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Menuetto con Variazioni
Es sind schon so viele Menuetten gemacht, daß es schwer ist, ein neues Thema zu finden. Bringt nun, ihr ruhigern Töne, wo möglich Vernunft, Absicht und Anwendung in das Schauspiel, da es bald zu Ende ist; vielleicht ist der Schluß das Beste. – Aber, könnte man fragen, wäre es nicht zweckmäßiger, wenn dergleichen Werke nicht geschrieben würden? Das Höchste, was sie erreichen, ist: daß sie uns den Kopf verwirren.
Je nun, eine gute Verwirrung ist mehr wert, als eine schlechte Ordnung.
Variazio I
Das Neue ist bei einer Menuet, wie bei allem Vernünftigen, ein sehr entbehrliches Prädikat; in recht neumodischen Menuetten kommt man gar leicht aus dem Takt. Ob das Schauspiel nicht ganz ohne Takt-Abteilung mag geschrieben sein? Aber wozu all die Verwirrung? Krieg und Frieden, Ernst und Scherz? Nichts ist durchgeführt, keine Idee hält uns stand. Wozu die Qual, da wir schwerlich unterhalten sind.
Je nun, so sind wir doch gequält, und das ist vielleicht jezuweilen auch Unterhaltung.
Variazio II
Wer darauf ausgeht, etwas Unerhörtes zu schaffen, kann gar leicht ins Alberne, und hinter die ersten Anfangsgründe des Verständigen geraten, weil nirgend warnende Tonnen gelegt sind, den Schiffer von Untiefen und Sandbänken zurückzuweisen. Der Verirrte hält dann das Kindische für das Neue und Seltsame; aus Sucht zum Exzentrischen ist er abgeschmackt geworden; o wehe dem Dichter, der in das Gebiet hineinsegelt! – Aber, ist es nicht vielleicht dem gegenwärtigen so ergangen? – Den englischen Lustspieldichtern hat man oft vorgeworfen, daß sie die dummen Charaktere mit vielem Witze schilderten, diejenigen aber ohne Witz und Verstand auftreten ließen, die im Stücke für witzig und geistreich ausgegeben würden; von den deutschen Lustspielern kann man dies nicht behaupten; ihnen geraten die Narren nicht, aber aus den Vortrefflichen und Verständigen, die sie schildern, werden, ohne daß sie es merken, unvergleichliche Narren; und also kann sich ein deutscher Komödiendichter gewiß immer mit einem englischen messen.
Je nun, vortreffliche Leser, die Narren entgehn euch also auf keinen Fall, der Dichter mag sich auch gebärden, wie er will; woraus ich den Schluß ziehe, daß es weit vorteilhafter sei, ein Leser als ein Dichter zu sein.
Variazio III
Alles Vortreffliche ist immer noch neu, so alt es auch sein mag, es wird sich auch noch lange so erhalten, denn man nützt es durch Gebrauch nicht sonderlich ab. Wer den Satz versteht, dem ist es unbenommen, neu zu sein. – Aber, Lesewelt, Zuhörerschaft, wenn du dich etwa im Zustande des Nichtverstehens befinden solltest! Wenn der Teufel es ordentlich so veranstaltete, daß du dich zu klug fühltest, um klug zu sein! Kannst du vielleicht gar nicht einmal das Thema aus unsern Variationen heraushören?
Je nun, so haben wir sie doch gespielt, wir legen den Bogen hin und gehn nach Hause.