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Siebentes Kapitel.

Ein sehr kurzes Kapitel, in welchem aber Pfarrer Adams ein hübsches Stück Weges zurücklegt.


Als die Dame die Geschichte beendigt, und den Dank der Gesellschaft dafür entgegen genommen hatte, rief Joseph, der eben aus dem Wagen gesehen hatte: »Hilf Himmel, ist das da vorn nicht unser Pfarrer Adams, der ohne Pferd zu Fuß einherwandelt?« – »Ja wahrhaftig, er ist's«, sagte die Slipslop, »und ich will wetten, er hat das Thier im Wirthshause zurückgelassen.« – Und wirklich hatte der Pfarrer hier abermals einen Beweis seiner Zerstreuung dargelegt; denn er war so froh, Joseph in der Kutsche untergebracht zu haben, daß er an das Pferd im Stall gar nicht mehr dachte, und da er sich so leicht auf den Füßen fühlte als je, so schritt er, einen tüchtigen Knittel schwingend, von dannen, und hatte sich vor der Kutsche gehalten, gelegentlich seine Schritte beschleunigend, so daß er nie weit von ihr entfernt geblieben war. Mistreß Slipslop bat den Kutscher, er möchte sich bemühen, ihn einzuholen, was dieser versuchte, doch vergebens, denn je schneller er die Pferde antrieb, desto schneller lief auch der Pfarrer, indem er öfters ausrief: »Ja ja, hascht mich nur, wenn Ihr könnt,« bis endlich der Kutscher schwur, er wolle eben so gern einem Windspiel nachjagen, und nach zwei oder drei herzlichen Flüchen gegen den guten Adams seinen Rossen ein: »Ruhig, Hänschen ruhig!« zurief, welcher Aufforderung die wohlerzogenen Thiere sofort gehorchten. Wir wollen jedoch gefälliger gegen unsere Leser sein, als der Kutscher gegen Mistreß Slipslop, und indem wir den Wagen mit der Gesellschaft die Reise fortsetzen lassen, Herrn Adams einholen, der immer fürbaß schritt, ohne sich nur ein einziges Mal umzusehen, bis er, als er die Kutsche wohl schon eine gute Stunde hinter sich hatte, an eine Stelle kam, wo neben der breiten Landstraße sich ein schmaler Weg zeigte, der kein anderes menschliches Wesen hätte irre führen können. Diesem folgte er jedoch, denn er fand in der That ein wunderliches Behagen daran, sich eigene Bahnen zu brechen. Nachdem er so über eine starke Stunde auf der Ebene fortgegangen war, gelangte er auf die Spitze eines Hügels, von wo man eine gute Strecke zurück schauen konnte, und da er immer noch keine Kutsche erblickte, so ließ er sich auf dem Rasen nieder, und seinen Aeschylus aus der Tasche ziehend, beschloß er, hier die Andern zu erwarten. Er hatte noch nicht lange gelesen, als ein in der Nähe fallender Flintenschuß ihn ein wenig erschreckte; er blickte empor, und sah etwa hundert Schritte vor sich einen Herrn, der ein eben geschlossenes Feldhuhn von der Erde aufhob.

Herr Adams stand auf, und zeigte sich dem Fremden in einem Aufzuge, welcher Viele zum Lachen angeregt haben würde, denn sein Priesterrock ragte wieder unter seinen großen Ueberrock hervor, das heißt, er reichte ihm bis ans Kinn, wogegen der untere Saum seines Ueberrocks nur bis an den halben Schenkel ging; wie viel Lust indeß der Fremde auch zum Lachen haben mochte, so überwog doch für jetzt das Erstaunen, eine solche Figur hier zu erblicken. Adams näherte sich dem Herrn und sagte, er hoffe, die Jagd sei nach Wunsch ausgefallen, worauf Jener erwiederte: »Nicht zum Besten.« – »Ich sehe, Sir,« fuhr Adams fort, »Sie haben ein Rebhuhn geschossen,« worauf der Jäger nichts antwortete, sondern seine Flinte von neuem lud.

Adams schwieg jetzt eine Zeitlang, konnte sich aber doch endlich nicht der Bemerkung enthalten, es sei ein herrlicher Abend. Der Jäger, der anfangs nicht die beste Meinung von dem Fremdling gehegt haben mochte, begann jetzt, da er ein Buch in seiner Hand sah, und den Priesterrock schärfer ins Auge faßte, seine Gedanken zu ändern, und ging seinerseits etwas mehr auf die Unterhaltung ein, indem er sagte: »Sie scheinen in dieser Gegend nicht bekannt zu sein, Sir.« –

Adams versetzte sogleich; nein, er sei auf der Reise und die Schönheit des Abends wie der Gegend habe ihn veranlaßt, ein wenig auszuruhen, und sich mit Lesen zu unterhalten. – »Ich könnte mich auch wohl etwas ausruhen,« sagte der Jäger, »denn ich bin den ganzen Nachmittag auf den Beinen gewesen, und habe, zum Henker! noch keinen einzigen Vogel gesehen, bis ich hierher gekommen bin.«

»Es giebt also wohl nicht viel Wild hier in der Gegend?« fragte Adams. – »Nein, Sir,« antwortete Jener, »die Soldaten, die in der Nähe einquartirt sind, haben Alles niedergeschossen.« – »Ich glaub's gern,« sagte Adams, »denn das Schießen ist ja ihr Handwerk.« – »Ja, Wild können sie schießen,« erwiederte der Andere, »aber auf den Feind sehe ich sie nicht völlig so erpicht. Die Affaire da bei Carthagena will mir gar nicht gefallen; wäre ich dabei gewesen, ich hoffe, es wäre, zum Henker! anders gegangen. Was darf einem Menschen das Leben werth sein, wenn das Vaterland es verlangt? – Wer für sein Vaterland nicht das Leben hergeben will, verdient, zum Henker! gehangen zu werden.« – Dies sprach er mit so heftigen Bewegungen, so lauter Stimme, einem so kräftigen Ausdruck und so kühnem Wesen, daß er damit einen Hauptmann an der Spitze seiner Compagnie hätte in Furcht setzen können. Herr Adams jedoch, der nicht eben viel von Furcht wußte, sagte ihm unerschrocken, er billige sehr seine Ansichten, aber das Fluchen könne er nicht leiden, und er bitte ihn, sich einer so schlechten Gewohnheit zu enthalten, ohne welche er dennoch so tapfer sein könne als Achilles selbst. Uebrigens fand er viel Gefallen an seinem Gespräch, und sagte ihm, er würde gern viele Meilen gegangen sein, um einen Mann von so edelmüthiger Denkungsart kennen zu lernen; wolle er sich zu ihm setzen, so würde er mit Vergnügen sich länger mit ihm unterhalten, denn obgleich ein Geistlicher würde er selbst auf des Vaterlandes Ruf bereit sein, demselben sein Leben zu opfern.

Der Jäger setzte sich neben Adams nieder, und hierauf begann Letzterer eine Rede, welcher wir im folgenden Kapitel eine eigene Stelle angewiesen haben, weil es das merkwürdigste nicht allein in diesem Buch, sondern auch vielleicht in jedem andern sein dürfte


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