Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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IV. Brief.

Antwort auf den vorhergehenden.

Gottlob, daß wir keine Spanier sind; sonst wäre nur ein Schritt zwischen uns beeden und der Ketzerkappe. Ich müßte auf den Scheiterhaufen wandern, daß ich, ohne Erlaubniß und Vorwissen meines Beichtvaters, die verzweifelten Bücher ins Haus gebracht, und Ihnen überschickt habe; und Sie hätten wenigstens das Gefängnis zum Lohne, daß Sie ihrem armen Kind, wiewohl ohne Vorsatz, so ganz wider Willen, die Augen öfnen, und es in dem Entschluß, die Kutte anzulegen, irre zu machen. – Nein, wir athmen freyere Luft in Deutschland. Wenn solche Bücher im heiligen Römischen Reich gedruckt werden därfen, so darf man sie auch darinn lesen; und Trotz sey dem geboten, der wider diesen Schluß etwas einwenden will. Joseph ist ein gut katholischer Christ; und doch ist die Preßfreyheit in seinen Landen, in denen man doch wahrlich dem heiligen Stuhl zu Rom von Herzen beygethan ist, auf einem guten Fuß. Lesen Sie also auch getrost, was man immer von diesen Sachen schreibt. – Prüfet alles, und das Gute behalten, das hat Paulus für uns, wie für die Lutheraner, in die Bibel gesetzt. Fragen Sie Ihren braven Pfarrer, er wird es Ihnen nicht widersprechen, und Ihnen nur ein unparteyisches Nachdenken über alles, was Sie lesen, dringend empfehlen. Die Wahrheit wird durch Widersprüche, sollten sie auch noch so scheinbar und spitzig seyn, eher aufrecht erhalten und bekräftigt, als niedergedrückt. Aber Ihre liebe Frau, und Ihr Xaveri – Nun ich gestehe, das wünschte ich anders zu seyn. Der Hausfriede ist eine Sache, die einem um alles in der Welt nicht feil seyn soll. Doch ist der Karren nicht so verführt, daß nicht noch zu helfen wäre. Ich will Ihnen einen Vorschlag thun. Geben Sie Ihrem leslustigen Jungen, weil er sich einmal in diese Bücher vergaft hat, solche nun erst in die Hand. Sagen Sie ihm, daß es Schriften wären, die bey Leibe nicht von Lutheranern oder Reformirten, sondern von guten Katholiken, und in einem ganz christkatholischem Lande, geschrieben worden seyen; daß sie wohl gar in einem Kloster gebohren worden seyn könnten; versichern Sie ihn, daß, wenn er auch nicht dahinter gekommen wäre, Sie ihm diese Bücher zu seiner Zeit selbst würden gegeben haben; thun Sie nicht, als ob es Ihnen leid wäre, daß es so gegangen sey; und wenn Sie allenfalls sich Ihre Bekümmerniß über diesen Vorfall schon allzusehr hätten anmerken lassen, so sehen Sie, wie Sie wieder einlenken, und das Verderbte gut machen. Wollten Sie zu heftig mit ihm verfahren, so könnte aus Uebel ärger werden. Lassen Sie ihn die Briefe unter Ihren Augen lesen; fragen Sie ihn, wie er dieß und jenes verstehe; geben Sie ihm Erläuterung, wo er sich nicht heraus finden kann. Was gilts, es wird besser gehen, als Sie glauben, und auch Ihre Frau wird die Flüche wieder zurücknehmen, die Sie Ihnen bereits angekündigt hat, daß Ihr guter Xaveri durch Ihre Unvorsichtigkeit an den Rand des Abgrunds geführet worden, wenn er einst von ganzem Herzen sich in das Ordenskleid einhüllen wird. Was Sie übrigens Ihrer lieben Hälfte ausdrücklich zu ihrer Beruhigung sagen sollen? – Ich dächte, Sie sprächen mit Ihr aus dem nämlichen Ton, wie mit dem Sohn; und wenn sie nicht so gelehrig ist, als Sie wünschen, so schweigen Sie; die beste Parthie, die die vernünftigsten Männer ergreifen können. Mit der Zeit giebt sichs auch, und der Xaveri wird ohnehin das meiste zu ihrer Herumholung beytragen, wenn er sich, wie ich nicht zweifle, beeifern wird, ein desto untadelhafterer Ordensgeistlicher zu werden, je wenigere von dieser Art in den Klöstern anzutreffen seyn möchten. Alsdann ist die Freude, die sie an ihm haben kann, desto größer, und sie hat der Kirche ein um so vortreflicheres Opfer gebracht, auf das sie stolz seyn und sich recht viel darauf einbilden darf, einen so würdigen Sohn gebohren zu haben. Ich bin sehr begierig, aus Ihrem nächsten Brief zu vernehmen, daß mein Rath zu Ihrer Freude zu spat gekommen, und daß in Ihrem Hause alles wieder in der besten Ordnung sey. Das würde mir mein Herz auch leichter machen, weil ich doch dieß Feuer, in der Hauptsache, durch Ueberschickung jener Stücke angezündet habe. Noch Eins! Haben Sie Plüers Reise nach Spanien nicht gelesen? Er war Prediger bey der dänischen Gesandschaft. Nun, dem Mann darf man nicht trauen, weil er ein Lutheraner, und noch dazu ein Geistlicher ist – Sie werden mir doch das nicht im Ernst entgegen halten; gerade als ob unsere Religionsverwandte die Wahrheit in historischen Dingen verpachtet hätten!

Ich bin etc.


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