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Remember Hilgard!

Auch in diesem Kriege trösteten sich wie einst beim russisch-japanischen Feldzuge die Papierstrategen damit, daß die Erfolge der Japaner auf amerikanischem Boden nur Augenblickserfolge seien und daß, wenn erst das amerikanische Volk zu den Waffen gerufen sei, die ganze Herrlichkeit bald ein Ende haben werde. Aber wenn man immer darauf hinwies, Japan habe kein Geld zum Kriegführen, so war man doch recht schlecht unterrichtet. Bisher hatte dieser Krieg Japan keine zweihundert Millionen gekostet, denn nicht Japan, sondern die Pacificstaaten bezahlten den Krieg. In den Pacificstaaten hatte Japan bereits mehr Geld zwangsweise erhoben, als die ganze Kriegsentschädigung betrug, auf die man damals in Portsmouth gehofft hatte.

Der Tag von Hilgard und die vernichtende Niederlage der amerikanischen Nordarmee hatte all diesen Erwägungen ein jähes Ende bereitet. Diese furchtbare Katastrophe schärfte endlich auch den Staaten der alten Welt das Gewissen, die bisher von einem bequemen Platz im Zuschauerraum die Ereignisse verfolgt hatten. Denn die Entwicklung der gelben Gefahr hielt sich eben nicht an das Schema der diplomatischen Weisheit.

Auch England begann jetzt sachte von Japan abzurücken. Als auf den kanadischen Protest hin die Werften und Kohlenlager von Esquimault der Benutzung durch japanische Schiffe entzogen wurden, ahnte man in Tokio schon den Gesinnungswechsel der Londoner Regierung. Als dann nach dem Siege der amerikanischen Flotte bei Port Stanley und vor der Magelhaensstraße der Gouverneur der Falklandsinseln als Sündenbock in die Wüste geschickt wurde – anfangs hatte er die Absicht, durch Veröffentlichung seiner Instruktionen vom Juli das Kabinett von St. James an den Pranger zu stellen, unterließ es aber schließlich – als allen Gouverneuren in den britischen Kolonien die Beobachtung strengster Neutralität zur Pflicht gemacht wurde, da wußte man in Japan, was die Glocke geschlagen hatte. Aber man war dort auf diesen Augenblick gerüstet.

Und jetzt kam die Vergeltung dafür, daß man von London aus das japanische Volk ein Jahrzehnt lang mit dem Bündnisgedanken genarrt hatte. Jetzt ließ Japan seine Contreminen springen und bewies Großbritannien, daß man nicht ungestraft mit Völkerschicksalen spielt.

Scheinbar ohne Zusammenhang mit dem Kriegsdrama auf amerikanischem Boden lohte plötzlich in Bengalen, am Fuße des Himalaya und auf den Hochländern von Dekan ein Aufstand empor, der die britische Herrschaft in ihren Grundfesten erschütterte. England hatte alle Hände voll zu tun, um noch rechtzeitig Truppensendungen nach Indien hinüberzuschaffen, ehe dort die heranschäumende Springflut alle Deiche zerriß. Zur selben Zeit brach der Aufstand in Französisch-Indochina aus, und während die Kriegsgeschwader Englands und Frankreichs die Transportschiffe nach dem Osten geleiteten, ging auch eine gewaltige Erschütterung durch ganz Afrika. Überall galt es zu retten und zu bergen, überall mußten die europäischen Garnisonen und die Flottenstützpunkte verstärkt werden. Es galt überall scharf auf dem Posten zu sein, um nicht durch unvorhergesehene Ereignisse überrascht zu werden.

Das waren Japans letzte Reserven, um die Völker der weißen Rasse zu hindern, den Vereinigten Staaten Kriegshülfe zu leisten.

Remember Hilgard! Unter dieser Parole erledigte der Kongreß in Washington in wenigen Sitzungen die Bill, die die Schaffung einer stehenden Milizarmee vorsah, die die Ausbildung jedes amerikanischen Bürgers mit den Waffen zur nationalen Pflicht machte, und willig folgten alle dem Rufe des Vaterlandes, galt es doch das Letzte.

Remember Hilgard! das war der Kriegsruf, das war der Gedanke, der durch alle Herzen zuckte, und der Welt bewies, daß, wenn das amerikanische Volk sich erst völlig auf sich selbst besonnen hat, es unwiderstehlich ist.

Was scherten uns noch die Lehrsätze der Diplomaten über Völkerrecht und Neutralität! Wie lästige Spinnengewebe wurden sie fortgewischt, und mit demselben Rechte, mit dem man einst Japan während des russischen Krieges von Osten her mit Waffen und Kriegsmaterial versorgt hatte, weil man bei der Lahmlegung der russischen Flotte die Zufahrt nach den japanischen Häfen frei und keinen Kläger zu befürchten hatte, mit demselben, nein mit besserem Rechte führten vornehmlich deutsche Dampfer den Häfen unserer Ostküste Kriegsmaterial zu, die in deutschen Werkstätten hergestellten Waffen für die neuen amerikanischen Armeen. Denn die amerikanischen Waffenfabriken vermochten diesen Riesenbedarf in so kurzer Zeit nicht zu decken.

Als dann im Oktober auch englische Handelshäuser bei solchen Geschäften lohnende Profite witterten und ihre Angebote in Washington machten, fanden sie dort eine sehr kühle Aufnahme. Man wollte, so wurde ihnen geantwortet, sie nicht in die Gefahr eines Gewissenskonfliktes bringen, indem man ihnen zumutete, sich zu der Politik ihrer Regierung in Gegensatz zu stellen.

Remember Hilgard! klang es leise durch jedes Kommando auf den Exerzierplätzen in den Truppenlagern, wo die Massen unserer neuen Armee ausgebildet wurden. Ungeduldig harrten die Regimenter des Augenblicks, da sie gegen den Feind geführt werden konnten. Aber nicht noch einmal durften wir es wagen, mit unfertigen Armeen den kriegserprobten Feind anzugreifen. Wochen um Wochen, bittere Monate vergingen noch, bis im Winterschnee der Vormarsch wieder beginnen konnte.

Mehr als eine drittel Million Streiter zählte die Pacificarmee, die in den Januartagen gegen die japanische Stellung auf den Hochflächen des Felsengebirges gegen Granger in Marsch gesetzt wurden. Das dreitägige Ringen um diese wichtige Bastion des japanischen Zentrums endete mit dem Rückzug des Feindes.

Tausendfältiger Jubel erscholl im ganzen Lande. Endlich ein voller Erfolg! Vierzehn japanische Geschütze wurden von den beiden Missouri-Regimentern unter Verlust fast der Hälfte ihres Mannschaftsbestandes in viermaligem Ansturm erobert. Im Triumph wurden sie durch die Staaten geführt, und die leicht verwundeten Soldaten jener Regimenter, die auf den Protzkasten saßen, erklärten nach dem Einzuge in St. Louis, daß die stürmischen Umarmungen und die Tausende von Händedrücken von seiten des begeisterten Volkes sie fast mehr mitgenommen hätten als eine Schlacht von drei Tagen.

Durch die Einnahme von Granger war die Verbindung zwischen der Union-Pacific-Bahn und der nach Nordwesten abzweigenden Oregon-Bahn unterbrochen, doch wollte das so gut wie nichts besagen, da die Transporte hinter der japanischen Front nunmehr auf der Linie von Pocatello über Ogden nach Süden geleitet wurden. Und als der Höchstkommandierende der Pacificarmee von neuem den Angriff auf die japanischen Stellungen unternahm, fand er diese stärker, als er vermutet hatte.

Am 2. Februar begann der Angriff über Fort Brigder von neuem, unerschüttert hielt der Feind auf den Höhen des Gebirges stand. Die Erkundigungen durch Fesselballons und durch zwei Motorluftschiffe, von denen eins sofort nach dem Aufstieg durch feindliche Geschosse heruntergeholt wurde, ergaben, daß die japanischen Artilleriestellungen und Schützengräben die Front des Gebirges zu einer fast uneinnehmbaren Position gemacht hatten, und während noch der Siegesjubel unser Land durchhallte, befand sich die Pacificarmee in einer Lage, wo jeder Schritt vorwärts mit den blutigsten Opfern erkauft werden mußte.

Am 4. und 5. Februar trafen auf dem Schlachtfelde von Granger sechs frische Divisionen aus den Truppenlagern ein. Sie erhielten Befehl, die anscheinend nur schwachen feindlichen Streitkräfte, die am Bells-Paß standen, anzugreifen und über den verschneiten Paß dem japanischen Zentrum in die linke Flanke zu fallen. Unter unsäglichen Mühen begann der Vormarsch. Ganze Kompagnien mußten sich vor die Geschütze spannen, aber es ging vorwärts. Die schwachen japanischen Kavallerieabteilungen vor dem Bells-Paß zogen sich zurück, und der Paß selber wurde durch einen nächtlichen Angriff genommen. Jetzt trat Frost ein, an Seilen zog man die Geschütze und die Fahrzeuge des Trains auf den Bergpfaden empor. Die Truppen litten furchtbar unter der Kälte, aber sie murrten nicht, ging es doch vorwärts.

Am 7. Februar, als die Division Fischer als erste der Armee General Elliotts jenseits des Bells-Passes bereits im Tale des Bear River den Vormarsch nach Süden in der Richtung auf Almy und Evanston im Rücken der japanischen Stellungen angetreten hatte, meldeten die flußabwärts am Bear River bis Georgetown vorgeschobenen Kavalleriepatrouillen, die bis dahin die Bahnlinie zerstört hatten, den Anmarsch größerer feindlicher Streitkräfte von Norden her. General Elliott ließ die Division Fischer ihren Vormarsch auf Almy fortsetzen, dirigierte die Divisionen Hardy und Livingstone ebenfalls nach Süden, ließ die Division Wilson als Reserve am Paß zurück und detachierte die Divisionen Ostermann und Stranger nach Norden, um den Vormarsch der feindlichen Verstärkungen aufzuhalten. Die auf dem linken Ufer des Bear River vorgehende Division Ostermann besetzte gleichzeitig auch die Übergänge des Bear River Range, um nötigenfalls einer feindlichen Diversion über Logau zu begegnen. Berittene Pioniere zerstörten vor und hinter Logau an mehreren Stellen die Bahnlinie.

Freilich befanden sich so die sechs Divisionen General Elliotts zwischen beiden feindlichen Heeren im engen Tal des Bear River: die nach Süden marschierenden Divisionen Fischer, Hardy und Livingstone, die der feindlichen Hauptarmee unter Marschall Oyama in die linke Flanke fallen sollten, und die nach Norden dirigierten Divisionen Ostermann und Stranger, die bei Georgetown bald mit den von Pocatello im Anmarsch befindlichen japanischen Streitkräften aneinander gerieten. General Elliott hatte also einen Kampf nach zwei Fronten zu führen: eine möglichst schnelle und energische Offensive nach Süden gegen Oyamas Flanke, und eine Defensive bei Georgetown. Zwischen beiden Fronten lag der Bells-Paß ungefähr in der Mitte. Und hier behielt General Elliott nur die drei schwachen Brigaden der Division Wilson in Reserve. Ein durchschlagender Erfolg der Japaner bei Georgetown konnte General Elliotts ganze Armee in die äußerste Gefahr bringen.


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