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Die Folgen eines Sauschwanzes.

Erzählung nach aufgegebenen Stichworten.

An einem schönen Abende gingen wir, uns zu zerstreuen, nach Bug. Kaum hatten wir uns hingesetzt, als ein Mädchen in die Stube trat und nach einem leichten Gruß sich ebenfalls zu uns hinsetzte. Die Züge tiefer Schwermut lagen auf ihrem Gesichte, – sie weinte, und zog ein Papier hervor, in welchem etwas eingewickelt war, und welches sie inbrünstig an die Brust drückte. Es gelang uns, ihr Vertrauen zu gewinnen, – sie entfaltete das Papier, und siehe da, es war ein kleiner niedlicher Sauschwanz darin enthalten, den ein scheidender Liebhaber, – der rüstigste Fleischerknecht des Städtchens, ihr zum ewigen Andenken gegeben hatte. »O Pankraz! Pankraz!« rief sie voll wehmütiger Begeisterung, ergriff eine Flasche Branntwein, lüftete den Pfropf und that einen tüchtigen Schluck. Rasch sprang sie dann auf den Tisch, drehte sich in den Touren der Anglaise zwischen Krügen und Gläsern, die alle zersprangen, bis auf das teuer erkaufte Wetterglas, das Striegel, der Wirt, durch eine geschickte Wendung, die Mütze vorhaltend, vor den Sprüngen der Bacchantin rettete. Die Gäste brummten und summten wie tausend Maikäfer, – unmutig schob der Kanonikus Seubert seine in Hühnersauce gefallene Bratwurst fort, und besprützte sehr den Doktor Speier, der über den Tisch gelehnt mit der Brille gewisse Aussichten suchte, die des Mädchens schneller Tanz darbot. Sie versucht sich durch einen schnellen Sprung über ihn weg zu retten, – sie springt zu Kunz, – trifft ihn, – wirft ihn, – Er – Mädchen, Speier, Bratwurst liegen am Boden.

»Halt! Halt! wollt ihr denn in die Ewigkeit hineinplumpen mit gebrochenem Genick und Bein, und höchst einfältig beschmiert mit Hühnersauce und Branntwein!« erschallt eine Stimme vom Ofen herab, und siehe da, es ist Hoffmann, der sich im Tumult in ein Hutfutteral retiriert hat und nun daraus lustig die Tumultanten haranguiert. Mit Hülfe des Doktor Durow kommt alles wieder auf die Beine: »Hätten wir den unseligen Sauschwanz, so wär allen geholfen,« spricht der Süße, »doch verordne ich dem Mädchen ein aromatisches Klystier, welches mir jedes Mal dienlich, so oft ich vom Schillerschen Trauerspiel zu sehr in Extase geraten.« »Ei da habe ich Herrn Scheurings Klystierspritze noch in der Schublade,« spricht Striegel, macht sie auf, und bringt ein Futteral hervor, das er vergebens zu öffnen strebt. Seubert – Sutow – Kunz – drei Canonici – verschiedene Administratoren springen herbei, – man zieht, – immer länger und länger wird das Futteral, – es ist kein Futteral, – es ist ein Tubus aus Rüdingers Apparat mit endlosen Zügen, – sie ziehen und ziehen – bis zur Kirchturmhöhe dehnt sich immer wachsend und wachsend das tolle Instrument; – plötzlich wird der Amtmann Bill durch einen Perpendikelschlag an Striegels hölzerner Uhr getroffen, – er stürzt – die Reihe wankt – fällt, – der Tubus fährt in seine alte Form zurück, und wie mit Blumen bestreut Hoffmann vom Ofen herab die wie tot daliegende Gesellschaft mit Papierschnitzeln, welche er in seinem Hutfutterale fand. Der Professor Klein hatte Schellings Weltseele, in der er nach Bug promenierend gelesen, aus der Tasche verloren, das Mädchen den Sauschwanz, beide griffen darnach, als Epaminondas hereintrat, die Weltseele beschnüffelte, den Sauschwanz aber zwischen die Zähne nahm und davon lief.

Sie kennen doch, meine Herren, den guten deutschen Pudel mit dem griechischen Namen? – Wie aus einem Traume erwachte das Mädchen, – die Somnambule, nicht mehr affiziert von dem magnetischen Sauschwanz, setzte sich um in eine gewöhnliche Köchin, und indem sie an Seuberts Bratwurst roch, meinte sie, das sei ein ekles Fressen, worauf sie Striegel zur Thür hinauswarf. Der Administrator Beck ergriff die Lichtschere, sagte gedankenvoll und ernst: »Was sind wir Menschen!« putzte das Licht aus, – und gab so dieser höchst tragischen als wahren Erzählung einen angenehmen Schluß. –

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