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Viel hat welsches Grenzgesindel, das so manchen langen Tag
In den Schenken müßig weilte, lärmend in den Straßen lag,
Frech zu prahlen sich vermessen: an der hohen Brennerwand
Werde künftig es den Grenzpfahl stellen vom Tirolerland.
Komödianten und Studenten, Räuber, die auf Weg' und Stegen,
Reisenden den Sack zu kappen, oft im Hinterhalt gelegen;
Schmuggler, und die Diebe Mailands, die jetzt frei ihr Handwerk trieben –
Alles rennt herbei, die »Herren« waren nicht zurückgeblieben.
Und die Fürstin Velgiojoso, Vrescia's kühne Amazonen,
Tugendreiche Damen, kamen rittlings auf den Bergkanonen;
Ihre Rücke hoch geschürzet, schritten sie dem Heer voran,
Zeigten was in rauhen Bergen hoher Muth der Frauen kann.
Als den wackeren Tirolern zukam jene Schreckenskunde,
Mit den Stutzen auf der Schulter und der kurzen Pfeif' im Munde,
Aus der Thäler tiefen Gründen, von der hohen Berge Kanten
Stiegen sie – die Allerkleinsten glichen mäßigen Giganten.
Und sie sahn weit aus der Ferne schon auf allen Felsenspitzen
Jene prodi cavalieri mit gespanntem Hahne sitzen;
Und der Welschen lange Büchsen und die Bergkanonen knallen,
Doch von den Tirolerbuben ist kein einziger gefallen.
Da entgegen treten siebzehn aus den Reihen unverdrossen,
Die ihr Pulver in der Heimath selten noch umsonst verschossen,
Steigen ruhig an den Felsen aufwärts, steigen unbekümmert,
Wie die Bäume neben ihnen auch das welsche Blei zertrümmert.
Und als sie herangekommen, wo die Feinde trotzig standen,
Eine lange Schützenkette, und sie eben schußrecht fanden,
Donnerten die siebzehn Büchsen, und das Echo donnert wieder,
Und herab von Fels zu Felsen stürzen dreizehn Leichen nieder.
Solcher grober Scherz erscheinet unsern Prodi nicht geheuer,
Und es dünkt sie in Tirol sei doch die Zeche ziemlich theuer.
Und sie eilen was sie können von den engen Felsenstegen
Wieder nach den weiten Thälern, nach den breit getretnen Wege».
Vorn die Fürstin Belgiojoso wieder auf der Bergkanone,
Hinter ihr in wilden Haufen die zerstreuten Bataillone;
Brescia's kühne Amazonen schürzen wieder auf die Röcke,
Fliehen mit den tapfern Männern wacker über Stein und Stöcke.
Eine Spähwacht der Tiroler war genug dem Feindesheer,
Und kein welscher Fußtritt schändet jenen heil'gen Boden mehr.
Als es auf dem festen Lande mit dem Kreuzzug nicht gegangen,
Wo so gröblich die Barbaren ihre feinen Gäst' empfangen,
Wollten sie's zu Schiffe wagen. Auf dem Gardasee gezogen
Kamen mächt'ge Kriegesdampfer durch den Amethist der Wogen,
Schnitten durch die klaren Fluten, flogen hin am Fruchtgelände
Goldner Hesperidengärten, duftender Citronenwände,
Und der Capitän, erhoben an des Steuerruders Rand,
Blickte siegesstolz, den Tubus und das Sprachrohr in der Hand.
Kaum daß er die grünen Hüte mit den Spielhahnfedern schaute,
Rollten auch schon der Geschütze ungestüme Donnerlaute,
Und er meint, lang eh' die Stutzen noch das ferne Schiff erreichen,
Würden die erschrocknen Schützen Sechsundreißig-Pfündern weichen.
Da tritt vor ein grauer Schütze, nimmt gleich wie zum Scherz sein Ziel,
Und schlägt an, setzt ab, zielt wieder, wie man pflegt beim Scheibenspiel,
Und indeß das Schiff noch sorglos fern sich in den Wogen wiegt,
Kracht die Büchse und des Alten sichre Todeskugel fliegt.
Auf dem Dampfer stäubt's vom Boden, und gleich einem Trunknen fällt
Taumelnd auf's Gesicht der Schiffer todt, der noch das Sprachrohr hält;
Und im Nu kehrt das Geschwader und fährt heim mit vollem Dampfe,
Was der Kessel hält, entfliehend dem verhängnißvollen Kampfe.
Und vom Land Tirol der Grenzpfahl steht noch wo er immer stand,
Am Isonzo, am Tonale, und nicht an der Brennerwand.