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Nachmittags um fünf im Kasino.
Das letztemal hatte Hasse diese Räume im Jahre 1911 betreten. Damals hieß er noch Eugen von Sprauhn und war Oberleutnant im k. u. k. Dragonerregiment Nr. 14. Damals war er jung – ein verwegener Bursch, der allen Frauen keck unter die Hüte schaute und sich den Teufel darum scherte, von wem sie begleitet wurden. Wenn ihm eine gefiel, verlor er keine Zeit, um sie davon auf irgendeine Weise in Kenntnis zu setzen. Vier Wochen war er damals in Monte Carlo gewesen, hatte vierunddreißigtausend Frank verspielt und zwei Duelle oben auf dem Monte Agel ausgefochten. Natürlich war jedesmal eine Frau die Ursache. Sein Oberst zitierte ihn telegraphisch in die Garnison zurück.
Nun kam er in das Kasino wieder zurück. Dieses Mal als ein Mann, der keinem Menschen mehr auf der Welt Gehorsam und Rechenschaft schuldig war. Als ein Mann, der zwanzig Jahre lang in einer Kerkerzelle geschmachtet und dessen täglicher Spaziergang sich auf eine Stunde monotonen Dahintrabens in einem engen Hof beschränkt hatte.
Fremd war ihm alles. Die Erinnerungen, die das Archiv seines Hirns aufbewahrt hatte, waren verblaßt. Sie hatten keine Farben, kein Leben mehr. Die Qual jener zwanzig Jahre verwischte und zerrieb alles. Nun stand er in dieser längst schal gewordenen Pracht des Kasinos, starrte in der Vorhalle auf die Landschaftsbilder, die einst so berühmten. Stand dann mitten im Trubel der Spielsäle, hörte das Klicken der kleinen Elfenbeinkugeln, die eintönigen Stimmen der Croupiers …. Erinnerung kam zurück und malte die Farben lebhafter. Aber mit kalten Augen sah er auf dieses Bild. Man lernt um in solchen zwanzig Jahren. Narren schienen ihm die Menschen alle, die sich um diese grünen Tische drängten; Narren, wie er selbst früher einer war ….
»Sieht nicht schön aus!« hörte er Dale neben sich sagen. »Alles beinahe Mob …. Das spielt und regt sich auf, wenn es zwei Louis verliert. Und die Frauen? Entsprechend dieser phantastischen Summe, die ich eben zaghaft über meine Lippen brachte. Früher – ja, früher – –«
Frauen gab es die Menge, auch im Kasino von heute. Sie lauerten auf Beute. Kleine Dirnchen aber nur, die mit einem Betrag zufrieden waren, den ihre Vorgängerinnen als Trinkgeld ihren Masseuren zu schenken pflegten. An diesen Tischen, an denen früher die schönsten Frauen der Welt saßen, russische Fürstinnen, österreichische und ungarische Gräfinnen, französische Lebedamen großen Stils, saß jetzt Kleinzeug. Gepudert, geschminkt, bemalt. Schwindel von innen und Schwindel nach außen ….
Aber die Leidenschaft füllte diese Säle immer noch. Die großen Spieler waren natürlich nicht da. »Mob« – wie Lewis J. Dale sagte. Das hohe Direktorium der Bank kam aus den Sorgen nicht heraus. Die Bank rentierte sich nicht mehr: Die Opfer, die sie schor, hatten zu mageren Pelz. Die Engländer fehlten, die Amerikaner. Deutsche, Österreicher und Ungarn? Die hockten zu Hause und rechneten nach, was sie bei den verschiedenen Bankkrachen verloren hatten. Weltkrise auch im Kasino von Monte Carlo ….