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Gesänge zu dem Festspiele »Lalla Rukh«, in Musik gesetzt von G. Spontini.

Von E. T. A. Hoffmann.

Das Programm dieses Festspiels, nebst den dazu gehörenden Gesängen, ist gedruckt in sehr bedeutender Anzahl verteilt worden; der Inhalt desselben kann daher als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden. Die Erfindung, die Idee des Ganzen ist ebenso sinnreich, als echt dichterisch und glücklich; ja höchst genial mag mit dem vollsten Recht der Gedanke genannt werden, daß mimische Bilder die Hauptmomente der poetischen Erzählungen, die der junge Dichter aus Kaschmir, Namens Feramor, vorträgt, versinnlichen. Vereinigte die Aufführung, an der Personen des höchsten fürstlichen Ranges teilnahmen, nun alles, was der feinste Kunstsinn, der geläutertste Geschmack, die glänzendste Pracht nur zu leisten vermag, so war dieses Spiel in der That der herrlichste Schmuck eines wahrhaft königlichen Festes, dem beizuwohnen mit der erhabensten Liberalität einem großen Teile des Publikums vergönnt wurde. Die Wirkung glich einem mächtigen Zauber, der den ganzen Sinn befängt und sich, aus unserm innersten Wesen heraus, wie ein schöner Traum gestaltet, den wir, dem schimmernden Feenreich entrückt, noch lange fortträumen.

Unser wackerer genialer Meister Spontini mußte die Musik zu dem Festspiel in sehr wenigen Tagen vollenden, welches ihn nötigte, hie und da ältere, hier noch unbekannte Stücke von seiner Komposition zu benutzen. So gehört gleich der Marsch aus dem Es-dur, womit das Ganze beginnt, einer älteren, hier nicht bekannten Oper des Meisters an. Feierlich, gewichtig ist dieser Marsch in hohem Grade, und dabei rein und klar gehalten; indessen glaubt der Referent, daß, hätte Spontini einen besondern Marsch zu diesem Festspiel gesetzt, er gewiß mit der ihm eigenen hohen Genialität den Sinn des Ganzen aufgefaßt und durch einen ganz eigentümlichen Schwung der Melodie und ebenso eigentümliche Instrumentation das Gefühl einer herrlichen, aber ganz fremdartigen, Erscheinung in unserer Brust erweckt haben würde. Wie gut der Meister sich auf so etwas versteht, beweiset seine Komposition des Cortez gleich in den ersten Tönen der Ouvertüre. Referent glaubt ein gutes Motiv gar besonderer Einleitungs-Musik darin zu finden, daß Aurengzebs erhabene Tochter sich auf der Reise befindet (also kein Triumph-Marsch) und der Zug diese Reise gewissermaßen andeutet. Ihm hallt bei diesen Gedanken eine etwas seltsame indische Musik in die Ohren, viel Flöten, Oboen, kleine Pauken, Glocken, dazwischen Posaunen-, Harfentöne u. s. w. Nach diesem Marsch bereitet der Übergang in Des-dur und ein Tremulo der Saiten-Instrumente das Gemüt der Zuschauer auf eine mächtige Erscheinung vor. Und in der That, charakteristischer konnte nicht Mohanna, der große Prophet von Khorasan, angekündigt werden. Nicht genug zu loben ist das so einfach und zart gehaltene Andantino religioso F-dur zu den Worten der ersten Romanze: »Mächtig sind des Wahnes Bande etc.« Ebenso, wie dies Andantino, ist das Maestoso D des hohen Meisters würdig, welches stark und mächtig mit donnernden Accorden beginnt und dann übergeht in die gar liebliche Romanze der Peri: »Die Ghebern«. Als die Musik zu dem Fest der Rosen begann, war dem Referenten zu Mute, als schaue er an einem sonnenhellen warmen Frühlingstage in das reine glänzende Blau des wolkenlosen Himmels und es flüstere und kose in den dunklen Büschen, wie süßer Liebestraum, und von den Schwingen des Zephyrs, der dahinstrich auf lustiger Reise durch Flur und Wald, berührt, erschlössen sich die Blumenknospen in brünstigem Verlangen, und ihre Düfte stiegen empor wie die Seufzer der Sehnsucht.

Es laden zum Feste der Rosen
Die Liebe und Freude uns ein,
Und schmeichelnde Lüfte umkosen
Die duftende Flur und den Hain.

Gar hübsch und wunderbar lieblich ist dann auch die Romanze der Nurmahal, G-dur mit Harfenbegleitung, gehalten: »In die Wüste flieh mit mir!« Ganz besonders zu erwähnen ist aber eines genialen Gedankens des Meisters, der in einem Andante C-dur vorkommt. Drei Soprane, denen später ein Tenor hinzutritt, singen nämlich ohne Worte, bloß auf dem Vokal a aushaltend, eine feierliche choralartige Melodie, während Violinen, Bratschen, Violoncelle, später dann auch die Bässe, begleitend sich in Triolen-Figuren bewegen. Dies Andante, von glockenrein intonierenden Krystallstimmen vorgetragen (wie es denn auch geschah), ist von der erstaunlichsten, wunderbarsten Wirkung. Man glaubt in den Lüften verhallende Sphärenmusik zu vernehmen. Die Tänze haben gerade die ganz eigentümlichen Melodien und frappanten Rhythmen, die alle Kompositionen dieser Art, die der Meister geschaffen, als Werke des in Feuer und Flamme arbeitenden Genies, auszeichnen. Auch die Komposition der Gesänge und Tänze zu diesem Festspiel, das bestimmt war, auf eine Weise ausgeführt zu werden, wie sie wohl selten stattfinden möchte, ist ein gar lieblich blühendes Blümlein in dem Kranz, den Liebe und Verehrung wahrhafter, von keiner kleinlichen kindischen Scheelsucht befangener, Künstler und Kunstkenner dem hohen genialen Meister flechten. –

Ein Klavier-Auszug dieser Komposition, der von dem Meister selbst gefertigt, sehr bald in der Schlesingerschen Musikhandlung erscheint, wird dem musikalischen Publikum gewiß gar sehr erfreulich und willkommen sein.

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