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Schlußbetrachtung

Nach allem, was wir aus den Seiten dieses Buches erfahren haben, dürfen wir also mit Recht von einem »Seelenleben der Haustiere« sprechen. Es tut dem Hunde wohl, wenn er gestreichelt wird, und es bleibt ein großes Unrecht, wenn z. B. gewissenlose Kutscher ihren Ärger an den armen Pferden auslassen.

Selbstverständlich sollen wir uns trotz dieser Einsicht von jedem Tiergötzendienst fernhalten und unsere Haustiere nicht etwa besser pflegen als die Mitmenschen. Wir wissen, daß der Hund früher Aasfresser war; er ist es bis auf den heutigen Tag geblieben. Es ist daher Kindern streng zu verbieten, Hunde zu küssen, das bleibt immer etwas Ekelhaftes. Obendrein ist es auch gesundheitsgefährlich, weil Hunde Bandwürmer beherbergen, von denen der Hülsenbandwurm (Taenia echinococcus) für den Menschen der gefährlichste ist. Da der Hund Kot beschnüffelt, so kann er die Eier dieses Bandwurms an die Schnauze bekommen. Man soll daher nicht nur das Küssen unterlassen, sondern den Tieren auch schon das Belecken nach Möglichkeit abgewöhnen. Denn die damit verbundene Gefahr kann sehr groß werden; die Eier des Bandwurms können sich in sehr wichtigen Organen festsetzen und sogar den Tod herbeiführen.

Es wäre falsch, aus solchen Gründen für die Abschaffung der Hunde einzutreten, wie es manche Tierfeinde tun. Alljährlich fordert das Schwimmen, Schlittschuhlaufen und Bergsteigen Opfer, aber trotzdem werden die Menschen nicht auf diese Vergnügungen in der schönen Natur verzichten wollen. Es gibt eben keine Rosen ohne Dornen in dieser Welt.

Bei unseren Betrachtungen über die verschiedenen Haustiere ist uns klar geworden, daß ein Vergleich unserer Haustiere mit ihren wildlebenden Verwandten nicht immer zu ihren Gunsten ausfällt. Die Haustiermachung, d. h. die Fütterung und Behütung der Tiere vor Gefahren durch den Menschen und seine Fürsorge hat ihnen manche Gaben und Fähigkeiten geraubt, die ihnen in früheren Zeiten, als sie noch wild lebten, eigentümlich waren. Wir haben gesehen, daß wir beispielsweise erst durch die Haustierschaft das Schaf zum Schaf und die Gans zur Gans gemacht haben, während Wildschafe und Wildgänse in der freien Natur äußerst gewandte und lebhafte Geschöpfe sind.

So sind wir zu dem Ergebnis gelangt, daß wir Menschen durch unser Gehirn und die geistigen Fähigkeiten den Tieren zwar unendlich überlegen sind, daß aber umgekehrt das Tier zum Teil schärfere Sinne und Instinkte hat, die uns im Laufe der Jahrhunderte verlorengegangen sind. Diese Erkenntnis sollte uns vor unberechtigter Überhebung bewahren und uns stets an unsere Pflichten gegen die Haustiere erinnern.


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