Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Die allgemeinste benennung dessen, der zum unmittelbaren dienst der gottheit berufen ist (minister deorum Tac. Germ. 10), führt sich auf ihren namen selbst zurück. vom gothischen guþ (deus) wird das adj. gaguds (pius, εὐσεβής), gagudei (pietas, εὐσέβεια) gebildet; ahd. und mhd. finde ich für pius êrhaft, eigentlich reverens, das auch venerandus ausdrücken kann, unser nhd. fromm hat erst spät diesen sinn überkommen, das mhd. vrum ist bloß tüchtig, treflich. Der gott dienende, fromme mann heißt goth. gudja (ἱερεύς) Matth. 8, 4. 27, 1. 63. Marc. 10, 33. 11, 27. 14, 61. Luc. 1, 5. 20, 1. Joh. 18, 19. 22. 19, 6. ufargudja (ἀρχιερεύς) Marc. 10, 33. gudjinôn (ἱερατεύειν) Luc. 1, 8. gudjinassus (ἱερατεία) Luc. 1, 9.Nachtrag: Religion wird griech. durch εὐσέβεια oder ϑρησκεία (vgl. ϑρησκεύειν s. 88) gegeben. κατ' εὐσέβειαν pie. Lucian 5, 277. religio = iterata lectio vgl. intelligere. Lobecks rhematicon. s. 65. religio heißt in ahd. glossen heit, Hattemer 1, 423. cotedehtigi, Graff 5, 163 gotedehti devotio, ebenda anadaht intentio, attentio. eigenthümlich wird Hattemer 1, 423 pietas durch heimminna unde mâgminna ausgedrückt. crêdischeit Servat. 762 ist frömmelei. vgl. anm. 112. deis (dîs) fretus Plaut. Cas. 2, 5 heißt ahd. gote forahtac. O. I. 15, 3..
Daß diese ausdrücke heidnisch waren folgt aus dem einstimmigen altn. gođi (pontifex) hofs gođi (fani antistes) Egilss. 754. Freys gođi Nialss. c. 96. 117 (fornm. sög. 2, 206.) gođord (sacerdotium). einen andern grund dafür gibt das verschwinden des worts in den übrigen dialecten, etwa wie alah verschwand, das den Gothen noch unbedenklich schien. nur eine leise spur erscheint in dem ahd. cotinc Diut 1, 187, womit tribunus glossiert wird(goth.gudiggs?). Wie aber Ulfilas gudja und sinista (πρεσβύτερος, der ältere, angesehene, der priester) verbindet, sagt ein merkwürdiges zeugnis bei Ammianus Marcell. 28, 5 aus, daß der burgundische oberpriester sinisto hieß: nam sacerdos omnium maximus apud Burgundios vocatur sinistus, et est perpetuusvgl. den mit sin- in der zusammensetzung verbundnen begrif der perpetuität (gramm. 2, 554. 555)., obnoxius discriminibus nullis ut reges. Vom zusammenhang der priester mit dem adel handle ich RA. 267. 268Nachtrag: Der goth. gudja, ags. gođi priester scheint im ags. eigennamen Goda. Kemble 1, 242 erhalten. statt auhumists gudja, ἀρχιερεύς Matth. 27, 62. Marc. 8, 31 heißt es auhumists veiha. Joh. 18, 13. der priester weiht und ist geweiht (s. 76) vgl. die hexenweihe und taufe. die Göndul weiht: nû vîgi ek þik undir öll þau atkvaeđi ok skildaga, sem Ođinn fyrimaelti. fornald. sög. 1, 402. die worte bei Lactantius im Phoenix antistes nemorum, luci veneranda sacerdos wird vom ags. dichter 207, 27. 208, 7 mit bearves bigenga, vudubearves veard wiedergegeben. (vgl. anm. 208). der priester steht vor gott, ἔναντιο τοῦ ϑεοῦ. Luc. 1, 8. giangi furi got. O. I. 4, 11. die mönche bilden ›daz gotes her‹. Reinh. F. 1023. Das zend. âthrava priester. Bopp vgl. gr. 42. Spiegel Avesta 2, VI bedeutet feuerdiener von âtars feuer, dat. âthrê. poln. xiądz priester, eigentlich fürst oder opferer. Linde 2, 1164b vgl. skr. xi herschen, tödten, xaja dominans..
Noch heidnischer sind die ahd. priesternamen harugari Diut. 1, 514bbedeutet haruc wald, fels, harugari priester, so gleicht das ir. carn steinhaufe und cairneac priester. O'brien 77a. und parawari Diut 1, 150a: beide aus jenen benennungen der tempel haruc und paro (s. 54. 55) hergeleitet und die vorhin behauptete identität dieser begriffe bestätigend. schwerlich wurden sie vom glossator zur verdeutschung des lat. aruspex erfunden, sie waren längst in unserer alten sprache vorhanden. pluostrari (s. 29) hieß der priester, in sofern er opferte.
Daß aber cotinc die bedeutung tribunus haben konnte zeigt den genauen zusammenhang zwischen priester und richteramt, 73 der vorzüglich in einem andern der hochd. mundart eigenthümlichen ausdruck hervorbricht. êwa, êa bezeichnete nicht bloß das weltliche, sondern auch das göttliche gesetz, die früher genau verbunden und gleich heilig waren, êwart, êowart also den pfleger, hüter des gesetzes, den νομικός, goth. vitôdafasteis, den gesetzes und rechtskundigen. K. 55a 56a. b. gl. Hrab. 974a N. ps. 50, 9. das schwachformige êwarto hat O. I. 4, 2. 18. 72. gotes êwarto I. 4, 23. so noch im 12 jh. êwarte Mar. 21 und ohne allen bezug auf das jüdische amt, ganz synonym mit priester: der heilige êwarte Reinh. 1705. der bâruc und die êwarten sîn Parz. 13, 25. Wh. 217, 23 von sarazenischen priesternNachtrag: Ewart priester. ein êwart der abgote. Barl. 200, 22. 201, 38. der abgote êwarten. pass. 329, 56. die valschen êwarten. das. 356, 76. noch abgot noch êwarte. das. 358, 17. êwarde En. 244, 14. prêster und ir êwe mester das. 243, 20.. Daneben galt das nahliegende êosago, êsago für judex, legislator. RA. 781.
Der dichter des Heliand bedient sich des ausdrucks wihes ward (templi custos) 150, 24, und versucht, um dem heidnischen wie dem fremden worte auszuweichen, umschreibungen: the giêrôdo man 3, 19. the frôdo man 3, 21. 7, 7, frôdgumo 5, 23. 6, 2. godcund gumo 6, 12, was an jenes gudja anschlägt, vielleicht aber auch den eigenthümlichen sinn berührt, den bei Wolfram ›der guote man‹ hatParz. 457, 2. 458, 25. 460, 19. 476, 23. 487, 23. the gôdo gumo steht Hel. 4, 16 von Johannes, ther guato man O. II. 12, 21, 49 von Nicodemus. in Ulrichs Lanzelot heißt ein abt: der guote man 4613. 4639. vgl. 3857 und 4620 êwarte, 4626 priester. dazu gehört aber diu guote frouwe (s. unten) d. h. ursprünglich bona socia, so daß auch in dem guten mann etwas heidnisches, ketzerisches durchblickt. das heimchen ist in der thierfabel ein geistlicher und heißt Ren. 8125 preudoms und Frobert = FruotbertNachtrag: Fruod gomo heißt Zacharias Hel. 2, 24. nhd. bedeutet der kluge mann, die kluge frau wol noch einen geheimer naturkräfte kundigen menschen. ebenso schwed. de klokar die klugen. Fries udfl. 108. Der ausdruck ›der guote man‹ bezeichnet vorzugsweise leute geistlichen standes. der guote man (vom priester) Marienleg. 60, 40. der bischof der guote man. pass. 336, 78. der guote man (pfaffe und pilgrim) Uolrich 91. guote frowen sind nonnen. Eracl. 735. klôster und guote liute. Nib. 1001, 2. Barlâam der guote man. Barl. 387, 5. vgl. 398, 32. Egidi guot man! Ksrchr. 15043. die goede man heißt der einsiedler. Lanc. 4153. 4171. 16911. 16918. 17786. 25376. 25446. 28280. 28308. das ags. gudemans croft (anm. 43) gehört wol hieher, dagegen ist der ortsn. Gutmanshausen aus Woteneshusen entstellt (anm. 390). bonshommes sind ketzer, manichäer, die auf dem concil zu Cambery 1165 verdammt werden. buonuomini Macch. stor. fior. 1, 97. 158. bei O. I. 12, 17 heißen die hirten: guotê man. im engl. bedeutet goodman biedermann und hauswirt. Grôa wird angeredet gôđ kona Sæem. 97a und in zaubersprüchen Alrûn, du vil guote (s. 1006)... die romanischen ausdrücke prudens homo, bonus homo (prudhomme, bonhomme) sind nicht ohne bezug auf die alte rechtspflege. Einmal Joh. 18, 13 verdeutscht Ulfilas ἀρχιερεύς durch aúhumists veiha, niemal ἱερεύς durch veiha.
Mit dem christenthum drangen fremde benennungen einNachtrag: Christlich, wenn auch deutschen ursprungs, scheint auch das ahd. heithaft sacerdos von heit ordo, also: in ordinem sacrum receptus est. noch mhd. heithafte liute sacerdotes. fundgr. 1, 94. vgl. eithafte herren = geistliche. Ksrchr. 11895. das ags. geþungen bedeutet angesehn, würdig, zumal auch religiosus z. b. homil. s. 344.. die Angelsachsen nahmen, in verkürzter form, das lat. sacerdos auf: sacerd, pl. sacerdas; Alfred übersetzt Bedas pontifex und summus pontificum (beides von einem heidnischen) 2, 13 biscop und ealdorbiscop. T. und O. haben gleichbedeutig das aus episcopus entspringende bisgof, biscof O. I. 4, 4. 27. 47; auch Hel. 150, 24 biscop. Später werden priester (nach presbyter, also jenem begrif des vornehmen und ältesten) und pfaffe (papa) die allgemeinsten namen. ags. preost, engl. priest, franz. prestre, prêtre, bei Veldek reim prêster: mêster. En. 9002.
Wenn Jul. Caesar von den Germanen sagt (de bello Gall. 6, 21): neque druides habent, qui rebus divinis praesint, neque sacrificiis student, so braucht diese nachricht nicht für unrichtig und dem was Tacitus von den deutschen priestern und opfern meldet, widersprechend erklärt zu werden. Caesar behauptet alles im gegensatz zu den Galliern. diese hatte er 6, 16 als den opfern äußerst ergeben geschildert, und ›non studere sacrificiis‹ wird im 74 zusammenhang nichts anders bedeuten als: sich der opfer sparsam bedienen. ebensowenig herschte unter den Deutschen das gallische fein ausgebildete druidensystem; sie ermangelten aber nicht ihrer eigenthümlichen opfer und priester.
Die deutschen priester, wie wir es schon aus dem übergreifen der namen erkannten, waren zugleich bei gottesdienst und volksgericht thätig. In den heerzügen gebührt ihnen allein, nicht den feldherrn die zucht, da der ganze krieg gleichsam in gegenwart der gottheit geführt wird: ceterum neque animadvertere neque vincire nec verberare quidem nisi sacerdotibus permissum: non quasi in poenam, nec ducis jussu, sed velut deo imperante, quem adesse bellantibus credunt. Germ. 7.Nachtrag: Auch Agathias 2, 6 legt den heidnischen Alamannen des 6. jh. ausdrücklich weissager (μάντεις und χρησομολόγοιder μάντις deutet träume, vögelflug und eingeweide, ist aber kein wahrsager χρησομολόγος. Pausan. 1. 34, 3.) bei, die von der schlacht abrathen, und noch im MA. nehmen die fürsten geistliche mit ins feld und heer zum ratschlagen, abbates pii, scioli bene consiliarii. Rudl. 2, 253. gottesurtheile sind unter priesterliche autorität gestellt. Saem. 237b. 238a. In der volksversammlung gebieten die priester stillschweigen, andacht. silentium per sacerdotes, quibus tum et coërcendi jus est, imperatur. Germ. 11. zu dem, was in Haupts zeitschr. 9, 127 über lust und unlust beigebracht ist, erwäge man noch das tacitus precari in der umbrischen formel und den eingang der fastnachtsspiele.. auch die gleich folgenden worte beziehen sich auf die priester, sie nehmen aus dem heiligen hain die bilder und zeichen mit ins feld. Cap. 10 lehrt, daß der sacerdos civitatis dem loßen mit zweigen vorsteht, sobald es für das volk geschah. war die angelegenheit keine öffentliche, so kann der hausvater selbst das geschäft verrichten und der priester brauchte nicht zugezogen zu werden. eine merkwürdige beschränkung der priestergewalt und ein zeichen, wie weit in dem eigentlichen privatleben das recht des freien mannes gieng; aus gleichem grunde, scheint es mir, durften in frühster zeit symbolische handlungen unter den parteien vorgenommen werden ohne zwischenkunft des richters (RA. 201). Auch wenn aus dem gewieher der öffentlich unterhaltenen weißen rosse geweissagt werden sollte, begleiteten priester den heiligen wagen und beglaubigten das geschäft. Der gottheit wagen berührt allein der priester, ihre nahende gegenwart wird von ihm erkannt, er geleitet sie ehrfurchtsvoll, und führt sie zuletzt in ihr heiligthum zurück cap. 40. Segimund, des Segestes sohn, den Tac. ann. 1, 57 sacerdos nennt, war nicht deutscher, sondern römischer priester (apud aram Ubiorum) gewesen und nach zerreißung der fremden binde (vittas ruperat) in die heimat entflohen.
Diese wenigen der priester nur gelegentlich erwähnenden stellen lassen ihr amt lange nicht überschauenNachtrag: Das goth. prôþjan, usþrôþjan verdeutscht μυεῖν initiare und γυμνάζειν exercere. GDS. 819. sollte es auf ein heiliges geschäft heidnischer priester gehen und sich mit dem namen der gallischen druiden berühren s. anm. 2600 oder lieber mit þrûđr. s. 351? ob heilac von priestern und priesterinnen gesagt ward? vgl. heilac huat cydaris. Graff 4, 874. Heilacflât cod. lauresh. 1, 578. heilacbrunno s. 458. heiligbär s. 556. Priester nehmen an den opfermahlzeiten theil, heiligen den kessel. sentu at Saxa Sunnmanna gram: hann kann helga hver vellanda. Saem. 238a. Petrus wurde auch als himmelskoch vorgestellt. lat. ged. d. Ma. s. 336. 344. priester unterhalten die heiligen thiere, pferde und eber. Hervarars cap. 14. vgl. RA. 592. sie scheinen bei grenzbegängen vorausgegangen zu sein und die heiligen steine gewiesen zu haben. später thaten es die kirchvorsteher. man ritt zumal um alte kirchen, in deren gewölbe ein götzenbild liegen sollte. Priester verstehen die wiederbelebungskunst. Holtzm. 3, 145. sie haben zugleich die gabe der heilkunst und weissagung. ἰατρόμαντις. Aesch. suppl. 263.. ohne zweifel lag ihnen, außer jenen geschäften, die verrichtung feierlicher gebete, die tödtung der opferthiere, die weihung der könige und leichen, vielleicht auch der ehen, die abnahme der eide und manches andere ob. Von ihrer tracht, ihren insignien und abstufungen wird gar nichts gemeldet, einmal gedenkt Tacitus cap. 43 eines sacerdos muliebri ornatu, gibt aber nichts näher an; ohne zweifel bildeten die priester einen gesonderten, vielleicht erblichen stand, wenn auch minder mächtigen und einflußreichen als in Gallien. wahrscheinlich gab es außer jenem sacerdos civitatis höhere und geringere. Namentlich aufgeführt wird ein einziger, der cattische Libes (Λίβης τῶν Χάττων ἱερεύς) bei Strabo, den mit anderen gefangnen Deutschen die pompa des Germanicus nach Rom schleppte. Tacitus (so viel wir ihn übrig haben) geschweigt 75 seinerLibes könnte sein Leip, Lêb, altn. Leifr, goth. Láibs? eine variante giebt Λίβυς.. Bemerkenswerth ist noch des Jornandes aussage, daß die gothischen priester pileati hießen, im gegensatz zu den capillati, dem übrigen theil des volks, und daß sie während dem opfer ihr haupt mit hüten bedeckten, vgl. RA. 271Nachtrag: Bei vielen arischen völkern ist das priestergewand von weißer farbe. graecus augur pallio candido velatus, umber et romanus trabea purpurea amictus. Grotefend inscr. umbr. 6, 13. weiß ist das gewand römischer priester und magistrate. vgl. die schilderung des flamen dialis bei Hartung 1, 193. Schwenck 27. amictus veste alba sevir et praetor Petron. 65. die kimbrischen priesterinnen nennt Strabo λειχείμονες (s. 45), auch die gothischen priester erschienen nach Jornandes cap. 10 in candidis vestibus. die gallischen druiden trugen weißes gewand (s. 1009), ebenso wie der priester des Gerovit schneeweiß gekleidet ist nach Sefridi v. Ottonis p. 128. (Giesebr. wend. gesch. 1, 90). auch im MA. kommt weißes gewand heiligen frauen und nonnen zu. die goede man met witten clederen. Lanc. 22662. 22670.
Die gothischen pileati (kl. schr. 3, 227 ff. GDS. 124) erinnern an die tria genera pileorum, quibus sacerdotes utuntur: apex, tutulus, galerus nach Suetonii fragm. p. m. 335. vielleicht muß das von Stälin 1, 161. 162 mitgetheilte bild eines bärtigen mannes auf einen priester gedeutet werden. das geschorne haar der christlichen und buddhistischen (?) mönche und nonnen ist wohl als ein zeichen der knechtschaft gottes aufzufassen. GDS. 822.
Aus der folgenden zeit, und bis zur einführung des christenthums haben wir fast gar keine kunde weiter, wie es sich im innern Deutschland mit den priestern verhielt; ihr dasein folgt aus dem der tempel und opfer. Eine nicht unwichtige nachricht hat Beda hist. eccl. 2, 13 bewahrt, dem heidnischen priester der Angelsachsen war es waffen zu tragen und auf hengsten zu reiten untersagt: non enim licuerat, pontificem sacrorum vel arma ferre, vel praeterquam in equa equitare. sollte das noch mit der bestimmung zusammenhängen, die freilich auch biblisch erklärt werden kann, daß christliche geistliche, wenn sie land umreiten, auf eseln und füllen (nicht auf pferden) sitzend erscheinen (RA. 86–88)? auch Festus bemerkt: equo vehi flamini diali non licebat, ne si longius digrederetur sacra neglegerenturNachtrag: Gleich dem heidnischen priester der Angelsachsen reitet auch Snorri gođi auf einer stute. Eyrbygg. s. 34, der flamen dialis durfte überhaupt kein pferd besteigen. Klausen Aen. 1077. Hartung 1, 194. Vielleicht war schon den heidnischen priestern nicht gestattet blutiges zu essen, sondern bloß kräuter. Trevrizent gräbt sich wurzeln, die er an stauden hängt. Parz. 485, 21. ähnlich fristen Wilhelm der heilige und Waltharius ihr dasein. at. ged. d. Ma. s. 112. zu den gebärden, die an priesterliche gebräuche bei opfern und gebeten erinnern, rechne ich vorzüglich, daß bei der vindication von thieren der schwörende seine rechte zum eid aufheben oder auflegen, mit seiner linken aber des thieres rechtes ohr fassen musste. auch die stellung beim hammerwurf mag dahin gehören. RA. 65. 66. GDS. 124. 125. (s. anm. 265. nach Kemble ist coifi ags. ceofa diaconus Kemble 1, 278).. die übertragung solcher in die gewohnheit und sitte des lebens eingreifenden gebräuche mochte ganz zulässig sein. Ich werde anderswo auszuführen trachten, daß in gebärden oder stellungen, die für gewisse rechtshandlungen erfordert werden, manches noch an priesterliche gebräuche bei opfern und gebeten erinnert. Es ist nicht unwahrscheinlich, wie heidnische stätten in christliche umgewandelt wurden, daß man auch für vortheilhaft hielt, unter den bekehrten völkern die alten priester zu dem neuen gottesdienst heran zu ziehen. sie waren der gebildetste theil des volks, am ersten fähig die christliche lehre zu fassen, und ihren landsleuten zu empfehlen. aus der mitte des heidnischen priesterthums mögen daher zwar die heftigsten feinde, aber auch die eifrigsten anhänger der neuerung hervorgegangen seinwie aus der catholischen geistlichkeit sowol die stützen als gegner der reformation. Das merkwürdige beispiel eines heidnischen priesters, der seinen alten glauben herabsetzt und selbst hand anlegt an die zerstörung des früher von ihm heilig gehaltenen tempels, ist s. 66 aus Beda angeführt. dieser priester war ein angelsächsischer, kein britischer, obgleich ihn Beda Coifi, mit einem galischen worte (choibi, choibhidh, cuimhi, nach Jamieson im supplement s. v. coivie, archidruid) offenbar nur zu näherer bezeichnung seines standes, nennt. eigenname ist Coifi auch im galischen nicht, und es wäre unglaublich, daß Edvine, könig von Northumbrien, britischen glauben angenommen und einen britischen priester gehalten hätte.. an einer stelle der bonifazischen briefsammlung wird über vermischung christlichen und heidnischen brauchs geklagt, die sich unverständige oder leichtsinnige und strafbare priester zu schulden kommen lassened. Würdtw. 82. Serr. 140: pro sacrilegis itaque presbyteris, ut scripsisti, qui tauros et hircos diis paganorum immolabant, manducantes sacrificia mortuorum . . . . modo vero incognitum esse, utrum baptizantes trinitatem dixissent an non etc. Dahin auch der presbyter Jovi mactans, ep. 25.. das konnte in schuldloser unerfahrenheit, oder 76 mit wolbewuster absicht geschehen, aber fast nur von solchen, die zugleich des heidenthums kundig waren.
Selbst den nordischen priesterstand beschreiben die edden und sagen äußerst unvollständig. eine merkwürdige stelle der Ynglîngasaga cap. 2, welche die Asen überhaupt als einwanderer aus Asien, und Asgard ihren sitz als eine große opferstätte ansieht, macht die zwölf vornehmsten Asen zu opferpriestern (hofgođar): skyldu þeir râđa fyrir blôtum ok dômum manna î milli, und fügt hinzu, daß sie dîar (divi) und drôttnar (domini) genannt worden seien. diese vorstellung, wenn auch nichts als vermutung Snorris, zeigt uns die hohe würde, worin das nord. priesterthum stand, und wie man götter selbst an die spitze der opfer und gerichte setzte. aber dîar und drôttnar dürfen wir darum nicht mit den priestern vermengen.
Ich muß hervorheben, daß einzelne den göttern durch dienst und verehrung näher stehende menschen, voraus die priester, freunde der götter genannt werdennoch von mhd. dichtern wird gotes friunt, gotes degen einsiedlern und mönchen beigelegt. im Renner 24587 heißt Sanct Jost ›heiliger gotes kneht.‹Nachtrag: Wie im norden die heidnischen priester freunde der götter genannt werden, so heißt der christliche ein man, kind, kneht, scalc, deo, diu, vine, trut gotes oder gote lieb. vgl. Mannhardt in Wolfs zeitschr. 3, 143. gotes man (anm. 69). gotes kint = geistlicher. Greg. 1355. 1383. Reinh. 714. oder = pilgrim im gegensatz zum weltkind. Trist. 2625. munche und pfaffen sint gotes kint. Renn. 17967. der edle gotes kneht wird pass. 346, 24. 349, 23. 60 von Zacharias und Johannes gebraucht. der gotes kneht. Karl 62b. 64b. so heißt der pilgrim. Trist. 2638. heiliger gottes kneht! Renn. 24587. gotes rîter. Greg. 1362. ein wârer gotis scalc. Ksrchr. 6071. ahd. Gotadeo, Gotesdeo, fem. Gotesdiu. vgl. ir. ceile de, culde, diener gottes. ir. sagen 2, 476. der gotes trût. pass. 350, 91. unter den griech. priestern gibt es ἀγχίϑεοι. Lucian. dea Syria cap. 31. vgl. die conscii deorum. Tac. Germ. 10. Amphiaraus wird von Zeus und Apollo geliebt. Od. 15, 245. d. h. er ist μάντις. nach seinem tod wird Polypheides, desselben geschlechts, von Apoll zum μάντις bestimmt. Od. 15, 253.. dahin gehört der name Freysvinr, ags. Freávine, Bregovine für helden und könige (s. cap. X. Frôwin). nach Eyrbygg. p. 6. 8. 16. 26 war Rôlfr ein Thôrs vinr, er hatte auf einer aue einen hof dieses gottes und wurde darum Thôrôlfr genannt, seinen sohn Steinn widmete er ihm und nannte ihn Thôrsteinn, wiederum widmete Thôrsteinn seinen sohn Grimr dem gott und nannte ihn Thôrgrimr, durch dies hingeben (gefa) wurde die bestimmung zum gođi oder priester ausgesprochen. Hallstein (nach Landn. 2, 23) gab seinen sohn dem Thôrr zum gođi. Man sieht, daß der priesterstand durch gewisse geschlechter fortgeführt wurdeNachtrag: Der nordische priesterstand wurde durch gewisse geschlechter fortgeführt, der gođi durfte also heirathen, wie ursprünglich der christliche episcopus und diaconus (1. Tim. 3, 2. 12. Walters kirchenrecht s. 218.) und der indische brahmane. aber der preuß. waidlot oder waidler muste enthaltsam leben. Nesselmann s. XV (über waidleimai und waidlotten s. Nesselmann s. 141). die bestimmung zum priesterstand hieß altn. signa gođom, oder gefa, wenn auch aus dem letzten ausdruck nicht immer der priesterstand scheint gefolgert werden zu dürfen. þeir voro gumna; gođom signađir. Saem. 117b. gefinn Ođni. fornm. sög. 2, 168. enn gaf hann (Brandr) guđunum, ok var hann kallađr Guđbrandr. fornald. sög. 2, 6. sein sohn heißt Guđmundr, dessen sohn wieder Guđbrandr 2, 7. Gudbrandr ist ahd. Gotaberaht. gehört hierhin die fortpflanzung der weissage im geschlecht? (s. 926).. Aber auch Odysseus hieß Διΐ φίλος (Il. 10, 527). Αἴολος φίλος ἀϑανάτοισι ϑεοῖσι Od. 10, 2. doch der letzte wird Od. 10, 21 ταμίης ἀνέμων, also priester genannt.
Wie genau das nord. priesteramt in die rechtspflege eingrif, bedarf hier keiner ausführung, in solcher eigenschaft scheinen die priester eine bedeutende wirksamkeit unter dem volk gehabt zu haben, während von ihrem politischen einflus an den königshöfen wenig die rede ist. man lese nur die Nialssaga. noch nach einführung des christenthums behielten die isländischen richter den namen und manche befugnisse der heidnischen gođar bei (Grâgâs 1, 109–113. 130. 165). Klöstern, aber auch landmeiern, zumal inhabern alter freistätten (anm. 246.) scheinen noch im MA. einzelne rechte zuständig, die sich auf den altheidnischen priesterstand zurückleiten lassen, wovon ich bei abhandlung der weisthümer ausführlich reden werde. so sollen sie für die ganze mark einen kessel, oder maß und gewicht, namentlich aber die zucht- oder wucherthiere halten, denen überall große gunst erwiesen wirdNachtrag: An den gott wurden theile der jagd und beute (s. 34), an priester und tempel abgaben entrichtet, woraus der zehnte entsprang. hoftollr heißt der an tempel zu zahlende zoll. fornm. sög. 1, 268. über priesterliche wohnorte s. GDS. 125..
Der gođi konnte zwar blôtmađr (sacrificulus), bliotr (Egilssaga s. 209) heißen, doch nicht alle blôtmenn waren priester, vielmehr 77 bezeichnete dieses wort jeden an den opfern theilnehmenden, später unter den Christen überhaupt die Heiden. zu jener stelle des Tacitus von dem paterfamilias stimmt, daß jedweder iarl oder hersir, wenn er schon kein priester war, ein opfer verrichten durfte. Saxo gramm. p. 176 erzählt von dem getauften Harald: delubra diruit, victimarios proscripsit, flaminium abrogavit. unter jenen versteht er wol blôtmenn, unter flamines die priester. p. 104 meldet er, bei den upsalischen opfern seien effoeminati corporum motus, scenicique mimorum plausus, ac mollia nolarum crepitacula vorgekommen, von chören und tänzen der priester weiß auch das griech. alterthum.
Auf nachrichten über die kleidung der nordischen priester bin ich nicht gestoßen; fand zusammenhang der dichter mit ihnen statt? Bragi, gott des gesanges, hat nichts mit opfern zu thun. gleichwohl schien die dichtkunst ein heiliges, geweihtes geschäft: Ođin bediente sich gebundner rede, er und seine hofgođar heißen liođasmiđir (dichter). Yngl. saga cap. 6. sollte skâld (poeta, aber neutr.) sich berühren mit dem ahd. seltnen worte sgalto (sacer)? Diut. 1, 183, gl. ker. 69 scaldo. Selbst von christlichen sängern bald nach der bekehrung wird noch eins und das andere erzählt, was uns von heidnischen skalden überliefert ist.
Wie nah grenzt poesie an weissagung, der vates ist sänger zugleich und weissager, weissagung war aber das amt der priester. Ammianus Marcellinus 14, 9 erwähnt alamannische auspices und Agathias 2, 6 μάντεις oder χρησμολόγοι ἀλαμαννικοίNachtrag: Germanische weissagung scheint auch in Rom ansehen genossen zu haben. haruspex (Domitiano) ex Germania missus. Sueton. Domit. 16. überrest der heidnischen priester und priesterinnen sind die wahrsager, an welche sich auch nach der bekehrung das volk in gewissen fällen wandte. die lex Visig. VI. 2, 1 redet von ariolos, aruspices, vaticinantes consulere und VI 2, 5 execrabiles divinorum pronuntiationes intendere. salutis aut aegritudinis responsa poscere. Liutpr. 6, 30 ad ariolos vel ariolas pro responsis accipiendis ambulare und Liutpr. 6, 31 in loco ubi arioli vel ariolae fuerint..
Ulfilas scheut sich ein goth. wort für das häufig vorkommende προφήτης zu brauchen, er setzt immer praúfêtus, und für προφῆτις praúfêteis Luc. 2, 36. warum nicht veitaga, veitagô? diesmal sind die ahd. und ags. übertragungen kühner, sie geben wîzago, vîtegadas î nach der nhd. form weissager, mhd. wîssage für wîzege, und gleich fehlerhaft weissagen, mhd. wîssagen Iw. 3097. (ahd. wîzagôn, ags. vitegian).. der priester, wenn er augurien und auspicien vorstand, war ein veitaga? vgl. inveitan s. 24. Die altn. benennung ist spâmadr, und der prophetin (ags. vîtegestre) spâkona. Solche weissager waren Mîmir und Grîpir. in altfranz. gedichten heißen sie devin (divini, divinatores), was nicht selten mit dem begrif der dichter zusammenfließt: uns devins, qui de voir dire est esprovez (Méon 4, 145); ce dient li devin. Ren. 7383 (wie Tristr. 1229 li contor dient)Nachtrag: Der altn. spâmađr heißt râđspakr. Saem. 175a. oder framvîss wie der weissager Grîpir. Saem. 172a. 175a. þû fram um sêr. Saem. 175a.b. farit er þaz ek forvissac 175a. þû öll um sêr orlôg for. 176b. Grîpir lŷgr eigi 177b. Gevarus rex, divinandi doctissimus, industria praesagiorum excultus. Saxo gramm. s. 115. (vgl. s. 863. 926.) der begriff von oraculum (was von den göttern erfragt, erbeten wird), vaticinium, divinatio wird durch das altn. frêtt wiedergegeben: frêttir sögđu. Saem. 93. frêtta beiddi, oracula poposcis 94a. geck til frêttar. Yngl. 21. die Griechen sagten: χρᾶσϑαι τῷ ϑεῷ beim gott anfragen. vgl. frelitan. anm. 124. ahd. freht meritum. frehtîc meritus, sacer. ags. fyrht in den leg. Canuti. Thorpe s. 162..
Hier fragt es sich nach den weissagerinnen, priesterinnen des alterthums.
Das mundium, worin tochter, schwester, frau standen, scheint sie in der ältesten, heidnischen zeit nicht von heiligen ämtern wie z. b. vom opferNachtrag: Am opfer scheinen germanische weiber theil genommen zu haben (s. 47), frauen opfern vor dem heer des thrakischen Spartakus (um 67 vor Chr.), der auch Germanen bei sich hatte. Plutarch. Crassus cap. 11. dagegen waren die frauen davon ausgeschlossen bei Römern s. 96, bei Tscheremissen s. 1033, bei Lappen Klemm 3, 87, bei Buriäten Klemm 3, 111. 113. und von bedeutendem einfluß auf das volk auszuschließen.
Tacitus, nachdem er, wie gewaltig deutsche frauen auf die tapferkeit der krieger einwirken, und daß die Römer von 78 einzelnen völkern zu größerer sicherheit edle jungfrauen fordern, gesagt hat, fügt hinzu: inesse quin etiam sanctum et providum (feminis) putantwilde kraft der phantasie. und was man den zustand des hellsehens nennt, hat sich vorzüglich in frauen gezeigt., nec aut consilia earum aspernantur, aut responsa negligunt. Schon Jul. Caesar 1, 50: quod apud Germanos ea consuetudo esset, ut matres fam. eorum sortibus et vaticinationibus declararent, utrum proelium committi ex usu esset, nec ne; eas ita dicere; non esse fas Germanos superare, si ante novam lunam proelio contendissentNachtrag: Eine druias gallicana vaticinans wird erwähnt von Vopiscus in Aureliano 44, Numeriano 13. 14, Lampridius in Alex. Severo 60. dem Drusus tritt eine species barbarae mulieris humana amplior entgegen. Sueton. in Claudio cap. 1, Dio Cassius 55, 1. Chatta mulier vaticinans. Sueton. in Vitellio cap. 14. Veleda erhält geschenke: Mumius Lupercus inter dona missus Veledae. Tac. hist. 4, 61. sie ist als göttin in eine neuere volkssage gebracht. Firmenich 1, 334. 335. über Albruna vgl. Haupts zeitschr. 9, 240. von Jettha erzählt man in der Pfalz, sie habe im wald einen stein gesucht und behauen. wer auf den gefeiten stein tritt, muß sich an dem ort niederlassen, kann nicht mehr fort. Nadler s. 125. 292. sie erscheint wie Pallas als städtegründerin. gleich Veleda hat Brynhild ihre halle auf einem berg und sitzt im thurm. Völs. s. cap. 25. Hother geht in den wüsten wald zu wahrsagerinnen und bescheidet dann das volk in edito montis vertice. Saxo gramm. s. 122. die weiße frau der fürstenhäuser erscheint auf schloßthürmen. die witte Dorte wohnt im thurm. Müllenhoff s. 344. wenn unglück naht, wächst der Pedasensenpriesterin ein bart. Herod. 1, 175. 8, 104. Frauen schneiden und lesen runen: Kostbera kunni skil rûna Saem. 252a, reist rûna Saem. 252b. Ornŷ reist rûnar â kefli. fornm. sög. 3, 109. 110. (sie war stumm geboren s. 107) auch im MA. verstehn sich frauen vorzugsweise auf schreiben und lesen. RA. 583..
Keinen namen eines germanischen vates hat die geschichte aufbewahrt, aber mehrerer wahrsagerinnen. Tac. Germ. 8: vidimus sub divo Vespasiano Veledam (als gefangene im triumph), diu apud plerosque numinis loco habitam. hist. 4, 61: ea virgo nationis bructerae, late imperitabat, vetere apud Germanos more, quo plerasque feminarum fatidicas, et augescente superstitione arbitrantur deas. tuncque Veledae auctoritas adolevit: nam ›prosperas Germanis res et excidium legionum‹ praedixerat. 4, 65 als die Cölner mit den Tenctern ein bündnis schließen sollten, entboten sie: arbitrum habebimus Civilem et Veledam apud quos pacta sancientur. Sic lenitis Tencteris legati ad Civilem et Veledam missi cum donis, cuncta ex voluntate Agrippinensium perpetravere. sed coram adire, alloquique Veledam negatum. arcebantur aspectu, quo venerationis plus inesset. ipsa edita in turre; delectus e propinquis consulta responsaque, ut internuntius numinis portabat. 5, 22: praetoriam triremem flumine Luppia donum Veledae traxere. 5, 25: Veledam propinquosque monebat. in den verlornen capiteln des fünften buchs wäre vermutlich ihre gefangenschaft erzähltStatius silv. I. 4, 90: captivaeque preces Veledae; er scandiert die ersten beiden silben kurz, und das scheint richtiger, als des Cassius Dio βελῆδα. Zeuß 436 will Βελέδα Βελίδα = Vilida. Graff 1, 800 hat ein n. pr. Wallodu. ich vergleiche den goth. frauennamen Valadamarca bei Jornandes cap. 48, und den thüring. ortsnamen Walada bei Pertz I, 308.. Dieser Veleda giengen andere voran: sed et olim Auriniam (schwerlich übertragung eines deutschen namens, wie etwa des altn. Gullveig; man mutmaßt auch Aliruna, Ölrôn, Albruna) et complures alias venerati sunt, non adulatione nec tamquam facerent deas. Germ. 8. Eine spätere, namens Ganna, führt Cassius Dio 67, 5 anΓάννα (al. Γαῦνα) παρϑένος μετὰ τὴν Βελῆδαν ἐν τῇ Κελτικῇ ϑειάζουσα, vgl. den mannsnamen Gannascus ann. 11, 18, 19; das fem. Ganna, dat. Gannane, noch in einer lothr. urk. von 709. Don Calmet ed. 1728. tom. 1. preuves p. 265.; im jahr 577 zog Gunthcramnus eine frau ›habentem spiritum phitonis, ut ei quae erant eventura narraret‹ zu rath (Greg. tur. 5, 14. bei Aimoin 3, 22 heißt sie mulier phytonissa d. i. πυϑώνισσα); einer noch weit jüngeren Thiota, die aus Alamannien nach Mainz gekommen war, gedenken fuldische annalen 79 im jahr 847 (Pertz 1, 365)überlieferungen, die Hubertus Thomas aus Lüttich, geheimschreiber des kurfürsten von der Pfalz, nach seinem buche de Tungris et Eburonibus. 1541 von einem alterthumsforscher Joan. Berger aus altem buche (libello vetustissimis characteribus descripto) empfangen haben will, und in seiner abhandl. de Heidelbergae antiquitatibus mittheilt, erzählen: quo tempore Velleda virgo in Bruchteris imperitabat, vetula quaedam, cui nomen Jettha eum collem, ubi nunc est arx heidelbergensis et Jetthae collis etiam nunc nomen habet, inhabitabat, vetustissimumque phanum incolebat, cujus fragmenta adhuc nuper vidimus, dum comes palatinus Fridericus factus elector egregiam domum construxit, quam novam aulam appellant. Haec mulier vaticiniis inclyta, et quo venerabilior foret, raro in conspectum hominum prodiens volentibus consilium ab ea petere, de fenestra, non prodeunte vultu, respondebat. et inter cetera praedixit, ut inconditis versibus canebat, suo colli a fatis esse datum, ut futuris temporibus regiis viris, quos nominatim recensebat, inhabitaretur, coleretur et ornaretur, vallisque sub ipsa multo populo inhabitaretur et templis celeberrimis ornaretur. Sed ut tandem fabulosae antiquitati valedicamus, lubet adscribere quae is liber de infelici morte ipsius Jetthae continebat. Egressa quondam amoenissimo tempore phanum, ut deambulatione, recrearetur, progrediebatur juxta montes , donec pervenit in locum, quo montes intra convallem declinant et multis locis scaturiebant pulcherrimi fontes, quibus vehementer illa coepit delectari, et assidens ex illis bibebat, cum ecce lupa famelica cum catulis e silva prorupit, quae conspectam mulierem nequicquam divos invocantem dilaniat et frustatim discerpsit, quae casu suo fonti nomen dedit, vocaturque quippe in hodiernum diem fons luporum, ob amoenitatem loci omnibus notus. Es wird jetzt kaum angehen, zu scheiden was hierin echte sage sein kann und was die gelehrsamkeit des 16 jh. zur verherrlichung der neuerbauten pfalz Heidelberg (= Heidberg) zudichtete; selbst das fenster auf dem hügel mag dem thurm der Veleda nachgebildet scheinen, obgleich auch Brynhild auf dem felsen wohnt und einen hohen thurm hat (Völs. saga cap. 20. 24. 25), vgl. Menglöđ (ahd. Maniklata?) mit neun jungfrauen zu ihren knien auf dem felsen (Sæm. 110. 111). Wäre der zauberin name statt Jettha Heida, so würde das zu der örtlichkeit besser stimmen, und vielleicht das altn. Heiđr darin wiederklingen.. wie Cassandra den untergang von Troja verkünden unsere weissagerinnen das ende der welt (s. unten) und Tacitus ann. 14, 32 erwähnen britischer druidinnen mit den worten: feminae in furore turbatae adesse exitium canebant vgl. 14, 30. in Völuspâ liegt uns aber das erhabenste beispiel vor.
Jene grauhaarigen, barfußen wahrsagerinnen der Cimbern bei Strabo (vorhin s. 45), in weißem gewand, linnenem wamms und mit ehernen spangen gegürtet, die gefangnen im kriege schlachtend und aus dem blut im opferkessel weissagend, erscheinen wie grauenhafte hexen gegenüber der bructerischen jungfrau; neben der divination üben sie zugleich priesterliches amt. ihrer genau geschilderten kleidung müsten wir die der priester vergleichen können.
Zwar im dienste der göttin (Tac. Germ. 40) zeigt sich gerade ein priester, der ihr wagengespann lenkt, umgekehrt treten nordische dienerinnen der götter auf. aus einer merkwürdigen, vom christlichen verfasser sichtbar gehässig dargestellten erzählung der Olaf Tryggv. saga (fornm. sög. 2, 73 ff.) läßt sich wenigstens entnehmen, daß in Schweden Freys unter dem volk umziehenden wagen eine jungfrau begleitete: Frey var fengin til þionosto kona 80 ûng ok frîd, sie wird genannt kona Freys. Sonst heißt eine priesterin gyđja, hofgyđja, ganz nach gođi, hofgođikönnte das nhd. götte, gothe, goth für taufpathin (susceptrix e sacro fonte) von einem ähnlichen heidn. ausdruck übrig geblieben sein? Morolt 3184 gode von der getauften jungfrau., vgl. Turiđr hofgyđja. Islend. sög. 1, 205. þorlaug gyđja Landn. 1, 21. Steinvör und Fridgerđr. sagabibl. 1, 99. 3, 268.
Aber auch die nordischen quellen heben weniger das priesterliche amt der frauen, als ihre gleichsam höhere gabe der weissagung hervor.
perita augurii femina. Saxo gr. 121. Valdamarr konûngr âtti môđur miök gamla ok örvasa, svâ at hun lâ î rekkju, en þo var hun framsŷn af Fîtons (Pythons) anda, sem margir heiđnir menn. fornm. sög. 1, 76. Hierher scheint die in den begrif eines übernatürlichen, höheren wesens, wie dort bei Veleda, greifende benennung dîs (nympha, numen) gehörig. vielleicht nicht zufällig heißt die spâkona verschiedentlich Thôrdîs (Vatnsd. p. 186 ff. fornm. sög 1, 255. Islend. sög. 1, 140. Kormakkss. p. 204 ff.), dîs aber, ein uraltes wort, dem ich früher das goth. filudeisei (astutia, dolus) verglichen habe, scheint nichts anders als das ahd. idis, alts. idis, ags. ides (femina, nympha). Gleich berühmt und verbreitet war der name völva, der allgemein eine zauberhafte wahrsagerin (Vatnsd. p. 44. fornm. sög. 3, 214. fornald. sög. 2, 165. 166. 506) bezeichnet, und dann auf eine bestimmte mythische Völva geht, von welcher eins der ältesten eddischen lieder Völuspâ handelt. entweder steht hier völu für völvu, oder es läßt sich die ältere form Vala (gen. Völu) behaupten, beiden würde ein ahd. Walawa oder Wala, das an jenes nur anders abgeleitete Walada mahnen kann, entsprechen. in der saga Eiriks rauda tritt Thorbiörg, die kleine Vala auf (edda Sæm. hafn. 3, 4). Heiđr heißt nicht bloß die völva der edda (Sæm. 4b vgl. 118a), sondern auch die der Orvaroddssaga; vgl. sagabibl. 3, 155. Hyndla (canicula) die auf wölfen reitende, in der höle wohnende weissagerin. ich vermute, auch die jungfrauen Thorgerđr und Irpa (fornm. sög. 2, 108 3, 100. 11, 134–137, 142. 172), denen fast göttliche ehre widerfuhr und der beiname hörgabrûđr (nympha lucorum), aber auch der name guđ (numen) Nialss. cap. 89 gegeben wurde, sind aus dieser reihe nicht auszuschließen. ebenso ist in den valkyrien außer dem göttlichen zugleich etwas priesterliches, man erwäge ihre jungfräulichkeit (s. cap. XVI.Nachtrag: Zu den nordischen wahrsagerinnen gehören noch Grâa völva. Sn. 110 und Göndul fornald. s. 1, 398. 402, eine valkyrie, deren name wol von gandr (s. 880. 348) abzuleiten ist. Thorgerđr und Irpa heißen neben hörgabrûđr auch Hölgabrûđr nach ihrem vater Hölgi. (kl. schr. 4, 278. 279. s. 94). eine slavische pythonissa geht dem heer mit dem sieb voran (s. 931), slavische wahrsagerinnen erwähnt Saxo gramm. 827. vgl. die altpreuß. waidlinne. Nesselmann vorr. s. 15.).
Wir werden auf die, nach einem tiefen zug unserer mythologie, in das übermenschliche streifenden klugen und weisen frauen und noch andere ihnen zuständige namen zurückkommen; hier sollte ihr zusammenhang mit opfern, weissagung und priesterthum dar gethan werden. 81