Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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IX.

Antwort auf den vorhergehenden.

Yoriks empfindsame Reisen sind alle zusammen nicht so reich an Begebenheiten, als Ihre einzige Reise, womit Sie mich an dem Ende Ihres letzten Briefs unterhalten haben. Daß doch Sie und Lutheraner, besonders Geistliche, so fleißig zusammen kommen – und daß sich Dinge bey diesen Zusammenkünften zutragen müssen, aus denen Sie wider die Mönche Pfeile schnizen können. Sie haben mich mit Ihren Anekdoten für meine Klagen über den in den Mönchsbriefen herrschenden Mißbrauch der Bibel wohl bezahlt. Daß man fluchen, und auf abergläubische Weise verlohrne Sachen wieder finden därfe, ist aus der Schrift gründlich bewiesen. So ließe sich freylich alles beweisen. Nicht wahr, Sie meinen Wunder, wie viel Sie durch Anführung dieser zwo Passagen über mich gewonnen haben? Doch wollte ich rathen, sich auf diesen Sieg nicht zu viel zu gut zu thun. Sie wissen noch nicht, wie viel ich noch im Hinterhalt habe. Fürchten Sie sich, und glauben zuverläßig, daß ich mich noch nicht zurück ziehen werde. Die Sache der Mönche ist noch nicht verspielt, so weit es mit ihnen gekommen zu seyn scheint; und wenn ich einer von dieser ehrwürdigen Gesellschaft wäre, so würden mir die Aussichten in die Zukunft, so fürchterlich sie sind, wenig unruhige Stunden machen. Sie räumen mir doch ein, daß es an wahrhaftig gottseeligen Seelen, bey aller Verderbniß der Sitten, die sich in die Klöster eingeschlichen hat, in diesen heiligen Gebäuden noch nicht fehle? Sogar unter den Protestanten wird das eingestanden. Sollten nun dieserwillen ihre Mitbrüder nicht aufrecht erhalten werden? Sollte das Gebet, das jene gen Himmel schicken, daß Gott darein sehen, und die Feinde dieser in so vielem Betracht so nüzlicher Stiftungen, mit denen die Religion wohl selbst, ehe man sichs versieht, fallen dürfte, beschämen möchte, nicht erhört werden können? Ich weiß schon, was Sie mir entgegen halten werden. Die Gesellschaft Jesu war ein vortrefliches Institut. Das Gebäude war so gut gegründet und befestiget, daß man für seine Dauer auf viele Jahrhunderte hinein, ja bis ans Ende der Welt, hätte gut seyn sollen. Die Verdienste dieses Ordens um die ganze katholische Kirche, um die Aufrechterhaltung des Ansehens des Päbstlichen Stuhls, um die Ausbreitung der Religion, um die Wissenschaften, um den Unterricht der Jugend waren so groß und entschieden, daß sich seine Widersacher noch vor 15 Jahren selbst nicht werden haben einfallen lassen, daß es so bald um ihn geschehen seyn würde. Portugall und Spanien war das Paradies dieser Väter; ihr Einfluß an den Höfen der katholischen Prinzen, bey dem Cardinalscollegio, und bey den Päbsten selbst, so stark, daß ich auf diese Stunde noch nicht begreifen kann, wie sein Ende so plötzlich bewürket worden sey.Sein Ende ... – zu dieser Problematik s. www.welcker-online.de/Links/link_925.html Und doch ist er nun dahin, dieser so reiche, so mächtige, so angesehene, ja angebetete und gefürchtete Orden. Clemens XIII und Torreggiani erschöpften ihren Scharfsinn und Klugheit, ihre List und Macht, ihn nicht nur zu erhalten, sondern ihn auch noch höher zu setzen. Aber alles war vergebens. Clemens XIII zwar erlebte den traurigen Zeitpunkt nicht; aber sein Freund Torreggiani, dem er diese Angelegenheit vor seinem Ende gewiß äusserst dringend empfohlen hatte, konnte den Strom nicht mehr aufhalten, sondern mußte diesen seinen Lieblingsorden mit thränenden Augen ins Grab sehen. Ob Clemens XIV die Hände selbst zur Aufhebung der Gesellschaft geboten, oder ob er durch andere zu diesem Schritt gezwungen worden, das liegt noch im Dunkeln, und es werden viele Jahre dazu gehören, bis man dießfalls Gewißheit haben kann. Genug, der Schluß, den Sie hieraus wider mich ziehen werden, ist der: Hat ein so mächtiger Orden, eine Gesellschaft, mit der keine andere in der katholischen Kirche in Vergleichung kommt, die sich wider ihre Aufhebung mit Anstrengung aller ihrer Kräfte wehrte, die so große Freunde, so viele vermögende Gönner hatte, der man sich von allen Seiten her so kräftig annahm, doch endlich der Gewalt unterliegen müssen, wie wirds den Mönchsorden ergehen, die nicht so viele, und so bedeutende Unterstützung haben, als jene gehabt hat? Wir haben schon einmal hievon in unsern Briefen gesprochen. Aber ich bin getrost bey diesem Schluß. Es ist noch nicht an deme, so nahe es manchem dabey zu seyn scheint. Genug hievon. Zu einer andern Zeit mehreres. Was Sie mir nun hierauf antworten werden, daß weiß ich nicht. Aber das ist gewiß, daß ich, Ihres tödlichen Hasses wider die Mönche ungeachtet, unveränderlich bin etc.


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