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Das vierundzwanzigste Kapitel

Mit schönen Kindbettgeschenken und Gratulationen von allen Seiten her; ist aber nicht lang

 

Am anderen Morgen aber grüßte der Collektor den Guardian mit herzlichen Mienen und der Guardian dankte liebreich. Sie hatten beide das gelehrte Stiergefecht (wenn es nicht anders ein böser Traum, ein böser Nachtspuk gewesen war) völlig vergessen und gewannen in der brüderlichen Luft des Ordenshauses die alte schöne Eintracht wieder. Auch stellte sich heraus, daß sie beide aus unbekannten Ursachen an Kopfschmerzen litten und daß eine gütige Vorsehung sie zu einem sauren Frühstück ins Bürgermeisterhaus geladen hatte.

Sie folgten demütig dem Rufe.

Der Herr Vater war noch nicht sichtbar, aber er kämpfte bereits mit seiner Halsbinde, die diesen Morgen nur schwer in Schleifenform zu bringen war. Doch empfing er nebenbei die Meldungen des Tages, vom Hausknecht die Nachricht, daß der Nürnberger Bote in Sicht sei, von der Kuchelmagd, daß der Frau Rentmeisterin Kuchelmagd einen schönen Gruß von der Frau Rentmeisterin an die Frau Kindbetterin überbracht habe, von der Aufwärterin, daß die beiden hochwürdigen Herren Patres angekommen seien, und von der Hebammin, daß sich Frau Anna recht wohl befinde.

Und da gab die Halsbinde ihren bösen Kampf auf und ließ sich zierlich unter des Herrn Bürgermeisters Kinn schürzen.

Und dann ging der treffliche Mann zuerst zu seiner Frau und führte das Beginnen aus, das ihm den Abend zuvor ein plötzlicher Schlaf gehemmt hatte: er zeigte ihr den wunderbaren Filianzbrief. Wenn er auch an diesem Morgen seiner Rührung zu gebieten wußte und den Schatz nicht mehr mit Tränen überrieselte, so malte er ihr doch in würdigen Farben aus, daß sie nun die geistige Tochter eines seraphinischen Patriarchen sei und (gleich ihm, dem Mitbeglückten) seine seraphinischen Söhne zu Brüdern habe.

So machte er sie zur reichsten Kindbetterin auf der ganzen Erde.

Und dann gab er zum hohen geistigen Geschenk das geringe weltliche und bat sie, aus den Musterbüchern seines Augsburger Geschäftsfreundes das Teuerste auszuwählen für ihren Sonntagsstaat. (Die hochgünstige Leserin, so dieses Buch die Gnade fraulicher Augen findet, weiß genau, auf welcher Seite Herr Hansjakob von dreimal in Seide kleiden sprach, Seite soundsoviel und Zeile soundsoviel, da von starker Sehnsucht nach einem Erben die Rede war.)

Und so machte Herr Hansjakob seine Frau abermals zur beglücktesten Kindbetterin im Lande Bayern.

Und die Frau Mutter gab plötzlich den unschätzbaren Filianzbrief aus der Hand, griff nach den Mustern und wählte.

Und dachte unterm Wählen mit Schwermut an den Tag, an dem der Schneider kommen und das Maß nehmen würde, noch schwermütiger an die frohen Stunden, in denen sie das erstemal in der Kirche mit den neuen Kleidern Gott ehren und die gnädige Frau Rentmeisterin mit der Stielbrille beschäftigen könnte.

Herr Hansjakob aber sah mit einem philosophischen Lächeln auf sie nieder, weitete seine Brust in Gönnerfreude und tat ein paar Schritte aus und ab, mit den besten Attitüden eines kleinen dicken stelzenden Pfaues, der dem Pfauenweibchen lässig die Gelegenheit der Bewunderung schenkt.

Und dann ging er zu den Patres und zum saueren Frühstück.

Über das aber hierorts keine wichtigen Umstände und Ereignisse zu vermerken sind.

*

Und dem kleinen Pankraz Corleone Hansjakob ging es gut.

*

Und die ersten neun Kindbettage waren glücklich vorübergegangen und Frau Anna konnte die Besuche der Anverwandten, Freundinnen und Nachbarinnen empfangen.

Es können jedoch die hiebei gesprochenen Worte nicht in ihrem ganzen Umfange aufgezeichnet werden.

Bemerkt sei aber, daß Frau Anna ihre Wahl aus den Augsburger Musterbüchern verschiedene Male änderte und daß über die neueste Mode erschöpfende Urteile gefällt wurden. Es ergab sich auch die Notwendigkeit, daß die Schneiderin nach Regensburg reisen mußte, das von alters her die Metropole der deutschen und der ausländischen Mode zu nennen ist.

Und die Schneiderin erfüllte ihre Mission.

*

Und dem kleinen Pankraz Corleone Hansjakob ging es gleichwohl andauernd gut. Infolgedessen lebte die Frau Hebammin Rosina wie der Vogel im Hanfsamen.

*

Und von weit und breit sandten befreundete Patres eine Menge Geschenke.

Der fromme Nonnenbeichtvater zu Zusmarshausen, der Pater Perorigius, schickte der Frau Mutter einen Rosenkranz mit dem bitteren Leiden und Sterben Jesu Christi. Die Ringel an dem Rosenkranz waren alle aus Lebkuchenteig gemacht, das Kreuz, der Glaube und das Leben und Sterben daran so mit Zucker kandiert, daß sie im Munde schmolzen; die Untermarken waren von eingesottenen Früchten gemacht.

Dieser Rosenkranz beförderte die Andacht der Frau Mutter ungemein; sie gab ihn erst aus der Hand, als die Schnur kahl gebetet war.

Der Pater Präsident im Nonnenabteikloster zu Neuburg schickte eine Geißel und einen Bußgürtel aus schönstem Konfekt, so niedlich und nach der Natur gearbeitet, daß es einem fast weh tat, davon zu essen. Aber Frau Anna Pentenriederin überwand diesen Schmerz und aß Geißel und Bußgürtel auf.

Ein guter alter Freund der frommen Hebammin Rosina schickte durch diese Matrone ein geweihtes Kissen, gefüllt mit Hunderten von kostbaren Amuletten, welches besonders für den jungen Pankraz bestimmt war, sohin auch deswegen einen besonderen Wert erhielt. Er legte einen Brief dazu, wie er länger und frömmer noch von keinem Menschen zuvor geschrieben worden ist. Wir sind nicht würdig, die kostbaren Zeilen anzubieten. Der Brief war übrigens sehr beschmutzt, wie wir aber glauben nur vom häufigen Küssen der Frau Hebammin.

Und der Pater Indulgentius sandte der Frau Mutter Unschätzbares, wie wir aus seinem Begleitbrief erfahren (dessen schönes und lauteres Gold wir abermals nicht durch den Druck zu schänden wagen).

Wir müssen auch noch das eine geistliche Geburtsgeschenk anführen: der Herr Vater Hansjakob erhielt eine ehrende Einladung zum Klosterschmaus.

Es versteht sich von selbst und es ist als billig anzusehen, daß er nicht gewissermaßen zum Raube auszog an die Tafel der armen Ordensbrüder. Er belastete tags zuvor den Hausknecht, die Kuchelmagd und zwei andere Untertanen mit einigem wenigen für das Kloster und stieß mit seinen Geschenken nicht an. Es hielt im Gegenteil der Pater Concionator während der Tischzeit im Refektorium eine wunderschöne lateinische Rede über den Wert, die Würde und die Wahrheit der heiligen Vaterschaft und die Ordensdichter lasen ihre neuesten Lobgesänge auf die Spannader des Heiligen Geistes und auf das Präputium unseres Herrn, das zu Rom aufbewahrt wird, auch ein horazisch-katholisches Geburtstagsgedicht von angenehm weltlicher Fassung.

Und häufig wurde auf die Gesundheit des Herrn Vaters getrunken und man tat es so ungemein gerne, daß der fromme Wunsch auflohte, das fromme Fest möge sich aus noch vielen gleichen freudigen Anlässen viele Male wiederholen.

Der Pater Guardian ließ den Herrn Vater noch besonders hoch und in besonderen lateinischen Tönen leben und schloß mit einem » floreat, vivat, vigeat semen ejus longaevum in saecula saeculorum.«

Und dreimal rief der Chor der frommen Väter Amen.

 


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