Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Fünftes Kapitel

Als Fakredin Tancred wie gewöhnlich gute Nacht wünschte, geschah dies mit etwas veränderter Stimme; er hatte überhaupt Tancred an diesem Abende schon verschiedene scharfe Antworten gegeben und fühlte sich selbst erleichtert, sowie er sich von seinem Freunde getrennt hatte. Der Erbe von Bellamont aber hatte von dieser Veränderung gar nichts bemerkt. Obwohl nämlich Tancred ernster Natur war und niemals lachte und nur selten lächelte, so verfügte er doch über die ungewöhnlichste aller Gaben, nämlich ein liebevolles Gemüt. Er war nur deswegen so ernst, weil er immer nachdachte und immer an große Taten dachte. Aber er besaß ein weiches, gutes Herz, das die Gefühle anderer nur mit großem Widerwillen verletzte. Anderen, selbst unbeabsichtigt, wehe zu tun, tat ihm selber zu weh, als daß er auch nur hätte daran denken können. Obwohl er den Charakter anderer schnell erraten konnte, so hatte er dennoch einerseits nicht genügende Lebenserfahrung und andererseits lenkte ihn die Selbstbeobachtung, der er so oft oblag, von der eingehenden Prüfung anderer zu sehr ab. Es war außerdem einer seiner liebenswürdigen Fehler – ein Fehler, der im allgemeinen nicht selten gemacht wird –, in anderen, die er schätzte, dieselben Tugenden zu vermuten, die er selber besaß und auch zu glauben, daß sie von denselben Freundschaftsgefühlen für ihn beseelt seien, wie er für sie. Er, der so ernst, so tief veranlagt und in allen seinen Beziehungen so loyal war, konnte darum den Verdacht nicht fassen, daß sein erwählter Busenfreund ihm gegenüber weniger aufrichtig, weniger tief und treu empfinden könnte. Deshalb bemerkte er die Veränderung im Betragen des Emirs überhaupt nicht und begegnete dessen plötzlicher Gereiztheit mit seiner gewöhnlichen Sanftmut und Selbstlosigkeit.

Am nächsten Morgen hatte sie Astarte zur Falkenjagd eingeladen. Sie verließen darum die wilden Berge und ritten in die mehr angebaute Ebene herab, wo sie gute Sportgelegenheit fanden. Fakredin war in dieser Art Jagd sehr erfahren und legte einen besonderen Wert darauf, vor der Königin diese seine Tüchtigkeit an den Tag zu legen. Tancred hingegen hatte gar keine Übung darin, aber die Königin gab sich die größte Mühe, ihm während des Aufenthaltes in ihren Bergen diese hohe Kunst beizubringen, dem Emir hingegen, der in prächtigem Jagdkleide auf einem der rassigsten Pferde und mit dem stolzen Falken auf dem Handgelenke immer hin und her galoppierte, gefiel diese Bevorzugung seines Freundes durchaus nicht.

Die Fürsten speisten wieder mit Keferinis, was von nun an während ihres ganzen Aufenthaltes regelmäßig geschah, und nachher gingen sie in Begleitung des Ministers in den königlichen Diwan hinüber, zu dem sie eine dauernde Einladung erhalten hatten. Hier trafen sie Astarte, die sich stets in Gesellschaft von Cypros und ihrer Gefährten befand – die Frauen spannen, und während dieser Arbeit konnten sie mit ihren Gästen mancherlei Gespräche führen. So gingen zwei bis drei Tage dahin. Morgens ging man in der Regel auf die Falkenjagd oder besuchte irgend ein fruchtbares Tal, durch das ein Fluß hindurchfloß, und in dem Oleander- oder Akazien- und Sykomorenhaine Schatten spenden konnten. Fakredin hatte jetzt durchaus keinen Grund, sich über Astartes Benehmen ihm gegenüber zu beklagen, denn diese verhielt sich gegen ihn äußerst liebenswürdig. Er gefiel ihr auch tatsächlich, denn seine unaffektierte, reizende Bescheidenheit, seine liebenswürdige Zuvorkommenheit nahmen sie wirklich, wie schon viele andere vor ihr, für ihn ein, und Fakredin seinerseits hing an jedem ihrer Blicke und Worte und schien jede ihrer Gefühlsäußerungen, Beobachtungen und Ansichten zu verstehen und zu teilen. Die Königin konnte wirklich diesem unschuldigen, häufig errötenden und doch so angeboren vornehmen Jüngling gegenüber nichts anderes wie das tiefste Interesse empfinden.

Trotzdem also der Emir gar keinen Grund hatte, sich über Astarte irgendwie zu beklagen, konnte es ihm doch nicht entgehen, daß ihr Benehmen Tancred gegenüber ein ganz anderes sei, und diese Verschiedenheit war sicherlich nicht zu seinen Gunsten. Er, Fakredin selber, horchte zwar auf jedes Wort der Astarte, aber er bemerkte gleichzeitig, daß die Königin ihrerseits an Tancreds Munde hing, obwohl Tancred, der voll großer Ideen und Zukunftspläne war, gar keine Ahnung von dem Eindruck hatte, den er auf sie gemacht hatte. Fakredin aber verlor dennoch nicht den Mut, denn auf der anderen Seite wurden auch ihm mancherlei Auszeichnungen zuteil. Es war wirklich eine hochinteressante Situation, eine, die zu den kühnsten Vermutungen Anlaß geben konnte. Fakredin fühlte, daß er Astarte nicht gleichgültig war, außerdem setzte er Vertrauen und ein gerechtes Vertrauen in sein einnehmendes Wesen. Sein Nebenbuhler dachte vielleicht gar nicht an Eroberung und hatte sicherlich von seinem Erfolge keine Ahnung. Selbst, wenn er der Bevorzugte gewesen wäre – was Fakredin übrigens nicht recht zugeben wollte –, so konnte er doch mit Sicherheit von jemand aus dem Sattel gehoben werden, der ein bestimmtes Ziel hatte, der ihm seine ganze Aufmerksamkeit widmete und kein Mittel scheute, es zu erreichen.

Fakredin bemühte sich von diesem Augenblicke an um Keferinis' Freundschaft. Er verbrachte viele Stunden in der Gesellschaft dieser einflußreichen Persönlichkeit, die er mit seiner großen Schmeichelkunst und seiner geschickten Unterhaltungsgabe bald gänzlich für sich gewann; er bat ihn um seinen Rat in wichtigen Angelegenheiten, die aber ganz frei von ihm erfunden waren; er, versicherte Keferinis, daß ihm der Emir Beschir in seiner Jugend auf das strengste angeraten hätte, immer gute Beziehungen mit dem berühmten Minister der Ansari zu unterhalten, er machte ihm ferner einige Juwelen zum Geschenk und versprach ihm noch dazu haushohe Berge.

Am vierten Tage ihres Besuches war Fakredin endlich einmal allein mit der Königin, denn Tancred war von Keferinis, als er sich gerade in die königlichen Gemächer begeben wollte, aufgehalten worden. Der junge Emir hingegen war weitergegangen, weil er sich eine so gute Gelegenheit nicht hatte entgehen lassen wollen.

Man unterhielt sich vom Libanon; Fakredin hatte gerade Astarten, auf ihr Verlangen eine Beschreibung seines Schlosses Canobia und gleichzeitig seinem Wunsche Ausdruck gegeben, sie möchte dieses doch einmal mit einem Besuche beehren – als Astarte, ziemlich plötzlich, mit leiser Stimme und etwas verlegen bemerkte: »Was mich besonders überrascht, ist die Tatsache, daß Darkusch, der mein Diener in Damaskus ist, durch die treue Taube mich ausdrücklich wissen ließ, daß einer der Fürsten, die Gindarics besuchen wollten, ein Angehöriger unserer alten, schönen Glaubensgemeinde sei; wohingegen mich der englische Fürst versichert hat, daß dies gänzlich unbegründet, ja unmöglich sei; unser alter, schöner Glaube, so fügte er hinzu, habe niemals in dem Lande seiner Väter eine bleibende Stätte gefunden, und er sei nur deswegen mit unseren Götterbildern und Sagen vertraut, weil in seiner Heimat die Sitte herrsche – eine seltsame und fast unverständliche Sitte –, der Jugend die alten Gedichte der Griechen in die Hand zu geben und auf sie die Erziehung zu gründen, Gedichte, deren wir gänzlich verlustig gegangen sind, und an die uns nur unsere heiligen Legenden noch erinnern.«

»Wir sollten über das Tun und Lassen der Engländer niemals in Verwunderung geraten,« bemerkte Fakredin, »denn diese Leute sind schließlich gewissermaßen doch nur Wilde. Ihr Land ist vollkommen unfruchtbar, es ist eine Insel, oder vielmehr ein Felsen, etwas größer als Malta, aber lange nicht so gut befestigt. Alles, was sie brauchen, müssen sie aus anderen Ländern beziehen, zum Beispiel Getreide von Odessa und ihren Wein aus Spanien. Ich habe sogar in Beirut mir erzählen lassen, daß nicht einmal ihre Baumwolle in ihrem Lande wächst, aber so etwas kann ich kaum glauben. Sogar ihre Religion hat einen fremden Ursprung: denn diese stammt aus Syrien – es kann daher niemand wundernehmen, daß sie ihre Erziehung aus Griechenland bezogen haben.«

»Die armen Leute!« rief die Königin aus, »und darum reisen sie auch wohl soviel – wahrscheinlich wünschen sie, sich etwas mehr zu bilden.«

»Darkusch übrigens«, fuhr Fakredin fort, ohne den letzten Einwurf Astartes zu beachten, »war keineswegs falsch unterrichtet.«

»Wieso nicht?«

»Nein, denn einer der Fürsten, der Gindarics zu besuchen wünschte, gehört in gewisser Hinsicht zu dem alten, schönen Glauben – aber dies war nicht der englische Prinz.«

»Was bedeuten diese vagen Bemerkungen?« fragte Astarte erstaunt.

»O schöne Astarte,« sagte Fakredin, »Sie haben meine Mutter nicht gekannt.«

»Wie sollte ich sie auch gekannt haben, Emir der Schlösser des Libanon? Habe ich doch diese Berge, die mir teurer sind, als die ägyptischen Pyramiden dem großen Pascha, niemals verlassen! Habe ich doch niemals eure Frauen, weder Maronitinnen noch Drusinnen, mit ihren weißen Lakengewändern und Hörnern auf dem Kopfe zu Gesicht bekommen!«

»Fragen Sie Keferinis,« sagte Fakredin und seufzte dabei, »er ist in Bteddin, am Hofe des Emirs Beschir gewesen. Er hat meine Mutter wenigstens vom Hörensagen gekannt. Meine Mutter, wunderschöne Astarte, war eine Ansari.«

»Ihre Mutter eine Ansari!« wiederholte Astarte aufs äußerste überrascht, »Ihre Mutter eine Ansari? Zu welcher Familie gehörte sie denn?«

»Ach!« erwiderte Fakredin, »das eben ist der geheime Kummer meines Lebens. Meiner Mutter Geburt ist in Dunkel gehüllt, denn ich habe als ganz kleiner Junge meine beiden Eltern verloren – ich lag noch an ihrer Brust,« fügte er mit gebrochener Stimme hinzu, »und um uns wütete der verbrecherische Krieg. Wer war die Mutter meiner Mutter? Ich bin hierher gekommen, um das womöglich ausfindig zu machen. Ihre Rasse und ihr wunderschöner Glaube sind der Traum meines Lebens gewesen. Ich habe darum beständig gewünscht, einmal ihre Verwandtschaft ausfindig machen zu können und ihrer Götter mit eigenen Augen ansichtig zu werden.«

»Wie interessant das alles ist«, sagte die Königin leise.

»Es ist weit mehr als interessant,« seufzte Fakredin. »Oh, schöne Astarte, wenn Sie alles wüßten, wenn Sie nur eine Ahnung, eine ganz kleine Ahnung davon hätten, was ich alles für diesen unbekannten Glauben gelitten habe«, und hierbei floß eine leidenschaftliche Träne über das gesunde Antlitz des jungen Prinzen.

»Und doch sind Sie hierhergekommen, um eines anderen Lehren zu verkünden«, sagte Astarte.

»Ich hierhergekommen, um eines anderen Lehren zu verkündigen?« erwiderte Fakredin mit einem Ausdruck der Verachtung. Seine Nasenflügel zitterten dabei und seine Oberlippe zuckte höhnisch auf. »Dieser verrückte Engländer ist hierhergekommen, um die Lehre eines anderen Glaubens zu verkünden, und zwar eines Glaubens, mit dem er, meiner Meinung nach, so wenig zu tun hat, als sein kaltes Heimatland mit Palmenbäumen. Sie ziehen diese, wie man mir erzählt hat, in Treibhäusern auf, und mit ihrer fremden Religion verfahren sie anscheinend ebenso künstlich; aber obwohl sie Tempel, Kirchen und Moscheen besitzen, müssen sie doch zugeben, daß ihnen keine Wunder zuteil wurden, daß niemals ein Prophet aus ihrer Mitte hervorgegangen ist, und daß Gott niemals zu ihrem Volke gesprochen oder ihr Land besucht habe – und dennoch hegen diese vom Himmel so überreich begnadeten Menschen den Wunsch, die Missionäre spielen zu wollen!«

»Da habe ich Sie recht sehr mißverstanden,« sagte Astarte, »denn ich dachte, Sie hätten beide sich derselben großen Sache geweiht.«

»Ja, das haben Sie von Darkusch gehört,« erwiderte Fakredin schnell. »Sehen Sie, schöne Astarte, ich kenne diesen Darkusch persönlich leider nicht. Der Reisemarschall meines Begleiters war mit Darkusch bekannt, und von diesem hat Darkusch alles gehört, was er hierher berichtet hat. Ich habe diesen Plan nicht ausgesonnen, aber als ich sah, daß mein Kamerad Mittel und Wege wußte, nach Gindarics zu kommen – was mir bisher gänzlich unmöglich gewesen war –, legte ich natürlich seinem wunderbaren Begehr kein Hindernis mehr in den Weg. Ich ergriff im Gegenteil mit Eifer die Gelegenheit, und anstatt meinen Freund von den seltsamen Ansichten, an denen er lächerlicherweise hängt, abzubringen, sah ich diese Reise vielmehr als eine Art Kur an, mittels der man ihn von seinen krankhaften Ideen heilen könnte; denn die Ausführung dieser Ideen könnte ihm doch nur Enttäuschung, wenn nicht gar Schande, eintragen.«

»Was immer auch das Schicksal des englischen Prinzen sein mag,« sagte Astarte in ernstem Tone, »er sieht nicht so aus wie einer, dem jemals Schande zuteil werden könnte.«

»Nein, nein,« erwiderte sein treuer Freund schnell, »ich meinte natürlich nicht persönliche Schande. Er ist zwar sehr stolz und handelt oft in überstürzter Weise und hat wenig praktischen Sinn, aber er würde niemals etwas tun, weswegen er ins Gefängnis oder auf die Galeeren geschickt werden könnte. Was ich mit dem Worte ›Schande‹ meinte, war nur dies, daß er sich mit Dingen und Personen abgibt, die schließlich ihm zur Unehre gereichen und auch seinen guten Ruf, auf dem all sein Einfluß und seine Macht beruhen, untergraben müssen. Kein Jude zum Beispiel darf in seinem Vaterlande England wohnen, sie mögen sich in Gibraltar ruhig niederlassen, aber in England nicht. Es ist nun bei allen, die etwas davon wissen, ein offenes Geheimnis, daß sein Unternehmen, sein religiös-militärisch-politisches Abenteuer nur deswegen von ihm ins Werk gesetzt wurde, weil er in eine Jüdin von Damaskus, die er natürlich nicht nach England zurückbringen darf, sterblich verliebt ist.«

»In eine Jüdin von Damaskus verliebt!« sagte Astarte und wurde leichenblaß.

»Bis zum Übermaß, bis zur Verrücktheit; sie ist die geheime Ursache dieser ganzen Geschichte, sie spricht nur Kabbalah zu ihm, und er antwortet auf nazarenisch, und sie haben den Plan unter sich ausgeheckt: Asien, vielleicht die ganze Welt, solle mit syrischen Säbeln erobert werden, und die Belohnung für unsere Bemühungen soll die sein, daß wir schließlich Passahkuchen zu essen bekommen.«

»Was ist das?«

»Das Festbrot der Hebräer, das um den Neumond herum gebacken und mit Ziegenmilch zubereitet wird.«

»Entsetzlich!«

»Welch großartige Belohnung für unsere Heldentaten!«

»Wird denn die Königin der Engländer einem ihrer Fürsten erlauben, eine Jüdin zu heiraten?«

»Niemals, er wird enthauptet und sie wird lebendig verbrannt werden, doch, bis es dazu kommt, kann noch viel Unheil geschehen, wenn wir nicht dagegen arbeiten.«

»Das sollten wir sicherlich tun.«

»Das Amüsanteste an der ganzen Geschichte aber ist,« fuhr Fakredin fort, »mit welcher Unschuldsmiene dieser Engländer uns um Beistand angeht. Er kommt nach Canobia, dann nach Gindarics, wir sollten alles für ihn tun, und Syrien wird behandelt, als ob es gar nicht existierte. Nun ist aber Syrien das einzige, worauf man sich bei seinem Plane verlassen kann. Es unterliegt ja keinem Zweifel, daß, wenn wir uns verständigen, wenn der Libanon und die Ansari sich vereinigen, wir Syrien von den Türken befreien, die Ebene erobern und die ganze Küste uns aneignen können, ohne daß irgend jemand uns dabei stören könnte. Denn warum sollten sie uns stören? Die Türken würden es nicht können und die Franken nicht wollen, übrigens würde ich mit denen schon fertig werden. Nichts in der Welt tue ich lieber, als Guizot und Aberdeen an der Nase herumzuführen. Haben Sie nie von Guizot und Aberdeen gehört? Nein? Das sind die beiden Reis Effendis des Königs der Franzosen und der Königin der Engländer. Ich habe voriges Jahr einen Erzbischof zu ihnen geschickt, eine meiner Kreaturen, den Erzbischof Murad, der sie schön an der Nase herumgeführt hat. Sie hätten beinahe mich zum König des Libanons ernannt, um jene Unruhen beizulegen, die nur in den Darlegungen des verehrenswürdigen Murad bestanden.«

»Welch wunderbare Geschichte! Ist die Jüdin sehr anziehend? Wahrscheinlich ist sie sehr schön – nicht wahr?«

»Der Engländer hält sie natürlich dafür – er hört überhaupt nicht auf, von ihr zu sprechen – selbst in seinen Träumen nicht.«

»Wie Sie schon selber sagten, ginge es doch nicht an, die Säbel für eine Jüdin aus der Scheide zu ziehen. Ist sie dunkel oder blond?«

»Wenn er sie in seinen Gedichten besingt, vergleicht er sie immer mit dem Mond und den Sternen – das ist doch die Anspielung auf die Nacht und läßt auf etwas Dunkles schließen.«

»Ich hasse die Juden – aber man hat mir erzählt, ihre Frauen seien sehr schön.«

»Wir wollen sie alle aus unserem Königreiche Syrien verbannen«, sagte Fakredin und sah Astarte ernsthaft an.

»Nun, wenn wir uns einmal in den Kampf einlassen, so müssen wir auch etwas durch ihn zu erreichen versuchen. Es hat schon früher einmal syrische Königreiche gegeben.«

»Und es soll wieder eins geben, schöne Königin, und Sie sollen es beherrschen. So wird der Traum meines Lebens in Erfüllung gehen.«

»Und welches ist der?«

»Meiner Mutter letzter Wunsch, das heilige Vermächtnis einer sterbenden, großen Seele, das nur mir allein anvertraut wurde und von dem kein menschliches Wesen bisher gehört hat.«

»Dann können Sie sich also doch noch auf Ihre Mutter besinnen?«

»Meine Amme, die schon lange gestorben ist, hat diesen ihren letzten Wunsch vernommen und mir ihn, als ich größer wurde, übermittelt.«

»Und welches war Ihrer Mutter letzter Wunsch?«

»In Deir el Kamar, der Hauptstadt unseres Bezirks, der syrischen Göttin einen Marmortempel zu errichten.«

»Wundervoll!«

»Es hätte den Libanon wieder zu seinem alten Glauben bekehrt; die Drusen sind halb vorbereitet und warten nur auf mein Wort.«

»Aber was werden,« warf die Königin ein, »die nazarenischen Bischöfe, die Ihnen so nützlich sind, dazu sagen?«

»Was haben die Priester und Priesterinnen der syrischen Göttin dazu gesagt, als Syrien christlich wurde? Sie wurden Bischöfe und Nonnen. Dann können sie sich ebensogut auch wieder zurückbekehren.«


 << zurück weiter >>