Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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VI.

Antwort auf den vorhergehenden.

Die wieder hergestellte Ruhe in Ihrem Hause hat eine ganz andere Würkung bey Ihnen hervorgebracht, als ich vermuthet habe. Jetzt verstehe ich Ihr erstes Schreiben erst recht. Gestehen Sie es nur, daß Ihre Dankbarkeit gegen mich für die Uebersendung der mehrmal benannten Schriften sehr mittelmäßig ist, und daß ich Ihnen mit den Predigten des berühmten P. Merz in Augspurg, der, seiner eigenen und vieler ihm ähnlich gesinnten christkatholischen Seelen Meynung nach, ehe 2 Duzend Jahre herum sind, nicht nur das südliche Deutschland vollends ganz katholisch machen, sondern seine Eroberungen auch gegen Norden ausbreiten wird, ein weit angenehmeres Geschenk gemacht hätte. Das hätte ich nicht gedacht, daß Sie als ein so wahrheitliebender Mann so scheel zu der Wahrheit sehen würden, die, wie Sie selbst bekennen, doch in jenen Büchern gar nicht auf die Seite gesetzt ist. Was martern Sie sich doch, um alles willen, noch mit der Frage: ob diese Schriften aus der Feder eines Katholiken, oder Protestanten geflossen seyen? Meinetwegen das letzte. Was liegt daran? Hat ja der Teufel selber, der uralte Lügengeist, mit unter Wahrheiten gesagt, wenn ihrer schon wenige sind. Und wenn Luther, oder Zwingli, oder Calvin selber die Briefe über das Mönchswesen geschrieben hätten, so wäre ich, wenn ich ehrlich handeln wollte, nicht befugt, sie voraus und unverhört zu verurteilen. Ist denn alles, was diese und ihre Anhänger sagen und schreiben, bis auf das kleinste Jota erlogen; und alles, was mit Erlaubnis der Obern von unsern Leuten gedruckt wird, baare, nakte Wahrheit, an der man, wenn man der Excommunication nicht mit haut und Haar heimfallen will, keine Minute zweifeln darf? Freund, für so orthodox hätte ich Sie in meinem Leben nicht gehalten. Was doch aus den Leuten werden kann! Ich glaube, Sie wären im Stand, einen neuen Mönchsorden zu stiften, um die Lücke, die die nun erblaßte Gesellschaft Jesu in der Kirche gelassen hat, wieder auszufüllen, und alsdenn sich für den Wohlstand und die Aufrechterhaltung aller Orden verbrennen zu lassen? Besinnen sie sich, und lassen Sie ja keinen Widerspruch in Ihren Gesinnungen und Betragen aufkommen. Sie haben sich zu dem Entschluß bringen lassen, Ihr liebes Kind mit der Kutte zu verschonen; zu verschonen, sage ich: Sie wissen, was ich damit meyne. Nun warum wollen Sie dann die Parthie der Mönche ohne alle Ausnahmen nehmen? Ich behalte das weitere für mich, was ich Ihnen hierüber sagen wollte und könnte. Ich habe Ihnen schon bezeugt, daß ich mich auf den Umstand gar nicht einlasse, ob die Briefe von Katholiken oder Protestanten herrühren. Mir ist das Einerley. Ich lese und untersuche nur, obs Wahrheit ist, was ich lese, und ob die eingestreute Betrachtungen etwas oder nichts auf sich haben; um alles andere bekümmere ich mich nicht. Und warum, gesetzt, das alles habe ein Katholike geschrieben, soll das an seinen Glaubensgenossen treulos gehandelt seyn? Greift man denn der Religion selbst an die Seele, wenn man aus der Kirchengeschichte zeigt, wie der Mönchsstand aufgekommen, und wie er nach und nach ausgeartet seye; was es für Leute in den Klöstern gebe; wie es darinn zugehe? was selbst Gelehrte unserer Kirche von Zeit zu Zeit davon geschrieben haben? Kann man nicht ein gutkatholischer Christ dabey seyn und bleiben, wenn man glaubt, es seye hier nicht alles Gold, was glänze; in den ersten Zeiten der christlichen Kirche seyen die Mönchsorden auf einem ganz anderen Fuß gewesen, als gegenwärtig; es könnte und sollte von Rechtswegen vieles verändert, verbessert, hinweg= und hinzugethan werden. Der H. Augustin, Bernhard, Benedikt, Franciscus etc. etc. würden selbst, wenn sie hervorgucken könnten, über manches in den sich nach ihrer Regel nennenden Klöstern, über manche ihrer Söhne, die sie vielleicht gar nicht mehr kennen würden, große Augen machen, und selbst auf eine Reformation ihrer Orden antragen. Das würde sie nicht bekümmern, was die Unkatholischen dazu sagen würden, und was dergleichen mehr ist. Sie sind zu ängstig, lieber Freund, und sehen Gespenster und Unholden, wo keine sind. Lassen sie sich die Abnahme der Anzahl der Convertiten zu unserer Kirche nicht anfechten. So arg ist es nicht, als sie glauben. Wer katholisch wird, bekehrt sich zu unserer heiligen Mutter, der Kirche, und nicht zu den Mönchen. Extra ecclesiam, heißt das Sprüchlein, und nicht: extra monasteria, non est salus.Extra ... – Außerhalb der Kirche und nicht außerhalb der Klöster gibt es kein Heil. Dabey schlafe ich ruhig, und weiß gewiß – doch ich möchte Sie erzürnen, wenn ich weiter fortmachte. Antworten Sie mir vorher, ehe ich mich weiter erkläre, und glauben, daß ich etc.


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