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Die Tendenzpoeten
Redet Ihr stets von der Zeit, der Idee und von dem Jahrhundert,
Weiß man wahrhaftig nicht, wie man Euch selber kommt bei.
Habt Ihr Talent; wie soll man, was Euer, wohl sondern und scheiden
Von dem himmlischen Stoff, dem Ihr das Beste verdankt?
Habt Ihr es nicht; wer tadelte gern, wenn ein Pfeilschuß
Leicht den Apfel wohl trifft, aber auch leicht die Idee?
Das ist der Mut der Kritik, daß man das Jahrhundert zu achten
Wagen muß, wenn sich das Nichts rühmet, sein Sprößling zu sein.
Ein Student fragt nach der Vorlesung beim Hinausgehen
Mit Verlaub, Herr Professor, die Reisebilder von Heine,
Denken Sie Gutes davon?
Der Professor, sich besinnend:
Heyne? von Heyne? bei Gott
Kann mich wahrhaftig nicht gleich – der treffliche Archäologe
Heyne? schrieb der denn je einen Reisebericht?
Der Deutsche Buchhandel
Nicht mit dem Genius im Bund; nein, nur im Bund mit dem Stahlstich,
Beut' ich Länder und Meer, Himmel und – Taschen noch aus.
Die Deutsche Literatur
Indolenz der Kritik, die Preisermäßigung, Mißgunst
Unter den Schreibenden selbst, alles vermehrt den Ruin:
Während der Britt' und Franzos die heimischen Stümper verdeutscht sieht –
Soulie, Paul de Kock, Bozens Fuselhumor.
Ein Professor der Ästhetik im Jahre 1839 sein Kollegium schließend
Endlich zuletzt von Tieck der Aufruhr in den Cevennen –
Weiter gehen wir nicht. Was dahinter noch kömmt,
Ist der Rede nicht wert. Seit achtzehnhundert und dreißig
Warten wir leider umsonst noch auf den folgenden Band.
Das Endresultat des »jungen Europa« von H. Laube
Stolz durchwandelt er da die Parkanlagen von Muskau,
Träumt, ein Dichter zu sein, träumt, von Adel zu sein:
Hinter ihm her ein Jokey, das Fürstlich Laubische Wappen
Auf den Knöpfen: Glaceehandschuh' im goldenen Feld!
Hinter den Bäumen ruft ihm die Fürstin Constanze: Valerius,
Ist es Ihr Ernst, mon ami; sind Sie, bei Gott, Ökonom?
»Ja, andalusisches Weib, nach lauter verfehlten Tendenzen
Brenne Kartoffeln ich jetzt, baue mir selber den Kohl.«
H. Heine
Daß er sich
selbst nur bezweckt, soll man dem Dichter nicht wehren;
Wäre dies
Selbst nur so groß, herrlich und weit wie die Welt!
Heines Produktivität
Heines Salon No. 4 wird bringen: Erstens ein Dutzend
Lieder, das einmal bereits stand im Salon No. 1,
Dann die Gellert'schen Fabeln und Anekdoten von Müchler,
Ferner ein klein A-B-C für den Schulengebrauch,
Endlich zuletzt ein Exzerpt aus Bröders latein'scher Grammatik,
Mensa durchdekliniert – alles zusammen, damit
Man die Zensur vermeidet, auf zwanzig Bogen nicht drunter!
Bin ich nicht immer noch jung, bin ich nicht immer noch reich?
An D. F. Strauss
Als die Mutter Dir starb, da hat sie Dir sicher gelobet:
»Hast Du geirrt, mein Sohn, ruf ich's von drüben Dir zu;
Hab' ich den Heiland geseh'n und seine Male berühret,
Hat er ob dem, was Du schriebst, finster das Auge gerollt,
Komm' ich des Nachts Dir im Traum und warne Dich, weiter zu wandeln
Auf dem Wege, den Dir, David, Dein Genius wies!«
Siehe, Du träumst und träumst, und die Mutter kommt Dir im Traume;
Aber sie lächelt Dir nur, lächelt Dir seligen Mut.
Guter Rat
Hunderte sagen mir oft: »Ach, hängen Sie den Telegraphen
An den Nagel doch auf! Sie zersplittern sich nur!
Lassen Sie andre das Feld der kleinen Chronik des Tages;
Kritisieren Sie nicht, polemisieren Sie nicht!
Himmel, wenn man stets nur Sie hört im Harnische rasseln,
Wagt sich da einer heran, wenn er es treulich auch meint?
Seh'n Sie, ich würde Sie gleich mit Ehrenkränzen beschenken;
Aber – ich tue es nicht; Teufel, ich wär' ja ein Narr;
Morgen erscheint die Kritik, in der Sie der neusten Novelle,
Die ich geschrieben, vielleicht machen den kürz'sten Prozeß.
Hol' der Henker Ihr Blatt! Sie kommen nicht auf! Repressalien
Nimmt ja ein jeder, dem Sie die Meinung gesagt.
Seh'n Sie die Lyriker an, den Grün, den Freiligrath, Lenau,
Kritisieren die auch? Ach, die hüten sich wohl!
Sperlinge hießen sie nur die Nachtigallen der Lyrik,
Pfiffen sie kritisch auch mal einem ein Sterbelied vor!«
Und ich höre dies wohl und höre die Adria rauschen,
Wo ich Muscheln am Strand läse viel lieber als Boz,
Bulwer und Marryat, lieber als Kühne's Klosternovellen,
Muscheln am Strand, wie ein Kind, das an der Farbe sich freu't;
Höre das Wiehern und Jauchzen der Lazaroni Neapels,
Die mir doch Ritter sind gegen Gamins de Berlin;
Höre das Rauschen des Römischen Corso, das wandelnde Glöcklein,
Das die heil'ge Monstranz kündet dem Sterbenden an;
Hör' an der Villa Virgils, am Lago di Garda die Pinien
Flüstern, die ich begrüßt einst schon in besserer Zeit:
Höre dort drüben das Wimmeln Venedigs, indessen doch hüben
Man mit dem Gondelier feilscht, selig die Barke betritt
Und mit klopfendem Herzen die ew'gen Lagunen hinabwogt.
Käme doch nächtlich ein Gott, spannte den Pegasus aus,
Der am Fuß des Parnaß, statt im Grünen zu weiden, nur Furchen
Zieht für Gerste und Korn, für Hafer und Flachs!
Frage an die Zukunft
Wann wird kommen der Tag, wo die Wahrheit auf
Dächern zu schauen,
Wo die Zunge das Herz, dieses die Zunge befreit?
Besinnung
Zieh den Stachel zurück, Epigramm! Die Fürsten in Deutschland
Schellen am Klingelzug nur – und Dein Sänger verstummt.