Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XIV. Magister Johannes Krabacius grüßt den Magister Ortuin Gratius.

Nachdem ich zwei Jahre mit Ew. Excellenz in Köln zusammen gewesen bin, und Ihr mir gesagt, ich solle Euch, wo ich auch sein möge, immer schreiben, so zeige ich Euch nunmehr an, daß ich Kunde erhalten habe von dem Tode eines ausgezeichneten Theologen – man nennt ihn unsern Magister Heckmann aus Franken – er war einer der erste Männer und zu meiner Zeit Rektor daselbst, ein tiefgelehrter Forscher auf der Bahn des Skotus, ein Feind aller weltlichen Poeten, ein glaubenseifriger Mann, der gerne Messen zelebrierte. Als er das Rektorat zu Wien bekleidete, hielt er seine Untergebenen äußerst strenge und verdiente sich Lob. Einmal, während ich in Wien war, kam ein Geselle aus Mähren, der ein Poet sein soll und auch Gedichte machte; er wollte Vorlesungen über die Poetik halten, war aber noch nicht inskribiert. Da verbot es ihm unser Magister Heckmann; jener aber war so vermessen, daß er sich um dessen Verbot nicht kümmern wollte. Nun verbot der Rektor der Studentenschaft, seine Vorlesungen zu besuchen. Hierauf verfügte sich jener Lotterbube zu dem Rektor, stieß viele hochmütige Reden aus und dutzte ihn sogar. Dieser schickte nun nach den Pedellen der Universität und wollte ihn ins Karzer sperren lassen, da es großes Ärgernis gab, daß ein bloßer Geselle einen Rektor der Universität, der einer unserer Magister ist, dutzen sollte. Bei dieser Gelegenheit hörte ich auch, daß jener Geselle weder Bakkalaureus, noch Magister, noch auf irgend eine Weise befähigt oder graduiert ist, sondern wie ein Streiter einhersteigt, oder wie einer, der in den Krieg ziehen will: er trug auch eine Sturmhaube und ein langes Messer an der Seite. Aber bei Gott, er wäre auch ins Karzer gekommen, wenn er keine Bekannten unter der Bürgerschaft gehabt hätte. Es schmerzt mich tief, wenn es sich bewahrheiten sollte, daß jener Mann gestorben ist, weil er mir, während ich in Wien war, viel Gutes erwiesen hat, und deshalb habe ich ihm folgende Grabschrift gemacht:

Der hier im Grabe ruht, war ein Poetenfeind:
Weghaben wollt' er sie, als sie die Lust ergriff,
Ihr Wesen hier zu treiben. So war kürzlich erst
Aus Mähren einer, ohne jeden Titel, hier
Erschienen; diesen wollt' er in das Karzer tun,
Weil er in seinen Reden stets das »Du« gebraucht.
Doch, da er tot jetzt und zu Wien begraben ist,
So sprecht zwei Vaterunser oder drei für ihn.

Es war en Bote hier, der Neuigkeiten brachte, welche. Wenn sie wahr sind, schlimm sind, daß Eure Sache bei der römischen Kurie nicht gut stehe; allein ich glaube es nicht, weil derlei Boten auch viel Erlogenes sagen. Die Humanisten murmeln zwar hier allerlei gegen Euch und sagen, sie wollen den Dr. Reuchlin samt seinen Gedichten verteidigen; weil Ihr jedoch auch Dichter seid, wenn Ihr nur wollt, so glaube ich, daß Ihr wohl vor ihnen bestehen werdet. Doch müsst Ihr mir schreiben, wie die Angelegenheit steht. Wenn ich Euch dann beistehen kann, so sollt Ihr einen treuen Genossen und Helfer an mir haben. Lebet wohl!

Aus Nürnberg.


 << zurück weiter >>