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Elftes Kapitel

Herr Johann und Frau Herbort nahmen es nicht sehr schwer, Kordula von dem gefaßten Entschluß zu benachrichtigen. Kühl und geschäftsmäßig setzte der Ratmann ihr seine und Frau Herborts Pläne auseinander, sprach von ihrer Mitgift und dem Hause in der Hundstraße und merkte es kaum, wie Todesblässe über das junge Antlitz zog. Sie erwiderte nichts, aber in den dunklen Augen leuchtete es seltsam und eine Stimme in ihr rief: »Eines Altflickers Sohn!«

Sobald es schicklich war, eilte sie auf ihre Kammer und verblieb daselbst. Es war ein solcher Aufruhr in ihrem Gemüt, daß sie die dort herrschende Kälte nicht empfand, auch nicht Hunger noch Durst, und als die alte Emerentia anklopfte, um ihr einen Napf heißer Suppe zu bringen, öffnete sie nicht, sondern rief ihr nur trotzig zu, sie möge Frau Herbort sagen, sie sei krank. Ach, und war sie es nicht? Ihre Seele litt schwer, das Bild des andern, den sie vergessen wollte und vergessen mußte, stand lebendiger denn je vor ihrem Geiste, und ein schönes, freundliches Antlitz nickte ihr Valet zu. Sie vergrub das Gesicht in die Kissen und schluchzte herzbrechend. »Benedikt!« rang es sich kaum hörbar von ihren Lippen, fast wie ein Hülferuf. Aber er war fern, und wäre er nahe gewesen, hätte er doch nicht Rat schaffen können.

Am Nachmittag klopfte Frau Eva an die Kammerthür, und nach kurzem Zögern öffnete Kordula. Keines Wortes mächtig, schlang sie die Arme um der Freundin Hals, dann setzten sich beide auf die Bettstatt, und das Mägdlein stieß hervor: »O, Eva, eines Flickschusters Sohn! Nimmer habe ich nach ihm geschaut mit anderen Blicken, denn als eine, die hoch über ihm steht, und nun – er mein Eheherr?«

»Karsten ist ein ehrenwerter Mann, und Ihr wißt wohl, daß Ihr nicht gefragt werdet. Ihr könnt zufrieden werden am eigenen Herde, denn ohnegleichen ist seine Liebe zu Euch. Und habe ich nicht also hier bei Euch gesessen, als Ihr mir sagtet, Ihr würdet den Heiligen danken und es als ihre Versöhnung ansehen, wenn sie Euch eine Buße auferlegten? So laßt denn dies Eure Buße sein.«

Kordula sah die Sprecherin mit großen Augen an und entgegnete langsam: »Ihr habt recht; daran hatte ich nicht gedacht. Ja, das ist's, ich soll sühnen, und ich will es. Ich leide; nun mag ein anderer des überhoben sein. Ich danke Euch, Base Eva, Ihr habt mir wohlgethan.«

Verwundert blickte die Ratmannenfrau der Freundin ins Antlitz, dann sprach sie, deren Hand fassend: »Aber es gehört mehr dazu, als nur willig in die Ehe treten; es soll ein Lebenlang geliebt und gehorsamt werden.«

»Geliebt? nein; gehorsamt? ja,« entgegnete Kordula hart; »die Heiligen fordern nichts Übermenschliches.«

»Dennoch ist ein Gehorsam ohne Liebe ein halbes Werk, und ihr könnt nimmer glücklich werden.«

»Glücklich?« Mit unsäglicher Bitterkeit wiederholte das Mägdlein das Wort. »Seid Ihr denn glücklich, Frau Eva?« Es reute sie dies Wort, ehe sie es noch ganz ausgesprochen hatte, denn sie sah das schmerzvolle Zucken um des jungen Weibes Lippen; diese aber antwortete nach kurzem Schweigen: »Ja, ich bin glücklich, Glück wohnt im Herzen und ist unser Teil, wenn wir Frieden mit Gott haben. Kordula, es giebt kein ungetrübtes irdisches Glück, wie wir's uns in der Kinderzeit wohl heimlich erträumt haben. In Frieden unsern Weg gehen, stille sein, das ist Glück.«

Kordulas Thränen flossen, und Eva fuhr fort: »Glaubet Ihr, es sei den Heiligen angenehm, wenn Ihr die Buße, die sie Euch auferlegt haben, so widerwillig vollführt?«

Das Mägdlein schwieg in leisem Weinen. Endlich flüsterte sie: »Ich will es versuchen; lieben und gehorsamen.«

Frau Eva saß noch lange bei der betrübten Freundin; sie redeten nicht mehr viel, aber es wurde still in Kordulas Seele, wenigstens für kurze Zeit.

Am andern Tage wurde Verspruch gehalten, feierlich, wie es die Sitte gebot, und Karsten meinte der glücklichste Mensch in der ganzen freien Reichsstadt zu sein. Kordula war ruhig und freundlich, ganz gegen ihre sonstige verschlossene Art, und Herr Johann sagte am Abend vergnügt zu seinem Gemahl: »Es ist alles wohl geraten und eine Sorge weniger in der Welt.«

Während er also sich des leichten Sieges freute, saß Kordula neben Jungfer Elsabe vor dem helllodernden Kamin. Sie hatte nach dem Willkommen schweigend den Schemel ans Feuer gezogen; jetzt rann Thräne um Thräne aus den dunklen Augen, und endlich konnte sie sich nicht länger halten, sie lehnte den Kopf an der Muhme Knie und stieß schluchzend hervor: »Ich weiß alles, alles. Oh, Schwester Barbara, meine geliebte Mutter! Muhme Els, ich bin grenzenlos unglücklich, ich weiß jetzt, daß es meiner Eltern Sünde ist, die auf mir ruht und mein Leben so dunkel macht.«

»Kordula!« rief vorwurfsvoll die Jungfer Elsabe.

Das Mägdlein aber fuhr fort: »Es soll kein Richten über meine Eltern sein, denn das steht mir nicht zu, aber ich weiß jetzt, woher mir alles Herzeleid kommt.«

»Nein, Kind, so ist's nicht gemeint. Haben sie gesündigt, so haben sie gebüßt; Du stehst für Dich allein mit Deinen Sünden und Deiner Buße. Sieh zu, wie Du Dich damit abfindest.«

»Aber einen der Kirche abwendig machen, die Sünde ist doch eine der größten.«

»Ich denke anders. Und hat nicht Deine Mutter ihr ganzes Lebenlang gebüßt? Ist sie nicht heimgefahren mit der Gewißheit der Vergebung? Ihr Kind sollte also besser schweigen.«

»Habt Geduld mit mir,« bat Kordula, »ich bin verwirrt und habe keinen klaren Gedanken. Denket doch, was alles meine Seele bestürmt, der Verspruch mit Karsten, der Brief meiner Mutter. Oh, und Frau Herbort – meine Ahne. Wie ist sie mir doch allezeit so lieblos begegnet.«

»Es liegt nicht anders in ihrer Art, Kind, und des Sohnes Heimlichkeit hat sie tief gekränkt. Vergiß nicht, daß sie jetzt wohl an Dir thut. Sie gründet Dir den eigenen Herd.«

Bitterkeit legte sich um des Mägdleins Mund. Dann entgegnete sie: »Ledig wollen sie meiner sein, das ist alles und sie sollen ihren Willen haben. Ich gehe, und nur die Mauern meines eigenen Hauses werden ferner mein Leid sehen.«

»Versündige Dich nicht, Kind,« sprach Jungfer Elsabe ernst: »ein eigener Herd ist wohl etwas Großes und Begehrenswertes für ein Mägdlein, das in der Welt allein steht, und auch für ein Ehegemahl wie Karsten ist Dank zu sagen. Nicht immer hegt einer so treue, werte Liebe, wie er. Hast Du etwas an ihm auszusetzen, so bist auch Du nicht ohne Fehl; das bedenke. Es ist gut, daß Du den Brief gelesen hast. Du wirst nicht mehr sagen: ›Des Altflickers Sohn.‹ Jeder Stand, so er ehrlich betrieben wird, hat seinen Adel, und Deiner Mutter Vater war ein Handwerker.«

Dunkle Röte bedeckte des Mägdleins Antlitz. Noch niemals hatte die Jungfer Elsabe so scharf zu ihr geredet. Sie versank in tiefes Schweigen; ihr fiel ein, daß Herr Johann ihr gesagt hatte, sie bringe die Seele Karstens der Kirche zurück. War es der Heiligen Wille und Fügung, daß sie so die Schuld ihres Vaters sühnte? Nun erst, da sie den Inhalt des Briefes kannte, sah sie, an welchem Abgrund sie gewandelt war, und wenn auch hundertmal eine Stimme in ihr rief: »Du hättest nimmer gehandelt, wie Deine Eltern,« so gedachte sie wieder des lieben, geduldigen Antlitzes der Schwester Barbara. Konnte diese also fehlen, wieviel mehr sie, ihr Kind, welches nicht halb so heilig und ergeben war, sondern allezeit durstig nach des Lebens Glück und Genuß.

Sie wurde aus ihrem Sinnen aufgeschreckt durch Tritte auf der Stiege draußen und noch ehe sie sich erheben konnte, trat Karsten ein. Ein Strahl inniger Freude flog über sein Antlitz, als er Kordula erblickte, dann sagte er nach herzlicher Begrüßung: »Die Dankbarkeit trieb mich zu Euch her, werte Jungfer Elsabe, denn Eure Gunst hat den Grund zu meinem Glück gelegt. Lebenslang bleibe ich Euch verpflichtet.«

Wohlgefällig blickte die Angeredete auf den Sprechenden, und sie entgegnete, indem sie ihm die Hand reichte: »Der Herr hat es gefügt. Ich weiß, Ihr werdet meiner Kordula ein liebreicher, vieltreuer Eheherr sein.«

»Das verspreche ich Euch bei allem, was heilig ist,« rief Karsten aus, »ich habe keinen anderen Gedanken als ihr Wohlergehen und ihr Glück.« Zärtlich ruhten seine Augen auf Kordula. Diese aber reichte ihm mit schnellem Entschluß die Hand, die er flüchtig mit den Lippen berührte; dann sagte Jungfer Elsabe: »Rückt Euch einen Schemel ans Feuer und sprecht mir von Euern Zukunftsplänen.«

Karsten folgte ihrer Aufforderung. Er merkte nicht, wie peinlich seine Worte für Kordula waren; er kannte ihre Weise zu wenig.

Bald kam der alte Martin, um der Jungfer Kordula heimzuleuchten, und schnell erhob sie sich. Karsten legte ihr den Mantel um, und als die Muhme Elsabe sah, daß er zweifelnd stand, ob er die Liebste geleiten sollte, bat sie: »Bleibt noch hier, Karsten; ich möchte ein wenig mit Euch reden.«

Er that, wie sie begehrt, und theilte ihr alles mit, was ihn bewegte.

Tiefe Traurigkeit lagerte auf ihrem milden Angesicht; darauf sprach sie leise: »Ich bin nicht Euer Richter; der es ist, wolle Euch gnädig sein. Hättet Ihr mich vorher gefragt, ich hätte gesagt: ›Laßt alles fahren um den ewigen Gewinn.‹ Jetzt rate ich: Haltet Euer Gelöbnis und traget die Reue als eine heilsame und gnädige Arzenei! Ich habe die feste Hoffnung, daß Ihr einst zurückkommen werdet, vielleicht, daß auch Kordulas Herz sich dem Lichte nicht für immer verschließt. Den Tag aber will ich segnen, wo Ihr neben mir sitzt und sagt: Muhme Els, ich bin heimgekehrt aus der babylonischen Gefangenschaft. Ihr werdet bald merken, daß ein Joch auf Euern Schultern liegt, und das wird eine harte Strafe sein. Tragt sie, Ihr habt's gewollt.«

Karsten seufzte tief und blickte in die Flammen; zurückweichen konnte er nimmer, und es war ihm recht, daß die Pforte hinter ihm verschlossen war.

Je mehr Kordula sich dem Gedanken hingab, daß die Heiligen ihr Schweres auferlegt hätten zur Sühne dafür, daß sie verbotene Liebe im Herzen getragen, und daß sie, indem sie einen im Abfall Begriffenen der heiligen Kirche zurückbringe, ihres Vaters Schuld gut mache, desto fester wurde der Mut in ihr, alles auf sich zu nehmen. Und wie sie keine Sache halb that, so war auch ihr Opfer ganz, und kein bitteres Wort kam mehr über ihre Lippen. Wohl zuckte ihr Herz oft in leidenschaftlichem Schmerz, aber ihr Angesicht war ruhig, wenn auch bleicher als sonst.

Frau Herbort gab sich keine Mühe, des Mägdleins Wesen zu ergründen, und Eva wagte nicht, viel darüber zu reden. Zu weit gingen ihre Ansichten auseinander, und zu leicht hätte sie verletzen oder an Dinge rühren können, die keine Aussprache vertrugen.

Es war bald nach dem Tage, an dem der Verspruch gehalten war. Kordula war bei der Freundin, und diese sagte: »Möchtet Ihr nicht einmal zu Karstens Vater gehen? Der alte Mann ist zu bescheiden, um sich uns zu nähern, und hat es sich deshalb auch versagt, bei dem Verlöbnis zugegen zu sein. Aber er ist sein Vater, verlangt Euch nicht danach?«

»Nein,« erwiderte Kordula kurz, »aber es ist wohl das Rechte, und das möchte ich thun. O, Eva, mir graut davor.«

»Soll ich mit Euch gehen?«

»Nein, ich danke Euch. Ob ich noch heute gehe?«

»Je eher, desto lieber, und bedenkt, wie Karsten sich freuen wird.«

»Ich denke daran, ob die Heiligen sich freuen werden; ja, ja, es ist das Rechte. Ich gehe noch heute.«

Es war ein trüber Tag, und früher noch als sonst kam die Dämmerung geschlichen. Kordula machte sich zagen Herzens auf, und je näher sie dem Häuslein im Rosengarten kam, desto langsamer wurden ihre Schritte. Endlich stand sie auf der Schwelle. Ihr Herz klopfte laut, als sie eintrat.

Hinrich Malenbeke blickte von seiner Arbeit auf, und beide schwiegen eine Weile. Endlich sagte Kordula leise: »Ich bin Euerm Sohne zur Ehe versprochen.«

Da erhob der Allflicker sich schnell, streckte dem Mägdlein die Hand entgegen und rief herzlich: »Das segne Euch der Hochgelobte, daß Ihr ihm ein solches Glück bringt, wie er im Herzen trägt! Ich bin ein geringer Mann und will Euch nicht hinderlich sein in Euerm Wohlsein. Es wird Euch nimmer stören, daß Karsten einen armen und einfältigen Vater hat.«

Kordula wußte kein rechtes Wort der Entgegnung zu finden, obwohl sie gern etwas erwidert hätte, und fast willenlos setzte sie sich auf den weißen Holzschemel, den der Flickschuster neben seinen Höcker herbeizog. Er schaute dem Mägdlein freundlich in die Augen und sprach: »Ich werde es Euch nimmer vergessen, Jungfer, daß Ihr Euch meiner nicht geschämt habt.«

Kordula errötete. Sie dachte daran, daß sie in ihrem Herzen nur immer einen Gedanken gehabt hatte: Eines Schuhflickers Sohn! und daß er sie mit Abscheu erfüllt hatte. Der alte Mann aber fuhr fort: »Wenn meine Brigitta das erlebt hätte! Es ist ein hohes Glück, friedlich zusammen zu leben.«

»Wie lange ist sie tot?« fragte Kordula, um doch etwas zu sagen.

»Sehr lange, mich bedünkt oft, ich sei mein Lebenlang einsam gewesen. Wir waren beide sehr arm,« fuhr er fort, als das Mägdlein schwieg, »und haben jahraus jahrein gespart, bis wir so viel beisammen hatten, daß wir den eignen Herd gründen konnten. Sie ist mir zehn Jahre zur Seite geblieben und dann zur ewigen Ruhe gegangen. Den ersten Schmerz, den sie mir gemacht hat, konnte sie nicht hindern; sie wäre gern noch bei mir geblieben.«

Jetzt wurde die Thür hastig geöffnet, und Meister Andreas trat ein. Ein wenig überrascht blieb er stehen, aber wie er niemals lange um ein Wort verlegen war, so machte er jetzt eine tiefe Reverenz und stieß eilig hervor: »Die Jungfer Braut? Ich bin Meister Andreas Schünemann, meines Zeichens ein Schneider und meinem Verhältnis nach Pate des Herrn Stadtschreibers Karsten. Es ist mir eine Freude und Ehre, Euer Hochedelgeboren in diesem geringen Häuslein begrüßen zu können. Darf ich fragen, wie es Euer Liebden ergeht im seligen Brautstande?«

Kordula mußte lächeln, dann erwiderte sie ausweichend: »Es wird bald nicht mehr Brautstand sein; Herr Johann drängt auf die Hochzeit; schon zum Christfest werden wir in der Hundstraße wohnen und Ihr könnt uns allda besuchen.« Sie hatte mit Anstrengung gesprochen, der Schneider aber hatte nichts davon gemerkt. »Ich danke!« rief er, »große Ehre, hohes Glück.« Die weiter gemurmelten Worte verstand man nicht.

Bald erhob die Jungfer sich und reichte den beiden Alten die Hand zum Abschied. Diese geleiteten sie mit sehr verschiedenen Gefühlen bis an die Hausthür; Hinrich Malenbeke begab sich wieder an die Arbeit, Meister Andreas aber blickte die Straße auf und ab, ob auch die wenigen Nachbarn gesehen, welche Ehre ihnen zu Teil geworden. Wo sich ein Gesicht zeigte, nickte er herablassend, dann ging er zu dem Freunde, stellte sich gerade vor ihn hin und sprach mit Nachdruck: »Hinrich, sie ist ein ausnehmend schön und zierlich Frauenzimmer, und ich muß sagen, ich begreife es, daß Karsten gehandelt, wie er gethan. Nicht, daß ich es ebenso gemacht hätte, aber er mit seinem weichen Gemüt –, es mußte so kommen.«

Der Flickschuster nickte seufzend mit dem Kopf, und der Freund fuhr fort: »Also schon so bald soll die Hochzeit sein, wir werden natürlich auch eingeladen, was meint Ihr, Hinrich, wir müssen doch wohl Lakensche Anzüge haben? Es ist wegen der Ehre des Standes.«

»Ich denke, wir bleiben zu Hause,« erwiderte der Angeredete, »wir passen nicht unter die Vornehmen.«

»Ich habe andere Gefühle darin; aber wie Ihr's wollt, Meister, ganz wie Ihr's wollt.«

Es blieb dabei, Karstens Hochzeit wurde bald gefeiert und zwar in aller Stille, und als Kordula sich erst ein wenig eingelebt hatte im eigenen Heim, fühlte sie sich wohler denn zuvor in Frau Herborts beengender Gegenwart. Sie war freundlich und gut gegen Karsten; seine große Liebe rührte sie, aber was ihr Herz sich ersehnt an Genügen und erfülltem Hoffen, das wurde ihr nicht. Ihr Eheherr merkte wohl, daß nicht volles, allumfassendes Glück aus ihren Augen strahlte, aber er hoffte mit starkem Mut, daß es bald kommen würde, daß nicht nur Freundlichkeit der Lohn seiner treuen, tiefen Minne, sondern Gegenliebe. Er war zufrieden, und hatte er sich das Leben an der Geliebten Seite vielleicht anders gedacht, so konnte er warten, bis sein Sehnen sich erfüllte. Karsten saß oft nach des Tages Arbeit ein Stündchen bei dem Vater und Paten, und das waren immer Freudenzeiten für beide. Auch ihn selbst erquickte es, sich von dem frischen Wind des Glaubenseifers umwehen zu lassen, mußte er auch von ferne stehen, er konnte doch nicht teilnahmslos zusehen, was für große Dinge weiter sich in der Welt begeben. Gegen Kordula hielt er sein Versprechen, und in dem Einen wenigstens war sie völlig glücklich, daß sie Karsten der Kirche zurückgewonnen und also ein Werk, den Heiligen angenehm, vollbracht hatte.


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