Ludwig Tieck
Die verkehrte Welt
Ludwig Tieck

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Vierte Szene

Stadt. – Große Illumination. – Der Namenszug des Skaramuz brennt an allen Fenstern.

Die Zuschauer: Herrlich! herrlich!

Wachtel: Jetzt hat es der Grünhelm gut, der sich dem Theater gewidmet hat, er kann das alles recht in der Nähe besehn.

Scävola: Wenn es nicht des Aufsehens wegen wäre, so stieg' ich auch hinauf.

Wagen fahren vorüber, und aus dem Schlage ruft man: O wie prächtig!

Skaramuz auf seinem Esel, Gefolge.

Skaramuz: Was ist das für ein Name?

Grünhelm: Der Ihrige, mein König.

Skaramuz: Laßt mir einmal den Maschinisten kommen, der das Zeug eingerichtet hat.

Maschinist tritt auf.

Maschinist: Ich bin Ew. Majestät unwürdiger Diener.

Skaramuz: Ich sehe, Er kann mehr als donnern und blitzen; es ist mir lieb, daß Er sich auf mancherlei appliziert hat. Fahre Er so fort, und es wird Ihm nicht fehlen, sich großen Glanz zu veranstalten. Ab.

Maschinist, gegen das Parterre: Die ganze Erleuchtung ist im Grunde zum Vergnügen eines verehrungswürdigen Publikums eingerichtet, und der einfältige Skaramuz bildet sich ein, es sei seinetwegen geschehn; aber wir wollen ihm davon nichts merken lassen, sonst ist ihm die ganze Freude mit seinem Geburtstage verdorben. Ab.

Wachtel: Es ist auch wahr, es ist bloß unsertwegen; aber ich wäre in meinem Leben nicht darauf gekommen.

Bäcker und Brauer kommen.

Brauer: Sieh, Gevatter, das nenn ich mir eine Illumination.

Bäcker: Ja, etwas anders kann es auch durchaus nicht vorstellen.

Brauer: Warum nicht?

Bäcker: Je, Mann, das sind ja lauter Lampen, und wo Lampen sind, da ist auch die Illumination nicht weit.

Brauer: Könnt Ihr darauf schwören?

Bäcker: Das nun wohl nicht, aber alle Leute sagen es doch so.

Brauer: Ja, wenn man alles glauben wollte, was die Leute sagen, da wäre einem übel geraten.

Bäcker: Das ist wohl wahr, aber das scheint mir noch immer eine Illumination zu sein.

Eine alte Frau mit einer Laterne.

Frau: Lieben Leute, ich suche schon die ganze Stadt durch; könnt ihr mir nicht sagen, wo das Feuerwerk ist?

Bäcker: Je, da hängt es ja.

Frau: Ach, das hab ich schon lange gesehn. – Aber, das ist wahr, es ist prächtig.

Brauer: Es ist ja kein Feuerwerk.

Bäcker: Seht, das kömmt so auf eine Manier heraus, und darum kann man's auch so nennen.

Frau: Also ist es doch noch ungewiß, ob ich recht bin?

Bäcker: Ins Teufels Namen, nein, das ist es ja.

Frau: Aber ich muß es doch gewiß wissen, sonst kann ich's ja nicht mit Seelenruhe genießen.

Brauer: Seht, da kommt eine große Maskerade.

Gefolge von Reitern in allerhand Masken: einige als Ritter, andre als Mohren, einer ist der Tod, ihm folgen einige Teufel.

Frau: Gott steh' uns bei, das war schön!

Brauer: Prächtig, und Philosophie liegt drin, ich versichre Euch, Salz.

Frau: Und der Satan war mitten drunter.

Bäcker: Alles unserm Könige zu Ehren.

Die Gäste kommen.

Gäste: Munter! munter! das heiß ich einen fröhlichen Abend!

Andre: So lustig sind wir lange nicht gewesen.

Andre: Und werden's lange nicht wieder sein.

Vierter Gast: Dumm ist's bei alledem, daß so'n Geburtstag, wie man's nennt, als an dem der Mensch geboren zu sein pflegt, seht ihr, daß der im Jahre nur einmal ist.

Erster Gast: Einmal? dummer Teufel! Hast du keine Wissenschaften im Kopfe? In jedem Jahrhundert ist er nur einmal.

Vierter Gast: Nur einmal? Nun hört, ihr Herren, die Possen! und jedes Jahrhundert kömmt selbst in hundert Jahren nur einmal. Ist's nicht wahr, Caspar?

Zweiter Gast: Ja, das ist ausgemacht; darum nennt man's auch immer ein Jahrhundert.

Vierter Gast: Wovon gibt's denn aber ein sechzehntes Jahrhundert?

Zweiter Gast: Narren, das war eine Ausnahme von wegen des westfälischen Friedens.

Dritter Gast: Mein Geburtstag fällt immer gerade dreimal in einem Jahre.

Zweiter Gast: Die Schalksjahre haben mehr Privilegien.

Alle: Kommt! kommt! wir wollen weiter, wir müssen auch die Maskerade sehn! Alle ab.


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