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In der Nacht vom 7. zum 8. Oktober 1893 sind zwei Treiben zu verzeichnen, eines in Emmering, das andere in Miesbach. Lediglich das letztere spielt in der Geschichte des Brauches eine Rolle. Es bedeutet einen Gewaltakt: Die Haberer wußten aus der mündlichen Überlieferung mit Stolz von den Tagen der Macht zu erzählen, da man – in den vierziger Jahren – sich in Haufen nach Rosenheim wagte, um den Halbstädtischen die Meinung des Bauern zu sagen, da man die Landrichter von Miesbach und Aibling an ihren Gerichtssitzen aufsuchte und unter dem nachdrücklichen Donner der Gewehre sieghaft aller Polizeigewalt spottete, nicht als Rebellen – als Herren über den Bezirk.
Der Daxer von Wall hat das Miesbacher Treiben und damit den Zusammenbruch der Haberer verschuldet. Er kannte die imponierenden Wagnisse der alten Haberer aus der Überlieferung und es war sein Lieblingswunsch, diese romantische Zeit wieder heraufzubeschwören: ein Treiben im gutbevölkerten Markte Miesbach, unter den Augen der zahlreichen Behörden, an denen er allerlei Begebnisse wegen sein Mütchen zu kühlen hatte.
Des Daxers älterer Bruder besaß in Festenbach bei Tegernsee eine Holzsäge. An diesem vor Überraschungen geschützten Ort wurden von Zeit zu Zeit die großen Pläne der Haberer beraten.
Am 23. September nachts hatten sich Vertrauensmänner der Haberer an der Schusterbauernkapelle bei Festenbach eingefunden, um Zeit und Ort eines neuen Treibens zu bestimmen. Der Bauer Johann Georg Roboger von Festenbach hatte zu dieser Versammlung bestimmte Direktiven vom Daxer erhalten: unter allen Umständen ein Treiben in Miesbach zu verlangen. Der Roboger gewann auch sofort Freunde für diese Idee, aber zwei der Vertrauensmänner verlangten nachdrücklich für den 30. September ein Treiben in Finsterwall. Es ging infolgedessen sehr hitzig zu und kam sogar zu einer regelrechten Spaltung der Haberer.
Die Mehrheit proklamierte das Miesbacher Treiben mit der Begründung, daß es sich hier um eine großartige Manifestation des Haberertums gegen die auf Beseitigung des Brauches gerichteten Bestrebungen der geistlichen und weltlichen Behörden handle. Wenn nun kurz vorher in Finsterwall ein großes Treiben stattfinde, so würde das Miesbacher nicht mehr den gewünschten Eindruck hervorbringen. Und außerdem müsse man damit rechnen, daß die Haberer des Gaus unmöglich bereits acht Tage nach einem Treiben zu neuen und besonders großen und gefährlichen Strapazen, wie sie in Miesbach zu erwarten wären, Lust fänden – daß also statt einer mächtigen Kundgebung ein laues Rumoren zu erwarten sei.
Die beiden Parteien konnten sich nicht einigen. Da zu der nächtlichen Versammlung das übliche Faß Bier nicht fehlte, erregten sich die Gemüter zu sehr, um das Interesse an einem gemeinsamen Vorgehen wahren zu können und so beschloß die eine Partei für den 30. September ein Treiben in Finsterwall, die andere für den 7. Oktober das Miesbacher Treiben.
Die Daxerleute, insbesondere der Roboger, der Ranhardtbauer und der Schinabeck von Festenbach agitierten bei ihren Freunden gegen die Teilnahme am Finsterwaller Treiben und es ereignete sich der merkwürdige Fall, daß der Ranhardtbauer und der Schinabeck am 30. September in Finsterwall erschienen und ostentativ durch ihre Nichtteilnahme am Treiben ihre Mißbilligung kundgaben.
Die Finsterwaller rächten sich und agitierten nun gegen das Treiben in Miesbach, indem sie die große Gefahr betonten, die damit für die Sache der Haberer heraufbeschworen werde.
Aber die Daxerpartei siegte.
In der Säge seines Bruders konnte der Daxer bei einer heimlichen Nachtsitzung triumphierend melden: das Miesbacher Treiben kommt pünktlich zustande. Die Verse wurden geschmiedet; der Daxer war der Dichter, der Ranhardtbauer, der Schinabeck und der Roboger die Stofflieferanten.
Der Inhalt der sämtlichen recht bedenklichen Anklagen dieser Habererverse war völlig aus der Luft gesogen. Man stellte späterhin genaue Recherchen an, um die moralische Grundlage des Treibens zu untersuchen; das Resultat war, daß gemeine Charaktere hier wie bei vielen anderen Treiben lediglich mit eklatanten Verleumdungen arbeiteten, ohne sich eine Kontrolle der Gerüchte aufzuerlegen. Es galt, Feinden beizukommen und im Notfalle aus der Lüge eine Waffe zu schmieden.
Kein Treiben konnte so das moralische Ansehen der Haberer schmälern wie gerade das Miesbacher. Wenn auch die Öffentlichkeit zunächst sich auf die Seite der Haberer stellte, als der Staatsanwalt mit Verhaftungen begann, so schlug die Sympathie, die man dem alten Volksbrauche entgegenbrachte, doch sehr bald ins Gegenteil um, als die schäbige Moral der bäuerlichen Rügerichter offenbar wurde.
Die Miesbacher Haberer wurden am Nachmittag vor ihrem großen Treiben verraten. Es ist möglich, daß bei dem geringeren Grad von Verschwiegenheit, der allmählich in den Reihen der Haberer eingetreten war und bei der wahllosen Aufnahme von Mitläufern Gerüchte zu Unbeteiligten drangen; es ist aber auch möglich, daß der Verrat aus den Kreisen der Haberer kam, unter denen manche kopfschüttelnd das Material ansahen, aus dem sich die Rügerichter zusammensetzten und unter denen viele nur mehr aus Zwang und Furcht vor den gefährlichen Elementen an der Spitze des sog. »Bundes« mittaten.
Ein anonymer Brief lief am 7. Oktober nachmittags im Bezirksamt ein, der für den Abend ein Treiben von 800 bis 1000 Teilnehmern auf dem Postanger ankündigte. Alle Anzeichen sprachen ausnahmsweise für die Ehrlichkeit des Briefes und das Bezirksamt zog sofort die verfügbare Polizeimacht durch telegraphischen Befehl zusammen: von Schliersee, Hammer, Hundham, Schaftlach, Gmund und Holzkirchen. Die ganze Mannschaft zählte allerdings nur 17 Mann, aber man konnte von ihrer Erfahrung wie von ihrer Erbitterung Taten voraussetzen. Der Postanger wurde provisorisch mit elektrischen Lichtanlagen versehen und die Gendarmen verbargen sich im Bezirksamtsgebäude, von dem aus der Postanger in einigen Minuten erreicht werden konnte.
Nach Einbruch der Dämmerung wurden Schleichpatrouillen ausgesandt, die wohl kein auffallendes Zusammenströmen von Menschen bemerkten, indessen die Türe der Pfarrkirche bereits verrammelt fanden.
Die Dunkelheit trat ein und plötzlich hörte man aus weiter Ferne Gewehrschüsse und die Detonationen von Böllersignalen. Um 12½ Uhr rückten die Haberer an; sie hatten sich aber für einen anderen als den angezeigten Platz entschlossen und man sah auf der westlich von Schlierach liegenden, ungefähr einen Kilometer vom Bezirksamt entfernten steilen Höhe ein auffallendes Bewegen von Lichtern und plötzlich donnerten Hunderte von Schüssen und ein regelrechtes Feuerwerk wurde abgebrannt, wie es bereits seit langen Jahren zur Erhöhung des festlichen Spaßes üblich war.
Die Gendarmerie hatte einen schwierigen Marsch auszuführen: im Laufschritt durch den Markt und über die Brücke und dann in dem zur Villa des Geheimrats von Rothmund gehörigen sehr unwegsamen Graben aufwärts, um von der Höhe aus den Haberern in die Flanke zu fallen. Die Mannschaft geriet indessen durch die Dunkelheit wie durch das steile Terrain bald auseinander. Bezirksamtmann Riezler, der seine Leute selbst anführte, hatte plötzlich nur mehr zehn Mann zum Angriff und noch war der steile Hang nicht völlig erklommen, als aus der totalen Dunkelheit ein Vorposten der Haberer sein »Zurück!« schrie.
Der Bezirksamtmann forderte den Unbekannten im Namen des Gesetzes zum Rückzug auf – da fiel ein Schuß. Augenblicklich erwiderten die elf Angreifer den Schuß in der Richtung des Pulverblitzes, ohne indessen jemand zu treffen. Nun feuerte eine Anzahl Haberer von der Höhe herab – die Gendarmen gaben sofort Antwort, aber die absolute Dunkelheit gestattete beiden Parteien kein sicheres Ziel. Dagegen war der Schuß des Vorpostens, der den Kampf eröffnet hatte, nicht ohne Wirkung geblieben; er hatte augenscheinlich dem Bezirksamtmann gegolten, traf aber den neben diesem marschierenden Gendarmen Würdinger und verletzte ihn an den Hoden. Gleichwohl kletterte der Verwundete noch weiter und beteiligte sich am Gewehrfeuer, bis der Schmerz und der Blutverlust ihn zum Zurückbleiben zwangen.
Die Angreifer hatten den Hügel fast erklommen, als sich aus dem Lichtkreis des Haberfeldortes etwa zehn Mann näherten und Halt befahlen. Den Befehl des Bezirksamtmannes, die Waffen abzulegen und zurückzugehen, beantworteten sie nach einer kurzen Pause mit einem schweigenden Rückzug. Da sie weder die Gewehre aufgezogen hatten, noch sonst eine gefährliche Stellung einnahmen, verhielt sich auch die Gendarmerie abwartend, umso mehr, als sie zunächst auf ihre Nachzügler zur Verstärkung zu warten hatte. Eine neuerliche Eröffnung des Kampfes wäre keinesfalls ratsam gewesen, nachdem die zehn sichtbaren Haberer zum allermindesten eine zehnfach größere Anzahl von gut bewaffneten Leuten hinter sich hatten. Ebenso wenig war natürlich an eine Gefangennahme zu denken; und auch die Verfolgung war von vorneherein aussichtlos, nachdem die Dunkelheit ein rasches Vordringen nicht gestattete. Überdies konnte man dem nach Südosten abziehenden großen Haufen nur mit Vorsicht folgen, mußte lediglich sein Auseinandergehen beachten und dann vielleicht einem schwachen Trupp nachgehen, der nach den fortwährenden Spaltungen des Haupttrupps verbleiben würde und vielleicht überwältigt werden könnte. Aber die große Dunkelheit vereitelte auch das, und die Haberer waren bald dank ihres außerordentlichen Ortssinnes spurlos in den Wäldern verschwunden.
Die Gendarmen mußten unverrichteter Dinge wieder abziehen und nahmen auf dem Rückzug ihren schwerverletzten Kameraden mit, den nur eine rasche operative Entmannung vom Tode rettete.
Es stellte sich heraus, daß auch auf Seiten der Haberer ein Mann verwundet war; die Inwohner eines nahen Bauernhofes beobachteten, wie ein größerer Trupp unter lautem Fluchen und Schreien »einen großen Pack« trugen – den Bauernsohn Josef Hatzl von Hohenlehen, Gemeinde Wies, der am Oberschenkel getroffen war. Er wurde alsbald ermittelt und behauptete, des Nachts Kartoffeldieben auf seinen Feldern nachgegangen zu sein, die dann auf ihn geschossen hätten. Daß er später wieder behauptete, dem Haberfeldtreiben zugeschaut zu haben und dabei von einem der Treiber angeschossen worden zu sein, machte ihn allerdings verdächtig – aber gleichwohl hieß ihn das non liquet freisprechen.
Das in München erscheinende »Bayrische Vaterland« konnte sich damals eine gehässige Anrempelung der Justiz nicht ersparen. »Vom letzten Haberfeldtreiben«, schrieb es, »will man schon einen erwischt haben. Man eruierte nämlich ›eine Persönlichkeit‹, die durch einen Schuß am Bein verletzt ist und nun natürlich ein Haberer sein muß! Ein anderer Mensch kann durch keinen Schuß am Bein verletzt werden. Es sollen noch weitere der Teilnahme Verdächtige verwundet sein. Schon möglich, wenn die Gendarmen so heldenmütig hinter den Abziehenden hergeschossen haben.«
Hatzls Verschwiegenheit vor den Richtern fand den Dank der Haberer, die in großer Angst den Verlauf des Prozesses verfolgten. Denn gerade von Hatzl konnte man Verrat erwarten, Verrat aus Rache. Als der junge Mensch nämlich auf dem Haberfeld unter der Kugel zusammengebrochen war, hatte einer der Rädelsführer, der Ranhardtbauer von Festenbach, den grausamen Rat gegeben: »Schießt ihn gleich ganz tot, dann sagt er nichts mehr aus!« Zu seinem Glück hatte Hatzl intime Kameraden in der Nähe, die für ihn eintraten und ihn schließlich – trotz der Gefahr, durch den beschwerlichen Transport den Gendarmen in die Hände zu fallen – nach seinem Hofe schleppten. Die Haberer atmeten auf, als der Bursch hartnäckig leugnete und schließlich freigesprochen wurde. Und der Daxer von Wall sammelte augenblicklich »Schmerzensgeld« für den Standhaften, dreihundert Mark, von denen der Bürgermeister von Wall ein Drittel gespendet hatte.
(Aber der Staatsanwalt fing sich den jungen Burschen gelegentlich wieder vor und das Gericht verurteilte ihn zu eineinhalb Jahren Gefängnis. »Wär' ich nur gleich tot geblieben!« sagte Hatzl, als man ihm den Richterspruch verkündete.)
Der anfängliche Freispruch verdarb viel von den Aussichten auf Ergreifung der Haberer. Die Recherchen erstreckten sich zunächst auf Burschen, die in der fraglichen Nacht nicht in ihrem Wohnsitze geweilt hattenVielfach gaben die Burschen als Grund ihrer Abwesenheit das »Fensterln« an und mit einem gewissen Heroismus gestanden die darum befragten Mädchen, den und den Burschen »in der Kammer« gehabt zu haben – selbst wenn das nicht der Fall war. und kein genügendes Alibi nachweisen konnten; gegen die die im Laufe des langen Krieges gegen die Haberer sachkundig gewordenen Gendarmen triftigen Verdacht, aber keine direkten Beweise hatten. Man nahm also eine ganze Anzahl von Verhaftungen vor. Das machte den Haberern wieder Angst. Und da es in einigen Fällen gelang, Geständnisse zu erzielen oder Verstockte zu überführen, so verschwand allmählich doch die Sicherheit, in der sich die Haberer fühlten und das plötzliche Auswandern junger Leute (nach der Schweiz und nach Amerika) gab für die Recherchen wieder mancherlei Anhaltspunkte.
Und außerdem spielte der Verrat seine vernichtende Rolle.
Überführte gestanden endlich und gaben Namen von Mitläufern an und anonyme Briefe – die man nun doch beachten mußte – gaben neues Material. Bereits waren die Rädelsführer genau bekannt, aber man ließ sie vorläufig ungeschoren, bis die Beweise völlig erbracht waren.
Eine lustige Episode ist aus den vielen Vernehmungen zu verzeichnen: der Maurus, »Posthalterschorschl« von Lenggries, der als der Teilnahme verdächtig eingezogen war, wurde eine Reihe von Wochen hindurch jeden Samstag vor den Untersuchungsrichter geführt, der ihm die stereotype Frage vorlegte:
»Sind Sie dabei gewesen?«
»Na!«
»Wirklich net?«
»Gewiß net!«
»Dann geht halt der Maurus wieder in seine Zelle!«
Und der Maurus wurde wieder abgeführt.
Nach siebenwöchiger Untersuchungshaft wurde dem Maurus die Geschichte unbehaglich. Als der Untersuchungsrichter wieder gemütlich begann: »Dann geht halt der Maurus –«, da fiel der Lenggrieser ein: »Na, na! Sie kunntn jedn Samstag sagn: Dann geht halt der Maurus wieder in seine Zelle! Der Maurus möcht' aber wieder nach Lenggrias!«
»Ja, wenn der Maurus gesteht, kommt er sofort auf freien Fuß!«
»Freilih bin ih dabeigwesn!« schrie der Maurus . . .
Die Geständnisse brachten bald eine Reihe neuer Details über den Hergang des Treibens:
Die Haberer hatten einen außerordentlich gut organisierten Spionendienst eingerichtet und erfuhren frühzeitig, daß 17 Gendarmen im Bezirksamtsgebäude kampfbereit lagen. Nur war ihnen, als sie die Kirchentüren verrammelten, unbekannt geblieben, daß bereits der Pfarrer Strähuber mit dem Meßner und zwei Miesbacher Bürgern in der Kirche sich eingeschlossen hatten, um auf jeden Fall Sturm zu läuten. Allerdings mußte es für die Eingeschlossenen sehr unbehaglich sein, als des Abends unsichtbare Hände mit Steinen und Holz die Türen verbarrikadierten . . .
Im Stoibstadel – in der Nähe des Marktes – hatte ein Bauernsohn aus Baum Bierfässer verschiedener Brauereien aufgespeichert und in diese Bier umgefüllt, um ja durch die Brandzeichen der Fässer die Herkunft des Bieres und also die Begünstigung durch irgendeinen Wirt nicht zu verraten. Bei diesem Stadel fanden sich die sämtlichen Teilnehmer vor dem Treiben ein und an drei Stellen wurde Bier in Menge verzapft – zur Ermunterung und zur Belohnung für den weiten Weg.
Der Ranhardtbauer hielt bei dieser Gelegenheit eine Ansprache an die Versammelten und verpflichtete sie zu einem Schwur, dessen Wortlaut nicht bekannt wurde, dessen Tendenz indessen die war: »der nächstbeste dürfe den niederschießen, der etwas verrät . . .«
Eine ganz merkwürdige Neuerung in dem Brauche ist aus der Tatsache zu erkennen, daß die heranziehenden Haberer eine ganze Anzahl von Taglöhnern usw., die sie auf dem Wege trafen, zur Teilnahme an dem Treiben aufforderten und mitnahmen. Damit fällt die These von Ernst und Würde der bäuerlichen Rügerichter.
Eine Neuerung oder besser gesagt: eine unerhörte Begleiterscheinung des Treibens bestand auch darin, daß die Haberer während des »Aufkrewellens« den Markt scharf beschossen und die Neugierigen, so ferne sie auch der Vorpostenlinie standen, mit Schüssen zurücktrieben.
Es gab also außer den Haberern keine eigentlichen Zeugen des Treibens, die über den Inhalt der Rügverse hätten berichten können. Damit wäre der Brauch zu einem Krawall herabgesunken, da die Grundidee, die öffentliche Rüge, wegfiel. Aber der Daxer hatte ja einen willfährigen Buchdrucker und pflegte mit den Vers-»Plakaten« einen ausgedehnten Handel zu treiben. Und während man sonst direkt nach den Treiben die Drucke gratis verteilte, umherwarf und da und dort an Häusern und Scheunen anheftete, so ließ hier der Daxer die Verse nach dem Treiben in Druck gehen, nachdem er noch etliche fünf Strophen beigefügt und speziell dem Bezirksamtmann seinen Hohn in Versen ausgedrückt hatte.
Nach tausenden sind diese Miesbacher Habererplakate verkauft worden, en gros und en detail, noch zu einer Zeit, da bereits das Netz völlig fertig war, in dem die Haberer sich fangen sollten.