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Krausgelockt hat das Buchenblatt getrieben, die Bucheln haben ihre Falterkeime ausgeschoben, die Hauptbuche blüht. Das Grummet auf den Dungplätzen der Herden hat sich zu Samtmatten verdichtet, tausendfältig durchflimmert von Gilbstern, Hahnenfuß, Milzkraut, Löwenzahn, Hainmiere und alles durchnestelt von der Perlenpracht des Lerchensporns; doch spielt auch des Lerchensporns rotbunter Farbenwechsel nur eine winzige Tonleiter in der Symphonie mailicher Zauberseligkeit, frühjahrlicher Gestaltungskraft. Blühfreudigkeit, Wuchsrausch, Wunscherfüllung – wer könnte des Hochstrebens Endziel abschätzen, den Endzweck der Natur erfassen, den Aufwuchsgedanken eines einzigen Jahres nur abstecken?
Die Bärin geht mit ihren Jungen schier unter in der allseitigen Ausstattung der strotzenden Bäume, dem Überschuß des aufgefrischten Bodens. Von oben schließen sich die grünen Dächer, von allen Seiten füllen sich die Spalten, und von unten heben sich die farbenbunten Decken; Schutz und Schirm wachsen für eine Bärenfamilie im Übermaß aus allen Ecken und Enden, und Gras und Kraut in Fülle dazu. Was braucht sie noch auf die unsicheren Almen und Wiesen auszutreten, da in Wald und Busch zwischen Windröschen und Zahnwurz Waldmeister und Sauerklee blühen und alles mögliche Gekräut zwischen gelbbekügelten Traubenholundern und weißbeflockten Spiersträuchern wuchert. Was braucht sie dem Frühling entgegenzuwandern in weite Taltiefen hinunter, wie sie es noch tat, als wieder der volle Mond über den kahlen Buchen stand und den Mangel an Deckung zehnfach sichtbar machte. Sie hatte des öfteren die Nacht unter einem Haselstrauch im Genist der Waldrebe geduldig abgewartet, schon reichlich tief an steilem Hang, wo ab und zu das taktmäßige Gejohle von Holzern oder der Treibruf vor ziehendem Ochsengespann auftönte, weitverhallend in den Tiefen der Anberge. Was es war, hatten die Jungen nicht enträtseln können, doch es schien nichts Gefahrdrohendes, denn Mütterchen hatte nur zwischendurch lässig mit den Gehören gespielt, sonst aber keinerlei Besorgnis gezeigt. Nur einmal ganz unten in den Dornen hatte Mütterchen mit deutlichen Zeichen der Unlust aufgemerkt, als die Töne ziemlich nahe klangen, und hatte, als sie sich wiederholten, lieber die Jungen genommen und das Tageslager verlassen. Was brauchte sie sich dem Gejohle der Holzklauber aus dem nächsten Gebirgsdorf auszusetzen oder dem Diebsgeräusch trogformender Zigeuner auszuliefern, so die Tage schon lang und ungemütlich wurden. Grünfraß ist allerorten, daher wären vom Standpunkt der Ruhe und Gemächlichkeit immer noch besser die hohen stillen Berglagen, wenn nicht auch andre Bedenken und Überlegungen mitsprächen. Da ist zum Beispiel die Frage, ob aus frühem Gedeihen der süßen Bärenfrucht, der Heidelbeere, für sie und ihre Sprossen nicht bekömmlichere Ernährung zu erwarten wäre, mit einiger Abwechslung natürlich an Ameisenbrut und verschiedenem anderen Gezeug, das unten doch eher in den Kreislauf des neuen Lebens eingeströmt ist. Das sind weniger Gedanken als Ausflüsse triebhafter Drängnis, da alles Frühling macht, unter diesem allen mitzumachen und abzuschöpfen, was des Nehmens wert ist.
Sie hat von der Zeit gelernt, und ihren Jungen muß sie das alles zugute kommen lassen, um ihnen viel Düsternis im Leben und viel Mißgeschick zu ersparen. Üble Erfahrungen allerdings können sie nicht genug erleben, um zu lernen, der bösen Welt nie zu trauen, in jedem Augenblick gewappnet zu sein gegen Feind und Gefahr, stets das Allerschlimmste zu glauben und nie das Beste, den Tod immer vor Augen zu sehen.
Wenn sie sich also gerade jetzt stets an den entlegensten Orten fern jeder Gefahr aufhielten, war vielleicht der Gegenwart, doch nicht der Zukunft gedient. Vom Fraß allein lebt man nicht, von der Sicherheit auch nicht, an Unsicherheit und Gefahr nährt man sich und wächst an ihnen empor, um zu leben. Den Menschen kennenlernen und seine Tücken, das ist es – und ihn dann meiden, denn er ist die größte Bestie. Nicht alle sind so, das wird man schon erfahren, doch nie soll man trauen, weil auch die Harmlosesten sich über Nacht ändern können. Nur einmal sich täuschen, und alles ist für immer verloren.
Das sind tiefeingesparte Untertöne, über die sie sich nicht Rechenschaft geben kann; aber der leiseste Ton im Gehöre, der an Mensch gemahnt, der leichteste Verdacht der Seher, daß es ein Mensch sein könnte, und gar erst der feinste Hauch im untrüglichen Windfang, daß Menschenruch in der Nähe, rührt diese Untertöne blitzartig auf, und schon rechnet sie mit den übelsten Folgen für sich und ihre Sprößlinge und muß sofort entschlossen wählen, je nach Umständen zwischen Flucht und Verteidigung; denn ihr Leben ist ihr in solchen Fällen weniger wert als das der Jungen und dazu da, für sie in die Schanze geschlagen zu werden. Zwischen Krieg und Frieden die richtigen Grenzen zu finden, ist auch ihre große Lebenskunst zur Erhaltung der Eigenheit und der Art ...
So war es daher Recht und Pflicht, war Bedürfnis und Opfer, daß sie ihre Jungen durch Gut und Böse leitete, wie es eben kam.
Es war sternandächtiges, schwülduftendes Abendschweigen, als sie selbviert wieder ihren regelmäßigen Abendwechsel einschlugen. Diesmal begann er bei dem haselverbuschten Überhangfels oder dem Wildbach, wo sie sich über Tag eingeschoben hatten. Wie ein feiner Silberfaden schnitt der rauschende Bach in die steilen, durch Schneerutsch und Wolkenbruch kahl gerissenen Grasböschungen, die sich zu beiden Seiten des Talbodens in das helle Grün der Buchwalbwände einfraßen, hoch hinauf und tief hinunter bis zum Haupttal. Die Alte führte an dem Hang talab, so in Baumhöhe über dem brausenden Wasser. Sie durfte beruhigt diese Richtung einschlagen, da die Abendluft schräg über die Schlucht strich und sie dabei stets gegen halben Wind äsen konnte. Zumeist war sie voran, aber oft genug, wenn sie sich über dem Gekräut zu lange aufhielt, nahm ungeduldig Rauhbautz die Spitze, um die Mutter zu flotterem Gang zu bewegen. Schon zog ihn die Erinnerung an die letzten Nächte des Beerenklaubens scharf an. Er hatte gelernt, und mit ihm das Geschwisterpaar. Wohl war auch in der Alten diese Erinnerung lebhaft, doch zog sie es vor, noch eine Weile in dem waldumdüsterten, unwegsamen Wildriß sattere Unterlage zu schichten, um dann, sobald die Nacht sich eingesessen, Abstieg und Überwechsel über die Talsohle an der Wegkreuzung zu wagen und das Heidelgekräut in den Birken und Aspen der alten Brandfläche wieder aufzusuchen. Der Abend trug auch noch reichlich aufgespeicherte Tageswärme, und in ihrem noch vollen Winterpelz würde ein scharfes Einsinken ins feuchtwarme Tal der Alten nur unnötige Überhitzung verursachen, war sie nun doch leidlich satt gestellt und sah in ihrer tiefschwarzen Winterfarbe recht überwältigend aus. Rauhbautz war unzufrieden in der Langweile des Abends, es ging ihm zu langsam vorwärts, und er prellte immer vor. Aber Mutterchen hielt den zögernden Trott ein, dazwischen mit ungeminderter Lust Gras und Kraut raufend. Sie hatte einen großen Körper, der rasch verdaute, und dazu mußte sie noch immer mit ihrem Gesäuge den Jungen nachhelfen. So haspelte sich denn die Zeit allmählich ab, und bis sie in das Haupttal schlurten, hatte auch der scharfe Abendwind seine Kraft verloren, der Ausgleich war hergestellt, und da strich wieder sanfte Luft bergauf, ihnen entgegen, so daß sie sicher talab wechseln konnten. Etwas früher hätten sie den ganzen Wind mit sich gehabt und hätten die Talwanderung nicht wagen dürfen, weil sie wie blind ins Ungewisse getappt wären. Jetzt konnten sie es an der Lehne ruhig abwärts nehmen, wobei sie das Bachbett selbst mieden, denn der betäubende Wasserbraus hätte ihre Gehöre nicht klar arbeiten lassen. Siehst du, Rauhbautzchen, was Mutter alles bedenken muß!
Eine einzige Stelle war gefährlich und durfte deshalb nur zur Nacht genommen werden; das war bei der Wegkreuzung, wo sie, den Wind dabei senkrecht durchschneidend, das seichte, breite Tal queren mußten. Die Wiese stand dort hoch unter schaukelnder Goldflut. Rauhbautz, wieder voran, wackelte hinein, und schon sträubte er zurück: Etwas Eigentümliches, noch nicht Erlebtes bannte ihn, etwas, was ihn zurückriß, was sich steinschwer auf die Sinne senkte, ein Duft, ganz schwach nur, aber so voll des Ekels, Gestankes, beißend und atemberaubend, stickig und giftig, daß sich dem Kleinen der Kamm borstig sträubte und der Kopf dick blähte. Seine Nüstern klapperten, und er starrte hin, ganz versteint, so wie der Vogel zu Stein wird unter dem Basiliskenblick der züngelnden Otter. Von dort aus dem Boden kam es, und er wäre fast darauf getreten. Da hatte auch Mutter den schweren Duft gefangen, und schon stand sie mit gehobenem Windfang neben Rauhbautz. Die andern kamen heran, schnupperten, den leicht wogenden Boden abmusternd, gleichfalls erregt in die Luft und äugten, seltsam verstört, fragend und erwartend zur Alten. Die ließ die Seher sprühen, stellte den Kamm auf, schärfte die Gehöre und befahl die Jungen, dumpf warnend, neben sich. Sie hätte sie auch sofort zurückgenommen, wenn die Gefahr es geboten, sie wäre auch unverzüglich in der Verteidigung zum Angriff übergegangen, wenn die Gefahr unversehens vor ihnen aus dem Boden gestiegen, wie es Rauhbautz andeutete. Die war indes schon vorüber, und nur ihre leise, unsichtbare Spur war zurückgeblieben: Duft eines Menschen, der hier vor Einbruch der Dunkelheit zu Tal gewandert war. Sie vermochte die Zeit unfehlbar abzulesen. Die Spur war nicht mehr warm, doch auch noch nicht erkaltet, und wies nach abwärts. Von einem Menschen rührte sie her, der nicht Hirte und nicht Jäger ist, aber beides wann immer werden kann – weiß man es denn? Von einem Menschen, wie die sind, die im Walde Holz schlagen und Pilze klauben. Der erste Ruch des Menschen, den die Jungen empfanden. Wie sein Träger aussah, wußten sie nicht, aber sie ahnten, sie fühlten, daß es ihr größter Feind war, vor dem sie immer auf der Hut sein mußten. Und Mutter wies ihnen dies deutlich genug. Sie klappte mit dem Fang, grollte dumpf, scharrte mit den Branten, führte hin zur gefährlichen Spur, witterte mit schnarrenden Nüstern auf und ab und ließ auch die Jungen sie wiederholt abwittern. Dann gebot sie gebieterisch Folge und überquerte die abwärtswehende Luft schräg gegen den Strich. Drüben führte der zweite Weg, bevor er sich mit dem ersten vereinigte. Breit und scharfgeschnitten trottete die Alte voran, kurz hinter sich die Jungen nachgängelnd. Noch ein paar Tritte, und sie stand in der Mündung des Hohlweges, drei Brantenlängen vor der Felsnase, um die er in scharfer Krümmung umbrach. Schon prallte, was sie vorher nicht hatte eräugen, nicht erwinden, nicht vernehmen können, ein dunkles Regen stolpernd heraus, wieder ein Mensch, ein Mann in Wollhose und Braunrock. Ihre Jungen – das durchzuckte sie blitzartig; mit dem nächsten Atemzug schlug sie aus schwarzer Nacht heraus dem Mann auforgelnd in die Schulter. Wie von stürzendem Baum getroffen sackte er rücklings ein, eh noch ein Wehlaut seiner Kehle entfahren. Und schon lag sie auf ihm und fleischte in ihm; aber der Fang wollte nicht recht fassen, verstauchte sich wie tot in den Fetzen. Sie biß und harkte in den Knäuel der schlotternden Hülle, wie es gerade kam – mit unbeschreiblichem Widerwillen. Blut sickerte, Blut, das sie mit Abscheu, mit unendlichem Haß erfüllte. Jeder Biß war ein Eintauchen in widerwärtigstes Gezeug. Sie sträubte beißend zurück, als der Mann wimmernd und stöhnend dalag; sie hatte ihre Wut gekühlt, ihre Jungen starrten seitab, nicht mächtig, sich zu regen.
Das war der Mensch! Der Mensch, den sie vor allem andern fürchteten – und dieser Mensch lag auf dem Boden. Doch er lag da wie eine giftige Kröte, die den Tod noch im Tode bringt, und neben ihm lag ein steifes blinkerndes Etwas, ein breites scharfes Etwas, das man sonst nie sieht, ein Etwas voll versteckter blutiger Tücke und Hinterlist, ein Etwas an langem Holz, das die Bärin im Ringen stumpf, aber schmerzhaft hart gestreift hatte.
Die Alte zackte zurück. Blasen und Fauchen schoß ihr befreiend aus dem Windfang, sie löste sich mißtrauisch, von Furcht ergriffen ab, warf sich in die Jugend und nahm sie mit bösem Gemurmel streng mit sich. Nur rasch davon! Da ein Aufschrei hinter ihnen, häßlich und erschütternd, langgezogen, und noch ein zweiter – im Grundklang ähnlich den Tönen, die sie unten zu Tal öfter schon vernommen. So also schreit der Mensch! Ruf des Menschen – nun wußten die Jungen um ihn. Und sie wechselten über Rücken und Täler in endloser Zahl, immer sorgsam den Wind in der Nase. Die Seher funkelten rot. Finsternis gab es ja nicht für sie, alles war wie am Tage, nur in ruhigerem, zerstreutem, nicht blendendem Ton. Sie wechselten durch Buchendickung, über Heidelgekräut, durch Fichtenjugend, Altholz, quer durch Windwurf; wo die Jungen nicht weiterkamen, half die Alte hebend und stoßend nach. Sie hielt die Spitze, immer wieder zurückäugend; hinten folgte die schwache Brut, verschwiegen, kleinlaut, furchtsam.
Der Mensch!
Nun hatten sie ihn geäugt, nun hatten sie ihn in der Nase; und sie bekam den Ruch nicht los, Mutter war ja ganz mit ihm bekleckert. Sie bekamen seinen Erreger selbst nicht mehr los, sie sahen ihn, sie empfanden ihn jetzt mit jedem Schritt: den Menschen. Und ihre Mutter deutete: Das ist das Abscheulichste, was wir kennen. Wenn ihr nicht müßt, wählt lieber die Flucht als den Kampf, denn niemals weiß man, was dahinter lauert. Merk dir nur, Rauhbautz, was Mütterchen dir deutet; vergiß nicht die Wiege deiner Kindheit und deren erste Lehren! ... Sie liegt nun fern hinter jenen Bergen auf der drittnächsten Alpe; Mutter hat weit weggeführt, und das Schicksal schreitet fort.
Immer noch hatte die Alte den Vorfall in allen Gliedern und Sinnen, immer noch konnte sie nicht zur Ruhe kommen. Auch die Jungen sahen nur noch den Menschen hinter jedem Stucken. Sie standen da, die vier, auf scharfer Rippe in greisem Hochwald. In den Abgründen rauschten wie röhrende Winde die Sturzbäche. Wie ein schwarzer Keil in das grüne Lebensmark des Jungaufschlages sich schiebend, stockte die Alte da, verhoffte – lange, lange, bewegungslos. Was mochte noch kommen? Fraßlust hatte sie keine. Die Sorge wuchs über sie. Und nun faßte sie ein plötzlicher Schreck, sie, die den Menschen geworfen, denn in den Stämmen regte sich ein dunkles Etwas, ein breiter Schatten wuchs – der Wind schralte. Zahn schlug klappend auf Zahn – die drei drängten sich angstvoll neben sie; sie nahm sie gestandenen Gehöres herum, setzte zur Flucht an – da schwang sich jenes auf einen Fallbaum – und sie versteinerte in der Flucht und mit ihr die Jungbrut. Dort starrte es nun, das genau so war wie Mutter, schwarz, dräuend, selbstbewußt. Aber es ging nicht zum Angriff über, und Mutterchen auch nicht – die beiden maßen sich, und die drei machten einen Kegel – es krachte dröhnend – und heran kam wiegend, stolz in steifem Staat und doch untertänig im samtglänzenden Schwarzpelz voll ritterlicher Kraft eine neue Mama. Nur Mutterchen wußte, was das bedeutete: ein Freier auf Brautsuche. Mit einemmal fiel alle Furcht und Unruhe von ihr ab, denn nun war sie nicht mehr allein, hatte ihresgleichen gegen Gefahr neben sich, und wo Bär ist, ist kein Feind in der Nähe – doch ihre Unschuld sträubte sich gegen galante Zumutungen; mit einem Blick auf ihre Jungen wies sie heuer größere Sorgen vor als billige Liebeständeleien in der Wonnezeit. Auch der Ankömmling war enttäuscht nach dem zufälligen Zusammenfinden, ihm sagte außer dem Gewusel umher seine nie irrende Nase, daß hier nichts zu finden sei. Da schliefen für dieses Jahr alle süßen Triebe noch ihren Winterschlaf.
Sie konnte es nicht hindern, daß er dennoch näherkam und sie zuvorkommend bewindete; sie erwiderte prüde, darauf achtend, daß sie stets zwischen ihm und den Jungen blieb. Eifersucht, Schutzwille stiegen in ihr auf. Die Kleinen murrten vernehmlich unter der groben Witterung – diese fremde Mama war ihnen nicht geheuer. Nur Rauhbautz schnüffelte sich, zum Rückprall bereit, neugierig heran. Doch da schwang eine Brante in hohlem Bogen von unten herauf und warf ihn fünf Gänge zurück in die Büsche; und Mutter, die das verschuldet, grollte bissig den alten Lackel an. Der fand die Sache ausgesprochen unhöflich und ungemütlich und empfahl sich mit einem vielsagenden Brummen; weit aus dem Bruch noch hallten die lauten, schweren Tritte herüber, die er in überschwellendem Kraftbewußtsein hochmütig rücksichtslos in das Geknäck setzte.
Das also war ihresgleichen. Der erste fremde Bär, den sie erlebt. Die kurze Begegnung hatte insofern genützt, als in Mutter die Ruhe einzog. Sie führte nun sanfter und vertrauter, schlug gar einen bekannten alten Schaftriebweg ein und konnte sich sogar entschließen, einen Findlingsstein nach dem andern auszuheben, um nach Ameisen und deren Puppen für die Jungen zu suchen. Die Kleinen schleckten so wenigstens noch ein paar Leckerbissen, und dann donnerte es hier und dort von einfallendem oder abreitendem Waldgeflügel, worüber die Kleinen immer erschraken, und die Alte leitete im aufbrechenden Morgenschein in die verfilzte Fichtendickung und schlug breit und hohl das Tageslager aus – weit weg vom trauten Heimatboden, wie es eben das Geschick gebracht.
Ringdrosseln schackerten, Urhennen gickerten, und über dem alten Berg stieg rot die goldene Sonnenscheibe.