratet gewesen sein soll, daß bei Lambachs noch immer vor Tisch gebetet wird, daß über den Prälaten Schreiber ein Schlüsselroman umgeht, der keinen Verleger findet. Der Verfasser hat fleißig herumgehört, viele Kleinigkeiten aufgelesen. Aber alles hat er sicher und geschmackvoll zusammengestellt.
Am besten sind ihm die Leute der zweiten Garnitur geraten oder die mit den wirklich bewegten Lebensläufen, wie Abel oder Goering, am wenigsten die Großkopfeten. Hier kommt man wohl doch mit der Anekdote nicht aus, hier muß Stellung genommen werden. Der Versuch mit Groener scheint mir ganz danebengegangen zu sein. Möglich, daß wir ungerecht sind, aber hier kann man von uns keine Objektivität verlangen. Auch der alte Oldenburg Januschau, ein feistes Gespenst aus der Feudalzeit, läßt sich nicht mit den Mitteln des burgfriedlichen Feuilletons abhandeln. Da heißt es hauen – für ihn oder auf ihn, jedenfalls hauen! Der Autor nimmt ihn als einen urwüchsigen alten Herrn, einen schrulligen Royalisten von achtenswerter Konsequenz. Ich würde gern zustimmen, wenn dieser unerbittliche Royalist im November Achtzehn die Plempe für seine Dynastie gezogen und für sie »Feuer auf den Frack« gekriegt hätte, um ein beliebtes Bild von ihm zu gebrauchen. Der Januschauer hat damals nicht gemuckst. Er ist ein Komödiant und Poltron: man kann nicht, ohne zu posieren, mit fünfundsiebzig Jahren den jungen Bismarck spielen.
Herr O.B.S., der sich in diesem Buche nicht grade hinter einer eisernen Maske verbirgt, sollte sein nicht sehr klangvolles Pseudonym ganz abtun. Es steckt eine gute und launige Feder dahinter, die sich mit diesen Skizzen für größere Aufgaben freigeschrieben hat.
Die Weltbühne, 12. Juli 1932