Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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XIII. Brief.

Fortsetzung des vorhergehenden.

Wie sie doch die Kunst in einem so hohen Grad besitzen, etwas, wofür Sie einmal eingenommen sind, nur auf der vortheilhaftesten Seite zu zeigen, und die andere weislich zu verbergen! Wenn die Protestanten und Protestantischgesinnte unter den Römischkatholischen es unserer Religion zum Vorwurf machen, daß durch die Klöster und Mönchsorden die Bevölkerung gehindert werde; daß diese Mauren manchen Sohn und Tochter einschließen, die in dem Ehestand dem Staat Kinder würden geliefert haben, so lassen Sie sich diesen Einwurf sogar nicht anfechten, daß Sie ihn vielmehr umkehren, und die Römischkatholischen vor den Lutheranern und Reformirten auch in so fern glücklich preisen, weil jene Gelegenheit haben, eine aus vielen Kindern bestehende Familie durch Bestimmung eines oder mehrerer davon zum geistlichen Stande desto besser zu versorgen. Sie sagen, ehe man z. E. eine Tochter im ledigen Stand veralten lasse, stehe ihr das Kloster offen. Ist aber das allemal auch der Gedenkungsart der Tochter gemäß? Und hat man nicht Beyspiele genug, daß bey vielen Verdruß und Verzweiflung am Ende das Loos gewesen, wenn sie wider ihren Willen den Schleyer haben annehmen müssen? Und nimmt man jede Tochter in das Kloster auf, ohne eine Mitgabe? Mit einem Heurathgut, dergleichen man den Klöstern opfern muß, würde sie auch eine anständige Heurath haben treffen können. In den Nachrichten von Klostersachen, deren ich neulich Meldung gethan habe, kommt eine gar merkwürdige hieher gehörige Geschichte vor. Der reiche Wechsler in D . . hatte auf Zusprechen seines Beichtvaters seine Tochter in einem Frauenkloster erziehen lassen. In diesem Kloster gab man ihr den Nonnenstand sehr süß ein; und da man ihr allerley schöne Sachen, als schöne Bildlein, Ostereyer von den allerschönsten Farben, und mit silbernem Drath überzogen, schöne Christkindlein, und aus Wachs verfertigte schöne Klosterfrauen verehrte, so wurde sie auf einmal vom Himmel erleuchtet, und spürte einen innerlichen Trieb zur Vollkommenheit des Klosterlebens. Hören Sie weiter! Der P. Beichtvater brachte dem Vater der Monica, (so hieß das liebe Kind) diese erfreuliche Nachricht. Er wurde gleich beym Mittagessen behalten, und das erste Präsent waren zwo Büchsen Tobak. Aber auch ins Kloster wurden gleich 2 Kälber, ein paar Duzend Hühner, und eben so viel Bouteillen Wein geschickt. Die fromme Tochter mußte bald hierauf bey der Aebtissinn und dem ganzen Convent um die Aufnahme demüthig anhalten. Vorher aber wollte man doch noch wissen, wie es mit ihrem Vermögen stünde, und wie viel der Vater der Tochter mitzugeben entschlossen sey? Dieser versprach 2000 fl. Die Aebtissinn stutzte, und trug die Bedenklichkeit vor: Sie wüßte noch nicht recht, ob es der göttliche Wille sey, daß Monica ins Kloster gehe. Der Vater aber besann sich, und weil es durch eine obrigkeitliche Verordnung verboten ist, mehr als 2000 fl. ins Kloster zu bringen, versprach er, noch 2000 fl. Als ein geistliches Präsent freywillig darzureichen, auch noch ferner seine Dankbarkeit zu bezeugen. Die Sache wurde nun sogleich richtig, und die Aebtissinn erklärte, daß sie jetzt vom Himmel vollkommen belehrt sey, daß die liebe Monika ganz gewiß einen göttlichen Beruf zum Klosterleben habe. Den Schluß, den ich aus dieser bedenklichen Geschichte ziehe, werden Sie nicht für übereilt halten, daß, wenn ein Protestant einer Tochter 40000 fl. Heurathgut zu geben im Stand ist, er eines Nonnenklosters zur Versorgung seines Kindes ganz bequem entrathen kann. Auf diese Art werden nicht sowohl Kinder versorgt, als Klöster; und ich glaube gern, daß, wenn alle Monathe ein solcher Fang in jedem Kloster, wie bey der Monika, gethan würde, das für einen großen und offenbaren Seegen vom Himmel gelten müßte. Verstehen Sie mich wohl, bey den Ordensgeistlichen für ihr Gotteshaus; den Layen aber, die ihre Kinder geistlich werden lassen, würde man sagen, ihr Geld könne nicht besser und sicherer aufgehoben werden, als auf diese Weise; neben dem, daß jene aus der eiteln, gefährlichen Landstraße der Welt in einen sichern Ort kommen, wo sie keine Verführung mehr anrühren könne; das seye mehr als Gelds werth, und es verlohne sich allerdings, daß ein Vater, der für seiner Kinder wahres Wohl ernstlich sorge, einen Kapitalbrief von etlich tausend Gulden nicht ansehe, den er einem Kloster opfere, da er ja einen Tochtermann bekommen könne, der dieses Geld in kurzem verschwende, hinweg sterbe, und nichts mehr, als eine betrübte Wittwe, und kummervolle Waisen hinterlasse. Ein feiner Anstrich, den man dieser Sache giebt, der aber, leider, nicht Farbe hält! Ich will hierüber nicht länger mit Ihnen disputiren, sondern die Entscheidung der erleuchteten Welt getrost überlassen, ob es an dem sey, daß alle diejenigen, die sich dem Mönchsleben widmen, eben deßwegen besser versorgt seyn, als wenn sie, mit den Ordensgeistlichen zu reden, in der Welt geblieben wären. Nun komme ich auf Ihren in der That sonderbaren Einfall – nehmen Sie mir diesen Ausdruck nicht übel – daß durch die Erbauung so vieler prächtigen Kirchen und Klöster der Nahrungsstand in der katholischen Kirche in Aufnahme komme, und die schönen Künste, z. E. Bildhauer= Maler= und Baukunst geübet, immer höher gebracht, auch die Talente bey den Künstlern und bey jungen Leuten, die sich aucf jene Künste legen, erweckt und erhöht werde, welches alles bey den Protestanten nicht anschlage, der Umlauf des Geldes also in diesen Staaten bey weitem nicht so stark seye, als in den Katholischen. Ich will mich bemühen, Ihnen meine Gedanken hierüber kurz zu eröfnen. Sie sagen von einer Kirche, die irgendwo würklich gebaut werde, und 50.000 fl. koste. Das sind kaum die Interessen von dem Capital, das das Kloster besitzt. Dieses und die übrigen Interessen circuliren nicht, sondern werden als ein todter Schatz aufgehoben, und dem jüngsten Tag zu verzehren überlassen. Wie viel armen Leuten könnte man davon beyspringen, jungen angehenden Haushältern unter die Arme greifen, arme Mägden aussteuern, in Zerfall, ohne Schuld, gerathenen Familien wieder aufhelfen, und sonst Dinge damit thun, die mehr Nutzen schafften, als eine noch so schöne Kirche. Ein Crucifix, das etliche Gulden kostet, dergleichen auch die Lutheraner in ihren Kirchen haben, thut eben die Dienste zur Erweckung andächtiger und gottseeliger Gedanken, als eine Malerey auf einem Altarblatt, die oft mit viel 1000 fl. bezahlt werden muß. Das lasse ich mir nicht ausreden. Ich bin kein Feind von unschuldigen Zierrathen in den Gotteshäusern, auch von solchen, bey denen große Künstler ihr Genie zeigen. Aber ich habe doch auch meine Zweifel bey den überhäuften Schönheiten, womit solche heiligen Gebäude mehrmal recht überladen werden. Die Augen gewinnen dabey mehr, als das Herz; und es wäre einmal Zeit, auch in der katholischen Kirche den Pöbel je mehr und mehr von der Sinnlichkeit zu entwöhnen, und ihn auf geistige Gegenstände aufmerksamer zu machen. Was Sie aus dem Vater Tertullian anführen, daran hat dieser gute Mann gewiß nicht gedacht, daß es einmal auf die Mönche, so wie sie jetzt sind, applicirt werden würde. Es wäre schön, wenn die Mönche so wären. Aber sie haben mehr Sorgen, als die Weltleute. Ich will es nicht sagen, worinn?

Leben Sie wohl.


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