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Inmitten des Weltkrieges, der alle Begriffe von Menschlichkeit und Nächstenliebe in einem wilden Chaos aufzulösen schien, stand eine Figur, die in ihrer ganzen gewaltigen Tragik erst während des riesenhaften Kampfes bei der Allgemeinheit Interesse erweckte und tiefstes Mitleid auslöste: der polnische Jude. Jeder andere, Freund wie Feind, wußte, wofür er stritt und wofür er sein Leben ließ. Die Begriffe »Heimat« und »Vaterland« hatten in jedes Menschen Brust die Flammen der Liebe entfacht, hatten natürlicherweise alle konfessionellen und alle Standesunterschiede aufgehoben und vorübergehend alle Parteien zu einer einzigen verschmolzen. Der Prinz und der Bauer, der Gelehrte und der Richter, der Kaufmann und der Arbeiter, gleichviel ob sie nun Christen, Juden oder Türken waren, sie taten alle ihre grausame Pflicht und starben freudig für eine Chimäre, bestenfalls für eine Imagination.
In Rußland allein starb der Jude nur – weil er ein Jude war. Die unwiderlegbaren, greuelvollen Dokumente, die man über das Schicksal der polnischen Juden in dem grausigsten aller Kriege veröffentlicht hatte, rückten diese Menschen, die nur Verfolgung und Elend kannten, die man schlimmer als wilde Tiere behandelte, so sehr in den Vordergrund des Interesses und Mitgefühls, daß es nun, wo die Distanz wiederhergestellt ist, vielleicht nicht unnütz ist, zu zeigen, daß kein noch so großes Leid, kein noch so großes Martyrium die Sehnsucht nach Poesie im polnischen Juden zu ersticken vermochte, daß vielmehr trotz oder besser wegen der ungeheuren wirtschaftlichen und seelischen Not, der politischen Verfolgung, der blutigen Pogrome, der tiefsten Verzweiflung das Bedürfnis nach poetischen Werten nicht umzubringen war; daß es vielmehr die polnisch-jüdischen Dichter nur zur höchsten Kunstleistung aufgestachelt hat. Und man wird in der Tat bei keinem andern Volk der Erde einen so reichen Quell echten und tiefen Gefühls wiederfinden, wie in der stiefmütterlich behandelten Literatur des polnischen Juden, wie in der Literatur des Ghetto.
Die Etymologie des Wortes »Ghetto« findet sich in keinem Lexikon. Dem Namen nach weist das Wort nach Italien als seinem Entstehungslande, wo ja tatsächlich auch in der Frühzeit Ghetti bestanden, Stadtviertel oder Straßen, die ausschließlich von Juden bewohnt wurden. In Urkunden aus dem Jahre 1000 werden solche Stadtbezirke bereits in Venedig, Salerno und anderen Städten erwähnt. Sie wurden Juderia genannt, Judaea oder Judaica, woraus der italienische Name Giudecca und aus diesem wahrscheinlich das korrumpierte Wort Ghetto entstand.
Manche Forscher neigen der Ansicht zu, daß die Entstehung der Ghetti nicht ausschließlich der christlichen Unduldsamkeit zuzuschreiben sei, sondern teilweise auch dem jüdischen Hang nach Absonderung und Zusammengehörigkeit. Diese Auffassung werde durch den Umstand bestätigt, daß auch dort, wo die Juden weder durch den jeweiligen Papst noch durch den Kaiser in ihrer Freiheit beschränkt wurden, dennoch zusammenhielten und beisammen wohnen wollten, so zum Beispiel in Livorno zur Zeit der Mediceer, in Padua Ende des sechzehnten Jahrhunderts.
Aber diese Ansicht ist leicht zu widerlegen. Das jüdische Zusammengehörigkeitsgefühl ist immer die Folge und nie die Ursache; es kommt erst infolge von Unterdrückungen zum Bewußtsein und zur Äußerung. Denn wo immer die Juden vollständige Gleichstellung erlangt haben, sind sie sofort aus dem Ghetto herausgekommen und das Brüderlichkeitsgefühl begann zu schwinden. Und wenn sie zur Macht gelangten, benutzten sie diese niemals, um ausschließlich den Juden zu helfen; denn es gibt keinen geheimen Bruderbund der Synagoge. Wie im Kriege 1870/71 französische und deutsche Juden gegeneinander kämpften, standen auch im Kriege 1914-1918 deutsch-österreichisch-türkische Juden und russisch-englisch-französische Juden einander feindlich gegenüber. Man wird nirgends glühendere Patrioten finden als unter den Juden; sie sind Deutsche in Deutschland und Engländer in England. Sie waren nur keine Russen in Rußland, weil man ihnen nicht gestattete, es zu sein. Dort zwang sie der Zarismus zu einem Ghettodasein.
Soviel steht jedenfalls fest, daß die Existenz des Ghetto weit älter ist als das Wort. Und wie alle Wörter im Laufe der Jahrhunderte ihren Sinn gewandelt haben, so ist auch der Sinn des Wortes »Ghetto« ein anderer geworden. Während es in früheren Zeiten mancherorts nichts anderes bedeutete als Isolierung und Absonderung, verbindet jeder moderne Kulturmensch mit diesem Worte die Vorstellung von Qual und Not, von Marterung jeder Art, von Raub und Plünderung, von Mord und Schändung.
In dieser ganz umfassenden schrecklichen Bedeutung gab es schon im alten Rom ein Ghetto.
Dort duldete man die Juden teils des Einkommens wegen, das man von ihnen zog, teils benutzte man sie als abschreckendes Beispiel, damit die Christen sehen sollten, wieviel die »Ungläubigen« schon in diesem irdischen Leben zu leiden haben. Dabei befolgte man auch nicht das anderswo beliebte System, einzelne Juden sich bereichern zu lassen, um sich dann mit einem Griffe ihres Vermögens zu bemächtigen, sondern hielt sie immer so gedrückt, beschränkte sie so sehr in jedem Erwerb, daß sie nicht zum Wohlstand, geschweige denn zu Reichtum gelangen konnten. Deshalb kamen auch in Rom Plünderungen von Judenhäusern seltener vor als in anderen Städten. Ganz ließ sich freilich der Pöbel dieses Vergnügen auch in der ewigen Stadt nicht nehmen, aber er wartete immer eine besondere Gelegenheit dazu ab. So wurden beim Tumult, der die Ermordung Basvilles begleitete (13. Januar 1793), die Judenhäuser geplündert, und die Plünderung wurde wiederholt, als die Nachricht von der Hinrichtung Ludwigs des Sechzehnten nach Rom kam. Einige Jahre später nach Abzug der Franzosen wurden die Juden wieder geplündert, und die Rückkehr des Papstes im Jahre 1815 wurde ebenfalls mit einer kleinen Plünderung gefeiert.
Unter Pius dem Neunten wurden zu Ostern des Jahres 1847 zuerst die Mauern, welche das Ghetto einschlossen, niedergerissen, und auf seinen Befehl wurde auch der erniedrigende Huldigungsakt, den die Juden jedes Jahr der Stadt Rom und dem Papste leisten mußten, ganz abgeschafft. Früher mußten die Vertreter der Juden in vorgeschriebener lächerlicher Tracht vor dem Senator und den Konservatoren der Stadt erscheinen und mit demütigen Worten die Huldigung leisten. Einer der Konservatoren versprach ihnen hierauf Schutz und Sicherheit, vorausgesetzt, daß sie den Befehlen der Obrigkeit jederzeit gehorchen und die vorgeschriebenen Judensteuern pünktlich entrichten würden. Dann entließ er sie mit dem Worte: Marsch!, das mit einem Fußtritt begleitet war. Der Aufzug der Judendeputation zum Kapitol in ihrer sonderbaren Tracht, gab natürlich dem Pöbel Gelegenheit zu allerlei Neckereien und Hänseleien, von denen die Juden erst im Jahre 1827 befreit wurden, als ihnen auf ihre Bitten gestattet wurde, in gewöhnlicher Tracht zu erscheinen.
Den Übergang von den mehr komischen zu den rein tragischen Leiden der Juden in Rom bildeten die Wettrennen, zu denen sie während des Karnevals gezwungen wurden und wobei es ihnen oft viel schlimmer erging als den Pferden, die ebenfalls zur Belustigung des römischen Volkes längs des Korso rennen mußten. Wer einmal selbst ein solches Karnevalsrennen mitangesehen oder auch nur aus der Beschreibung kennt, welche Goethe davon in seiner italienischen Reise gibt, wird sich eine Vorstellung von dem machen können, was die Juden dabei zu leiden hatten; denn wenn auch die armen Pferde hier und da malträtiert wurden, so galt dies doch nicht für ein so verdienstliches Werk wie die Mißhandlung der Juden. Mit nackter Brust und nackten Beinen mußten acht Juden eine Strecke von beinahe einem Kilometer laufen, und manchmal wurden sie noch vorher gezwungen, viel zu essen, damit ihnen das Rennen um so beschwerlicher fallen sollte. Versuchte es einer zu entweichen, so wurde er von den Wachen mit Lanzenstichen zurückgetrieben, und ein frommer Chronist berichtet mit wahrer Befriedigung, wie die Juden einmal bei furchtbarem Unwetter, bei Wind und Regen, »wie sie es verdienten«, laufen mußten. Dabei erlaubte sich der Pöbel noch allerlei Mißhandlungen der Juden, denen die zahlreichen Strafandrohungen, welche die Regierung dagegen erließ, nicht Einhalt tun konnten. Kam es doch vor, daß Leute aus dem Volke auf den Rücken der Juden stiegen und sich ihrer als Reittiere bedienten! Es war aber nicht bloß der Pöbel, der die Juden quälte. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts pflegte ein Marchese sich damit zu unterhalten, die vorbeigehenden Juden mit siedendem Wasser zu begießen und sie zum Ziele von allerlei Wurfgeschossen zu machen. Nachdem er diesen Sport einige Zeit betrieben hatte, wurde er vom Gouverneur von Rom vorgeladen und ihm die Fortsetzung dieser Unterhaltung verboten; doch wurde ihm gestattet »zur Zerstreuung die Juden mit Früchten zu bewerfen«, was der edle Marchese sich nicht vergebens gesagt sein ließ.
Noch bis in die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts drängten sich im Judenviertel Roms die Häuser der armen Juden zusammen wie eine Schar Aussätziger. Erst durch Naturgewalten ist das römische Ghetto zerstört worden. Richard Voß läßt in seinem tendenziösen Schauspiel »Daniel Danieli«, das den Zusammenbruch des Ghetto durch Wassersnot darstellt, seinen Helden sagen: »Man zwang euch in der Absonderung zu leben; und in der Absonderung schlosset ihr euch fest aneinander, bildetet ihr einen Bund, wurdet ihr einig und stark.«
Dieser Zusammenschluß, der – wie sich an Hand historischer Quellen nachweisen läßt – immer auf Zwang und nie auf freiem Willen beruhte, zeitigte auch in anderen Städten des mittelalterlichen Italiens Ghetti, so in Padua, Siena, Verona und anderwärts, und natürlich auch in anderen Ländern.
Allen übrigen voran: in Spanien.
Hier war im Jahre 1412 unter der Regierung Johannes des Zweiten zu Valladolid eine äußerst strenge Verordnung erschienen, die alle Juden in ein abgesondertes Viertel verwies, das mit Mauern umgeben und nur mit einem einzigen Tore versehen werden sollte. Körperliche Züchtigung und die Beschlagnahme seines ganzen Vermögens traf jeden Juden, der außerhalb des Judenviertels zu wohnen wagte. Kein Jude sollte künftig mehr die Medizin ausüben, einer Apotheke vorstehen, den Handel mit Material- und Eßwaren betreiben oder als Gastwirt, Verwalter, Einnehmer von öffentlichen oder privaten Einkünften, usw. sich fortbringen. Es war ihnen verboten, neben den Christen zu essen, ihren Leichenbegängnissen beizuwohnen und christliche Dienstleute, Handwerker, Gärtner und Hirten zu halten. Man verwehrte ihnen selbst den Zutritt zu den Gewerben der christlichen Schneider, Schuster, Fleischer, Tischler, Kupferschmiede und Hufschmiede. Man nahm ihnen das Recht, Richter aus ihrer Nation zu wählen, und gestattete ihnen nicht mehr, von ihren Gemeindemitgliedern Abgaben zu erheben, noch die an den König zu entrichtenden Steuern selbst unter sich zu repartieren. Christliche Frauen durften das Judenviertel nicht betreten; jüdischen Frauen war es untersagt, Kleider aus Stoffen anfertigen zu lassen, die einen festgesetzten niedrigen Preis überschritten. Über diesen billigen Kleidern mußten sie Mäntel tragen, die bei den Frauen vom Kopf bis zu den Füßen herabhingen. Schmuck war ihnen verboten. Endlich war den Juden untersagt, aus Spanien zu fliehen, bei Strafe persönlicher Dienstbarkeit und der Beschlagnahme ihrer Güter; den Haus- und Grundbesitzern war verboten, flüchtige Juden aufzunehmen oder zu beherbergen. – Dieser Erlaß bezweckte nichts anderes, als die Juden an das Land zu ketten und ihnen den Abzug zu erschweren, um sie desto bequemer ausbeuten zu können.
Unter der Regierung des gütigen, aber schwachen Heinrich des Vierten von Kastilien proklamierte der Rat 1482 das Verbot, »daß keine Frau und kein Mädchen von über zehn Jahren die Judenstadt weder bei Tag noch bei Nacht ohne eine männliche Begleitung im Alter von wenigstens vierzehn Jahren betreten solle, unter Androhung von neun Tagen Gefängnis und einer Geldstrafe von sechzig Maravedis, deren eine Hälfte der Denunziant, die andere die Justiz erhalte.« Zugleich wurde bekanntgemacht, »daß keine Christin weder mit noch ohne Begleitung an Sabbat- und Festtagen weder Feuer anzünde noch im Hause der Juden für einen Juden koche; im Übertretungsfalle sollte die Christin mit fünfzig Peitschenhieben und der Jude, der solches in seinem Hause dulde, jedesmal mit zweihundert Maravedis Strafe belegt werden.« Man verbot den Juden, »ihr Brot in den Öfen der Christen zu backen, ihre Kaufläden an den christlichen Feiertagen zu öffnen, an Sonn- und Feiertagen öffentlich Arbeit zu verrichten«, und befahl ihnen, um den Denunzianten das Handwerk zu erleichtern, Erkennungszeichen auf ihren Kleidern zu tragen. Ferner wurde wieder das Gesetz eingeschärft, »daß es niemand wage, in der Judenstadt zu verkaufen: Gemüse, Früchte, Eßwaren, Heu und Gerste. Das außerhalb der Juderia von Juden Gekaufte sollte bis an das Tor der Judenstadt gebracht, sie selbst aber nicht betreten werden, unter Androhung des Verlustes dessen, was sie gekauft und einer besonderen Geldstrafe von vierundzwanzig Maravedis, wovon die Hälfte dem Denunzianten, die andere Hälfte der Stadtkasse verfiel. Daß ferner weder eine Frau noch ein Mädchen die Straße der Judenstadt unter irgendwelchem Vorwande ohne männliche Begleitung betrete, sich überhaupt ohne diese in ihr befinde, unter Androhung der obigen Geldstrafe und drei Tagen Gefängnis. Daß keine jüdische Familie weder eine Frau noch ein Mädchen in ihrem Hause aufnehme, bei Gefängnisstrafe von neun Tagen und fünfhundert Maravedis. Daß keine Frau und kein Mädchen sich bei einem Juden oder einer Jüdin vermiete, bei Strafe von vierundzwanzig Maravedis und drei Tagen Gefängnis.«
Fast keine Stadt des mittelalterlichen Spanien, in der sowohl von den Fürsten wie von den Päpsten nicht ähnliche Dekrete erlassen worden wären. Erst die allgemeinen Judenvertreibungen, die unter Ferdinand und Isabella 1492 ihren Höhepunkt erreicht hatten, machten den spanischen Ghetti ein einstweiliges Ende – um sie in anderen Ländern von neuem erstehen zu lassen.
So gingen die Juden, die etwa nach Marokko flüchteten, dort keiner rosigeren Zukunft entgegen. Leo Africanus, der um 1530 in Fez lebte, gibt in seinem berühmten Geschichtswerke eine genaue Beschreibung der damaligen Juden: »Da, wo ehedem die königliche Wache logierte, wohnen nunmehr Juden. Diese wurden gewöhnlich, wenn ein König gestorben war, von den Mauren ausgeplündert; es war daher nötig, daß der König Abu Said, der ihren Tribut verdoppelte, sie nach Neu-Fez versetzte. Ihre Menge hat, besonders seitdem ihre Glaubensgenossen von Spanien vertrieben worden sind, so sehr zugenommen, daß sie sich nicht wohl zählen läßt. Sie sind aber überall verachtet: sie dürfen keine gewöhnlichen Schuhe, sondern müssen Pantoffeln von Meerbinsen und schwarze Turbane tragen; die, welche Mützen tragen wollen, müssen einen roten Lappen daran heften. Der Tribut, den sie dem König erlegen, beträgt monatlich vierhundert Dukaten.«
Noch um 1800, als den Juden von Fez erlaubt wurde, ihre Milha (Ghetti) in Zeugpantoffeln zu verlassen, wurde der erste Unglückliche, der es gewagt hatte, sich so beschuht in den Straßen von Fez zu zeigen, vom wütenden Volke gesteinigt.
Um 1800 herrschten noch folgende Gesetze in Marokko: »Die Juden können außerhalb ihrer Milha (Ghetti) weder Land noch Häuser besitzen noch den Boden bebauen. Sie dürfen auch keine Grundstücke und Gebäude als Pfänder entgegennehmen. Sie dürfen kein Pferd besteigen, sondern können nur zu Maultier oder zu Esel reiten. Sie dürfen nie Hand an einen Muselmann legen, selbst nicht, um sich zu verteidigen, ausgenommen innerhalb ihrer eigenen Wohnung. Sie können vor Gericht kein Zeugnis ablegen und dürfen vor einem mohammedanischen Richter nur in hockender Stellung sprechen. Auf den Märkten und vor den Buden darf ein Jude einen Muselmann nicht überbieten, wenn es sich um Lebensmittel handelt. Es ist ihnen verboten, Arabisch zu lesen und zu schreiben; sie dürfen sich auf Reisen einem Brunnen nicht nähern, sobald er von Mohammedanern umstanden ist; auch dürfen sie sich einem Mohammedaner nicht gerade gegenübersetzen, sondern schräg. Beim Begegnen auf der Straße müssen sie stets links ausweichen und beim Begegnen auf Reisen schon von weitem absteigen, falls sie zu Esel sind, um zu Fuß beim Muselmann vorbeizukommen. Sie dürfen keinen roten, sondern müssen einen schwarzen Fez tragen; sie dürfen keine gelben und roten Pantoffeln, sondern nur schwarze tragen. Den Burnus müssen sie derart überwerfen, daß die Öffnung auf der rechten Seite sich befindet, mithin der linke Arm gar nicht benutzt werden kann.
Um einigermaßen diese vielen Verbote zu kompensieren, haben sie aber auch eine Menge Erlaubnisse oder Gebote. So sind sie gehalten, bei jeder Geburt eines Prinzen eine gewisse Summe zu zahlen. Und dieses Ereignis kommt in Marokko oft genug vor, oder es wird fingiert, um ihnen Gelegenheit zu geben, dem Sultan ein Geldgeschenk darbringen zu dürfen. Sie haben auch die Obliegenheit, die Kadaver von Verbrechern einzugraben oder diese selbst zu köpfen und zu hängen, und sie sind damit betraut, die wilden Tiere des Sultans zu füttern. Glücklich der Jude, auf dessen hübsche Tochter ein Prinz oder der Sultan ein Auge geworfen hat. Sie muß dann zwar Mislemata (Mohammedanerin) werden, aber ihre Familie ist nun in der Regel vor Vexationen und Verfolgungen sicher.«
Während die spanischen Juden, die Sephardim, sich zum größten Teil nach den islamischen Ländern zurückzogen, wanderten die deutschen Juden, die Aschkanasim, ostwärts und ließen sich in Polen nieder, wo sie die günstigsten Vorbedingungen für ihren Aufenthalt fanden. Der christliche Eifer, der im Westen die Gemüter so mächtig ergriffen hatte, war hier noch nicht zur verheerenden Flamme entfacht. Die ökonomische Lage war die denkbar beste. Die Juden pachteten die Güter, übernahmen die Mauten und Akzise, wurden Getreidemakler und Geldausleiher. Noch Ernst Moritz Arndt gibt in seinen »Erinnerungen aus dem äußeren Leben« Beispiele von dem hohen Wohlstande der polnischen Juden. Er erzählt: »In der Stadt Shitomir hatten wir einen prächtigen Spaß. Wir aßen in einem Judengasthause Mittag. Siehe! Da entstand plötzlich ein so gewaltiges Klingen und Schwirren von durcheinandertobenden Instrumenten und ein solches Gelärm und Getümmel von Menschen, daß wir alle geschwind an die Fenster liefen. Was sahen wir? Es war ein Schauspiel für Götter: eine prächtige Judenhochzeit oder vielmehr den Reigen einer Judenhochzeit. Um den Marktplatz dieser allerdings etwas dreckigen Stadt tanzten einige hundert Juden, Alt und Jung, Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen immer ringsum, das heißt den weitesten Ring der Häuser haltend, ihren Reigen, Geigen und Dudelsäcke voran und Tosen und Geklingel hintennach. Es war wirklich eine allerliebste wilde Naturjagd, und wir belustigten uns königlich daran. Alles blitzte im prächtigsten Schmuck, und wahrlich, an Perlen, Gold und Silber fehlte es um Köpfe und Hälse nicht, auch nicht an anmutigen Gestalten. Denn das dringt sich einem sogleich auf, daß es in Polen an Männern und Frauen viel edlere Judenbildungen gibt als in Deutschland, auch etwas viel Gemesseneres und Ruhigeres in Sitten und Art, als unsere unruhigen, neugierigen und alles betastenden und umwühlenden Hebräer oft verraten. Dies mag zum Teil daher kommen, daß die Juden hier an manchen Stellen in größeren Scharen beisammenwohnen, und auch daher, daß viele von ihnen die stilleren und frommeren Arbeiten des Feldes und der Viehzucht treiben... Wir stiegen wieder in einem ansehnlichen Judenpalast ab, wo wir ein sehr schönes Geschlecht, eine Mutter mit mehreren Töchtern, sahen und sprachen wie weiland der General Holofernes: »Wahrlich, die Hebräer haben schöne Weiber!«
Erst die Teilung Polens führte einen Umschwung dieser glücklichen Verhältnisse herbei. Friedrich der Große und Josef der Zweite hatten die religiöse, soziale und ökonomische Sonderstellung der deutsch-polnischen und österreichisch-polnischen Juden erschüttert. Vergebens begehrten sie auf gegen diesen neuen Geist. Ihr Interesse für den Talmud erlahmte an der Unmöglichkeit, seinen Satzungen nachleben zu können; ihre Sitten und Bräuche wurden durch das Eindringen fremder Kulturen und durch strenge Sondergesetze stark beeinflußt und allmählich ganz entstellt.
Auch die russische Regierung versuchte ihre polnischen Juden zu »kultivieren«. Aber da diese Versuche nicht von Staatsgesetzen begleitet waren, blieben sie erfolglos. Nach wie vor lebten sie dem Talmudstudium und ihrer Religion, und noch heute ist die geistige Zusammensetzung des polnischen Judentums dieselbe wie vor zweihundert Jahren.
Die Knaben besuchen vom fünften Lebensjahre an das Cheder (jüdische Schule). Dort lernen sie unter Leitung des ausschließlich von den Eltern abhängigen Melamed (Lehrer) Hebräisch lesen und Übersetzen der Gebete, des Pentateuch und des Raschi-Kommentars in die Umgangssprache: den jüdisch-deutschen Jargon. Die Verpflichtung, Mädchen irgendwelchen Unterricht angedeihen zu lassen, existiert nicht. Vom achten Jahre ab beschäftigen sich die Knaben mit dem Talmud. Das Erlernen der Landessprache und der in öffentlichen Schulen üblichen Elementarfächer ist verpönt. Im dreizehnten Lebensjahre, wo die Knaben Bar Mizwah (religiös mündig) werden, vertauschen sie das Cheder mit dem Bethamidrasch (freies Lehrhaus) oder der Jeschiba (von Lehrern geleitetes Seminar), wo das höhere Talmudstudium gelehrt wird. Zum Bethamidrasch, wo weder eine Leitung noch eine Hausordnung besteht, hat jedermann freien Zutritt. Die Jeschiba dagegen setzt sich nur aus Jünglingen zusammen, die ein Lehrer unterweist, der als Talmudgelehrter gewöhnlich einen großen Ruf genießt. Während heute nur noch wenig polnisch-jüdische Gemeinden eine Jeschiba besitzen, ist ein Bethamidrasch in jeder Gemeinde vorhanden.
Eine solche Gemeinde setzt sich aus verschiedenen Gruppen zusammen, die je nach dem Grade ihrer Gelehrsamkeit und Frömmigkeit abgestuft sind. Das geachtetste Gemeindemitglied ist der Lamdan (Gelehrte), der gewöhnlich die Jeschiba absolviert hat und je nach der Intensität seiner Frömmigkeit oder Gelehrsamkeit den Ruf eines Chakam (Weisen), eines Jere-Schamajim (Gottesfürchtigen) oder Zaddik (Frommen) genießt.
Während in »zivilisierten« Ländern der Mensch meist nur nach seinem Vermögen eingeschätzt wird, wird er von polnischen Juden lediglich nach dem Umfang seines Wissens beurteilt. Im Ghetto gibt es weder eine Adels- noch eine Geldaristokratie; hier wird man einzig und allein durch sein Wissen geadelt, und die Familie, der ein Gelehrter angehört oder die sich einen Gelehrten anzuheiraten versteht, rückt dadurch gesellschaftlich höher. So daß derjenige als beste und gesuchteste Partie gilt, der die größte Gelehrsamkeit besitzt: der Lamdan. Im übrigen kann er arm sein wie eine Kirchenmaus. Er heiratet gewöhnlich noch vor dem zwanzigsten Lebensjahr, um alsdann seine Talmudstudien fortzusetzen. Die Ernährung der jungen Familie obliegt in den ersten Jahren den Eltern der Frau. Später macht sich der Lamdan selbständig; er wird Lehrer oder Händler. Mißglückt es ihm eine ausreichende Existenz zu begründen, so sorgen die Schwiegereltern für ihn oder die öffentliche Wohltätigkeit nimmt sich seiner an.
Der gewöhnliche Sterbliche wird Bal-Bajit (Hausstandbesitzer) genannt. Er widmet sich frühzeitig einem weltlichen Beruf, ist daher im Talmud nicht so gründlich oder nur wenig beschlagen, sucht aber durch Frömmigkeit, durch einen gerechten Lebenswandel und durch Wohltätigkeit das Minus auszugleichen. Hat er Töchter, so wird er eine Ehre dareinsetzen, sie mit Lamdanim zu verheiraten, die er dann jahrelang gern verköstigt.
Außer diesen beiden Hauptgruppen finden sich natürlich in jeder Gemeinde auch noch anders geartete Elemente; so der Parusch (abgesonderter Mönch), der einen veredelteren Typus des Lamdan repräsentiert; der Chasid (Schwärmer), der außergewöhnlich fromm ist und sich zum Lamdan so verhält, wie der Gemütsmensch zum Verstandesmenschen; der Posche-Israel (Frevler), der Frömmigkeit und Gelehrsamkeit verachtet, sich herumtreibt, zu allem Bösen fähig ist und durch seine Lebens- und Handlungsweise die Gemeinde bloßstellt; der Epikores (Zweifler), der, beeinflußt durch die neuhebräische und jüdisch-deutsche Aufklärungsliteratur, von Gott abgefallen ist, nicht mehr an die Bibel glaubt, dem Talmud nicht nachlebt, den Sabbat entweiht, nicht betet, sich über alle Vorschriften hinwegsetzt, bis er mit Schimpf und Schande aus dem Bethamidrasch oder aus dem Hause der Schwiegereltern gejagt und der Not preisgegeben wird; und endlich der Deutsche (freisinniger Jude), den seine Geschäfte aus der westeuropäischen Heimat nach Polen verweht haben, wo er zwar als Jude unter den Juden lebt, aber natürlich »modern« lebt und eben deshalb von der Gemeinde als ein Abtrünniger behandelt wird. An der Spitze der Gemeinde steht der Raf (Rabbiner), dessen Gelehrsamkeit und Frömmigkeit überragend und beispielgebend sind. Er hat öffentliche Vorträge (Deraschas) zu halten, in zweifelhaften rituellen Fällen zu entscheiden und im Bethamidrasch seine Gemeindemitglieder im Talmudstudium weiterzuleiten.
Um die Wahl und inneren Befugnisse dieses Rabbiners bekümmerte sich die russische Regierung fast nie. Dagegen drängte sie in manchen russischen Gouvernements der Gemeinde einen sogenannten »Kronrabbiner« auf, der wissenschaftlich gebildet und graduiert sein mußte. Seine Funktion ist eine rein repräsentative; er steht bei der Gemeinde in sehr geringem Ansehen und ist meist die Zielscheibe recht bissiger höhnischer Witze.
Seit Polen seine Selbständigkeit an Rußland verloren hatte, zeigte das Judentum in Rußland eine ganz ähnliche Zusammensetzung wie das in Polen und wurde von der russischen zaristischen Regierung auch in derselben Weise drangsaliert.
Diese wüsten Ausschreitungen gegen die Juden, diese Mord- und Brandszenen, diese systematischen Zerstörungen und Plünderungen begannen unmittelbar nach dem nihilistischen Mordanschlag, dem Alexander der Zweite im März 1881 zum Opfer fiel. Seit jenem unseligen Tage wurde der Pöbel unter falschen Vorspiegelungen gegen die Juden aufgehetzt. Die unerhörten Grausamkeiten nahmen einen solchen Umfang an, daß selbst bedeutende russische, keineswegs judenfreundliche Blätter schreiben konnten: »Es ist absurd, von Übertreibung zu sprechen, wo die Tatsachen jeder Beschreibung spotten, wo von wilden Pöbelhaufen bestialische Szenen aufgeführt worden sind, die uns wieder die Einfälle barbarischer Horden unter Führung asiatischer Despoten in Erinnerung rufen.«
Es war Graf Ignatieff, der mit der systematischen Entrechtung der russischen Juden begann und die Ghetti wieder heraufbeschwor. Er hatte die Bildung von Lokalkommissionen in allen Bezirken des Ansiedlungsbezirkes angeordnet, nicht um den geplünderten Juden Genugtuung zu gewähren, oder um Besserung zu schaffen, sondern um die Gewaltakte zu rechtfertigen. Die Kommissionen von Beßarabien, Wilna, Jekaterinoslaw, Poltawa und Cherson sprachen sich für die Niederlassung der Juden in allen Gegenden Rußlands aus. Die Wilnaer Kommission erklärte sogar, daß die Abschaffung des jüdischen Ansiedlungsgebiets (Ghetto) die Hauptbedingung einer gerechten Lösung der Judenfrage in Rußland sei. In Odessa wurde die Kommission entlassen, weil sie dieselbe Forderung auszusprechen wagte. Die Antwort Ignatieffs auf solche Forderung war der Erlaß der Maigesetze von 1882, die den Juden den Aufenthalt in den Dörfern und den Ankauf oder die Pacht und Verwaltung von ländlichem Grund und Boden verboten.
Das Erbe Ignatieffs trat der unselige Pobjedonoszeff an, der Torquemada des zwanzigsten Jahrhunderts. Er begnügte sich nicht damit, die Juden vom flachen Lande zu verjagen; er vertrieb sie auch aus vielen Städten, so zum Beispiel aus Moskau, und er ließ keine Woche vorübergehen, ohne eine neue Verordnung zu erlassen, die die Rechte der Juden immer mehr einschränkte und ihnen den Broterwerb immer unmöglicher machte. Trotz aller Leistungen für ihr Vaterland ist den Juden Rußlands keine Erniedrigung erspart geblieben. Man hat Ausnahmegesetze geschaffen, die sie in jeder Hinsicht zurücksetzten und machte es ihnen selbst innerhalb ihres Niederlassungsbezirkes unmöglich, ihre Kinder auf die Gymnasien und Universitäten schicken zu können. Im Niederlassungsgebiet, wo natürlich die Hälfte der städtischen Bevölkerung jüdisch ist, durften nur zehn Prozent, außerhalb dessen höchstens fünf Prozent, in Petersburg und Moskau nur drei Prozent der Schüler und Studenten jüdischer Abstammung sein.
Gezwungenerweise bestand daher in Rußland und Polen, wenn auch nicht offiziell, bis zur Verjagung des letzten Zaren noch immer das Ghetto, und wie im Mittelalter, wurden die Juden der Wut des Pöbels und der bestialischen Soldateska ausgeliefert. Bis zum Weltkriege waren sie mehr denn je Freiwild, und die von der Regierung verhetzte christliche Bevölkerung hatte einen Freibrief, jede Laune an ihnen zu kühlen. Es genügt, den Leser auf die notariell bestätigten Berichte über die Kriegsgreuel zu verweisen, die die russischen Mordbrenner an den polnischen Juden verübt haben, bei deren Lektüre einen der Jammer der ganzen Menschheit anfaßte. Diese Berichte (die Dr. E. Levy im »Berliner Tageblatt« veröffentlicht hat) hier auch nur in gemilderter Form wieder abdrucken, hieße das Entsetzen selber heraufbeschwören.
Und wie sind diese Menschen beschaffen, die von dem Auswurf des russischen Volkes und Heeres auf so unerhörte Weise verfolgt wurden? Wie leben sie?
Aus langen Kaftanen ragen Köpfe mit exotischen Gesichtern, denen das Leid schmerzvolle Züge aufgeprägt hat.
»Der Mann, dem draußen eine raffinierte Denkart, krasse Gewinnsucht und ein mangelhaftes sittliches Empfinden nachgesagt wird, bekundet daheim eine rührende Naivität, einen weltfremden Idealismus und eine strenge, kaum zu überbietende sittliche Auffassung der Dinge. Wenn er ermüdet, erschöpft von der Tagesarbeit heimkehrt, sind es nicht Wein, Weib, Gesang, Spiel und müßiges Geschwätz, sondern die religiösen Schriften, bei denen er Erholung und Zerstreuung sucht und findet. Dieser zerlumpte, von Schmutz starrende Mensch, der daheim wie das liebe Vieh haust, und froh ist, wenn er den Seinen trockenes Brot zu bieten vermag, der von der christlichen Jugend draußen verhöhnt, mißhandelt, von der Regierung wie ein wildes Tier gehetzt wird, hält sich für ein höheres, gottbegnadetes Wesen, und alle nichtjüdischen Menschen für minderwertige Geschöpfe, die ihm wohl Schaden zufügen, ihn aber niemals beleidigen können. Er verachtet ihre Macht und Herrlichkeit ... Wenn man ihn sprechen hört, hat man das Gefühl, als wenn die ganze Menschheit da draußen durch ein Meer von Unzucht watete. Deshalb gießt er die Schale des grimmigen Spottes über diese Menschen aus, die in der Fleischeslust ertrinken und dabei noch den Mut haben, von Tugend und Keuschheit zu reden ... Er heiratet möglichst früh. Da wird nicht viel nach Schönheit, Neigung und Liebe gefragt. Denn nicht zum Vergnügen heiratet man, sondern um ein Gebot Gottes zu erfüllen. Können sich die Eheleute nicht ineinander finden, dann gehen sie hin und lassen sich scheiden – ohne dabei viele Worte zu verlieren, ohne erst einen wirklichen oder fingierten Ehebruch als Grund vorzubringen, ohne sich vorher das Leben zur Hölle gemacht zu haben. Sind sie aber gewillt, zusammen durch das Leben zu gehen, dann gestaltet sich die Ehe fast ausnahmslos glücklich ... Keusch und schamhaft, scheu und heimlich kommen sie zusammen. Niemand darf die geringste Zärtlichkeit sehen, niemand etwas davon merken.
Trotz oder wegen dieser strengen Züchtigkeit achten und lieben sie einander. Er sieht nicht in ihr das Spielzeug einer Laune, sondern eine zur Erfüllung einer religiösen Bestimmung ihm von Gott zugesellte Gefährtin, Sie wiederum blickt mit Verehrung und Dankbarkeit zu ihm empor, wenn er, anstatt sich mit ihr zu befassen, in das Studium der religiösen Schriften sich vertieft. Und gern springt sie in den Daseinskampf ein, nimmt alle Lasten und Beschwerden des Lebens auf sich, wenn er sich von seinem Studium nicht zu trennen vermag. Denn seine Freude wird im Jenseits auch ihre Freude sein.
Wenn das Leben, das sie unter den drückenden ökonomischen Verhältnissen zu fristen gezwungen sind, auch noch so kümmerlich ist, sind ihnen doch dafür alle Leiden erspart, von denen die Menschen draußen so schwer heimgesucht werden. Hier kennt man nicht jene häßlichen Krankheiten, die in Familien hineingebracht werden und Frau und Kinder vergiften. Hier weiß man nichts von den Ehedramen und -tragödien, die sich in den Palästen und Hütten abspielen und namenlose Qualen bereiten...
Hier kennt man auch nicht jene höfliche und liebenswürdige bieg- und schmiegsame Decke, hinter der Klatsch- und Scheelsucht, Neid und Haß, Lug und Trug lauern.
Die Nächstenliebe ist für den Ghettojuden kein leeres Wort. Ein Familienmitglied, ein Bruder ist ihm sein Nächster, mit dem er sich in allen Lebenslagen solidarisch fühlt, bei dem er stets eine aufrichtige Teilnahme für seine Leiden und Freuden findet... Sein ganzes Empfinden, Denken und Handeln ist unter die religiöse Disziplin gestellt; verbannt ist jede willkürliche Regung. So schwer auch die Religion auf ihm lastet, er murrt nicht, fragt nicht nach Grund und Zweck, sondern erfüllt treu und pünktlich, wie ein Soldat, die Befehle seines Herrn.«
Dieser Typus in seiner Verfeinerung, Vertiefung und Steigerung bis ins Schwärmerische wird durch den Chasid repräsentiert, dessen Ideal die Vergöttlichung der Menschheit ist und der das Himmelreich auf Erden verwirklichen möchte. Die Brücke, die den Menschen zum Schöpfer hinführt, ist das Gebet. Deshalb sucht der Chasid im Gebet, das wie eine Entflammung über ihn kommen muß, sein geläutertes Empfinden, sein ganzes Denken und Wollen auszudrücken. Zu diesem Zwecke genügt ihm das vorgeschriebene Gebet durchaus nicht. Er geht oft über den Buchstaben hinaus, sprengt die Form, die seine Seelenfülle nicht zu fassen vermag, und gerät in eine religiöse Ekstase, die sich, wie beim verzückten Yoghi, in Springen, Tanzen, Singen und Pfeifen äußert. Da die Melancholie für ihn das höchste Übel ist, weil nur eine freudvolle Seele sich zu Gott aufzuschwingen vermag, sucht er Sorge, Kummer und Schwermut nach Möglichkeit von sich fernzuhalten. Sein Lieblingsstudium ist die kabbalistische und chasidische Literatur. Im praktischen Leben bewährt er sich als ein uneigennütziger, feinfühliger Mensch. Ist er arm, so geht er zu einem besser gestellten Freunde und nimmt ohne weiteres an seiner Tafel teil. Darbt seine Familie, so wird für sie gesammelt. Hat der Arme eine Tochter zu verheiraten, so geben ihm die Reichen die nötige Mitgift. Todsünde ist es, seinen Nächsten zu beschämen. Deshalb gibt er ganz insgeheim. Er bringt es fertig, sich schlafend zu stellen, wenn ein Dieb ihn bestehlen will, damit er den Dieb nicht beschäme.
Daß dieser Chasid nicht nur im russisch-polnischen Ghetto lebt, daß vielmehr auch in Rumänien und Galizien chasidische Abzweigungen anzutreffen sind, und daß auch in Rumänien und Galizien die Juden im Ghetto leben, darüber belehren die Ghettogeschichten, die insbesondere Karl Emil Franzos in »Halb-Asien«, in den »Juden von Barnow« und vielen anderen Erzählungen veröffentlicht hat.
Auch in den Städten Österreich-Ungarns lebten die Juden in Ghettis; sie fanden in Cohn, Weiß, Kohut, Kompert und anderen ihre würdigsten Dichter. Als Kompert ein Kind war, lebten die Juden in vielen Gegenden Österreichs, besonders in seiner böhmischen Heimat, noch abgesondert von den Christen. Er selbst wuchs im Ghetto auf, und die Sitten der frommen Juden, die himmelweit abwichen von der Lebensweise der benachbarten Christen, die das staunende Kind höchst fremdartig berührten, bewirkten in ihm ein beständiges Vergleichen und Nebeneinanderstellen dieser zwei grundverschiedenen Weltanschauungen, die er später in seinen »Geschichten aus dem Ghetto« so musterhaft gestaltete. Der Reiz der Geschichten Komperts und ihre Eigenart liegt nicht nur in der unverfälschten Darstellung des wunderlichen Lebens, das die Juden in ihren armseligen Gassen führen, sondern in der Mischung des rein poetischen mit dem höchst getreuen völkerpsychologischen Element.
Mit einer erstaunlichen Genauigkeit haben die Brüder I. und I. Tharaud diese Verhältnisse studiert und in der schönen Erzählung »Im Schatten des Kreuzes« plastisch gestaltet. Bis auf geringfügige Irrtümer ist dieser ausgezeichnete Roman gleichzeitig als eine völkerpsychologische Studie ersten Ranges zu betrachten.
In Deutschland hatten fast alle größeren Städte, in denen sich Juden niedergelassen hatten, ihr Ghetto. In Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, Erfurt, Köln, Mainz, Worms, Hildesheim, Hannover, Magdeburg, Hanau, Halberstadt, Braunschweig, Augsburg, Ansbach und anderen Städten findet man noch heute bauliche und andere Reminiszenzen, mindestens Straßennamen, die an die schlimme Ghettozeit erinnern. Meist war die Ritualmordbeschuldigung der Vorwand, hinter den man sich verschanzte, wenn man Sondergesetze gegen die Juden erlassen wollte oder einen Grund brauchte, sie in das Ghetto zu verbannen. Das war auch das Ergebnis, zu dem Heine kam, als er aus zahlreichen mittelalterlichen Geschichtsquellen jene furchtbare Zeit der Judenverfolgungen und der Ghettis kennen lernte, »den tausendjährigen Schmerz«, den er in seinem »Rabbi von Bacharach«, dem »düsteren Märtyrerlied« so gewaltig beschworen.
Auch die Regensburger Massenhinrichtung und Massenaustreibung der Juden 1519 ging auf die Anschuldigung der Teilnahme am Trientiner Kindermord zurück. Aber das war nur ein Mäntelchen, dessen man zu bedürfen glaubte, um die wirtschaftlichen Hebel der Bewegung zu verdecken, die ein gleichzeitiges Regensburger Volkslied aus dem Jahre 1519 mit naiver Anschaulichkeit darlegt:
»Hunger und Not und großen Zwang,
Das leidt der arme Handwerksmann.
Es war kein Handwerk also schlecht,
Dem der Jud' nie großen Schaden brächt'.
So einer ein Kleid kaufen wollt',
Gar bald er zu dem Juden trollt,
Silbergeschirr, Zinn, Leinwand, Barett
Und was er sonst im Haus nit hätt',
Das fand er bei den Juden zuhand,
Es war ihnen alles gesetzt zu Pfand.
Denn was man stahl und raubt mit Gewalt,
Das hatt' alles da seinen Aufenthalt.
Was jemand in der Kirchen fand,
Das kam dem Juden heim zuhand.
Ein Gut, das fünfzig Gulden kam,
Das nahm der Jud' für zehen an,
Hatt' er's ein Wochen oder neun,
So zog er's für sein eigen ein.
Mäntel, Hosen und anderlei,
Das fand man bei dem Juden feil;
Der Handwerksmann könnt' nichts verkaufen,
Es war alles zum Juden laufen,
Nichts minder müßt' er geben Zins
Von Häusern, Läden und auch sinst.«
Indessen man braucht nicht so weit zurückzugehen, wenn man nach historischen Beispielen für die menschliche, politische und wirtschaftliche Entrechtung der Juden sucht. Selbst in der Reichshauptstadt wurden die Juden noch am Ende des achtzehnten Jahrhunderts in jeder Beziehung zurückgesetzt. Befangen in dem allgemein herrschenden Vorurteil gegen die Juden hatte Friedrich der Große sich nicht so weit zu emanzipieren vermocht, sie den übrigen Staatsbürgern gleichzustellen. Durch teure Schutzbriefe mußten sie das Recht der Niederlassung erkaufen. Und selbst die wenigen »Schutzjuden« durften nur ein einziges Kind und erst nach dem Siebenjährigen Kriege zwei Kinder ansässig machen. Bevor man diesen Kindern aber erlaubte, selbständig zu werden, mußte der Vater tot sein. Kurz, der alte Fritz wußte auf virtuose Art das Judentum finanziell auszubeuten. Die Bewegungsfreiheit der Judenschaft Berlins wurde mannigfach beschränkt. Nur durch zwei Tore durfte der Jude die Stadt betreten oder verlassen; dem Fremden war das Übernachten innerhalb der Mauern Berlins nicht gestattet. Jeder Bürger durfte sich die öffentliche Beschimpfung eines Juden ungestraft erlauben. Erst seit Moses Mendelssohn, dem in erster Linie das Judentum seinen Aufschwung verdankt, war der deutsche, besonders der Berliner Jude, wieder zum Gefühl seines Wertes und seiner Würde gelangt. Um so tiefer mußte er die Kränkung empfinden, die darin lag, daß durch Kabinettsorder vom 15. August 1832 den Juden der Zutritt zu allen Schulämtern »wegen der bei der Ausführung sich zeigenden Mißverhältnisse« abgesprochen wurde. Was das für »Mißverhältnisse« seien, darüber unterblieb jede Andeutung. Den Juden wurde sogar die juristische Doktorwürde versagt, an einer Universität selbst die philosophische. »Sie wurden von jeder obrigkeitlichen Stellung, auch im Kommunalleben, von den Provinzlandtagen, vom Apothekerberuf, von der Ausübung der Patronatsrechte als Gutsbesitzer ausgeschlossen, jüdische Ärzte von jeder gerichtlichen Tätigkeit und von der Ausübung ihres Berufes als Militärärzte. Überhaupt ließ man im Heere die Juden nicht weiter als bis zum Unteroffizier avancieren, obwohl während des Krieges sich viele von ihnen den Offiziersgrad auf dem Schlachtfelde erworben hatten. Ja, in den vierziger Jahren machte man die Juden nicht einmal zum Gefreiten, »weil ein Jude nicht Christen befehlen dürfe«.
Die Regierung bezeichnete das Judentum als etwas Minderwertiges, lockte die Juden zum Ausgleich mit der vaterländischen Kultur und verweigerte ihnen dann höhnisch den vollen Zutritt zu dieser. So wollte sie alle besseren und gebildeten Elemente zur Taufe bewegen. Friedrich Wilhelm der Dritte begünstigte offen den 1822 in Berlin begründeten »Verein zur Bekehrung der Juden« und schenkte jedem getauften Juden zehn Dukaten.
Noch schlimmer als in Berlin stand es zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts um die Juden in Frankfurt am Main. Der Stoßseufzer Börnes: »Du fragst mich, warum ich mein Vaterland fliehe? Ich habe keins; ich habe die Fremde noch nicht gesehen. Wo Kerker sind, erkenne ich meine Heimat, wo ich Verfolgung finde, atme ich die Luft meiner Kindheit. Der Mond ist mir so nah wie Deutschland« – diese Klage illustriert am besten, was es hieß, zu Börnes Zeit ein Jude in Frankfurt am Main zu sein. In meinem Essay über »Ludwig Börne« habe ich diese Epoche eingehend dargestellt.
Ebenso wie Deutschland hatte auch Holland sein Ghetto, das schon Rembrandt in seinen ewigen Werken festgehalten hat. Und vergleicht man die Menschen und Motive seiner Ghettobilder mit denen seines Nachfahren Josef Israels, so erkennt man auf den ersten Blick, daß während der drei Jahrhunderte, die zwischen Rembrandt und Israels liegen, weder die Menschen noch ihre Wohnungen sich merklich verändert haben.
Das hat keiner so klar erschaut und ohne jede dichterische Beschönigung ausgesprochen wie Hermann Heijermans in seinen vielfachen Ghettoschilderungen (Diamantstadt, Ghetto, Ahasver, Sabbat, Ein Judenstreich u. a.). Er selber lebte unter den bedrückten und freudlosen Juden; er schilderte ihre Wohnungen, diese elenden Winkel, in die die Sonne nie einen Strahl wirft; diese menschenunwürdigen Gäßchen voll ekler Dünste, voller Kehricht und Moder; diese häßlichen Baracken, bleichgrüne, graubraune, ockergelbe Schaluppen aus sterbenden Steinen aufgebaut, mit zerbröckelnden Dächern, schlammigen Rinnen und offenen Kloaken, in denen Ratten hausen. »Sie haben uns aus dem Ghetto gelassen,« sagt sein Raffael, »aber wir sind doch drin geblieben. Die Tore sind niedergerissen, die Mauern sind geschleift, aber die Gräben sind doch geblieben, die Gräben ihres und unseres Hasses.«
Von Holland sind schon Ende des siebzehnten Jahrhunderts die ersten spanisch-portugiesischen Juden aus Amsterdam nach England gekommen und haben sich dort angesiedelt. Später wanderten auch die armen Askanasim aus Russisch-Polen in England ein und siedelten sich vornehmlich im Londoner Whitechapel an, wo ihre Zahl heute auf etwa achtzigtausend geschätzt wird. Auch dort leben sie in einer Art Ghetto, das Israel Zangwill in seinen zahlreichen Ghettoschriften meisterhaft dargestellt hat. »Wenn sie von Rußland herüberkommen«, sagt Oscar N. H. Schmitz, »sind sie die ärmsten und erschöpftesten Wesen, die nur eine systematische Unterdrückung hervorbringen kann.« Wie Heijermans schildert auch Zangwill diese jungen jüdischen Reformerköpfe, die voller Utopien stecken und die der Schimmer eines großen Ideals umleuchtet. Es sind zwar moderne Menschen, die schwer an den Sünden ihrer Väter tragen; aber sie wurzeln mit ihrer Seele dennoch im Ghetto. Denn auch in Whitechapel lebt die »Romantik« des Ghetto; sie ist nur tiefer geworden, bewußter und deshalb schmerzlicher. Und obgleich die Juden dort schon in breiten, stattlichen Straßen wohnen, es sind doch die alten Ghettomenschen, die sie bewohnen; ein Wort des jüdisch-dänischen Dichters Meyer Aron Goldschmidt wahr machend, der mit Bezug auf sich selber einmal sagte: »Ein paar Kinderjahre einmal zugebracht im jüdischen Ghetto, in der jüdischen Religion, in strenger Beobachtung der Zeremonien und dem ständigen Gedanken an eine ferne, wachsame Gottheit, üben ihre Wirkung fürs ganze Leben. Die Seele erhält einen Druck, der sie verhindert, sich jemals stolz aufzurichten und eine gewisse Furcht vor dem Unbekannten abzuschütteln.«
Wie stark Goldschmidt vom Ghetto beeinflußt ist und wie empfindsam es ihn zugleich gemacht hat, zeigt sein großer Roman »Ein Jude«, ein Meisterwerk in jeder, insbesondere in stilistischer Beziehung, aus dem man reiche Aufschlüsse über das Ghettojudentum in Dänemark erhält. Nach Georg Brandes Worten ist Goldschmidt selber ein Mann, »der noch als Kind die Tore des Ghetto dröhnen hörte, die hinter seinem Rücken zufielen«. Goldschmidt spricht von einer Zeit, »wo die Juden noch unterdrückt genug waren, um sich als nichts anderes denn als Juden zu fühlen«, und er schildert die Judenhetzen, die von der Regierung gutgeheißenen Judenmorde in Kopenhagen. Er bricht in die Klage aus: »Können sie jemals über den Menschen den Juden vergessen? Steht nicht immer das Wort »Jude« in ihrem Bewußtsein wie eine Scheidewand? ... Kann ein Jude Beamter werden? Kann er auch nur Nachtwächter sein? Kann er Offizier werden in der Armee? Wenn in der Bürgerwehr die Reihe an ihn kommt, zum Hauptmann aufzurücken, so muß er seinen Abschied nehmen ... Es gibt ganze Zünfte, zum Beispiel die Zunft der Eisenhändler, in denen die Juden ausgeschlossen sind, die keinen jüdischen Knaben in die Lehre nehmen. Im Korps der Leibjäger kann vor Schikane kein Jude bestehen. Wenn ein dramatischer Skribent nicht weiß, worüber er schreiben soll, so nimmt er einen Juden in sein Stück hinein und läßt seine Rolle vom Hanswurst spielen.«
Georg Brandes selbst weiß in seinen »Erinnerungen« von verwandten Gefühlen und Stimmungen zu berichten, die er am eigenen Leibe und an der eigenen Seele erlebt hat.
Wie in Dänemark Goldschmidt, so hat in Schweden Oscar Levertin das Stockholmer Ghetto in seiner Novelle »Kalonymos« in zarten und feinen Farben dargestellt.
Ein neues Heim und ein neues Ghetto haben sich die seit 1881 zu hunderttausenden ausgewanderten russisch-polnischen Juden in Amerika errichtet, von dem nicht nur jüdisch-amerikanische Dichter, wie Morris Rosenfeld, David Pinski u. a., singen und sagen, sondern das auch Dichter von europäischem Rufe, wie Joh. V. Jensen (Der kleine Ahasverus), in tiefster Ergriffenheit geschildert haben.
So sehen wir das Ghetto und den Ghettomenschen von den frühesten Zeiten bis in unsere Gegenwart hinein nicht nur über ganz Europa, sondern auch über andere Erdteile verbreitet, bald in trüberen, bald in lichteren Verhältnissen lebend, eingekapselt in eine ganz besondere Lebensform, die dem Außenstehenden, wenn er nicht selber Jude ist, für immer verschlossen oder doch eine fremde Welt bleibt. Und so kommt es, daß man mit vagen Vorstellungen vom Wesen des Ghettojuden herumgeht.
»In den Großstädten des Westens verblich aller Glanz und alle Größe der jüdischen Tradition im Wohlleben; bei den Juden, die im dunkelsten Osten zurückblieben, verkümmerte und erstarrte sie im Elend. Es war hauptsächlich die ungeheure wirtschaftliche Not, die dort in grauenhafter Weise die Juden umformte. Sie schufen sich, bedrängt und hilflos, wie sie waren, gefährliche Arten des Erwerbes, oder solche, die man ihnen übel ausdeuten konnte, in der jüdischen Volksseele erstarb ein Teil dessen, was sie an ethischem Gehalt hatte, und von allen religiösen und weltlichen Idealen blieb ihnen nur das Dogma und der starre Formalismus. Wohl gibt es da noch stille und tiefe Märtyrer, in. denen der Geist des Jehuda ben Halevy und des Moses Maimonides lebt – aber sie sind im Aussterben. Ihr letzter Schein liegt noch über den Ghettojuden, deren Leben nach innen und außen voll beispiellosen Elends ist.«
Und reich an Typen und Individualitäten, an Sonderlingen und Helden, wie kaum sonst ein Volk, sind die Juden mit ihren zahlreichen Klassen und Berufen; hart und feindlich aneinander leben die verschiedensten Lebensanschauungen, geprägt von einer alten religiösen Kultur und von wirtschaftlichen Verhältnissen, unter denen ein minder widerstandsfähiges Volk längst zusammengebrochen wäre. Und noch liegt der alte prachtvolle Widerschein über den tiefsten Dingen ihres Lebens.
Diese Menschen des Ghetto reden ihre eigene Sprache, den Jargon, »das Produkt des Emigrantenlebens, seitdem sie die Pracht der biblischen Sprache eingebüßt haben im Kampf ums gefährdete Leben; eine Sprache, die so viel Eigenart und. Natur an sich hat, uns bald berührend wie der Geruch schmutziger Wäsche und bald wie die Erinnerung an Tränen; Sätze, geformt von Menschen, die, verarmt und verkommen, ihren Humor dennoch nicht verlieren konnten: Sonnenlicht in der Armeleutestube«.
Dank der Assimilationsfähigkeit der Juden haben sie ihrer eigenen Sprache, vornehmlich der jüdischen und ursprünglich deutschen, alsbald Sprachelemente desjenigen Landes beigefügt, in dem sie sich jeweils niedergelassen haben. Demzufolge unterscheidet man folgende wesentlichste Jargondialekte:
a) den deutsch-jüdischen Jargon (nicht zu verwechseln mit dem Gemauschel der Börsianer!),
b) den polnisch-jüdischen Jargon,
c) den litauisch-jüdischen Jargon,
d) den rumänisch-jüdischen Jargon,
e) den galizisch-jüdischen Jargon,
f) den englisch- bzw. amerikanisch-jüdischen Jargon,
entsprechend den Ländern, in denen sich die Juden in besonders großen Massen niedergelassen haben. Jeder dieser Jargondialekte enthält überwiegend deutsche, jüdische, polnische und. russische korrumpierte Sprachelemente und erst in vierter oder fünfter Reihe Sprachbrocken des jeweiligen Gastlandes, so daß schon die Zusammensetzung der Jargonsprache jedem einigermaßen geübten Ethnologen verrät, daß die Juden ursprünglich von Deutschland nach Polen und Rußland auswanderten und sich erst von dort über die anderen Länder verbreiteten.
Daß man an ein solches Sprachgemisch in bezug auf systematische Grammatik und Wohllaut nicht die höchsten Anforderungen stellen darf, versteht sich eigentlich von selbst. Dennoch ist es ungemein übertrieben, wenn Abraham Geiger vom »ekelhaften Jargon« spricht, oder wenn Heinrich Graetz den Jargon »eine halbtierische Sprache« nennt, oder wenn endlich Jost die Sprache als »ein allem Geschmack hohnsprechendes ›Wortgemisch‹« charakterisiert. Man darf nie vergessen – was Jost auch zugibt – daß die Jargonliteratur einen außerordentlich guten Einfluß auf die sittliche Gesinnung und die Bildung der Ghettojuden gehabt hat.
Was mich persönlich betrifft, so schätze ich den Jargon außerordentlich hoch als einen verschütteten Quell, der zu einem unübersehbar reichen Strom anzuwachsen verspricht. Nach meiner Meinung bewirkt die Verschmelzung des Hebräischen mit dem Deutschen und anderen Sprachelementen eine große Geschmeidigkeit in der Ausdrucksform. Die Grammatik wird freilich als quantité négligeable behandelt, aber gerade diese ungebundene Freiheit gibt der Jargonsprache eine Beweglichkeit des Stils, wie sie keine andere Sprache aufzuweisen hat. Trotzdem sehe ich ein, daß die Jargonsprache wohl kaum jemals Weltgut werden kann. Denn mehr als allen anderen Sprachen raubt man ihr Leben und Eigenart, wenn man sie ihres Babelgemisches entkleidet, wenn man ihr das ärmliche, zusammengeflickte Kleid auszieht, das ihr soviel poetische Schönheit verleiht. Wo in aller Welt gibt es sonst noch eine Sprache, die so viel Akzente und Nuancen hat für die seltsamsten Seufzer, für diese sonderbar wilden Flüche, für diese merkwürdigen Ausrufe, verblüffenden Satzkonstruktionen, eigenartigen Wortbildungen und vor allem: für die tiefe Innigkeit, die sich in dieser Barocksprache, die weit mehr als die Hälfte aller Juden sprechen, zum Ausdruck bringen läßt? Man nimmt dieser Sprache die Seele, wenn man sie in eine andere überträgt. Und je urwüchsiger, origineller und bodenständiger die in dieser Sprache geschriebenen Werke sind, desto weniger wird man imstande sein, selbst in der denkbar besten Übersetzung auch nur eine annähernde Vorstellung von dem bezaubernden, kaum definierbaren Reiz zu geben, der über diesen Werken liegt.
Freilich herrschen auch in dieser Sprache ungeschriebene Gesetze, die von keinem erlernt und doch von jedem Ghettojuden gekannt sind. Vor allem fällt auf, daß die Sätze mit einer seltenen Natürlichkeit gebaut sind, und daß die Aussprache der Worte, die Vokalisierung usw. strengen Regeln zu unterliegen scheinen, deren primitive Grundlagen meines Wissens zum erstenmal Jakob Fromer, selbst ein Ghettojude, in seinem »Organismus des Judentums« systematisch festzulegen versucht hat. Und während fast alle übrigen lebendigen Sprachen eine Umgangssprache und eine sorgfältig gefeiltere Schriftsprache haben, ist in der Jargonsprache die Umgangssprache zugleich auch die Schriftsprache. Das vor allem sichert den Werken der Jargonsprache von vornherein die ungeheure Lebendigkeit.
Die ersten Anfänge der Jargonliteratur reichen bis ins fünfzehnte Jahrhundert zurück. Erbauungsbücher für die Frauen und für die Jugend waren die ersten Erzeugnisse der Jargonsprache, Werke, die allerdings noch keinerlei literarischen Ansprüchen genügen. Ihnen folgten die Sittenbücher, die Ende des sechzehnten Jahrhunderts erschienen und unter den Juden große Verbreitung fanden. Besonders bekannt wurden »Das Lebenselixier« von Apotheker Abraham, »Der Brandspiegel« von Moses Hennoch und das oft nachgedruckte Buch »Der gute Sinn« von Josef ben Eljakum. Auch polnisch-jüdische Frauen, wie Rebekka Tiktiner, veröffentlichten sogenannte jüdisch-deutsche Werke. Die populärsten, noch jetzt weit verbreiteten Werke dieser Literaturgattung sind »Das Maaßebuch« und »Zêêna Urêna«, harmlose Erbauungsbücher, die die jüdischen Frauen am Sabbatnachmittag lesen konnten, die auch in Deutschland noch von unseren Großmüttern viel gelesen wurden, ohne daß sie etwas verloren, wenn sie über diesen moraltriefenden Fabeln, Märchen, Legenden und Großmuttergeschichten, die Demut und Bescheidenheit predigten oder in einer resignierenden oder religiösen Pointe ausliefen, sanft einschliefen. Diese Literatur steht etwa auf der Höhe der deutschen Jugendliteratur, wie sie Horn, Putlitz, Schmidt-Weißenfels u. a. produzierten. Weit darüber hinaus erheben sich die in das jüdische Gebetbuch aufgenommenen »Sprüche der Väter«, eine einzigartige, mehr ethische als religiöse Spruchweisheit, die den echten Geist des Judentums am getreuesten widerspiegeln und noch heute für die praktische Befolgung wertvoller und veredelnder sind, als die Reflexionen, Maximen oder Sprüche vieler neuzeitlicher Denker.
Zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts wurden bereits viele Versuche gemacht, biblische Stoffe zu dramatisieren. »Der Verkauf Josephs«, »Der Kampf Davids mit Goliath«, »Simson der Held«, »Haman und Esther«, »Ruth« u. a. waren sehr beliebte Stoffe, und man kann diese, allerdings sehr naiv gebauten Dramen heute noch in jüdischen Theatern des Londoner Whitechàpels, des Warschauer oder Newyorker Ghetto, des Berliner galizianischen Judenviertels (Grenadierstraße, Dragonerstraße usw.) aufführen sehen.
Erst der Chasidismus, der mit allem Starren, Verknöchernden aufräumen wollte, bediente sich des Jargons, um die chasidischen Lehren den breiten Volksmassen zugänglich zu machen. Ein großer Teil des chasidischen Schrifttums mit seinen Wundermärchen, Legenden, Anekdoten und Parabeln ist in der Jargonsprache abgefaßt worden, denn die Chasidim gingen von der richtigen Voraussetzung aus, daß man auf die Volksmassen nur in der Volkssprache kräftig einwirken könne.
In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts legt Mendel Lepin den Grundstein zum Bau der modernen Jargonliteratur, indem er die »Sprüche Salomons« in den Jargon überträgt. Und von dem Augenblick an beginnt ein erbitterter Kampf seitens derjenigen, die eine Profanation in solchen Übertragungen vom Hebräischen in den Jargon erblicken, der damit endet, daß nun viele Schriftsteller in dieser »tierischen Sprache« zu schreiben beginnen.
Schlaume Ettinger verfaßt ein Theaterstück »Seckele«, A. B. Gottlober dichtet eine Komödie »Zwei Chassenes in einer Nacht«, Chaim Horowitz übersetzt Campes »Columbus« und Defoes »Robinson«, Alexander Zederbaum begründet zwei Jargonzeitschriften; Gelehrte und Dichter wie Isak ben Lewinsohn, Jakob Eichenbaum u. a., veröffentlichen Jargonbücher.
Viel war es nicht, was diese Jargonschreiber boten; auch nichts besonders Wertvolles; aber sie brachten doch neues Leben in die langsam wachsende Jargonliteratur.
Mit zu den ersten poetischen Schöpfungen gehörten die jüdischen Volkslieder. Man darf sie sowohl nach ihrem Inhalt wie nach ihrer Melodie zu dem Schönsten zählen, was je die Literatur eines Volkes an primitiver Kunst geschaffen hat. Hier spricht sich die Seele des müdgehetzten Volkes mit all seinen Sehnsüchten und Wünschen, seinen Träumen und Hoffnungen ganz unmittelbar aus. Und als diese, meist melancholischen Lieder, die in ihren Weisen an die sonderbar schwermütigen slawischen Melodien gemahnen, vor ein paar Jahren zum erstenmal von einer Hamburger Zeitschrift für jüdische Folklore gesammelt und herausgegeben wurden, erregten sie in den interessierten Kreisen Deutschlands berechtigtes Aufsehen, Daß sie weiteren Kreisen bekannt wurden, danken wir Leo Winz, dem verdienstvollen Herausgeber von »Ost und West«.
Diese Jargon volkslieder sind nicht zu verwechseln mit den Jargon kunstliedern, die neuerdings begabte Lyriker, die in dieser Sprache gedichtet haben, veröffentlichten und die nur dank ihres Idioms zur Jargonliteratur gehören. Die Arbeiterlieder von Morris Rosenfeld etwa lassen sich in jede Sprache übersetzen, weil sie das Jargonelement ganz gut entbehren könnten. Statt des spezifisch Jüdischen steht bei ihm das allgemein Menschliche im Vordergrunde. Sein Lied reicht über die enge Welt der Ghettomauern weit hinaus und sucht das brandende Leben, Natürlich gibt es Leiden und Freuden, die der Jude als Mensch mit der ganzen Menschheit teilt. (»Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nichts?« fragt schon Shylock.) Aber unter »Lieder des Ghetto«, wie Rosenfeld seine Dichtungen genannt hat, verstehen wir doch in erster Reihe Lieder, die sich ausschließlich mit dem Ghettojuden beschäftigen. Das aber ist bei Rosenfelds Liedern nicht der Fall. Seine Lieder sind nur in der Ghettosprache geschrieben, aber ihr Inhalt ist das allgemeine soziale Elend und keineswegs das besondere jüdische. Die Werkstatt, An der Nähmaschine, Die Nachtigall zum Arbeiter, Das Lied der Not, Die Träne auf dem Eisen, Was ist die Welt, Auf dem Totengarten, Blumen im Herbst, In der Wildnis, Die Erschaffung des Menschen, Die Freiheit, Die Not und der Dichter u. a. Lieder stehen mit dem Gefühlsleben des Jargonjuden in keinem engeren Zusammenhang. Was natürlich nichts gegen ihre Schönheit besagt.
Erst in den letzten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts beginnt die eigentliche Blütezeit des Jargon. Jetzt wird nicht mehr Jargon geschrieben »aus Barmherzigkeit mit dem armen Volk«, das keine andere Sprache zu lesen, zu schreiben und zu sprechen versteht. Die neuen Dichter kommen selbst aus der Mitte dieses armen Volkes. Sie kennen, dieses Volkes Freuden und Schmerzen und sie dichten in der Sprache dieses Volkes für dieses Volk. Und wenn sie auch im letzten Sinne kaum eine Übertragung in eine andere der modernen Kultursprachen vertragen und sich viel zu eigenwillig und zu spröde erweisen, sie geben doch immerhin einen Begriff, wie diese Ghettowelt aussieht.
Am relativ besten läßt sich der Jargon natürlich in die deutsche Sprache übertragen, weil sie ja die eigentliche Muttersprache des meistgesprochenen Jargons ist und eine Übersetzung ins Deutsche daher – übertrieben gesprochen – einer Rückübersetzung fast gleichkommt.
Erst in den letzten Jahrzehnten widmet man sich auch bei uns etwas eingehender und liebevoller den Dichtern des Jargon. Während diese Literatur sich ursprünglich nur von fremdem Gut nährte und hauptsächlich von mittelmäßigen Übersetzungen ihr Dasein fristete, sind es jetzt umgekehrt die modernen europäischen Literaturen, die im Jargon neue Werte suchen und finden, und sich diese Welt in die modernen Sprachen herüberzureißen suchen. Es ist eine Frage der Zeit, ob und inwieweit sich die Jargonliteratur in einem solchen Grade assimilierbar erweisen wird, daß sie Gemeingut der gebildeten Menschheit zu werden vermag.
Es gibt heute kaum mehr ein bedeutendes Werk der Weltliteratur, das nicht in die Jargonsprache übersetzt wäre. Goethes »Faust«, Schillers »Räuber«, Lessings »Nathan«, Shakespeares »Hamlet«, Heines »Lieder«, Dostojewskis »Raskolnikow«, Haeckels »Welträtsel« und zahlreiche andere Werke sind dem gemeinen jüdischen Manne längst in seiner Jargonsprache vertraut, ebenso wie er durch die zahlreichen politisch-feuilletonistischen Jargon-Tagesblätter, die oft eine sehr stattliche Auflagehöhe haben, über alle Vorgänge des politischen, sozialen, gesellschaftlichen und künstlerischen Lebens unterrichtet ist. Die modernen Dichter endlich, die Jargon schreiben, haben den ganzen Kreis ihrer Mit- und Umwelt in das Bereich ihrer Schilderungen gezogen.
Eine systematische Literaturgeschichte der Jargonsprache gibt es freilich noch nicht. Aber die Namen der bedeutendsten Jargondichter, wie Mendele Mocher Sforim, J. L. Perez, David Pinski, Abraham Reisen, M. Spector, Scholem Asch, und in erster Linie Scholem-Aleichem, sind jedem Jargonjuden vertraut und bekannt.
Schlaume Rabbinowitsch (Scholem-Aleichem) gilt allgemein als der ursprünglichste und reichste aller Jargondichter. Seine Romane und Novellen »Moschiachs Zeiten«, »Ruchele«, »Kriselewker Geschichten«, »Rattischik, a jidischer Hund«, »Mesuschelach, a jidischer Ferdl«, »'s a Ligen«, seine Komödien »Zeseit und zespreit«, »Maseltow« u. a. verbinden mit ungeheurer Kraft und Eindringlichkeit zugleich einen so goldigen, eigenartigen Humor – Dickens fern verwandt! – und tragen eine so ureigene originale Note, daß sie ihn an die oberste Spitze der jüdischen Schriftmeister stellen.
Man muß natürlich scharf unterscheiden zwischen diesen jüdischen Jargonschriftstellern, die ihre Ghettowelt dargestellt haben, und zwischen den christlichen Dichtern des Ghetto, unter denen Tolstoi, Gorki, Sienkiewicz, Orzesko, Swientochowski, Joh. V. Jensen, Aage Madelung u. a. an erster Stelle zu nennen sind. Innerlich sind sie der Welt, die sie darstellen, ja doch fremd; es sind nur die exotischen Gefühle, die sie am Juden interessieren, das Ungerade, Andersgeartete seines Wesens und vielleicht noch seine jahrtausendealte religiöse Kultur. Aber ihr Familienleben und die tiefsten Gründe ihrer Seele verstehen sie dennoch nicht und vermögen sie kaum zu ahnen, selten mitzufühlen, geschweige denn restlos auszuschöpfen. Endlich ist zu unterscheiden zwischen den jüdischen Ghettodichtern, die noch heute im polnisch-galizischen Ghetto leben und das, was sie zu sagen haben, in keiner anderen als nur in der Jargonsprache sagen können, und zwischen den anderen jüdischen Ghettodichtern, die in deutschen, französischen, englischen, amerikanischen Städten leben und deren Schriftsprache die ihres Gastlandes ist. Sie kommen zwar aus dem Ghetto, haben sich aber längst von dem Ghetto emanzipiert und ihren Gastländern und deren Kultur assimiliert. Sie haben die notwendige Distanz zum Ghetto. Das sind die Typen, die seelisch und geistig zwischen Ghetto und Kultur stehen und eine Reform ihres Volkes erstreben, wie z. B, Zangwill, Fromer, Pinski u. a. Aber sie alle holen ihre eigentliche Kraft und Stärke doch aus jenen dumpfen Gassen und Winkeln, wo sie ihr Volk in Elend und Knechtung, auf eine bessere Zukunft hoffend, ein über alle Begriffe schmerzensreiches Leben führen sehen.
Alle diese Dichter sind die echten Söhne Ahasvers, jenes ewigen Juden, der, mit allen Gebrechen, aber auch mit aller Weisheit und Würde des Alters, nimmer den Tod wird finden können in der Assimilation an andere Völker. Nicht zuletzt beweist dies auch seine Literatur.