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XXIV

Die Baumwolle blüht. An einem einzigen Strauch funkeln gelbe, blaue, rote und malvene Farben dicht beieinander. Und der Städter glaubt, wenn er diese Blumenfülle sieht, daß die Stauden keine Nutzpflanzen sind, sondern Ziersträucher, meilenweit um einen Rancho herum.

Schön anzusehen sind die dunklen, dem Weinlaub ähnlichen Blätter. Die Blüten sind wie Stockrosen … wenn man so die kilometerlangen Furchen hinunterspaziert, in schneeweißen Bombaches, Reitstiefeln aus Lackleder, das rote Seidentüchel kokett aus der Gesäßtasche flatternd und dazu die englische Pfeife schief im Maul.

Die fast in die Unendlichkeit hinunterreichenden Reihen der saftstrotzenden Stauden hat der Schweiß der Unkrauthacker zum Blühen gebracht. Auf den unteren Abzweigungen bilden sich schon die Samenkapseln. Für den Besitzer wird es Zeit, sich nach Pflückern umzusehen, nach den »freien Arbeitern«, den Indios, Criollos und Weißen, den Männern, Frauen und halbwüchsigen Kindern.

Friedrich Coßmann rechnete sich aus, daß er in diesem Jahr mindestens dreißig Pflücker haben muß, um gut durch die Ernte zu kommen. Ganz sicher waren ihm bis jetzt aber nur vier. Er schickte die beiden Indios Yamacinto und Huacua aus, Leute zu suchen. Er versprach den Indios für jeden angeworbenen Pflücker eine Prämie von 5 Goldpesos, zahlbar nach der Ernte. Und er schickte die beiden Criollos Ojar Cachi und Occlo Rahua aus; für jeden angeworbenen weißen Pflücker versprach er ihnen einen Goldpeso als Prämie, zahlbar nach dem dritten Erntetag. Und er hätte dem indianischen Burschen Cayrú sogar Vorschuß gegeben, wenn der Junge sich als Baumwollpflücker gemeldet hätte. Cayrú meldete sich freiwillig, und es geschah an jenem Nachmittag, als ihm Friedrich Coßmann auf dem Weg von der Zuckerrohrplantage zum Rancho in die Quere lief und ihn fragte, wie es ihm ginge.

Als Cayrú den Wunsch äußerte, wieder auf dem Hof arbeiten zu dürfen, antwortete Coßmann:

»Auf dem Hof noch nicht, mein Junge! Aber in acht Tagen ist die Baumwolle reif. Ich brauche Pflücker, dreißig, vierzig Leute. Willst du kommen?«

»Ich darf kommen, morgen, wenn du willst, Patrón.«

»In acht Tagen, mein Junge. Und deine Mutter bringst du auch mit? Und die Verwandtschaft? Alle darfst du mitbringen.«

»Mutter muß Krebse fangen, Patrón.«

»Sage deiner Mutter: In diesem Monat schmecken die Krebse nicht. In diesem Monat schmeckt aber die Arbeit im Baumwollfeld. Sage deiner Mutter: Bei mir im Baumwollfeld verdient sie in einer Woche mehr als im ganzen Jahr mit den Krebsen.«

Und er zeigte nach dem Baumwollfeld hinüber, das die Unkrautplage gut überstanden hatte, von den Raupen verschont geblieben war, die Heuschrecken nur in der Luft hoch oben zu sehen bekam und eine Rekordernte versprach. Es war mit der Baumwolle schon so weit, daß ein paar der der grellen Sonne ausgesetzten Kapseln aufsprangen, mit einem Knall, wie wenn ein Carretero mit der langen Lederpeitsche die Luft zerreißt und einem störrischen Ochsen das Fell.

Für das Einsammeln dieser ersten, fetten Wattebüschel genügte jetzt noch ein Mann. Im Schlenderschritt ging er mit dem Sack die Furchen hinauf und hinab. Übermorgen schon werden zwei Leute reichlich zu tun haben. Und in acht Tagen zwanzig, besser noch: dreißig, vierzig Pflücker.

»Also … mein Junge: In acht Tagen marschierst du mit deiner Mutter hierher. Wir fangen an, wenn die Sonne aufgeht. Sei aber pünktlich! Und sag deiner Mutter Bescheid!« Friedrich Coßmann drehte sich um und stampfte durch den roten Sand des Feldweges zum Rancho. Ein Feldhuhn trippelte wie ein Hund hinter ihm her.

Cayrú sah sich das Baumwollfeld noch eine ganze Weile an und dachte bei sich: Es kann nicht schwer sein, diese Kapseln einzusammeln. Ich werde hier sein, wenn die Sonne aufgeht. Und meine Mutter wird Krebse fangen gehen.

Aber wenn die Baumwolle eingesammelt sein wird … ob ich dann auf dem Hof wieder arbeiten darf? Meine Muñeca hat neulich gesagt, ja, du wirst wieder bei uns arbeiten dürfen, bald. Und wenn ich auf dem Baumwollfeld fleißig gewesen bin … der Patrón wird sagen: Jetzt komm wieder auf dem Hof arbeiten, Cayrú …


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