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III.
Der Forellenteich

Jack wuchs nun schnell heran und begleitete seinen Herrn oft weit über Bonamys Wohnsitz hinaus. Als die beiden Nachbarn ihm wieder einmal zuschauten, wie er sich in übermütigem Frohgefühl überkugelte, bemerkte Kellyan zu seinem Freunde: »Ich fürchte, es kommt mal einer und schießt'n im Walde über'n Haufen, weil er'n für einen wilden Bären hält.«

»Warum zeichnest du ihn da nicht mit den neuen Schafringen?« entgegnete ihm der frühere Schäfer.

So kam es, daß Jacks Ohren, sehr gegen seinen Willen, durchlocht und er wie ein Preishammel mit Ohrringen geziert wurde. Die Absicht war gut, aber es war weder schön noch bequem. Tagelang lag Jack im Kampf mit den Ringen, und als er schließlich heimkam und einen Ast mit sich schleppte, der sich in seinem linken Ohrschmuck verfangen hatte, entfernte Kellyan ärgerlich die Ringe wieder.

Bei Bonamy machte unser kleiner Bär zwei neue Bekanntschaften: es waren ein eingebildeter, grober, alter Hammel, der letzte Rest der früheren Herde, der Jack eine Todfeindschaft gegen alles, was nach Schaf roch, einflößte, und Bonamys Hund.

Das war ein ruheloser, kläffender, unangenehmer Köter, dem es besonderen Spaß zu machen schien, nach Jacks Fersen zu schnappen. Einen Spaß läßt man sich ja schließlich gefallen, aber dieses schreckliche Tier konnte kein Ende finden, und Jacks erste Besuche bei Bonamy litten arg unter solcher hündischen Tyrannei. Hätte er den Köter fassen können, so hätte er die Rechnung schon zu seinen Gunsten beglichen, aber dazu war er nicht schnell genug. Seine einzige Rettung war auf einen Baum. So fand er bald, bei Bonamy sei nicht gut weilen, und wenn er seinen Pfleger den Weg zum Nachbar einschlagen sah, schaute er ihn mit einem Blick an, als wollte er sagen: »Nein, ich danke«, und kehrte um, um sich daheim auf eigene Faust zu vergnügen.

Aber oft kam sein Feind mit Bonamy zur Jägerhütte und nahm da wieder das alte Spiel auf, den kleinen Bären zu zwicken. So viel Spaß machte ihm die Sache, daß der Hund auch allein heraufkam, wenn er Unterhaltung haben wollte, bis Jack gar nicht mehr aus der Angst vor dem gelben Köter herauskam. Aber auf einmal hörte das auf.

An einem heißen Tage, als die beiden Männer rauchend vor Kellyans Hause saßen, jagte der Hund den kleinen Bär wieder auf einen Baum, streckte sich dann zu gemütlicher Siesta im Schatten seiner Äste aus und überließ sich bald dem Schlummer, ohne weiter an sein Opfer zu denken. Jack verhielt sich eine Zeitlang ganz still, dann aber, als seine funkelnden braunen Äuglein auf den verhaßten Hund fielen, den er nicht loswerden konnte, schien in seinem kleinen Gehirn ein Gedanke wach zu werden. Er kroch langsam und lautlos den Ast hinunter, bis er über seinem Quälgeist war, der zusammengerollt und schlummernd dalag und leise Töne ausstieß, als wenn er im Traume auf der Jagd wäre oder, noch wahrscheinlicher, den hilflosen kleinen Bär peinigte. Davon wußte natürlich Jack nichts. Sein einziger Gedanke war zweifellos der, daß er diesen Köter haßte und daß er nun diesem Haß Luft machen könnte. Er zielte sorgfältig, ließ sich fallen und landete gerade auf den Rippen des Hundes. Für den war es ein fürchterliches Erwachen, aber er gab keinen Laut von sich, aus dem guten Grunde, weil ihm der Atem ausgegangen war. Knochen waren ihm nicht gebrochen, aber er war kaum imstande, sich in lautloser Flucht wegzuschleppen, während sein Hinterteil von Jacks mit Fleischhaken befransten Pfoten lebhaft bearbeitet wurde.

Offenbar war der Plan ganz ausgezeichnet, und wenn hinfort der Hund heraufkam oder Jack mit seinem Herrn hinunterkam, was er bald wieder öfter zu tun pflegte, so spielte der kleine Bär wieder mit mehr oder weniger Glück, wie es die Menschenkinder etwa nennen würden, das »Plumpsackspiel«. Da verlor der Hund schnell allen Geschmack am Bärenreizen, und in kurzem war es ein vergessener Sport.


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