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13. Kapitel.

Wie Königin Rosalba auf die Burg des kühnen Grafen Panzersau kam.

 

Ihre Majestät, die ja nichts anderes zu verschenken hatte, machte alle ihre Anhänger zu Rittern des Kürbisordens und zu Freiherren, Grafen und Baronen; und sie hielten einen kleinen Hof für sie und machten ihr ein Krönchen aus Goldpapier und ein Staatskleid aus Baumwollsammet; und sie zankten sich wegen der Ämter, die an ihrem Hofe vergeben werden sollten, und über Stand und Vorrang und Würden – Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie sie sich zankten! Die arme Königin war ihrer Ehren herzlich müde, bevor sie sie noch einen Monat innegehabt hatte, und wer weiß, ob sie nicht sogar manchmal danach seufzte, wieder eine Kammerzofe zu sein. Aber wir müssen alle unsere Pflicht tun, jeder in seinem besonderen Beruf, und so ergab sich denn die Königin darein, den ihrigen zu erfüllen.

Wir haben schon gesagt, wie es kam, daß der Thronräuber Padella keine Truppen gegen diese »Armee der Treue« ausschickte. Sie kam einhergehumpelt, so hurtig als es das Podagra ihrer Anführer erlaubte, und bestand aus doppelt so vielen Offizieren als Soldaten. Eines Tages nun kam sie nahe an dem Besitztum eines der mächtigsten Fürsten des Landes vorbeigezogen, der sich nicht für die Königin erklärt hatte, aber auf den ihre Partei Hoffnungen setzte, da er mit König Padella immer im Streit lag.

Als sie sich dem Parkgitter dieses Edelmannes näherten, ließ er ihnen melden, daß er Ihrer Majestät seine Aufwartung machen wolle. Er war ein gar gewaltiger Krieger und hieß Graf Panzersau, und sein Helm mußte von zwei starken Negern getragen werden. Er kniete vor Rosalba nieder und sprach: »Hohe Frau und Lehnsherrin! Es ziemt den Großen des krimtatarischen Reiches, dem Träger der Krone, wer das auch immer sei, allen äußeren Respekt zu erweisen. Wir legen Zeugnis ab von unserem eigenen Adel, indem wir den Eurigen anerkennen. Der kühne Panzersau beugt sein Knie vor dem Haupte der Aristokratie seines Landes!«

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Rosalba sprach: »Der kühne Graf ist außerordentlich gütig!« Aber sie fürchtete sich vor ihm, sogar während er kniete, denn seine Augen blitzten sie finster an zwischen seinem Backenbart hervor, der bis zu ihnen heraufwuchs.

»Der erste Graf des Reiches, Frau Königin,« fuhr er fort, »begrüßt die Landesherrin. Der ebenbürtige Fürst spricht zu der nicht höhergeborenen Dame! Hohe Frau, meine Hand ist frei, und ich weihe sie, wie auch mein Herz und mein Schwert, Euch und Eurem Dienste! Meine drei Gemahlinnen liegen in meiner Ahnengruft begraben. Die dritte starb erst vor einem Jahre, und dies Herz sehnt sich nach einer Gefährtin. Geruhet die Meine zu sein, und, ich schwör' es, zum Brautmahl bring' ich Euch das Haupt des Königs Padella, Augen und Nase seines Sohnes Prinz Bulbo, die rechte Hand und die Ohren des thronräuberischen Herrschers von Paphlagonien, dessen Land in Zukunft ein Leibgedinge Eurer – unserer Krone sein soll! Sagt ja! Panzersau ist an Abweisung nicht gewöhnt, wahrlich, ich mag an die Möglichkeit einer Weigerung nicht denken, denn schrecklich wurden die Folgen sein, fürchterlich die Bluttaten, schauerlich die Verwüstungen, entsetzlich die Tyrannei, haarsträubend die Martern, das Elend, die Erpressungen, welche die Bevölkerung dieses Reiches zu erdulden haben würde, wenn Panzersaus Zorn gereizt werden sollte! Ich sehe Zustimmung in den lieblichen Augen Eurer Majestät, ihre Blicke füllen meine Seele mit Entzücken!«

»O mein Herr Graf!« sagte Rosalba und zog ihre Hand voller Schrecken zurück, »Dero Gräfliche Gnaden sind außerordentlich gütig, und es tut mir leid, aber ich muß Euch mitteilen, daß mich eine langjährige Neigung an einen Jüngling namens – Prinz – Giglio – fesselt, und daß ich niemals – niemals einen andern heiraten kann als ihn!«

Wer beschreibt Panzersaus Wut bei dieser Bemerkung? Er sprang vom Boden auf und knirschte so heftig mit den Zähnen, daß ihm das Feuer aus dem Munde hervorblitzte, aus dem zugleich ein wahres Donnerwerter von Flüchen und anderen Ausrufen hervorbrach, so laut, ungestüm und unziemlich, daß meine Feder sie nimmermehr wiederholen soll! »Ver–r–r–rvor–r–r–r–r–rfen! Tod und Verdammnis! Der kühne Panzersau verschmäht! Die ganze Welt soll meinen Grimm zu fühlen bekommen; und Euch, Prinzessin, Euch vor allen soll es reuen!« Und die zwei Neger mit Fußtritten vor sich herstoßend, stürzte er mit wehendem Backenbarte davon.

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Die Geheimen Räte Ihrer Majestät gerieten in fürchterlichen Schrecken, als sie den Panzersau in solch grenzenloser Wut aus der königlichen Audienz zum Vorschein kommen und mit den armen Negern Fußball spielen sahen, und dieser Schrecken zeigte sich in der Folge wohl begründet. Sie marschierten sehr niedergeschlagen vom Parkgitter Panzersaus ab, und eine halbe Stunde darauf stellte sich dieser raubgierige Krieger mit einer Handvoll seiner Leute ihnen entgegen; die stürmten auf sie ein, hieben auf sie los, prügelten, knufften, pufften, zerbläuten sie – bis die Armee der Treue nach allen Winden auseinanderstob.

Die Königin aber ward gefangen genommen. Arme Königin! Panzersau, ihr Überwinder, wollte sich nicht einmal herablassen, sie zu sehen. »Holt einen Leiterwagen,« sagte er zu seinen Stallknechten, »schmeißt das Weibsbild hinein und bringt sie mit meinen Empfehlungen Seiner Majestät dem König Padella!«

Zugleich mit seiner lieblichen Gefangenen schickte Panzersau einen Brief voll kriechender Artigkeiten und widerwärtiger Schmeicheleien an den König Padella: täglich schicke er (so schrieb dieser Erzheuchler) für das Leben Seiner Majestät und der königlichen Familie inbrünstige Gebete gen Himmel. Zum Schlusse versprach er, schleunigst seine demütige Huldigung am Throne seines erlauchten Herrn und Gebieters darbringen zu wollen, dem er sich zu Gnaden empfehle als einer seiner beständigsten und aufrichtigsten Anhänger. Auf den Leim ging aber so ein schlauer alter Kauz wie König Padella nicht, und wir werden sogleich vernehmen, wie der Tyrann seinen übermütigen Vasallen behandelte. Nein, nein, verlaßt Euch drauf: zwei solche Spitzbuben trauen einander nicht!

So mußte sich denn diese arme Königin auf Heu und auf Stroh niederlegen (es fielen ihr aber keine Röselein in den Schoß!) und wurde im Dunkeln viele, viele Meilen weit fortgeführt, an den Hof, wo König Padella eben angekommen war, nachdem er alle seine Feinde besiegt und die meisten davon ermordet hatte; einige der reichsten aber brachte er mit sich in die Gefangenschaft, damit er sie foltern und auf diese Weise herausbringen könnte, wo sie ihr Geld versteckt hätten.

Ihr Geschrei und Gestöhne drang bis zu Rosalba, die man in ein dunkles Verließ geworfen hatte. Das war ein höchst schauerliches schwarzes Loch, wimmelnd von Fledermäusen, Ratten, Mäusen, Kröten, Fröschen, Schnaken, Wanzen, Flöhen, Schlangen und Greueln aller Art. Kein Licht wurde herein gelassen, sonst hätten ja die Gefangenwärter sie sehen und liebgewinnen können, wie die Eule, die oben im Dache des Turmes wohnte, und die Katze der Frau Kerkermeisterin; Ihr wißt ja, die können im Dunkeln sehen. Als die Katze mit ihren grünen Augen einmal Rosalba erblickt hatte, konnte sie nicht mehr dazu gebracht werden, zu ihrer Herrin zurückzukehren. Und die Kröten in dem Verließ kamen und küßten ihr die Füße, und die Ottern ringelten sich ihr um Hals und Arme und taten ihr nie etwas zuleide, so bezaubernd war diese arme Prinzessin mitten in ihrem Unglück.

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Endlich, als man sie an diesem Orte eine ganze Ewigkeit gefangen gehalten hatte, öffnete sich eines Tages die Türe ihres Kerkers und der schreckliche König Padella trat herein. Aber was er sprach und tat, bleibt für ein anderes Kapitel aufgespart, denn jetzt müssen wir zu Prinz Giglio zurückkehren.


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