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43

Jetzt kam der riesige Schwarze ins Zimmer. Seine langen Arme, die in ungeheuren Pranken endeten, hingen ihm fast bis auf die Knie herab. Er war ein ehemaliger amerikanischer Boxer, den de Reux aus dem tiefsten Sumpf New Yorks herausgefischt hatte.

»Murran«, sagte sein Herr zu ihm, »bring das Gepäck des gnädigen Fräuleins aus ihrem Zimmer! Und trag auch meinen Koffer hinunter ins Boot! Rasch! Ich habe nicht viel Zeit zu verlieren.«

Sprauhn bewegte sich nicht. Er ließ die Augen nicht von de Reux. »Sie – Hahn! Ueberlegen Sie sich, was Sie tun! Mit derlei Komödien kommt man heutzutage nicht mehr durch ….«

Der Neger stand zwischen ihm und der Tür und wartete.

De Reux zog aus der Lade einen kleinen, aber sehr ernsthaft aussehenden Browning. »Geh!« herrschte er seinen schwarzen Leibgardisten an. »Und du, Valerie, zwing' mich nicht, von dem Ding da Gebrauch zu machen! Es wird vielleicht unvorsichtig sein, wenn ich diesen Ritter von der traurigen Gestalt hier niederknalle. Aber ich werde auf jeden Fall eine persönliche Befriedigung davon haben. In zwei Stunden müssen wir in Hyères sein – dort wartet der Aeroplan. Also schnell! Mach!«

»Sofort!« Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging hinaus.

»Valerie –!« Sprauhn wollte ihr nach.

Sie verschwand in der Diele, wie wenn sie ihn gar nicht hörte.

Hinter ihm das Lachen de Reux'. »Es scheint doch, als ob ich zum Schluß recht behielte? Keine Dummheiten, Mann! Wir zwei sind jetzt allein …. Ich kann sehr gut schießen. Herr Anton Slevan hat das selbst erfahren müssen – dieser Trunkenbold! Und Sie, hochedler Herr? Ihnen hab' ich den Fußtritt von damals nicht vergessen …. Ah – Sie erinnern sich natürlich nicht? Ein Offizier in einem hochfeudalen Dragonerregiment denkt sich nichts weiter dabei, wenn er einem armen Teufel von Kammerdiener einen Tritt versetzt …. Aber so etwas schmerzt und brennt …. Verstehen Sie? Wenn es nur halbwegs ginge, würde ich Sie hier niederschießen, wie einen tollen Hund – so, wie Slevan ….« Er redete sich in Wut. Aber seine Wut war nicht, wie die Sprauhns, explosiv, siedehitzig; sie war kalt, gefühllos.

Auf der Diele Stampfen und Poltern. Der Neger schleppte die Koffer hinunter.

Gleich darauf war Valerie zurück. Sie hatte einen kleinen Hut auf, trug ein Necessaire in der Hand und einen Regenmantel über'm Arm. »Jerry habe ich oben gelassen – den werde ich später holen!« sagte sie und ging, ohne einen Blick auf Sprauhn zu werfen, durch die Tür hinaus in den Garten.

Er sah, wie sie die Treppe hinabstieg und sich der Mole zuwendete, an der das Boot lag.

»Nun?« fragte de Reux. Er genoß seinen Triumph.

Sprauhn wußte nicht, was er denken sollte. Er stand und starrte und starrte ….

Ein dunkler Schatten fiel in das Zimmer: Murran kam über die Terrasse. »Es ist alles im Boot, Herr!«

»Mein Hut auch? Meine Handtasche? Alles?«

»Alles.«

»Gut! Du wirst diesem Herrn hier Gesellschaft leisten. Es ist jetzt sechs Uhr. Vor neun verläßt er dieses Zimmer nicht! Verstanden?« Er machte Sprauhn eine tiefe Verbeugung, warf den Browning in die Luft, fing ihn wieder auf, steckte ihn in die Tasche und ging hinaus.

Sprauhn erwachte aus der Erstarrung. Mit zwei schnellen Schritten war er an der Tür, doch des Negers riesige Faust legte sich ihm auf die Schulter. »Sie haben gehört, Monsieur?« Die Sprache war ebenso höflich wie der Griff deutlich.

Sprauhn, bei all seiner Größe und Kraft, war diesem schwarzen Hünen nicht gewachsen. Er mußte also zusehen, wie Hahn in das Boot stieg, dann Valerie hineinhalf, die Kette abwarf und sich an den Motor setzte. Man hörte das Surren der Kolben: Der Renner schoß in das freie Wasser hinaus. De Reux saß am Steuer und drehte sich noch einmal zurück ….


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