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Das Reich der allgemeinen Bruderliebe war das Thema zu Wagner's nächster Predigt. Er sprach es aus, daß dasselbe sich verwirklichen werde, wenn die Menschen daran dächten, statt im Jenseits beglückt zu werden, im Diesseits zu beglücken. »Dem Gläubigen ist es nicht um Gott und Unsterblichkeit zu thun, sondern um sich selbst. Der religiöse Fanatismus ist versteckter Egoismus. Diese Sorge, ob ich ewig selig oder verdammt sein werde, ist Sorge für sich auf Kosten der Menschheit, ist Verbrechen am Reiche der allgemeinen Bruderliebe.«
Am Abend nach dieser Predigt trat Hermann in Wagner's Zimmer und forderte ihn auf, mit ihm das Local zu besuchen, in dem »die Partei« zusammenzutreffen pflegte. Dieser war gern dazu bereit; wenn er auch bei seiner einsiedlerischen Natur dieses Heiligthum der Raisonneurs bisher nicht besucht hatte, so konnte die Gesellschaft Hermann's ihn doch augenblicklich dazu bewegen. Er schätzte diesen Mann sehr hoch. Wenn auch die Zuneigung zu ihm durch die Kenntniß seines praktischen Wesens, seiner Heftigkeit in Geschäftssachen und seiner Jovialität im Familienkreise den schwärmerischen Anstrich verlor, mit dem er in ihm anfangs einen Helden gesehen hatte; so achtete er in ihm doch immer noch den Gesinnungsgenossen, von dem er überzeugt war, daß er den gleichen Grundsätzen mit ihm in gleicher Consequenz ewig treu bleiben werde.
In der Hinterstube des Kaffeeetablissements eines früheren Schauspielers kam die Partei zusammen, eine Alliance von Besitz und Intelligenz. Der große Besitz hatte die Presse, und die Presse den kleinen Besitz herangezogen. Der Literat grüßte achtungsvoll den Banquier, und der Gewerksmann war stolz, vom Literaten sich die Hand drücken zu lassen, – was ihm manchmal auch nicht ganz billig zu stehen kam!
Es ging heute an dem großen Tische in der Hinterstube sehr lebhaft zu. Außer den Doctoren und Publicisten, die regelmäßig hier ihr Collegium hielten, waren heute als seltene Gäste auch der Probst und der wohlmeinende Stadtrath von Hermann's Fete zugegen. Der Probst schien die Aufregung jenes Abends noch nicht verloren zu haben; seine Augen funkelten und er sprach mit fortreißender Heftigkeit, jedoch war er heute nicht begeistert, sondern entrüstet. Wie Luther war er gewaltig nicht nur an Organ und Statur, auch gewaltig in seinem Zorne. Mit der Faust auf den Tisch schlagend, rief er aus mit der ganzen Macht seines Kanzelorgans, sodaß das kleine Zimmer erdröhnte: »Das fehlte noch! Durch solchen radicalen Unsinn die Partei zu compromittiren! Der Regierung gerade zu das Recht in die Hand geben, uns zu ruiniren!«
Der Doctor mit dem Apostelbarte sprach ihm entgegen von »Consequenz«, der impertinente Literat von »Leisetretern!« Das empörte ihn noch mehr. Mit tiefster Entrüstung umherblickend, fuhr er auf, indem er die Anwesenden im Kreise ansah: »Will ich denn nicht den Fortschritt? Ja, ich will den Fortschritt, das weiß Jeder, der mich kennt, aber den vernünftigen! Ich will die freie Forschung; aber sie soll nicht frech das Heiligste antasten. Ich will die freie Vernunft, aber die Gott wohlgefällige! Wartet, ich will es ihm sagen, ich will es ihm sagen!«
Dem pfiffigen und dem sarkastischen Doctor, denen es schwer wurde, ihr Lächeln zu verbergen, gelang es endlich, indem sie ihm halb Recht gaben, ihn zu beruhigen. Er mußte ihnen versprechen, keinen öffentlichen Scandal zu machen, sondern in der Partei selbst mit dem »unbesonnenen jungen Manne« die Sache auszugleichen.
Dieser junge Mann war Niemand anders als Ernst Wagner, seine Unbesonnenheit die letzte Predigt. Auch der wohlmeinende Stadtrath hatte sich eben noch in entrüsteter Bewegung über den »Frevel« ausgesprochen, als Hermann mit dem Delinquenten hereintrat.
Alles schwieg und richtete seine Blicke auf ihn. Der Impertinente, der sich auf den Hahnenkampf freute, machte ihm neben sich, dem Probst gegenüber, Platz. Der Wohlmeinende saß neben dem Probst, Hermann am Ende des Tisches, beide Gegner gleich ins Auge fassend.
Der Probst konnte kaum die gewöhnlichen Begrüßungen abwarten, als er auch den Kampf durch verstecktes Grollen begann: »Sie sind gestern unvorsichtig gewesen, Wagner«, sagt er, »daß Sie den Glauben an die Unsterblichkeit angegriffen haben.«
»Unvorsichtig?« frug Ernst, ohne das Gewicht dieser Frage zu ahnen. »Ich dächte, ich war im höchsten Grade vorsichtig. Habe ich die Frage nach der Wahrheit der Unsterblichkeit selbst irgendwie berührt?«
»Sie haben aber eben versäumt, sie anzuerkennen.«
»Versäumt? Anerkennen?« So fuhr Wagner vor Verwunderung auf; mit dieser Frage sah er plötzlich eine himmelweite Kluft zwischen sich und dem Luther geöffnet, dessen Melanchthon er zu werden gehofft.
»Sie glauben also nicht an die Unsterblichkeit?«
»Und Sie glauben an die Unsterblichkeit?«
So frugen die Beiden einander, gleich erstaunt. Das hatte keiner von dem andern sich denken können. Der eine hielt den andern jetzt für einen Dummkopf, dieser jenen für einen Verbrecher.
»So fest wie an mein eigenes Dasein!« erwiderte der Probst, mit der Hand auf den oberen Theil des Bauches schlagend, dessen Dasein in der That unzweifelhaft war. Dann inquirirte er weiter: »Wie aber können Sie, wenn Sie nicht daran glauben, es als Grundsatz Ihrer geistlichen Amtsverwaltung aussprechen, das Christenthum in seiner wahrsten Form zu entwickeln?«
»Christenthum? Nun ja, warum nicht Christenthum?« erwiderte Wagner. »Was ich will, habe ich doch oft und deutlich genug gesagt: das rein Menschliche. Geben Sie zu, daß das ganz und allein der Inhalt der christlichen Idee sei, so nennen Sie es immerhin Christenthum. Ob ich sage: eine neue Phase der christlichen Entwicklung, oder: ein neues Zeitalter des menschlichen Geistes, das ist ja einerlei. Auf den Inhalt kommt es an; der Name ist Schall und Rauch.«
»Nun, und der Inhalt des Christenthums, ist er nicht der Glaube an Gott, an Unsterblichkeit und eine jenseitige Vergeltung?« frug der Probst mit der Verklärung, die ihn jedesmal von Amtswegen überkam, wenn er von diesen Dingen sprach.
»Da muß ich Ihnen gleich erwidern, daß für mich ein Glauben überhaupt nicht existirt, ich baue meine Grundsätze nur auf das Wissen.« So fing Ernst nach der Studentensitte an, sogleich auf einen Disput über die Grundsätze einzugehen. Der Pfiffige und der Sarkastische lächelten über dieses Theoretisiren; der Enthusiastische und der Impertinente nickten ihm Beifall zu. Der Wohlmeinende spitzte die Ohren: hier mußte es etwas Bedeutendes mit anzuhören geben! Der politische Hermann verhielt sich ruhig, überlegend.
Dem Probst, bei dem Selbstvertrauen auf seine Logik, war es ganz recht, mit solch jungem Gegner sich zu messen. Seine Leidenschaftlichkeit trat vor der berechnenden Aufmerksamkeit einigermaßen zurück. Er sagte: »Gut, nennen wir es Wissen. Gibt es denn kein Wissen von den höchsten Dingen? Gibt es kein Wissen von einem höchsten Wesen, einem persönlichen Geiste, der das All erschaffen und durch seine Vernunft noch immerwährend es lenkt? Gibt es kein Wissen von einem Urgrunde aller Dinge?«
Hier fühlte sich Wagner auf seinem Boden. Diese Streitfragen, die hier in der Provinz des praktisch-politischen Liberalismus erst seit dem Erwachen des »neuen Lebens« auf oberflächliche Weise, und im Grunde nur als Deckmantel für die politische Agitation, ventilirt wurden, hatte er in der Universitätsstadt einer anderen Provinz, deren Luft förmlich mit Religionsphilosophie geschwängert war, bereits mit Professoren und Studenten so oft durchgesprochen, daß er die Antwort bereits auf der Zunge hatte. Mit der doctrinär vornehmen Ruhe des Philosophen, der mit sich und der Welt abgeschlossen hat, entgegnete er: »Lassen Sie uns diesem Urgrunde der Dinge einmal auf den Grund gehen. Jedes Ding hat seinen Grund, und jeder Grund wieder seinen Grund zum Grunde; und so geht die Kette bis ins Unendliche fort. Sprichst du nun von einem Urgrunde aller Dinge, so kannst du damit meinen entweder einen einzelnen Grund vor allen andern Gründen und Dingen, einen vor- und außerweltlichen Urgrund, oder alle Gründe aller Dinge zusammen, einen innerweltlichen. Meinst du den ersten, den transcendenten, so sage mir, was dieser Urgrund ist; sprich nicht von Gott und immer Gott, sondern sage mir, was dieser Gott ist und wie aus ihm die Dinge entstammen. Das aber kannst du nicht; wenn du von dem Urgrunde sprichst, denkst du nur, daß etwas der Urgrund sein könnte; du weißt aber nichts, was der Urgrund wirklich ist; und so sprichst du da, wo du von Gott sprichst, von – nichts. – Und nun andererseits: wie steht's mit dem immanenten Gotte? Alle Gründe aller Dinge sind der Urgrund der Dinge; aber alle Gründe sind selbst wieder Dinge; folglich meinst du, wenn du von diesem Urgrunde sprichst, die Dinge selbst, wenn von Gott, nichts Anderes, als was sonst die Sprache – Welt nennt.«
Diesem doctrinär auseinandersetzenden Tone warf sich der Probst mit seinem declamatorischen Kanzelwesen entgegen, das die gewaltigsten Bewegungen seines Gemüthes und seines Organs aufbot, um den Gegner zu erdrücken. »Glauben Sie, daß ich das nicht weiß, wie der bloße Verstand das Dasein Gottes nie beweisen kann? Aber des Menschen Geist ist nicht nur ein kritischer, auch ein postulirender. Und führt uns die höhere Urteilskraft, das moralische Bedürfniß nicht auf ein überweltliches Wesen, das die Widersprüche des Diesseits zwischen Tugend und Schicksal, zwischen unserem Wollen und Sollen, unserem Sollen und Können in einem vollkommeneren Jenseits löst? Wo werden Recht, Liebe, Sittlichkeit bleiben, wenn kein Gott mehr ist, der sie gebietet und belohnt?«
»Je n'ai pas besoin de cette hypothèse. Ich kann ohnedem sittlich sein. Was ist denn das, was Ihr Sittlichkeit nennt? Gut sein, weil's der liebe Gott will, nichts Böses thun, weil wir sonst ins Fegefeuer kommen. Denn an ein geistiges Fegefeuer müßt Ihr doch glauben, wenn Ihr consequent sein wollt, und ein geistiges Fegefeuer ist immer schon ein Fegefeuer! Ich kenne eine ganz andere Sittlichkeit: ohne aushelfende Hypothesen, ohne anmuthende Gewohnheiten, nichts anerkennen im Wissen und Wirken als die absolute Wahrheit, dem Principe Alles zu opfern, – die Sittlichkeit der Consequenz, die Religion des Princips! Sie nennen mich Atheist, aber vergessen Sie nicht: die Ketzer waren es, die die Kirchengeschichte gemacht haben. Jede Neuerung der Religion stammt aus der Religiosität. Meine Religion ist die Religion der Zukunft, die alle moralischen Postulate erfüllen will ohne Gott, das erlösende Evangelium des Diesseits!«
Wagnern war im theologischen Disput eine gewisse Virtuosität nicht abzusprechen. Nachdem er durch einzelne Streiche, mit kritischer Schärfe gegen den Gegner vollführt, das Terrain gelichtet, pflegte er dann in heroischem Feuer die Flammen seiner eigenen Begeisterung daraus emporlodern zu lassen. Nicht nur die Publicisten, auch der wohlmeinende Stadtrath, war von diesem eleganten Pathos eingenommen; wie im Theater dem Posa, konnte er nicht umhin, diesem liebenswürdigen, jungen Menschen sein »sehr gut, sehr gut!« zuzurufen.
Für den Probst dagegen war das Aufstecken dieser radicalen Principien der rothe Lappen, durch den man den Truthahn kollern macht. Hier hörten für ihn Disputation und Gründe auf; seine innerste Natur empörte sich und er schrie mit einem wahrhaft homerischen Organe: »Was? Ihr wollt Christum stürzen? Beweist, was Ihr wollt! Ich lasse mir meine Religion nicht nehmen. Und dem Volke wollt Ihr seinen Gott rauben? Ihr wollt die Frevler am Heiligsten, die Schänder unserer Tempel werden! Aber bei Gott, Ihr sollt nicht in unsere Kirchen dringen, – Ihr müßtet denn über meine Leiche hinwegschreiten!«
Dabei war er in leidenschaftlicher Bewegung aufgesprungen, um wie auf der Kanzel freie Bewegung zu haben. Er blickte Wagner herausfordernd an. Dieser aber würdigte ihn keiner Antwort, nur eines spöttischen Lächelns. Diese kräftige, ursprüngliche Natur, die sich mit aller ihrer Wucht jedesmal dagegen anstemmte, wo ihr Gefühl verletzt wurde, war für den abstracten Philosophen eine unverständliche, verächtliche Erscheinung; er kannte nur Principien und dialektische Schlüsse; wer in Leidenschaft gerathen konnte, existirte gar nicht für die Geschichte und die Vernunft. Den Probst hatte er aufgegeben und er meinte nicht anders, als daß die ganze Gesellschaft der Liberalen darin mit ihm übereinstimmte, den Mann bisher nicht gekannt zu haben. Er war daher nicht wenig erstaunt, als gleich dem Probst fast der ganze Tisch sich erhob und die Anwesenden miteinander einzeln den Disput fortsetzten, in dem die kleinste Zahl seine Partei ergriff. Nur der enthusiastische und der impertinente Publicist traten laut dem Probst entgegen, jener beschwörend, dieser bläffend. Der Sarkastische und der Pfiffige, an die Wagner sich vom Probst hinweg wandte, lächelten nur im Stillen, jener darüber, welche treffliche Barricade die corpulente Leiche abgeben würde, dieser über den Fanatismus, mit dem die wüthenden Hähne auf einander einhackten. Der wohlmeinende Stadtrath, als dieser Luther weit erschütternder brüllte denn jener Posa, lächelte anfangs verlegen, weil er sich nicht widersprechen wollte; dann sagte er, aber doch mit der vornehmen Herablassung, mit der er so gern an weltgeschichtlichen Ereignissen theilnahm: »Nein, Herr Probst, wenn diese jungen Leute es so meinen, das können wir nicht dulden. Ich glaube die Regierung würde uns augenblicklich verbieten!«
Hermann endlich machte dem wüsten Durcheinander, in das »die Partei«, wie in die Urelemente aufgelöst zu werden schien, ein Ende. »Erlauben Sie mir ein Wort, meine Herren«, sagte er, stehend auf den Tisch gestützt. »Lassen Sie nicht um bloßer doctrinärer Streitigkeiten wegen unsere Einigkeit verloren gehen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen beiden, meine Freunde, Recht hat; ich weiß auch nicht, ob das ein Streit ist, der je in der Geschichte eine definitive Erledigung finden wird. Meiner Ansicht nach sind das Gewissensfragen, in denen Jeder sehe, wie er mit sich selber fertig werde. Ich will es nicht leugnen, daß einzelne esprits forts im Stande sein mögen, ohne Stützen des Glaubens ganz auf eigenen Füßen zu stehen. Aber ich muß auch darauf beharren, daß das Volk, daß die große Masse dessen nie fähig sein wird, daß die Religion die nothwendige Grundlage der allgemeinen Sittlichkeit, des Staates ist – jedoch auch ich verirre mich in Theorien. Herr Wagner, ich will Sie heute nur auf den praktischen Gesichtspunkt aufmerksam machen: Wahrheit mag sein, was da wolle, den Atheismus dürfen wir in keinem Falle auf die Fahne der Partei setzen! Die öffentliche Meinung hängt noch an dem Glauben, und jedenfalls scheut sie den Unglauben. Wenn wir diese Stimmungen nicht schonen, haben wir allen Einfluß auf die Nation verloren. Der Atheismus wird, der Alliirte des Absolutismus, unsere Erfolge vernichten, ehe sie zur Reife kommen, als der böse Feind im eigenen Lager.«
In Hermann sah Ernst noch den Mann, der seine Principien verstand und theilte, wenn er auch nicht den Muth der Ueberzeugung besaß, sie rücksichtslos geltend zu machen. Ihn hielt er noch eines Wortes Werth, und er wandte sich an ihn: »Die Stimmungen des Volkes schonen? – seien wir offen, Hermann, ist das nicht Betrug am Volke? ist es nicht falsche Klugheit, mit der wir unsere eigne Feigheit beschönigen? Seien wir wahrhaft klug, bedenken wir, ob wir der Wahrheit nicht am besten dienen, wenn wir sie ganz bekennen! Wie freudig überrascht begrüßt das Volk schon jetzt die einzelnen Lichtstrahlen, die durch seines Kerkers Gitter sich zu ihm stehlen, – wie aus vollstem Herzen wird es erst jubeln, wenn wir alle Schranken fallen lassen, es der Sonne frei entgegenführen, wenn es in dem Meere ihres Lichts den Durst nach Wahrheit schwelgend stillt! Nein, Hermann, Ihre Politik ist eine kleine Politik, die Politik der alten Zeit, die in klügelnder Berechnung auf die Schwäche der Menschen baute; das eben soll ja die neue Politik sein, daß wir vertrauen auf die überwältigende Macht des Gedankens. Die Wahrheit über Alles! Des Volkes Stimme – Gottes Stimme! und Gottes Stimme, – haben wir nur den Muth es zu versuchen, sie wird die Wahrheit nicht im Stiche lassen!«
Der laute Disput hatte eine Menge Neugieriger herbeigezogen. Die Billardspieler, der Wirth, Kellner und Kellnerinnen hörten zu, und Hermann fand es für nothwendig, das Gespräch abzubrechen, um nicht Aufsehn aus dieser kleinen Spaltung der Partei entstehen zu sehen. Indem er sich vornahm, Wagner nächstens privatim ins Gebet zu nehmen, brachte er es über sich, dem Gegner das letzte Wort zu lassen, und bat, den Streit für heute abzubrechen. Da es schon spät war, willfahrte man ihm gern. Bald darauf brach man auf. Vor dem Hause an der Ecke, als man sich verabschiedete, fühlte Ernst sich so fremd gegen Hermann, daß er nicht wußte, ob er ihm die Hand reichen solle. Hermann ergriff dieselbe wie gewöhnlich in der eiligen Freundschaftlichkeit des Geschäftsmannes, und sie trennten sich nicht anders als sonst.
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