Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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VIII. Brief.

Antwort auf den vorhergehenden.

Entweder wollen sie mich zum Besten haben, Freund, oder ich verstehe kein Wort von allen Ihren Briefen. Wenn der Geist des Widerspruchs nicht in Sie gefahren ist, daß Sie alles nur rund verwerfen, was nicht in den Kram der Mönche taugt, ohne sich zu besinnen, ob es den Schein habe, was Sie sagen, oder nicht; so bin ich in der That verlegen über Sie, und wünsche Ihnen baldige gute Besserung. Es ist Ihnen vielleicht doch Ernst mit Ihrem Verdacht, als ob ich mit dem Verfasser jener Schriften ein geheimes Verständniß hätte? Der Recensent, der ein Buch in einem Journal anzeigt, es lobt und empfiehlt, ist Verfasser dieses Buchs. – Was sagen Sie zu diesem Schluß? Ich will die Sache nicht aufs Lächerliche treiben, sonst könnte ich noch andere Instanzen machen. Nein, ich bin kein Schriftsteller, und wenn diese meine Briefe an Sie jemand in die Hände kommen könnten, der nur den Gedanken in sich aufkommen liesse, sie drucken zu lassen, so würde ich jeden Buchstaben bereuen, den ich geschrieben habe. So gern ich von interessanten Materien etwas gut geschriebenes lese, so wenig möchte ich den der Welt bereits lästigen Haufen der Auctoren vermehren helfen. Die Zeit ist, dünkt mich, würklich nahe, da manches in den Buchläden zu Makulatur werden dürfte, was seit ein paar Jahren, besonders von den Mönchen und Klöstern, mit hastiger Feder geschrieben worden ist. Und, Freund, wie können Sie auf die harte Beschuldigung gerathen, daß ich ein abgesagter Feind des Mönchsstandes sey? Ich bin weit entfernt, Mängel und Gebrechen einzelner Personen dem ganzen Stand, zu dem sie gehören, zur Last zu legen. Das thut kein vernünftiger und billig denkender Mann, für den Sie mich doch bisher gehalten haben. Ich weiß gar wohl, daß man das Kind nicht mit dem Bad ausschütten muß. Wenn man alle Klöster niederrisse, und, wie Sie schreiben, Schulen, Casernen und Zuchthäuser an ihre Stellen setzte – ob das eben so ein höllenmäßiges Unternehmen wäre, das wollen wir jetzt nicht untersuchen. – Jenes verlange ich aber auch nicht, und wahrhaftig eben so wenig auch nur ein einziger von denen, die dafür halten, Klöster könnten samt ihren Einwohnern eine Reformation und Verringerung wohl leiden. Verbessern heißt doch nicht zerstören; und in einem Staat 200 Klöster weniger, der bisher 400 gehabt hat, heißt nicht: gar keine mehr dulden wollen. Aber das ist Ihnen doch nicht Ernst, daß in den Schriften, die ich Ihnen geschickt habe, der Ausdruck das beste, und das Kleid, in dem sie der Welt unter die Augen treten, noch das erträglichste an ihnen sey. Dadurch müßte ich mich für sehr beleidigt halten. Wahrheit und Lügen kann ich noch wohl unterscheiden; ich getraue mir auch, zu wissen, was leeres Gewäsch oder Gründlichkeit sey. Ich will aber die Sache jener Schriftsteller nicht zu meiner eigenen Sache machen. Hören Sie mich geduldig an, wenn ich nun auf Ihre Bedenklichkeiten antworte. So wenig ich ein Freund von andächtigen Grimaßen und Alfanzereyen bin, so wenig ich ein heuchlerisches Geschwäz von Leuten leiden kann, von denen ich weiß, daß nie kein gesunder Gedanke in ihrem Verstand, und keine edle Gesinnung in ihr Herz kommt: so wenig bin ich auch ein Freund von Fluchen und Schwören; und Sie wissen selbst am besten, was mir die unüberwindliche Abneigung vor dieser bösen und unanständiger Gewohnheit (dann mehr ist es nicht, dadurch hört es aber auch nicht auf, böse zu seyn) schon für Verdruß und Vorwürfe eines Scheinheiligen von dem Oberamtmann S – – – in B – – der seine Größe im Fluchen sucht, zugezogen hat. Und wenn mir das Fluchen an einem weltlichen Beamten eckelhaft ist, so werden Sie sich leicht vorstellen, was ich für Begriffe von dem Dechanten habe, der in den Mönchsbriefen so gut damit umzugehen wußte. Sie waren selbst dabey, wie ich den Weltpriester O. In M. mit seinem leichtfertigen und gottlosen Beweis abfertigte, den er aus der Bibel bringen wollte, daß das fluchen erlaubt seye; David habe ja gesagt: »Lasset den Simei fluchen, der Herr hats ihn geheißen.« Ich räume Ihnen also ein, das sollte in den Briefen nicht seyn, auch nur um derer willen, die dadurch geärgert werden; ferner, weil junge Leute sogar Fluchen daraus lernen könnten. Dieser Flecken in den Briefen macht aber die Wahrheiten, die darinn stehen, nicht zu Lügen, wenn ich schon selbst wünsche, daß er weggewischt wäre. Eben so ist es auch mit dem Mißbrauch der Bibel und den obscönen Ausdrücken und Historietten. Nur muß ich bey dem ersten Punkt etwas anmerken. Es sind ganz gewiß der mißbrauchten Stellen aus der Bibel überaus wenige, die den Laien von der Kirche her bekannt sind. Auf der Kanzel citirt man sie ja lateinisch, und in diesen Büchern stehen sie deutsch. Da ist also die 'Gefahr nicht groß. Daß sich Geistliche daran ärgerten, wüßte ich nicht. Diese Herren sind nicht sehr zum ärgern geneigt. Aergernisse zu geben, daraus machen sie sich ungemein wenig; sonst müßte ihr Leben und Wandel ganz anders seyn; und so darf man auch nicht von ihnen erwarten, daß sie Aergernisse an andern nehmen, die es machen, wie sie; das wäre ja widersinnisch. Ihre Reflexion, daß wir uns an diesem Stück vor den Protestanten schämen müßten, würde von Gewicht seyn, wenn diese uns nicht noch ganz andere Dinge in Absicht auf unsere Behandlung der H. Bibel zur Last legten, mit denen jener Punkt in gar keine Vergleichung kommt. Ich darf mich nicht deutlicher erklären. Doch, weil Ihnen dieser Mißbrauch der Schrift sogar wehe thut, so muß ich Ihnen ein Anekdötchen erzählen, aus dem Sie sehen können, daß die Bettelmönche hierinn vor dem Ihnen so verdächtigen Schriftsteller gar wenig voraus haben; eine Anekdote, von der ich Ohrenzeuge bin. Auf einer Reise, die ich vor ungefähr 10 Jahren in gewissen Geschäften durch den Theil von Schwaben thun mußte, der an die Untere Pfalz gränzet, fügte es sich, daß ich in einem lutherischen Dorf übernachtete, wo ich aus Mangel eines erträglichen Wirthshauses den Pfarrer um das Quartier bat. Er nahm mich willig auf; »Glaubs gern, werden Sie sagen, ich und ein Lutherischer Geistlicher sind bald gute Freunde.« Wir unterhielten uns ganz artig, wiewohl er wußte, daß er an mir einen Katholiken vor sich hatte, denn ich sagte ihm, wer ich wäre. Drey Stunden von diesem Dorf ist eine Pfälzische Oberamtsstadt, wo die Capuziner vor 30 Jahren ein Kloster gebaut haben. Nun verschonen, wie Sie wissen, diese Väter, wenns zum Terminieren kommt, das Kind im Mutterleibe nicht. Sie kamen also auch in dieses Dorf, und ein Capuciner bat, wie es gewöhnlich ist, diesen Pastorem loci um die Erlaubnis, bey seinen Zuhörern zu terminieren, eben, als ich meine Reise weiter fortsetzen wollte. Der Pfarrer, der, weil er mich schon ziemlich kannte, kein Bedenken trug, den Mönchen alles zu sagen, was er auf dem Herzen hatte, bat ihn ganz freundlich, sich nur abergläubischer Dinge, z. E. des Findens verlohrener Dinge, einer Kunst, auf die sich die Capuciner vortreflich verstehen wollen, in seinem Dorf zu enthalten. Sollte das Unrecht seyn, antwortete der Mönch, es kommt ja in der Bibel etwas davon vor. Half nicht der Prophet Samuel, sagte er, dem Saul seines Vaters verlohrne Esel finden? Der Pfarrer und ich scheuten sich in das Gesicht zu sehen; ich hielt es für die beste Auskunft, Abschied zu nehmen, und überließ es dem Pfarrer, sich mit dem Capuciner exegetisch und dogmatisch abzufinden. Wie gefällt Ihnen diese Geschichte? Nicht wahr, das wäre ein abscheulicher Mißbrauch der Bibel, wenn kein Bettelmönch mit im Spiel wäre? O lieber Freund, so wollte ich Ihnen auch darauf antworten, daß Obscönitäten in diesen Briefen vorkommen. Eben deßwegen werden sie gewiß von manchen Mönchen gelesen. Die Blanchetische Geschichte kann nicht ärgerlich seyn; sonst müßte man sich an allem ärgern, was oft von Aerzten noch saftiger dießfalls geschrieben wird. Endlich, wenn die Unsern sonst nichts schlimmes von den Lutheranern lernen, als eine gute Schreibart, so danke ich diesen noch gar dafür. Kann etwas schlechteres seyn, als was gröstentheils von den Unsern gedruckt wird? Sie sind gar zu tadelsüchtig. Vergeben sie meine Offenherzigkeit.

Leben sie wohl. Ich bin etc.


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