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Ein Abenteuer, die Folge eines neuen Beweises, den Adams von seiner Vergeßlichkeit giebt.
Als Adams in das Wirthshaus zurückkehrte, fand er Joseph und Fanny zusammensitzen, und wider seine Erwartung war ihnen die Zeit während seiner Abwesenheit so wenig lang geworden, daß sie ihn nicht einmal vermißt oder auch nur an ihn gedacht hatten. Beide haben mich später mehrmals versichert, sie hätten diese Stunden in höchst angenehmer Unterhaltung zugebracht; da ich aber keins von beiden vermögen konnte, sich umständlicher hierüber auszulassen, so weiß ich auch dem Leser nichts Näheres darüber zu berichten.
Adams setzte die Liebenden von dem schlechten Erfolg seiner Unternehmung in Kenntniß. Keiner wußte, was jetzt zu beginnen sei, bis Joseph endlich rief, die Wirthin hereinzurufen, und sich ihr anzuvertrauen; doch Fanny zweifelte an deren Nachsicht, indem sie sagte, die Frau scheine so sauertöpfisch zu sein, als sie je eine gesehen habe.
Fanny wurde jedoch angenehm enttäuscht, denn die Wirthin zeigte sich sogleich willig, auf die Bezahlung der Rechnung zu warten, und wünschte ihnen mit freundlichem Lächeln eine glückliche Reise. Damit man jedoch Fanny's physiognomisches Talent nicht in Zweifel ziehen möge, wollen wir einen Grund nicht verschweigen, der die Wirthin wahrscheinlich zu diesem Zutrauen und dieser guten Laune umstimmte. Als nämlich Adams sagte, er wolle seinen Bruder besuchen, hatte er, ohne es zu wissen und zu wollen, Joseph und Fanny auf eine falsche Spur geführt; denn beide glaubten, er meine seinen leiblichen Bruder, und nicht seinen Amtsbruder, und sie hatten diese Idee auch der Wirthin beigebracht. Nun stand aber Herr Trulliber in Folge seiner frommen Außenseite, seines Ernstes, seiner Strenge, Eingezogenheit und des Rufes seines großen Reichthums unter seinen Pfarrkindern in so hohem Ansehen, daß ihn alle außerordentlich, wenn auch nicht ehrten, doch fürchteten. Kein Wunder daher, daß die Wirthin, welche sehr wohl wußte, es hänge nur von ihm ab, ob sie ferner noch eine einzige Kanne Bier verkaufen werde, es nicht wagte, dessen vermeintlichen Bruder durch Verweigerung des Credits zu beleidigen. Die drei Wanderer standen eben im Begriff, ihre Reise fortzusetzen, als Adams sich erinnerte, daß er seinen Ueberrock und seinen Hut bei Herrn Trulliber zurückgelassen. Da er nicht Lust hatte, seinen Besuch zu erneuern, so erbot sich die Wirthin, da keine Magd zu Hause war, die Sachen selbst zu holen.
Dies war ein unglücklicher Zufall; denn das Weib ward bald inne, daß sie sich in Adams geirrt habe, indem Trulliber sich in den heftigsten Schmähworten gegen ihn erging, zumal als er vernahm, er habe die Unverschämtheit gehabt, sich für seinen Bruder auszugeben.
Bei ihrer Rückkehr sprach sie daher aus einem ganz andern Ton. Sie sagte: die Leute sollten sich schämen, so auf gut Glück umherzuziehen, und sich für etwas auszugeben, was sie nicht seien, besonders bei den jetzigen hohen Abgaben, da sie für ihr Theil alles baar bezahlen müsse, sie könne und werde daher niemanden kreditiren, und wäre es selbst ihr leiblicher Vater; überdem sei das Geld zu keiner Zeit rarer gewesen, und sie habe grade selbst eine Schuld zu bezahlen; sie erwarte daher, daß sie die Rechnung berichtigen würden, bevor sie das Haus verließen. Adams gerieth jetzt in große Bedrängniß, da er aber wußte, daß man ihm in seinem eigenen Kirchspiel leicht eine solche Summe vorstrecken würde, und überdem sich bewußt war, daß er sie keinem Bedürftigen verweigern werde, so faßte er frischen Muth, und ging in mehrere Häuser in der Nähe, um das Geld zu borgen, aber umsonst; er kehrte, wie er ausgegangen war, ohne einen Pfennig zurück, unter Seufzen und Stöhnen, daß in einem Lande, welches sich christlich nenne, ein Hülfsbedürftiger mitten unter seinen Mitchristen dem Hungertode ausgesetzt sei.
Während seiner Entfernung unterhielt die Wirthin, welche Joseph und Fanny als Geißeln sorgsam bewachte, diese von der Gutherzigkeit des Pfarrers Trulliber, und wirklich behauptete derselbe in der Nachbarschaft nicht nur in Folge anderer Eigenschaften einen guten Ruf, sondern galt auch für einen sehr mildthätigen Mann; denn obgleich er nie einen Farthing gab, ließ er es doch sich angelegen sein, die christliche Tugend der Barmherzigkeit stets eifrigst anzupreisen.
Als Adams zum Zweitenmale zurückkehrte, war der Sturm immer heftiger geworden, und die Wirthin erklärte unter anderm, wenn sie ohne Bezahlung fortgehen würden, so sollte ihnen der Verhaftsbefehl auf dem Fuße folgen.
Plato und Aristoteles, oder sonst wer, haben gesagt: wenn die feinste List fehlschlage, so führe oft der Zufall zum Ziele, und zwar durch Mittel, die man am wenigsten erwartet habe. Virgil drückt sich in dieser Beziehung sehr kühn aus in den Versen:
Turne, qund optanti divûm promittere nemo
Auderet, volvenda dies, en! attulit ultro.
Ich würde noch große Männer citiren, wenn ich könnte; da es aber mein Gedächtniß nicht zuläßt, so will ich diese Bemerkung durch folgendes Beispiel erläutern. Es traf sich, (denn Adams hatte nicht List genug, um dies zu veranstalten) daß sich grade zu der Zeit ein Mann in der Schenke befand, der früher Trommelschläger in einem irländischen Regiment gewesen war, und jetzt als Hausirer im Lande umherzog. Dieser zog, nachdem er die Rede der Wirthin aufmerksam angehört hatte, Adams bei Seite, und fragte ihn, wie hoch sich die Summe belaufe, um derentwillen er zurückgehalten werde. Als er den Betrag vernommen, sagte er seufzend, es thue ihm leid, daß es so viel sei, denn er habe nicht mehr als sechs Schilling und sechs Pence in der Tasche, die er ihnen mit Vergnügen vorstrecken würde. Adams sprang jubelnd empor und rief: Das sei genug, denn die noch fehlenden sechs Pence könne er selbst dazu legen. Und so wurden diese guten Menschen, die weder den Reichen noch den Frommen zum Mitleide bewegen konnten, endlich durch das milde Herz eines armen Hausirers aus ihrer Noth gerettet.
Ich stelle es meinem Leser anheim, welche Bemerkungen es über diesen Vorfall machen will; mir genügt es, ihm zu berichten, daß Adams und seine Reisegefährten, nachdem sie dem Biedermanne tausendmal gedankt und ihm ihren Wohnort bezeichnet hatten, damit er sein Geld dort wieder in Empfang nehmen könne, sämmtlich sich aus der Schenke entfernten, ohne mit der Wirthin besonders viel Höflichkeiten zu wechseln. Adams erklärte sogar, er werde sich hinfüro wohl in Acht nehmen, hier wieder einzukehren, und sie ihrerseits versicherte, an solchen Gästen sei ihr nicht viel gelegen.