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Alfred Nobel

(Berta von Suttner, seiner Freundin, geweiht, ihr, die das unbeschreibliche Glück hatte, wenige Wochen vor dem Ausbruch dieses schlimmsten Krieges zu sterben.)

 

Hallo!«

»Hallo!«

»Bitte! Verbinden Sie mich mit der Bahnstation!«

»Sofort!«

»Hier der Bahnhofsvorsteher von San Remo!«

»Hier Nobel! Guten Morgen, Herr Vorsteher!«

»Ah, Herr Nobel! Ah! Guten Morgen, guten Morgen, Herr Nobel! Ah?«

»Sind die Wagen mit den Chemikalien aus Deutschland noch nicht angekommen?«

»Nein! Leider noch nicht, Herr Nobel. Aber angemeldet sind sie. Ah! Auf heute nachmittag 4 Uhr, Herr Nobel.«

»Gut! Ich werde dann persönlich dort sein. Guten Morgen, Herr Vorsteher!«

»Guten Morgen, Herr Nobel! Schön' guten Morrr–.«

Das übrige verhallte in dem Hörtrichter, den Nobel, um weitere Höflichkeiten abzuschneiden, wieder eingehängt hatte. Er drückte auf den Knopf der elektrischen Klingel an seinem Pult. Hatte er soeben mit dem Stationsvorsteher durchs Telephon italienisch gesprochen, so wandte er sich setzt auf französisch zu dem Diener, der eintrat: »Pierre! Bringen Sie mir meinen Stock, Hut und Schwimmanzug. Ich will ein Bad nehmen vor dem Mittag. Hier ist der Speisezettel. Ich nehme nicht mehr als zwei Gänge. Schärfen Sie das dem Koch endlich ein! Der Wagen soll mich um 12 Uhr unten vor meiner Kabine erwarten. Diese Briefe hier besorgen Sie! Sagen Sie mir nachher, wieviel es waren!«

Der Diener verschwand mit einer Verbeugung, einer stummen, wie sein Herr es wünschte. Nobel zählte die Briefe. Fünfunddreißig! Alle selbst mit der Hand geschrieben, denn einem Sekretär oder einer Maschine vertraut man nicht sein Inneres an. Das genügte für den Vormittag. Für einen sechzigjährigen herzleidenden Menschen.

Er warf noch einen Blick in sein Laboratorium, ehe er ging, seine Teufelsküche, wie das abergläubische Küstenvolk sie nannte, das ihr nicht zu nahen wagte. In hellen, durchsichtigen gläsernen Flaschen und Kolben standen hier friedlich die gefährlichen Säuren und Salze zusammen, deren unheilvolle Vermischung die härtesten Dinge auseinandersprengen konnte. Beispielsweise dieses kleine Gläschen, das er jetzt in die Hand nahm. Es war mit Sprengöl angefüllt, mit diesem salpetersäurigen Nitroglyzerin, mit dem er seine frühesten Sprengversuche begonnen und durch das er alle seine Erfindungen gemacht hatte, vom Dynamit an bis zum Sprenggummi und zum rauchlosen Pulver, der wichtigsten Entdeckung seit jener des berühmten Franziskanermönchs Bertold Schwarz. Er brauchte die Gläschen nur hart auf den Boden fallen zu lassen, und er mitsamt seinem Laboratorium und der ganzen gläsernen Herrlichkeit flog in seine Urstoffe pulverisiert in die Luft.

Wie einst vor dreißig fahren schon sein jüngster Bruder Oskar Emil Nobel, der wie ein Tantalide in Stücke gerissen wurde von diesem dickflüssigen Öl, das aus dem Höllenstrom stammen konnte, der das Inferno umschlingt. Die Verse Dantes, bevor er über diesen Strom setzt, zogen durch Nobels Kopf, als er den Saft der Hölle sich betrachtete:

Vom tränenreichen Ufer stieß ein Wehen,
Und rote Blitze leuchteten wie Flammen.
Um meine hellen Sinne war's geschehen,

Schlaftrunknen gleich, stürzt' ich in mich zusammen.

Er vernahm den Jammer der Mutter, die Selbstvorwürfe des Vaters wieder, des alten Emanuel Nobel, dem vor Schrecken über den fürchterlichen Tod seines Jüngsten in einem Schlaganfall die Glieder gelähmt wurden, als ob diese Katastrophe noch einen letzten Ausläufer gehabt haben müßte. »Ich hab' ihn auf dem Gewissen«, hatte der Alte sich vor der Mutter selbst angeklagt. »Ich habe meine Sohne mit diesem unheiligen Öl getauft, ich Teufelsjünger. Habe sie eingeweiht in die Schwarzkunst, die mir angehext worden ist, statt sie zu stillen Gelehrten zu erziehen, wie es meine Vorfahren waren, die noch fromm lateinisch ›Nobilius‹ hießen.« Der alte Emanuel Nobel, sein Vater, hatte bei den rechtgläubigen Leuten in Stockholm stets als vom Satan besessen gegolten. Man erzählte sich, daß er schon als Knabe an der fixen Idee gelitten hätte, die Welt in die Luft zu sprengen. Begonnen habe er an dem Pfeifenkopf seines Vaters, den er durch ein aus einem Eisstückchen gemachtes Brennglas in Brand gesetzt hatte. Und der jetzige Tod seines jüngsten Sohnes, hieß es, sei nur die gerechte Strafe des Himmels für einen solchen Zaubermeister, der seine Seele dem Bösen verschrieben hätte.

»Fast hätten sie es ihm auf seine alten Tage noch eingeredet, die abergläubischen Leute am Mälarsee!« dachte Nobel, der Schrullen und Skrupel seines greisen Vaters sich erinnernd, der genau am achten Jahrestage des Unglücks seines Sohnes gestorben war.

Er verschloß die Phiole und lächelte dabei der glücklich überwundenen Vergangenheit. Gewiß! Wenn sie im Mittelalter gelebt hätten, sein Vater, er und seine Brüder, sie wären allesamt als ein Geschlecht von Alchimisten und Zaubermeistern und Pulvermachern verfolgt oder verbrannt worden. Wollte man sie und ihre Fabriken doch selbst heutzutage lange Zeit nicht in der Nähe von menschlichen Wohnungen dulden. War er nicht selbst aus dem paradiesischen Frankreich weggeekelt worden? Wie Leute, die ein unredliches Gewerbe treiben, hatten sie sich weit vor die Städte in ödes Heide- oder Hügelland mit ihren gefährlichen Werkstätten flüchten müssen. Und selbst dies wäre sicherlich vereitelt worden ohne den metallischen Abschlag, das Gold, das ihm von allen christlichen und heidnischen Staaten reichlich gegen sein teuflisches Sprengpulver eingetauscht worden war. Er zog eine Handvoll Lire aus dem Geldschrank, in den er das Fläschchen mit Sprengöl gestellt hatte. Kein besserer Schutz war für seinen Mammon zu ersinnen. Er brauchte ihn nicht wie ein amerikanischer Milliardär von Detektivs bewachen zu lassen. Bei ihm hatte noch kein Mensch einzubrechen gewagt.

Der Diener Pierre brachte jetzt die gewünschten Sachen. »Schön! Legen Sie sie dorthin! Auf den Stuhl! Haben Sie keine Angst! Er ist ja leer.«

Der Diener drückte sich so schnell wie möglich wieder aus dem Laboratorium heraus, froh, aus diesem unheimlichen Bereich zu kommen, in dem man auffliegen konnte wie ein Geist, wenn man an eine gefährliche Flasche oder Kiste stieß.

Nobel hatte ein dickes Manuskript aus dem Schrank hervorgeholt, das vergessen hinten in einer Kassette gelegen hatte. Sacht ließ er die an den Rändern gelb gewordenen Blätter durch seine Finger gleiten, ohne hineinzublicken. Es war ein großes philosophisches Gedicht, das er in englischer Sprache, der Sprache seines Lieblingspoeten Byron, geschrieben hatte. »Älter, aber nicht besser geworden!« dachte er, der an der dem Größenwahn entgegengesetzten Geistesverfassung, an der Sucht, sich selbst geringzuschätzen und zu verkleinern, litt. »Schlummere hier fort!« sprach er zu seinem Manuskript: »Auf weitere neun Jahre nach dem unsterblichen Ratschlag des klugen Horaz. Dieser, mein Vers, allein scheint mir schön, sollt' ich meinen:

Ich lebe von der Hoffnung auf der Erde,
Daß einst die Menschheit nach uns besser werde.

Ach nein!« seufzte er: »Das konnten Schiller und Viktor Hugo schöner und schwungvoller sagen. Ruhe nur weiter bei der kleinen armen Beatrice Cenci, die nach ihrem Vater nun uns Dichterlingen zum Opfer gefallen ist!«

Er schob das dicke Manuskriptbündel wieder zurück. Neben ein paar kaum beschriebene Bogen dieser seiner vor kurzem begonnenen Tragödie von der Heldin Shelleys. Dann legte er das Blatt Papier, auf dem mit Blaustift in großen Buchstaben von ihm notiert war: »Niemals, auch nach meinem Tode nicht, zu veröffentlichen!«, wieder oben drauf und schloß ab.

Draußen vor dem Gartentor, durch das er jetzt zum Meeresstrand herunterging, sprach ihn ein Bettler an, der ihm dort auf gelauert hatte: »Signore! Signore! Darf ich Ihnen Ihren Badeanzug tragen?«

»Nein!« Er wollte dem Mann, der seine schmutzigen Hände zitternd nach ihm ausstreckte, nichts geben, um die Zahl der Landstreicher und Herumlungerer hier nicht zu vermehren. So war es zwischen ihm und dem Municipio des Städtchens ausgemacht worden.

»O, Signore!« bettelte es weiter: » Misericordia! Sono povero! Darf ich Ihnen nicht den Schwimmanzug tragen, Signore?«

»Ich sagte nein!« Sind dabei schoß aus den Augen Nobels ein mephistophelischer Blitz, der den Vagabunden wie vor einem Malocchio beiseite scheuchte. Ein Blitz, der ahnen ließ, daß selbst Dynamitmenschen und all die Pulverdirektoren und Pulverhändler, »die übelsten Geschöpfe der Welt«, wie er sie nannte, vor diesem Mann als ihrem Herrn und Meister wie die kleinen Teufel vor Luzifer Angst empfanden, und daß die Bankiers von Frisco und La Plata, die mit ihm verhandelt hatten, von ihm sagten: »Ein ganz, ganz gefährlicher Kerl!«

Unbehelligt ging er jetzt im Schatten der Häuser durch die engen Gassen und Stiegen und Bogen der Altstadt von San Remo. Immerzu gegrüßt von den Einwohnern als einer, der durch Aufträge, Einkäufe und Almosen eine breite warme Menschenzone um sich macht, kam er zum Strand. » Stabilimento dei bagni di mare«, stand dort stolz zu lesen. Fünf Fischer balgten sich um die Ehre, seine Kabine ins Meer ziehen zu dürfen, und um das Trinkgeld, das er einem für alle gab. Vorsichtig und sein Herz beachtend, das er im leiblichen Sinne sein Leben lang nicht gehabt hatte und nun erst, wo dies zur Neige ging, oftmals körperlich schmerzlich verspürte, tauchte er in die sommerlich warme Flut. Die See war ganz glatt und ruhig. Darum wagte er, dies Bad zu nehmen. Um die Spitze des Capo Verde kam ein Ruderboot heran. Ein deutsches Ehepaar saß darin. Der Schiffer erklärte den beiden die Küste und benannte die weiß schimmernden Häuser.

»Dort ist die Villa Zirio, wo der deutsche Kaiser Frederico Guglielmo der Dritte während seiner Krankheit gewohnt hat!«

Man betrachtete sie aufs genaueste, während der Schiffer die Hotels am Strand herunterleierte. Aber das Ehepaar hatte offenbar noch ein besonderes Anliegen. Sie sprachen erregt miteinander. Dann fragte der Mann:

»Können Sie mir nicht sagen, wo das Haus des Erfinders Nobel liegt?«

Der Schiffer glotzte den Bootsknecht an, der ebenso wenig davon verstand, und grinste in die Sonne blinzelnd: » Gnor, no

»Siehst du!« fuhr die Frau los: »Quatsch, hab' ich gesagt. Hier wohnt er nie und nimmer, dein Massenmörder. Drüben in Ventimiglia wird er seine Schwefelbude haben, wo es ohnedies immer nach Lokomotivenqualm stinkt.« Der Mann ließ sich sein Besserwissen nicht nehmen: » Dove è la villa del grande inventore – – inventore – del dynamito – Nobelo?« – radebrechte er nochmals.

Das Lächeln des Begreifens flog über die braune Stirn des Schiffers: » Si! Si! Ecco! Villa: ›Mio nido‹!« Er legte ein Ruder bei und wies auf das Haus Nobels, das dort gegen die Höhe mit den Ölbäumen zu lag.

»Da haben wir's!« sagte der Mann, froh, wieder recht zu haben. »Mein Nest« heißt es. Haft du's gehört?« fragte er die Frau, die vor Wut schwieg.

Das Boot fuhr jetzt dicht an Nobel selbst vorüber, der die Unterhaltung, wie alle lebenden Sprachen – die toten waren ihm gleichgültig –, sehr wohl verstanden hatte. Er war auf eine dort verankerte Bohle geklettert, um sich von der Sonne wärmen zu lassen. »Ob der Krieg nie aus der Welt zu schaffen ist,« grübelte er, »weil die Menschen zu kleinlich sind? Weil sie sich stets darüber zanken müssen, wer recht hat oder wer besser und mächtiger ist, zanken müssen als einzelne wie in der Gesamtheit? Ob nie ein Frieden auf Erden möglich ist, wie ihn die gläubigen Menschen, die hoffnungsvollen Toren, erst nach dem Tode sich erträumen? Ob auch das oberste Tiergeschlecht immer wieder in den barbarischen Zustand des Hasses und Streites zurücksinken wird? Ob der Krieg im unzureichenden Gehirn der Menschheit weiter als der Vater aller Dinge gelten soll, wie der falsche Gemeinplatz lautet, während in Wirklichkeit alles nur durch Vereinigung entsteht, wirkt und sich fortpflanzt? Ob das Licht der Vernunft jemals ein geeintes Geschlecht auf diesem Stern bescheinen wird, oder ob die Geschichte der aufrechtgehenden, höchstentwickelten lebenden Wesen sich mit Blut von Krieg zu Krieg weiterschreiben wird, bis sie mit einem Mord endet, wie sie nach der Bibel mit einem Mord beginnt?« Der Mann, der, mißmutig über das soeben vernommene Gespräch geworden, derlei Gedanken seufzend hin und her wägte, betrachtete sich jetzt wehmütig selbst: die gealterte Gestalt, die ihm so häßlich vorkam, wie sie mit ihren nackten, schwarzbehaarten Beinen auf dem schwimmenden Brett saß, indes die Salzflut ihm wie dem erfindungsreichen Odysseus aus dem struppigen Bart und der zottigen Brust träufelte.

Nein, die heutige Menschheit, die wie Schimmel an der Erde klebte, gleich den grünen Algen, die hier an seiner Bohle hingen und willenlos mit der Flut hin und her trieben, sie war es nicht wert, daß er ihr das Geld zurückgab, das er ihr abgenommen hatte. Aber die kommende Menschheit, an die er so glühend glaubte wie der deutsche Denker, der zu gleicher Zeit dort drüben die Berge der Riviera durchwanderte und »den Übermenschen« ersann. Diese künftige bessere Menschheit sollte die edlen Früchte des Geldes genießen, das seine Entdeckergabe und Verschlagenheit der heutigen minderwertigen Zeit mit ihren Kriegswettrüstungen abgepreßt hatte. Ein grenzenloses Mitleid ergriff ihn, den Wissenden, auf einmal, nicht mehr mit den einzelnen, sondern mit der ganzen Menschheit überhaupt, die, häßlich wie sein alter Körper auf dem schwimmenden Brett dort anzuschauen, aus ihrem Planeten im Universum hockte und sich nur in ganz wenigen Geistern begriff und begreifen konnte. Ihr allein, ihr als Idee sollten die vierzig Millionen Mark seines Barvermögens geopfert werden, ihr und ihrer schönen Sehnsucht – Berta von Suttner, die ferne Freundin, hatte recht –, der Friedens- und Liebessehnsucht, wie sie ihn, den einsamen weib- und kinderlosen, den reichen Greis, noch durchzog, der sich alles, alles, nur keine Liebe erkaufen konnte.

Mochten auch die Skandinavier und besonders die schwedischen Freunde mit ihm zürnen über dies sein Testament, weil es nicht dem kargen Norden allein wieder zugute kam, was er wie Fafner in der Sagengeschichte der Edda an Gold aufgehäuft hatte. Mochten seine ärmeren entfernteren Verwandten, die er nur mit Legaten bedenken wollte, dagegen protestieren und prozessieren. Sein eigenes Geschlecht war noch nicht verdummt und geschwächt wie alte Fürstenfamilien. Mochten sie sich selber helfen und reich werden wie er, den sein Vater mit sechzehn Jahren schon auf: »Schwimm oder versauf!« allein nach Amerika geschickt hatte. Wer »Nobel« hieß, war es seinem Namen schuldig, ein Vermögen zu machen. Er hatte sein Geld durch seinen Geist erworben. Männer und Frauen von Geist sollten darum seine Erben sein, ohne Rücksicht auf die Nation, der sie zufällig angehörten. Gleich Alexander dem Großen wollte er dem Würdigsten die Macht hinterlassen, die er zu verleihen hatte. So sollte sein Testament sprechen, das schönste, das die Menschheit kennt.

Er war jetzt zu seiner Kabine zurückgekehrt und kleidete sich langsam wieder in die Tracht seiner Zeit. Nun knöpfte er den Gehrock zu, den kein Ordensbändchen, wie er sie zu Dutzenden hätte haben können, verfirlefanzte. Dann steckte er den einzigen Schmuck, eine aus kostbaren Diamanten gebildete Schlange, sein wie Kains Wappentier, in die bunte Krawatte. Noch eh' er hinaustrat, schluckte er etwas Angioneurosin, das ihm einer von diesen Ärzten und Nichtswissern für sein Herz verschrieben hatte, und das er erst einnahm, als er erfuhr, daß sein wesentlicher Bestandteil das geliebte Nitroglyzerin war, mit dem er die Menschheit besser als alle Pazifisten und Sozialisten zum Frieden kurieren wollte.

Draußen am Strand wartete sein offener Wagen, bespannt mit zwei schnellen schwarzen Glanzrappen, ähnlich denen, mit welchen Pluto, der Fürst der Finsternis, einsam am Cocytus fahren mag; wenn Persephone fern ist. Am weißschäumenden Ufer des blauen Meeres sauste Nobel dahin nach Bordighera zu. Auf der Straße, die noch kein Automobilstaub verdarb. Müde wie ein langsam schon Absterbender sog er den Odem des Eukalyptus, süß duftend wie die Hoffnung auf die künftige, die bessere Zeit, in sich ein. Bis zu einem hohen Felsen, der hinter Ospedaletti ins Meer ragte, fuhr er gewöhnlich. Er liebte diesen großen kahlen Felsen, vielleicht darum, weil er der Tafel der Klio glich. Jener Tafel, von der sie alle zehntausend Jahre die unzähligen törichten Namen wegwischt, mit denen sie die sogenannten Weltgeschichtsschreiber inzwischen bedeckt und befleckt haben, diese Toren, welche die Zeit nach Kriegen und Schrecken einteilen. Jener Tafel, auf die Klio zwei Jahre später bei seinem Tode schrieb:

Alfred Nobel. In ihm wuchs die Menschheit über sich hinaus. Denn ihr größter Vernichter wurde zugleich einer ihrer größten Wohltäter.


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