Auguste Supper
Der Mönch von Hirsau
Auguste Supper

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Der Mai mit seinem Blühen
Kommt wieder in das Land,
Und helle Scharen ziehen
Hin, zu des Maines Strand.
Man höret es erzählen
Bald leise und bald laut:
Zu Würzburg wird sich wählen
Der König seine Braut.
Der Reichstag ward berufen
In grüner Frühlingszeit,
Und vor des Thrones Stufen
Steht bleich die Staufermaid.
Das blonde Haar umwehet
Ein Kindesangesicht.
Ob sie es wohl verstehet,
Was leis die Lippe spricht:
»Ich will Euch Treue halten,
Will teilen Bett und Thron,
Und Gott der Herr mög's walten
Und sein gelobter Sohn!«
Dann beugt sie sich, die Locken
Umspielen Königs Hand,
Kein Auge bleibet trocken,
Wie sie so vor ihm stand.
Und Otto neigt sich nieder;
Sein edel Angesicht, 221
Es spiegelt deutlich wieder,
Was er gelobend spricht:
»Ich will Euch hoch in Ehren
Stets halten, süße Maid,
In Lust und Freude kehren
Der jungen Tage Leid.
Seid Ihr mein Weib, soll nimmer
Der Jammer und die Not
Der klaren Augen Schimmer
Euch trüben, helf' es Gott!«
Das Königsaug' sich feuchtet,
Sein Herze ist ihm weit,
Er hat von Gott erleuchtet
Soeben prophezeit:
Kein Jammer hat berühret
Des Welfen staufisch Weib,
Den er für sich erküret,
Den minniglichen Leib,
Den nahm in seine Arme
Der Tod am dritten Tag,
Wo er vor jedem Harme
Gar wohl geborgen lag.
Kein Herze heute ahnet
Den Sinn im Königswort,
Ein »Heil Euch!« brausend bahnet
Den Weg sich fort und fort.
Zu Tausenden sie stehen,
Es kamen Freund und Feind,
Denn alle wollen sehen
Staufer und Welf vereint.
Die Fürsten stehn im Kreise
Aus Franken, Schwabenland,
Der Rhein hat gleicherweise
Die Edelsten gesandt.
Rechts ist der Thron gezieret
Vom reichen Welfentroß,
Links stehn, die hergeführet 222
Den zarten Staufersproß.
Aufs lange Schwert gestützet
Steht Marschall Kalandin,
Sein Falkenauge blitzet
Zum Welfenkönig hin.
Es ist, als woll' er sehen
Ihm auf der Seele Grund.
Und hinter ihm, da stehen
Die Großen von Burgund.
Dort Pfalzgraf Heinrich decket
Das Aug' sich mit der Hand,
Der Anblick, er erwecket,
Was er mit Müh' gebannt:
Den Schmerz um seine Tote,
Die sich in Liebeslust,
Ob Fluch der Staufin drohte,
Warf an des Welfen Brust.
Die beiden Kardinäle,
Sankt Croce, Hugolin,
Sie folgten dem Befehle
Von Rom mit leichtem Sinn.
Heut' gilt es nicht, zu schlichten
So manchen schweren Fall,
Es gilt nur, auszurichten
Die Segenswünsche all'.
Konrad von Speier hebet
Die Hand jetzt ob dem Paar,
Zwar seine Stimme bebet,
Doch schallt es laut und klar:
»Die Lösung ist gefunden,
Es kommt ihr keine gleich,
Jetzt heile deine Wunden,
Du kampfesmüdes Reich!
Zehn lange, böse Jahre,
Sie liegen nun zurück.
Von blutbefleckter Bahre
Eil' heut' zum neuen Glück! 223
Es prediget hienieden
Geschlecht es um Geschlecht:
Die Toten ruhn in Frieden,
Der Lebende hat recht!
›Heil König Otto!‹ töne
Es durch die Reihen laut.
Mit seinem Segen kröne
Gott Euch und Eure Braut!
Er sei zu dieser Stunde
Allhier und steh' uns bei,
Damit in Eurem Bunde
Des Friedens Quelle sei!«
Weg führt man jetzt das bange,
Das bleiche Stauferkind,
Dem über seine Wange
Manch heiße Thräne rinnt.
Gen Braunschweig zum Palaste
Führt sie ein stolz Geleit;
Bei Otto geht zu Gaste
Des toten Philipp Maid.
Sie soll in Treue harren,
Bis einst es an der Zeit,
Die Rosse dort schon scharren,
Frischauf, der Weg ist weit.

Der König steigt die Stufen
Empor zu seinem Thron,
Man hört des Herolds Rufen
Und der Trompeten Ton:
»Der König thut zu wissen,
Daß offen jetzt sein Ohr;
Wer guten Rechts beflissen,
Der trete kühn hervor!«
Da regt es sich im Kreise,
Es kommen Bitt' und Klag',
Und Otto richtet weise 224
Und mild an diesem Tag.
Lang währt die Arbeit heute,
So mancher drängt sich her,
Und denkt, daß leichte Beute
Vielleicht zu machen wär'.
Der eine will ein Lehen,
Das längst ihm hätt' gehört,
Der andre möchte sehen
Ein Räubernest zerstört;
Ein Zollrecht will ein dritter,
Ein Herr am grünen Rhein,
Ein Junker möcht' zum Ritter
Gar gern geschlagen sein.
Herr Otto höret Klage,
Wie Bitte mit Geduld,
Denn am Verlobungstage
Ziemt Milde ihm und Huld.
Jetzt blicket er hinüber,
Wo ernst die Staufer stehn,
In dieser Augen lieber
Will er sein Urteil sehn.
Von dorther kamen wenig,
Zu bitten Gunst und Gnad';
Ob wohl der Welfenkönig
Nicht ihr Vertrauen hat?
Fast wie Verstimmung gehet
Es Otto durch das Hirn,
Ein leiser Schatten stehet
Auf seiner freien Stirn.
Er rufet selbst gar helle
Hinüber jetzt und laut:
»Ihr brachtet mir zur Stelle
Die süße, junge Braut.
Nicht hab' ich Wunsch noch Bitte
Bis jetzt von Euch gehört,
Kommt sie aus Eurer Mitte
Ist sicher sie gewährt.« 225
Die Fürsten blicken schweigend
Auf ihren König hin,
Da tritt, sich tief verneigend
Hervor Herr Kalandin.
Er weist mit seiner Linken
Auf einen Rittersmann,
Man sieht ihn eifrig winken,
Und jener tritt heran.
»Herr König, habt zum Lohne
Für wackre Dienste Ihr
Noch übrig eine Krone,
Der Mann verdient sie hier.«
Es fährt der Alte weiter
Jetzt fort: »In manchem Streit
War dieser mein Begleiter,
Er hat mich oft gefreut.
Ich konnte selbst es schauen
Und sah's verwundert nur,
Wie kräftig er kann hauen
Trotz Platte und Tonsur.
Er half am Rhein mir säubern,
Wozu ihr mich gesandt,
Von adlig frechen Räubern
Das arggequälte Land.
Zu Sooneck that er Hiebe,
Die waren nicht von Stroh,
Die alten, edlen Diebe,
Sie merkten wie und wo.
Nicht weiß ich seinen Namen,
Er hat ihn nicht genannt,
Doch keinen schlechten Samen
Verrät solch tapfre Hand.
Ich fragte, was zum Lohne
Er heische für sein Mühn,
Er lachte: ›Eine Krone
Soll mir daraus erblühn!‹
Nun gebt sie ihm, o König, 226
Ein tapfrer, deutscher Mann,
Der wünscht sich nicht zu wenig,
Wenn viel er haben kann.«
Da schaut mit scharfen Blicken
Otto den Fremden an,
Man sieht ihn leise nicken,
Und zweifelnd spricht er dann:
»Wenn ich zu diesen Zügen
Nicht Stand und Namen ahn',
Mein Auge müßte trügen
Und hat dies nie gethan.
Die Stirne sollt' ich kennen
Und dieses Augenpaar,
Ich sah's in Feindschaft brennen
Vor einem kurzen Jahr.
Graf Heinrich Sponheim nannte
Sich der, dem dieser gleicht.
Sagt, ob ich Euch erkannte,
Es ward mir wahrlich leicht.«
Dann glätten sich die Brauen
Des Königs und er spricht:
»Noch einmal durft' ich schauen
Ein sponheimisch Gesicht.
Doch Kummerfalten zogen
Sich tief um jenen Mund,
Und graue Haare flogen
Um einer Platte Rund.
Der treuste meiner Freunde,
Er glich in jedem Zug
Dem tapfern, jungen Feinde;
Sagt, kenn' ich Euch genug?«
Man sieht ein Lächeln gehen
Durch Kraftos Angesicht:
»Was soll ich noch gestehen,
Wenn so mein Antlitz spricht!
Graf Heinrich ist mein Bruder,
Einst Euer grimmer Feind, 227
Der Ohm war Euch ein guter,
Ein wohlbewährter Freund.«
Der König Otto kehret
Sich um zum Marschall jetzt,
Den das, was er gehöret,
Sehr in Erstaunen setzt:
»Glaubt: Sponheims edlem Sohne
Ist es wohl längst bekannt,
Daß er nicht erst die Krone
Braucht aus des Welfen Hand.
Laßt es Euch tief nicht schmerzen
Und nehmt's mit Laune hin:
Der Graf, er wollte scherzen
Mit Euch, Herr Kalandin.«
Schon steigt dem alten Recken
Sein noch so heißes Blut;
Für jungen Fantes Necken
Ist er sich doch zu gut.
Krafto, hochaufgerichtet
Tritt schnell zum König vor:
»Wahr ist es, was berichtet
Der Marschall Eurem Ohr:
Ich suche eine Krone,
Doch für ein ander Haupt;
Nie hätt' in frechem Hohne
Ich mir den Spaß erlaubt.
Doch jetzt, Herr König, duldet,
Daß ich zurücke geh'.
Der Marschall hat verschuldet,
Daß ich so vor Euch steh'.«
Herr Otto schüttelt schnelle
Und eifrig da das Haupt:
»Erzählet auf der Stelle,
Was ich nicht gleich geglaubt.
Nicht länger schweiget stille,
Ich liebe Rätsel nicht;
Es ist des Königs Wille, 228
Daß der Graf Sponheim spricht!«
Da neigt mit heißen Wangen
Sich Krafto und beginnt:
»So wißt denn, mein Verlangen
Gilt einem Bürgerkind.
Die Krone soll mir zieren
Mein minnig Mägdelein,
Das ich als Weib will führen
An meinen grünen Rhein.
Ihr süßes Minnen lehrte
Mich erst das wahre Glück,
Ihr holdes Bild, es wehrte
Gar bitterem Geschick.
Durch sie kam ich zur Wahrheit,
Es schwieg des Zweifels Not;
Durch sie kam ich zur Klarheit,
Durch sie kam ich zu Gott.
Ich glaubt', das Lieb zu fassen,
Daß sie mein eigen sei,
Und nie mehr sie zu lassen,
Da war der Traum vorbei:
Denn Trautwein gab die Schwester
Nicht aus der treuen Hand;
Es ist der Männer bester
Und zieret seinen Stand.
Er sah mir in die Augen,
Da wußt' ich: er hat recht;
Er sprach: ›Soll Trude taugen
In Euer alt Geschlecht,
So ebnet ihr die Pfade,
Noch eh' sie Euch getraut!
Folgt, junger Freund, dem Rate,
So geb' ich Euch die Braut.
Ich ehr' und lieb' den eignen,
Den arbeitsvollen Stand,
Das wird wohl niemand leugnen,
Der Trautwein je gekannt. 229
Nicht, daß zu schlecht er scheine
Mir für den besten Platz,
Nicht dies ist, was ich meine;
Doch hier auch gilt mein Satz,
Der sich mir oft bewährte,
Und stets bewähren wird,
Weil ihn Erfahrung lehrte,
Die selten sich geirrt:
Willst gutes Tuch du weben,
So sei der Faden gleich!
Dies gilt allzeit im Leben,
Dies gilt, Herr Graf, für Euch.
Nimmt grob man einen Faden,
Den andern zart und dünn,
So hat man Spott und Schaden,
Statt Ehre und Gewinn.
Doch sind sie gleich an Stärke
An Weichheit und an Glanz,
So wird vollbrachtem Werke
Der wohlverdiente Kranz.‹
So sprach er, und ich dachte:
Der Mann hat recht gesagt.
So kam es, daß ich machte
Auf eine Krone Jagd.
Nicht bangt mir ums Gelingen
Und wär's noch lang dahin:
Einst werd' ich sie erringen
Für Trude Trautweinin.
Ein Grafenkrönlein drücke
Ich auf ihr lockig Haupt:
Der hat nicht weit zum Glücke,
Der mutig daran glaubt.
Einst wird ein Werk sich zeigen,
Das hohen Lohnes wert,
Und dann, Herr, sei mein eigen,
Was Kalandin begehrt!«
Krafto schweigt still und kehret 230
Sich ab, um wegzugehn,
Der König aber wehret
Ihm dies und heißt ihn stehn.
Laut spricht er, daß es dringet
Bis zu der Großen Reihn:
»Was Minne will, gelinget.
Es soll auch hier so sein!
Die Liebe überbrücket
Schnell Abgrund, Strom und Thal,
Dies Wunder, ihr erblicket
Es heut zum zweitenmal.
Ihr thatet nicht zu wenig,
Die Krone, nehmt sie hin!
Es schenkt sie Euch der König
Für Trude Trautweinin.
Das Mägdlein sei erküret
Zur Gräfin an dem Rhein!
Nun geht, Herr Graf, und führet
Sie auf Burg Stahleck ein!
Ich geb' es Euch zu Lehen,
Es ist ein guter Ort,
Der Liebe Träume wehen
Um Turm und Mauer dort.
Ein ander Paar, des Minne
Jed' Hemmnis überwand,
Es sah von jener Zinne
Dereinst ins offne Land.
Jetzt Pfalzgraf Heinrich scheuet
Den Ort, seit tot sein Glück.
Doch Ihr, Herr Graf, erneuet
Es dort und ruft's zurück!
Es ist mein Königswille.
Nun freiet Eure Maid,
Und Gottes Segensfülle
Sei Euer treu Geleit!«
Herr Otto schweigt; und dichte
Tritt Marschall Kalandin 231
Mit hellem Angesichte
Vor seinen König hin:
Er stößt sein Schwert zur Erde,
Das ist so seine Art,
Mit hastiger Gebärde
Streicht er den grauen Bart.
In seiner Stimme klinget
Ein seltsam weicher Ton,
Der bis ins Herze dringet
Dem Welfen auf dem Thron:
»Ich sag', wie mir zu Mute,
Aufrichtig, wie ich bin:
Ihr paart dem Welfenblute
Den edlen Staufersinn.
Das macht mir warm das Herze,
Das macht mir jung das Blut
Und macht nach manchem Schmerze
Mir vieles wieder gut.«
Graf Krafto steht beklommen,
Er hört die Worte kaum. –
Ist, was er heut' vernommen
Am Ende nur ein Traum?
Am Ziel, das Lieb' gewonnen!
Ist Wahrheit solches Glück?
Ist's morgen nicht zerronnen,
Wie Nacht vor Sonnenblick?
Er schaut sich in der Runde
Verstört fast um und scheu,
Da hört aus frohem Munde
Er Zuruf mancherlei.
Jetzt tritt er vor den König:
»Dank Euch, ich bin am Ziel!
Verdienste hab' ich wenig,
Doch glaubt, ich steh' nicht still.
Die Krone zu verleihen,
War Euer Königsrecht;
Doch ehren sie und weihen 232
Muß ich und mein Geschlecht.
Will's Gott, – es soll nicht fehlen,
Sie ruht in sichrer Hut,
Ihr möget darauf zählen,
Ich bürg' mit meinem Blut.«
Der König nickt und winket,
Da tritt der Graf zurück;
In seinen Augen blinket
Der Schein vom nahen Glück.

Noch einmal geht ein Rufen
An die zur Linken dann,
Da vor des Thrones Stufen
Tritt her ein bleicher Mann.
Er neigt sich vor dem König,
Fast so, als fall's ihm schwer.
Otto erbleicht ein wenig,
Dann forscht er sein Begehr,
Da klingt des Mannes Stimme
Gar laut, wie Glockenton,
Geschärft von innerm Grimme:
»Ich bin Graf Calwas Sohn.
Ich bin der Sohn des Grafen,
Der allzeit sich erfrecht,
Sich nicht zu Hirsaus Sklaven
Zu machen und zum Knecht.
Ich bin der Sohn des toten,
Des wilden Adelbert,
Der, wenn die Pfaffen drohten
Schnell faßte an sein Schwert.
Der trotzig sich that wehren
Und Habsucht lohnt' mit Haß,
Der Hirsaus frech Begehren
Bekämpft ohn' Unterlaß.
Ich bin der Sohn des Alten,
Der trotzig dies verbrach: 233
An Staufen festzuhalten
In Sturm und Ungemach.
Für solche schweren Sünden
Starb er in Romas Bann,
Den Hirsau ließ verkünden
Ob dem verruchten Mann.
Jetzt frag' ich Euch, den Welfen,
Und Rom, dort nah am Thron:
Ihr ruft, – doch könnt Ihr helfen
Des toten Calwa Sohn?«
Da steht hoch aufgerichtet
Schon König Otto dort,
An Gottfried Calwa richtet
Er ernst und stolz das Wort:
»Euch dünkt wohl, Treue krönen
Sei nur der Staufer Recht?
Wollt Ihr, Herr Graf, verhöhnen
Der Welfen stolz Geschlecht?
In stillen Grüften schlafen
Die, denen treu und gut
Die tapfern Calwer Grafen
Gedient mit Leib und Blut.
So müßt Ihr denn es dulden,
Daß für den toten Herrn
Der lebende die Schulden
Bezahlt, – er thut es gern.
Als Philipps Erbe stehet
Der Welfe heut' vor Euch;
Der Zwiespalt ist verwehet
Und Welf und Staufer gleich.«
Er winkt den Kardinälen:
»Ihr brachtet Romas Gruß, –
So laßt es auch nicht fehlen
Am rechten, guten Schluß:
Nehmt weg vom toten Grafen,
Ich bitte Euch, den Bann,
Und laßt in Frieden schlafen 234
Der Staufer treuen Mann!«
Die Kardinäle schauen
Sich staunend ins Gesicht;
Die beiden Römer trauen
Den eignen Ohren nicht.
Dann lächelt spöttisch leise
Der greise Hugolin:
Ist dieses deutsche Weise,
Ist dieses deutscher Sinn?
Ist Treu' so hoch gehalten,
Daß sie ein König ehrt
Am Feinde selbst am alten? –
Dies deucht ihm unerhört.
Doch über Art und Sitte
Zu rechten ist nicht Zeit,
Bei Ottos erster Bitte
Ist heute Rom bereit.
Mit Lächeln die Legaten
Sich neigen vor dem Herrn,
Sie können's ohne Schaden
Und sind gefällig gern.

Der Calwa tritt zurücke
In der Genossen Reihn,
Es tauchen seine Blicke
Ins Abendrot hinein.
Im stillen Mauergarten
Sieht er ein einsam Grab,
Worein sie den verscharrten,
Der ihm das Leben gab.
Im lauen Maienwinde,
Der jetzt vorüberfliegt,
Schickt Botschaft er der Linde,
Zu deren Fuß es liegt.
Die Botschaft zog hinüber,
Die Linde hat's erlauscht; 235
Doch traun, – sie hat darüber
Nicht freudiger gerauscht.
Die Wurzeln gaben Kunde
Dem, der in ihrer Hut,
Doch hat seit jener Stunde
Er besser nicht geruht. – – –

Dies war die letzte Bitte,
Die Otto noch vernahm,
Und daß sie aus der Mitte
Der trotz'gen Staufer kam,
Dies schien dem Welsen heute
Ein Omen, gut und licht;
Man las die stolze Freude
Auf seinem Angesicht.
Freu' dich des Tags, – er gehet!
Das Heute nur ist Dein.
Ganz fern im Süden stehet
Ein blutig roter Schein. 236

 

 


 


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