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N – M. den 10 Sept. 1781.
Wunder meynte ich, was ich mit meinen Heften für Ehre bey Ihnen einlegen würde. Und so ernstlich Sie mir sagen, daß ich Ihnen ein angenehmes Geschenk damit gemacht habe, so traue ich Ihnen doch nur halb. Ich weiß nicht, auf was für seltsame Betrachtungen Sie entweder eine Anwandlung von Milzsucht, oder, (vergeben Sie mir meine Freymüthigkeit) ein überspanntes Nachdenken, oder gar übertriebene Menschenliebe, verführt hat. Also glauben Sie im Ernst, die Invectiven wider die Mönche könnten gerad entgegengesetzte Wirkung thun; könnten erst zärtliches Mitleiden mit diesen gekränkten Menschenkindern auch in den Herzen solcher, die ihnen vorher lieber zu Grabe gesungen hätten, rege machen; könnten könnten ihre Freunde und Vertheidiger, an denen es doch gewiß gar nicht fehlt, so sehr Alles wider sie aufgebracht zu seyn scheint, erst erhitzen, sich ihrer desto eifriger anzunehmen? Vielleicht hoffen oder sorgen Sie gar, (denn ich gestehe, daß ich mich in den Zusammenhang Ihrer Gedanken nicht recht zu finden weiß) bey diesen guten Kreuzbrüdern möchte in die Erfüllung gehen, was jenes Sinnbild ausweißt: Ein Lutherischer Prediger, dem seine Kirchkinder, aus was für Ursache, ist mir unbekannt, ein wenig unsanft zu Leibe gegangen waren, gab ihnen zum Trotz, cum permissu Superiorum, eine kleine Sammlung von Homilien heraus. Die Vorrede dazu, in der er weinerlich genug gethan hatte, beschloß er siegreich mit einer Vignette, die eine Buchdruckerpresse vorstellte, mit der Innschrift:
Auf diesen harten Druck
Folgt der Buchstaben Schmuck.
Meynen Sie nicht, daß das hieher passe, so verzogene Gesichter unsre Schöngeister über diese Erfindung und Poesie machen mögen? Mir wenigstens gefällt beydes, so sehr es nach der alten Welt riecht, und ich wollte es wirklich den lieben Leuten im Chorrock und der Kutte, wenn ihnen die Zeichen dieser Zeit den Angstschweiß auspressen, zur andächtigen Beherzigung angelegentlichst empfehlen. Wer weiß, was ihre Drangsaalen, wenn sie aufs höchste gestiegen sind, noch für ein glorreiches Ende nehmen? Es ist noch nicht aller Tage Abend, denkt ohne Zweifel gegenwärtig mancher Exjesuite. Wollen sich diese das Leben noch nicht absprechen lassen, die Ganganelli doch schon vor 8 Jahren unwiederruflich zum Tode verurtheilt, und seine Sentenz exequirt hat: wie wenig darf es denen, wenn man der Sache auf den Grund steht, im Ernst bange seyn, mit denen es doch noch lange nicht so weit, als mit den Vätern der Gesellschaft Jesu, gekommen ist. Sie mögen es also im Ernst meynen oder nicht, Freund, was Sie mir schreiben; Ihre Ausdrücke mögen Zierereyen, oder sonst etwas seyn, das Sie selbst nicht wissen; Ihr Unwille darüber, daß gegenwärtig in den Studierstuben der Gelehrten, und in den Buchläden alles von Schriften über die Geistlichkeit in der römischen Kirche wimmelt, mag Quellen haben, welche er will, das gehört, wenn Sie mirs nicht übel nehmen wollen, alles nicht zur Sache. Die Frage ist: hat der Verfasser der Briefe über das Mönchswesen, über den Cölibat der Geistlichen in der katholischen Kirche, u. s. w. er mag nun zu dieser oder jener Kirche gehören, und wenn er ein Beschnittener wäre; er mag lautere oder unlautere Absichten haben, und er mag sie erreichen, oder nicht – hat, sage ich, dieser Schriftsteller, Gründe, oder ist, was er sagt, aus der Luft gegriffen? Fertigt er seine Leser mit leichten Räsonnements ab; oder ist es ihm um Gründlichkeit zu thun? Führt er Thatsachen an, oder sind seine Histörchen Erdichtungen, denen es wenigstens nicht an Wahrscheinlichkeit fehlt, und wozu man wohl gar die Gruppen hie und da antrift, und sie nur zusammensetzen darf, um sehr wohlgetroffene Schilderungen zu haben? Nun so beruhigen Sie sich mit dem Gedanken: Wahrheit kann niemal schaden; vielmehr kann sie denen, denen sie in ihren Busen geschoben wird, sehr heilsam seyn. Was kann ich dafür, daß so vieles wahr ist? – Was kann ich dafür, daß, wenn ich Sie nur in den Harnisch bringen möchte, ich Sie mit Begebenheiten aus der Chronique scandaleuse unsrer Geistlichkeit ganze Tage bedienen könnte, von denen ich theils einen Augenzeugen abgegeben habe, theils, weil nicht alles Unerbauliche von dieser Art Augenzeugen leiden mag, es dennoch so tüchtig erwiesen würde, als immer etwas zu erweisen ist. Ich fordere bey allem dem, was ich Ihnen hier schreibe, nicht, daß Sie nur das mindeste von der Hochachtung und Ehrerbietung gegen den geistlichen Stand fahren lassen. Betrachten Sie immer diese Leute als Diener der Religion, als Haushalter über Gottes Geheimnisse, benutzen Sie ihr Amt zum Heil Ihrer Seele, haben Sie Geduld mit Ihren Gebrechen, wie Sie bisher gethan haben; muthen Sie mir nur nicht zu, sie für mehr zu halten, als Sie sind, das, was ich an andern verabscheuen muß, an ihnen zu verehren, und so an Tugend und Rechtschaffenheit ein Verräther zu werden. Da sey Gott für, daß Sie sich Ihre Menschenliebe so weit irre führen ließen, dergleichen Forderungen an mich zu thun. Meinetwegen füllen Sie die Bettelsäcke der Terminanten die Woche zweymal bis oben an; darinn mag Ihre wohlthätige Liebe sich weidlich üben. Nur sehen Sie zu, daß Sie nicht ungerecht gegen andere Nothleidende handeln, die keine Kutten tragen, und ihre Familie hintansetzen, die die erste Ansprache an Ihr gutes Herz hat. Antworten Sie mir bald.
Ich bin etc.