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14. Der ostafrikanische Löwe.

Äquatorial-Ostafrika ist zweifellos so reich an Löwen, wie irgendein anderer Teil dieses Kontinents.

Nichtsdestoweniger ist die Aussicht, dort Löwen anzutreffen oder zu erlegen, aus mehrfachen Gründen viel geringer, wie es in Südafrika der Fall gewesen und wie es in anderen Teilen des Landes, wo Pferde leben können, heute noch der Fall ist. In einigen Hochsteppen Britisch-Ostafrikas und im Somallande beispielsweise wird der Löwe gejagt, indem man, zu Pferde die weite Ebene absuchend, ihn verfolgt, bis er sich ermüdet stellt und dann erlegt werden kann. In Südafrika pflegte man ihn auch mit Hunden zu jagen und von ihnen gestellt zu erlegen.

Beides ist im allgemeinen in Ost-Äquatorial-Afrika unmöglich, weil Pferde in den meisten Gegenden nicht leben können und Hunde nicht gebrauchsfähig sind. So ist der Jäger auf zufällige Begegnungen angewiesen, bei denen dann oft die Waffen nicht zur Hand sind; oder auch auf den nächtlichen Ansitz, eine Jagdmethode, welche ich im allgemeinen nicht sehr liebe. Ein solcher nächtlicher Ansitz, wobei der Jäger entweder von einem Hochsitze aus schießt, oder aber von der sicheren Dornenboma aus, führt zweifellos häufig zum Ziele. So schoß Graf Coudenhove im Somallande vor wenigen Jahren am Kadaver eines Elefanten sieben Löwen in einer Nacht.

Was ich nie zu hoffen gewagt hatte, wurde hier Ereignis: Ein alter Mähnenlöwe, das königlichste Raubtier der Erde, näherte sich dem Wasser am Sumpfe und fiel mir als herrlichste photographische Trophäe zur Beute ... Noch niemals war dies bis dahin Jemandem gelungen.

Auch ich habe auf diese Weise manche interessanten Einblicke in das nächtliche Leben der Tierwelt getan, aber ich muß gestehen, daß ich die Erlegung von Löwen auf nächste Entfernung aus dem sicheren Dornenverstecke heraus jagdlich nicht hoch einzuschätzen vermag. Die nächtliche Dunkelheit erfordert vielfach ein Schießen mehr oder minder aufs Geratewohl; der so unbedingt in den ungesunden Gegenden notwendige Schlaf wird verhindert, und die Tagesarbeit erleidet durch den nächtlichen Ansitz eine völlige Unterbrechung.

Ich ziehe jede andere Jagdart auf Löwen dem nächtlichen Ansitze vor, selbst den Fang in schweren Tellereisen, an die sich die oft gefährliche Verfolgung des mit den Eisen oft weit flüchtig gewordenen Tieres mit all ihren aufregenden Phasen anschließt.

Der Löwe führt im allgemeinen ein nächtliches Leben, am Tage unter Bäumen und im Gebüsche ruhend.

So kommt es, daß man seiner zur Tageszeit höchst selten ansichtig wird. Aber selbst, wenn man ihn sichtet, hat er in den meisten Fällen den Nahenden schon erspäht und verschwindet in der Deckung, meist ehe ein Schuß abgegeben werden kann.

Schon im Jahre 1896 vermochte ich auf Grund meiner Beobachtungen festzustellen, daß Löwen zu gewissen Zeiten rudelweise leben. Unsere Kunde über den Löwen stammt hauptsächlich aus dem Norden Afrikas, also Ländern, in denen er seit Menschengedenken durch die dort ansässigen Völker vermindert worden war. Zweifelsohne lebte der Löwe ursprünglich überall, so wie heute noch in Ostafrika, zeitweise in großen Rudeln vereint. Die größte Anzahl von mir in einem Rudel beobachteter Löwen betrug siebzehn Stück; über jeden Zweifel erhabene englische Beobachter aber fanden bei einer Gelegenheit siebenundzwanzig in einem Trupp! Zwei oder drei Löwinnen mit Jungen vereinen sich übrigens zuweilen zwecks gemeinschaftlicher Jagd. Es läßt sich als Regel aufstellen, daß gesättigte Löwen im allgemeinen nicht angriffslustig sind. Im wildreichen Ostafrika sind nun die Löwen selten genötigt, zu hungern. Anders aber ist es in an Wild verarmten Ländern, und hier wird der Löwe dann hauptsächlich zum Viehräuber und dem Menschen weit lästiger wie in wildreichen Ländern, in denen er sogar oft den findigen Eingeborenen durch die Reste eines von ihm geschlagenen Wildes zu einer Mahlzeit verhilft, wobei die sich aus den Lüften zu Hunderten herabstürzenden oder weithin sichtbaren, in der Nähe des »Löwenraubes« gesättigt auf den Bäumen hockenden Geier ihrerseits wiederum, wenn auch unfreiwillige, Wegweiser für die Eingeborenen abgeben.

Aus dem Vorhergesagten ergibt es sich, daß die Beobachtung des Löwen im allgemeinen nicht leicht ist. Manche Reisende von Ruf, die bekanntesten Afrikadurchquerer, sind niemals eines Löwen ansichtig geworden und noch viel weniger zur eigenhändigen Erlegung eines solchen gekommen.

Mr. Wallihan, mein amerikanischer »Kollege«, sagt in seinen schon erwähnten »Camera Shots at Big Game« (»Kameraschüssen auf Großwild«), daß er trotz dreißigjähriger Jagden nur einmal den amerikanischen »Löwen«, den Puma, in voller Freiheit zu Gesicht bekommen habe! Viele hat er erlegt und mehrere in ausgezeichneten Photographien verewigt; aber alle diese waren von Hunden aufgestöbert und gestellt!

Ich erinnere hier auch an das Faktum, daß ich die von mir entdeckte Streifenhyäne ( Hyaena schillingsi Mtsch.) nur ein einziges Mal bei Tage in Freiheit sah – trotz einigen neunzig in Fallen von mir gefangenen und der zahlreichen von mir bei Nacht photographisch aufgenommenen Streifenhyänen. Einer meiner zuverlässigsten Gewehrträger, der jahrelang als Askari im Dienste des Gouvernements gestanden hatte, war niemals auf einen Löwen zu Schuß gekommen, obwohl er nach den damaligen Gepflogenheiten, die später erst durch die einsichtigen Verordnungen des Gouverneurs Grafen Götzen erfreulicherweise abgestellt worden sind, jahrelang ausschließlich mit der Erlegung von Wild beauftragt war und Tausende Stück Wild aller Art erlegt hatte. –

In einigen Fällen scheinen junge Löwen sehr früh und schon im Alter von etwa zehn Monaten auf eigene Faust, getrennt von der Mutter, zu jagen. Die jungen Löwen, welche ich beobachtete oder nach Europa mitbrachte, zeichneten sich durch außerordentlich starke Fleckung aus, und ich erinnere mich eines Falles, wo ein »alter Afrikaner« mit großer »Löwenerfahrung« darauf beharrte, daß dies junge Leoparden seien!

Es ist höchst bemerkenswert, daß die ostafrikanischen Löwen im allgemeinen keine so starke Entwicklung der Mähne zeigen, als gefangene Exemplare oder auch die Felle, welche aus Nord- oder Südafrika stammen. Das Problem der Verschiedenheiten der Entwicklung der Mähne ist noch nicht gelöst. Es kommen vollkommen mähnenlose männliche Löwen in Ostafrika in ausgewachsenem Zustande vor, – solche habe ich selbst erbeutet – und jedenfalls erscheint eine außerordentlich starke Mähnenentwicklung als ein Produkt der Gefangenhaltung. Angeblich haben Löwen in sehr dornigen Gegenden eine geringere Mähnenentwicklung.

Dies deckt sich aber nicht mit meinen Erfahrungen.

In den von mir bereisten Ländern bevorzugt der Löwe als Jagdtier hauptsächlich das Zebra, und er teilt diese Vorliebe für das Zebrafleisch mit den Karawanenträgern, die es ebenfalls allem anderen vorziehen. Erwachsene Rhinozerosse und Flußpferde – abgesehen von Elefanten – werden von ihm selbstredend nicht behelligt, alle anderen Tiere bis zur Stärke geringer Antilopen herab mit Einschluß der Jungen der erstgenannten beiden Arten jedoch gejagt. Einige Beobachter erzählen von seinen Angriffen auf Stachelschweine, die ihm oft übel bekommen sollen.

Die Löwen jagen oft gemeinschaftlich, sich das Wild gegenseitig zutreibend; in vielen Fällen habe ich dies aus den Fährten und nächtlichen Beobachtungen unwiderleglich feststellen können. Durch Gebrüll scheinen sie sich dabei gegenseitig zu unterstützen. Beim Überfall von Tieren, etwa an der Tränke, vermögen Löwen oft erstaunlich weite Sprünge zu machen; solche von vierundzwanzig Fuß Weite habe ich gemessen. Mit Vorliebe nehmen dabei die Löwen ihren Standort an einem hochgelegenen Punkte, etwa dem steilen Ufer eines Baches, um von dort aus auf die Beute schräg herabzuspringen. Bäume vermögen sie nicht zu erklettern im Gegensatz zum Leoparden.

An Wasserstellen zur Trockenzeit versammeln sich unter Umständen eine erhebliche Anzahl von Löwen. An dem Bache, an dem ich meine bestgelungenen Aufnahmen von Löwen zur Nachtzeit machte, hatten sich deren gegen dreißig verschiedener Stärke und verschiedenen Alters versammelt. Am frühen Morgen vermochte ich das aus den Fährten, da sie sich meist in Trupps zusammenhielten, zu erkennen. Mit Eintritt der Regenzeit verteilen sich diese Rudel, dem dann sich vereinzelnden Wilde folgend, über weite Gebiete. Vor mehr denn einem Menschenalter konnte Jules Gerard, ein Franzose, noch eine große Anzahl von Löwen in Algier, die meisten wohl aus sicherem Verstecke heraus, erlegen. Er wurde in der damaligen Zeit in Algier wie ein Heros gefeiert. Zweifelsohne war Gerard ein Mann von außergewöhnlichem Mute, wenn auch manche seiner Erzählungen in einer Weise phantastisch klingen, daß sie allzu deutlich den Stempel der Unwahrheit tragen. Namentlich seine Erzählung von den Kämpfen der Löwen um eine Löwin, wobei letztere die Rivalen zu einem sehr alten, starken Löwen hinzulocken weiß, der sie dann ihr zu Ehren umbringt, ist höchst spaßhaft, aber ich unterschreibe jede Zeile, wenn er an anderer Stelle sagt: Quiconque n'a pas vu un lion adulte à l'état sauvage, mort ou vivant, peut croire à la possibilite d'une lutte corps à corps à l'arme blanche avec cet animal. Celui qui en a vu un, sait que l'homme aux prises avec le lion est la souris dans les griffes du chat. (»Wer niemals einen alten Löwen in der Wildnis lebend oder tot geschaut hat, kann vielleicht glauben, daß ein einzelner Mann dem Könige der Tierwelt mit dem Schwerte entgegenzutreten vermöchte. Derjenige, der einen Löwen in Freiheit erblickt hat, weiß, daß der Mensch in solchem Falle nichts weiter ist als die Maus in den Krallen der Katze!«)

Jedenfalls aber haben eine Anzahl von Reisenden und Europäern überhaupt sich mit der Glorie von ihnen erlebter Abenteuer mit Löwen geschmückt, die häufig in das Gebiet der Fabeln zu verweisen sind. Angeschossene oder ausgestopfte Löwen wurden photographiert und dann als mutig angepürschte »wilde« Löwen Der Verfasser verfügt über eine große Sammlung derartiger und ähnlicher Falsifikate in Wort und Bild und bittet den Leser, ihm derartige Machwerke – auch in bezug auf andere Tierarten – gelegentlich einsenden zu wollen. Adresse siehe Vorwort. in Freiheit ausgegeben! Sonntagsjäger, die, ohne je Löwen gesehen zu haben, aber mit Löwenkrallen an der Uhrkette geschmückt, Löwenjagdgeschichten erzählen und verbreiten, gibt es eine Legion! In Fallen gefangene Löwen wurden als nach hartem Kampfe Aug' in Aug' erlegt ausgegeben. Immer wieder hören wir grausige Geschichten von »menschenraubenden« Löwen. Hierbei werden aber alle Unglücksfälle durch Leoparden und selbst Mordtaten durch Menschen nicht selten den Löwen aufgebürdet, ähnlich wie es in Indien – namentlich früher – den Tigern erging! Die Tagesliteratur bringt leider häufig derartige »Erlebnisse«; für den Kenner aber tragen sie den Stempel der Unwahrheit an der Stirn!

Zeit alten Zeiten wird der Löwe mit einem Nimbus umgeben, der ihn zum König der Tiere gestempelt hat. Ich teile die Ansicht erfahrener Beobachter, daß dieser Ehrentitel weit mehr dem afrikanischen Elefanten gebührt. Doch benehmen sich Löwen je nach ihren Aufenthaltsorten und den sie umgebenden Verhältnissen entsprechend, unterschiedlich; ihr Charakter zeigt sich wie bei vielen anderen Tierarten ganz verschieden, und sie bilden sich in ganz alten und erfahrenen Exemplaren wohl auch zu Menschenjägern aus, den »Maneaters« (Menschenfressern) unter den Tigern in Indien entsprechend.

Auch müssen wir streng unterscheiden zwischen hungrigen und gesättigten Löwen. Erstere sind, wie auch Löwinnen, letztere namentlich zur Zeit, wo sie Junge haben, mehr oder minder angriffslustig und dementsprechend gefährlich. Ich rate, gegebenenfalls stets zuerst die Löwin, dann den Löwen zu schießen, da erstere unter Umständen den auf ihren Gatten feuernden schützen angreift. Eingeborene haben mir diese Regel häufig bestätigt.

Nicht hungrige Löwen aber vermeiden in fast allen Fällen eine Begegnung mit dem Menschen sorgfältig. Auch hier aber gibt es Ausnahmen, wie die von mir geschilderte Löwenjagd auf den Hochebenen von Kikuyu beweist. In der Gefangenschaft haben die Tiergärtner und Dresseure ganz dieselben Erfahrungen gemacht: je nach Alter und Aufzucht, und je nach der mehr oder minder entsprechenden Behandlung und Pflege zeigt sich der Löwe in allen Variationen höchst gutmütig, wie auch unter Umständen sehr bösartig. Was in dieser Beziehung durch richtige Behandlung zu erreichen ist, bewiesen die geradezu fabelhaften Vorführungen des Dresseurs Havemann, der in der »Raubtierschule« des Berliner Zoologischen Gartens ohne jede Anwendung von Gewalt, lediglich durch richtige Erziehung, in geradezu freundschaftlicher Weise mit seinen Zöglingen verkehrte.

Unter allen Umständen legt der Löwe nächtlicherweise eine große Gleichgültigkeit und Furchtlosigkeit vor den Menschen an den Tag; auch scheut er angezündete Feuer verhältnismäßig wenig, wenngleich diese immerhin einen gewissen Schutz gewähren. Ich habe Fälle erlebt, wo in den von mir bereisten Gegenden Eingeborene trotz angezündeter Lagerfeuer – die aber vielleicht bereits mehr oder minder erloschen gewesen sein mögen – nicht weit von meinem eigenen Lager geraubt wurden, während Überfälle meines Lagers durch Löwen nicht erfolgten.

Immerhin hatten sich einzelne Exemplare zur Nachtzeit zuweilen bis auf drei oder vier Schritte meinem Lager oder meinem Zelte genähert.

In einem Falle hatte ein starker männlicher Löwe während einer sehr dunklen Nacht mein eigenes Zelt beinahe gestreift, um den Bach, an welchem mein Lager aufgeschlagen war, aufzusuchen. Rechts und links hätte er viele Meilen weit das Wasser ungehindert erreichen können. Nach eingenommenem Trunke war er auf genau demselben Wege in die Steppe zurückgewechselt und hatte, etwa zwanzig Schritt von meinem Zelt, einen von der Sonne schneeweiß gebleichten großen Knochen, der dort lange gelegen haben mochte, einer genauen Untersuchung unterzogen – wie aus seiner Fährte hervorging –, ehe er sich entfernt hatte.

Die am nächsten Morgen unternommene Verfolgung mußte ich nach etwa vier Stunden unterbrechen, da der Löwe schließlich in eine steinige Steppe gewechselt war, in welcher die Fährte nicht zu halten war. Ähnliche Gleichgültigkeit gegen Menschen bemerkt man beim nächtlichen Ansitze, wo die Löwen unter Umständen, unbekümmert um den im Dornenversteck sich befindenden Jäger, die angebundenen Esel oder Stiere angreifen und auf drei oder vier Schritt Entfernung erlegt werden. Nach meinen Beobachtungen, welche durch die von mir gemachten Aufnahmen zur Nachtzeit bestätigt werden, überfällt der Löwe seine Beute, nicht in einem Sprunge hoch in die Luft sich erhebend, sondern vielmehr flach über den Boden mit gewaltiger, unheimlicher Wucht und mit Blitzesschnelle sich auf sein Opfer stürzend und dasselbe ausnahmslos durch einen Biß ins Genick tötend.

Eine ganz besonders interessante Beobachtung zu machen, war mir im Jahre 1900 vergönnt. Ich folgte viele Stunden lang der Fährte einiger Löwen und geriet dabei plötzlich auf ein Straußennest mit teils schon ausgekrochenen jungen Straußen, teils im Ausfallen begriffenen Eiern. Zu meinem Erstaunen hatten die Löwen anscheinend die jungen Strauße verschmäht. Nach genauester Untersuchung der Fährten aber wurde ich eines besseren belehrt. Die alten Strauße hatten in der klaren Mondnacht offenbar die großen Katzen rechtzeitig wahrgenommen und sie, wie es untrüglich aus den Fährten hervorging, durch sofort bewerkstelligte Flucht von dem bedrohten Neste hinweggelockt. Etwa hundert Schritte vor dem Neste waren die Löwen, plötzlich in weiten Sprüngen den Straußen folgend, flüchtig geworden, um, nach kurzer Zeit das Vergebliche der Verfolgung einsehend, in ihren gewöhnlichen Schritt zu verfallen. So war es den Straußen gelungen, ihre bedrohte Brut zu retten!

Es war mir von höchstem Interesse, diese Beobachtung machen zu können, die mir einen Beweis lieferte, wie geschickt sich diese großen Erdbrüter vor ihren gefährlichsten Feinden zu schützen wissen.

Die Erfahrungen der Eingeborenen, daß die Löwin gefährlicher und aggressiver wie der Löwe ist, wird durch meine Nachtaufnahmen bestätigt, auf welchen in allen Fällen die Löwinnen den ersten Angriff ausführen, während die Löwen erst in zweiter Linie in Aktion treten. Hier möchte ich wiederum darauf hinweisen dürfen, daß die Löwen im allgemeinen nur nachts zu jagen pflegen, am Tage aber nur während der kühleren Jahreszeit davon eine Ausnahme machen. Während großer Hitze und in den Mittagstunden ruhen sie im Schatten. Auch gefangene Löwen erweisen sich gegen größere Hitze empfindlich; die Löwendresseure müssen stets wieder die Erfahrung machen, daß an besonders heißen Tagen des Sommers ihre Zöglinge wenig zur Ausführung ihrer oft unnatürlichen »Kunststücke« (an denen leider das Publikum immer noch Gefallen findet!) geneigt sind.

Eine Löwin reißt nächtlicherweile einen Eselhengst, der ohnehin, weil von Tsetsefliegen gestochen, einem qualvollen Tode verfallen gewesen wäre – drei weitere Löwen haben ihn (auf dem Bilde nicht sichtbar) von verschiedenen Seiten beschlichen.

Ich erinnere dabei daran, daß höchstwahrscheinlich in nicht zu lange verflossenen Tagen in Griechenland noch Löwen vorkamen, wie sie heute in Asien, wenn auch sehr vereinzelt, noch leben. Diese Löwen ertragen dort beträchtliche Kältegrade, wenn sie auch nicht so weit nördlich gehen, wie der ihnen nahe verwandte Tiger, der in einer zoo-geographischen Abart, dem sibirischen Tiger, im Winter inmitten von Eis und Schnee lebt und sich zu dieser Jahreszeit durch einen dicken Winterpelz vor Kälte schützt! Im Berliner Zoologischen Garten bewies uns das prächtige dort lebende sibirische Tigerpaar durch sein Gedeihen, daß es, das ganze Jahr im Freien gehalten, sich mit unserem Klima ausgezeichnet abfindet, und die entsprechend weit nordöstlich heimatende asiatische Löwenabart würde sich wohl in unserm Winter ebenso wohl befinden. Auch in den ostafrikanischen Hochländern tritt zur Nachtzeit unter Umständen ein sehr erhebliches Temperaturminimum – fast bis zur Eisbildung – ein, und Löwengebrüll in lautlos kalter Steppennacht ist besonders weit und klar vernehmbar. –


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