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Dann fällt ihm die Krebshöhle in der Seitenstraße ein; er rudert gemachsam und ohne rechte Freude dorthin. Aber mit der raren Witterung im Zusammenfluß der beiden Bäche kommt der Hunger in den Magen und stählerner Glanz in die grauen Augen.
Diesmal will er es geschickter anfangen und das Loch umgehen; auch hat er sich einen moosbedeckten, vorspringenden Stein gemerkt, der gleich unterhalb der Krebshöhle liegt. Wenn er unbemerkt dorthin gelangt, kann er im Schatten des Steins warten, bis ihm die Strömung Jungkrebschen herführt.
Hinter einer Uferbiegung taucht der überhängende Stein auf, und einen mäßigen Forellensprung weiter ist die Krebshöhle. Man kann vorschnellen, ohne erst zu springen.
Als er um die Biegung rudert, wird die Witterung stark; sein schmaler Körper zittert unter hohem Druck. Jetzt steht er still. Die grauen Augen bohren sich durchs 32 Wasser und halten vor dem schwärzlichen Rand des Hexenloches, aus dem Wurzelwerk und modrige Grashalme im reinen Wasser gespenstisch wehen. Er gewahrt die mörderische Zange, die wie ein gebrochener verwesender Erlenzweig leblos und tückisch über den Rand lugt. O heimtückische Welt! Aber die Jungkrebschen turnen auf ihr; vielleicht meint es die Zange gar nicht so!
Doch Haarleute gibt es, die es so meinen und heimtückisch sind. Der kleine Lachs weiß nichts von ihrem Dasein, sonst hätte er überlegt, ob es nicht klüger sei, sich vor der Hexe zu verraten, die im Erdloch viel weniger gefährlich ist und wahrscheinlich gar keinen Angriff unternehmen wird, weil sie sonst das Leben ihrer Jungen gefährdet. Dann wäre der kleine Lachs entweder in Bachmitte aufwärts gezogen, oder er hätte die Sonnenseite des Ufers für den Pirschgang gewählt; denn wenn er sonnenseitig wandert, muß er jeden Schatten gewahren, der vom Ufer her aufs Wasser fällt. Und da es nun einmal auf der Welt so bestellt ist, daß plötzliche Schatten fast immer Unheil bergen, hätte er dem schrecklichen Unglück ausweichen können. Aber man ist jung, fühlt sich stählern, besonders bei leckerer Witterung; kann mit der Schwanzflosse so gut umgehen, daß man übermütig wird; man ist sehr leichten Herzens; hat zu wenig herrische Bändigung geerbt; dazu ist das Hexenloch um diese Stunde schattenseitig gelegen; also tut man, wie man es für gut und vergnüglich findet. Zum Überfluß verrät man sich durch einen mutwilligen Luftsprung und darf sich nicht wundern, wenn man schreckliche Naturgesetze entfesselt. 33
Der Bursch ist ganz Hunger und Gier. Er ist nur mehr Auge und leerer Magen. Jetzt turnt ein Jungkrebs auf der Spitze der Zange und wird gleich abstürzen. Der Lachs tut eine verstohlene Bewegung mit den Armflossen und hält ganz an der Uferböschung. Die Kiemen liegen dicht, er atmet kaum vor Spannung; die Schwanzflosse ist ein gezücktes Schwert, unbeweglich und starr; gleich wird sie das Wasser pflügen. –
Da fährt es aus der Höhe herab wie ein Blitz. Scharfe Schmerzen pfählen seinen Leib. Er will vorwärts schnellen, aber er ist festgenagelt. Er wird aufwärts gerissen; ein plötzlicher Luftstoß sprengt ihm fast die Lungen. Er bäumt sich und tut rasende Schläge mit der Schwanzflosse; aber die findet keinen Widerstand mehr. Er sperrt das kleine Maul auf, so weit es geht, aber er fühlt, daß ihn die wilde Luft erstickt. Dann schlägt er auf die Erde, und neue, entsetzlich scharfe Schmerzen peinigen ihn. Dann weiß er nichts mehr. In einer Sekunde hat er die Feindschaft zweier Elemente erlebt, von denen sein Gemüt nie etwas erfahren hätte, wenn ihm beschieden gewesen wäre, den natürlichen Tod seines Geschlechts zu sterben, der o wie selten ist.
Die Katze hat den kleinen Burschen verspeist, und er hat ihr geschmeckt; denn sie sitzt noch lange am Ufer in der Sonne und putzt den Bart von Schuppen und Gräten rein; dabei schnurrt sie.
Die Jungkrebse turnen auf ihrer Mutter und wissen nichts von dem Unglück und sind beschäftigt mit dem eigenen Leben.
Auch der trotzige Bruder, der vorsichtig und langsam 34 bachaufwärts in das Gewässer seiner Heimat strebt, weiß von nichts und denkt nicht mehr an den Genossen seiner Kindheit.