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Der Pförtner lüftete die Rumpelkammer. Das war seit langem nicht geschehen, und eine Rumpelkammer hat das zuweilen ebenso nötig wie der Kopf eines Gelehrten. Unter all dem Gerümpel, das nun unter Sonnenschein und frischem Windhauch erwachte, waren auch zwei Dinge, die früher unendlich wichtig gewesen waren: ein verkrachter Thron und ein abgenutzter grüner Tisch. Sie standen nahe beieinander wie früher in den Zeiten des Glanzes, waren einander sogar ein wenig im Wege. So kam es, daß der Thron sich beim Erwachen an den Kanten des grünen Tisches stieß, und jeder weiß aus Erfahrung, daß das weh tut.
»Geh mir aus den Augen, du Ungeheuer!« rief er ingrimmig. »Du drängst dich immer so nah an mich heran; du möchtest mir jegliche kleine Bewegung hemmen, und ich muß mich doch bewegen können, ich will mich sogar bewegen können; denn ich bin der König!«
»Majestät haben ganz recht,« sagte der andere, »und doch bin ich wichtiger. Majestät sind der König; aber ich bin es, der regiert.«
»Vermessener, was fällt dir ein!« rief der Thron und stampfte, daß er wackelte.
»Sachte,« bemerkte der grüne Tisch, »beobachten Sie einmal, in welch sicherem Gleichgewicht ich stehe! Meine Beine sind so weit voneinander entfernt, daß mich nichts aus der Fassung bringen kann, und Ew. Majestät wackeln bei jeder Gemütsbewegung, so daß Sie bald wieder fallen werden. Sie bezweifeln es, daß ich regiere? Fragen Sie einmal die Geschichtsschreiber, solche, die nach der neuen Art arbeiten und alle Urkunden durchforschen. Die werden Sie schon davon überzeugen, wie bedeutend ich bin. Um mich war immer die geistige Blüte des Landes versammelt, von mir aus wurde Reich und – König geleitet. Alle Gesetze, alle Verfügungen, hier sind sie entstanden. Naht sich mir ein Bittsteller oder ein Verbrecher, so verändert sich seine Seele: der Grobian wird höflich, der Schwätzer stumm, der Held ängstlich und der klarste Kopf verwirrt. Ich bin feierlich und erhaben, ich darf ohne weiteres als der wahre Vertreter des modernen Staates gelten; denn ich bin die Macht, bin die Kraft, bin der Fortschritt!«
Bis so weit war der grüne Tisch gekommen, und er wuchs ordentlich in dem Gefühl, was er alles bedeute, da konnte sich der alte Thron nicht mehr halten und lachte, lachte, daß ihm die Nähte platzten und eine Wolke von Staub aus seinen wurmstichigen Gliedern stob. Es ist schrecklich, einen alten Thron lachen zu hören: Menschenverachtung, die Qual getäuschter Hoffnung und mißglückten Fluges klingt heraus. Endlich aber faßte er sich und sagte leise mit verhaltener Wut: »Du und der Fortschritt, der grüne Tisch und der Fortschritt! Du hast niemals etwas anderes getan, als das zu hemmen, was sich frei bewegen wollte. Mit tausend Bedenken hast du den lebendigen Geist getötet, der von mir ausging; stolzen, aufrechten Gang verwandelst du in mühseliges Hinschleichen, strotzende Gesundheit in langsame Schwindsucht, weitblickende Staatskunst in kurzsichtiges Krämertum. O du, du! Und was am schlimmsten ist: Verwirrung und Zweifel gingen von dir aus, du hast mir das Vertrauen meines Volkes gestohlen. Du der Fortschritt? Du bist Stillstand und Verknöcherung!«
So schalt der Thron – es ist immer ein Spaß, wenn der Thron den grünen Tisch ausschilt – aber dieser blieb gefaßt und sagte zuletzt gleichmütig: »Ich bleibe doch, was ich bin; der Geheimrat ist dauerhafter als der König.«
Weiter konnte er nicht sprechen; ein fremder Herr kam herein. Der Pförtner, der ihn führte, meinte: »Sie werden hier nur wenig für Ihren Zweck finden. Hier ist der Thron, worauf der verstorbene unglückliche König saß.«
»Der soll in mein Museum, jedenfalls!«
»Und hier der grüne Tisch seiner Räte.«
»So etwas nimmt stets mehr Platz ein, als ihm zukommt,« sagte der Fremde. »Weg damit! Stecken Sie ihn ins Feuer und wärmen Sie sich Ihre Füße daran!«
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