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Paul G. Olem hatte es schließlich aufgegeben, an diesem Abend noch Djojo zu finden. Er stieg in einem Hotel in der Bellevuestraße ab, badete, zog seinen Smoking an und aß in der Hotelbar. Er stand eben vor dem kalten Büffet, als der Mixer einen Herrn an der Bar auf ihn aufmerksam machte. Sie warfen einen Blick auf die Nachtausgabe und verständigten den Oberkellner, der den Direktor rief. Als der in die Bar kam, waren bereits die Augen sämtlicher Gäste auf Paul G. Olem gerichtet, der, ohne auf die Menschen zu achten, damit beschäftigt war, einen Hummer zu zerlegen.
Schließlich erhob sich an einem Ecktisch ein Herr im Frack, dem seine beiden Damen keine Ruhe ließen, trat, ein Sektglas in der Hand, etwa bis zu drei Schritt an den Tisch Paul G. Olems heran und rief in englischer Sprache:
»Kapitän Alfred Habel! Wir schätzen uns glücklich, in einem Raum mit Ihnen zu sitzen! Gestatten Sie, daß wir auf Ihr Wohl trinken! Der große Aviatiker und Amerikaner Kapitän Alfred Habel, er lebe hoch!«
Alle Gäste waren aufgesprungen und stimmten in das Hoch ein, während Paul G. Olem sich von seinem Hummer losriß, etwas verdutzt den Redner und die Leute ansah, schließlich aufstand und sich kurz verbeugte.
Damit war das Zwischenspiel aber nicht erledigt. Paul G. Olem fühlte sich unbehaglich und wollte eben unter Verzicht auf sein Abendessen die Bar verlassen, als ein Dutzend Damen seinen Tisch umstellten und ihn um ein Autogramm baten. Paul G. Olem lehnte ab, wegen Müdigkeit – aus Prinzip – es half ihm nichts. Die Damen drängten – und dem Zwange folgend schrieb Paul G. Olem jetzt zwanzigmal den Namen des Kapitäns. Eine der Damen schlug vor, einen »Flugfonds Alfred Habel« zur Förderung der deutsch-amerikanischen Luftschiffverbindung zu gründen, nötigte ihren Mann an den Tisch Paul G. Olems heran und zeichnete tausend Mark. Innerhalb einer Viertelstunde waren unter Beteiligung der Gäste im großen Saal über vierzigtausend Mark gezeichnet.
»Gründen wir einen Klub!« rief ein Herr.
Vergebens wehrte sich Paul G. Olem und ging in seiner Abwehr sogar so weit, zu erklären:
»Es ist mir bekannt, daß, wenn drei Deutsche zusammenkommen, sie einen Verein gründen. Ich bin Gegner jedes Zusammenschlusses von Menschen und ziehe es vor, für mich zu bleiben.«
Der Erfolg war, daß eine Dame auf einen Stuhl stieg und rief:
»Der Ehrenvorsitzende des Aeroklubs Habel, der Kapitän Alfred Habel, hurrah! hurrrahh!! hurrrahhh!!!«
Laute Rufe. – Die Kapelle, die vom Saal in die Bar übersiedelte, brachte einen Tusch aus. – Es bildete sich ein Klubkomitee. – Die Gründerliste wurde ausgelegt und gezeichnet.
Aber! – Ein zufällig im Saal speisender Sekretär der englischen Botschaft, der schon beim Anblick der in der Nachtausgabe erschienenen Bilder den Kopf geschüttelt hatte, ging in die Bar, um den ihm gut bekannten Kapitän zu begrüßen. Als er statt des blassen, schlanken, eleganten Alfred Habel den breitschultrigen Paul G. Olem sah, schob er ein paar Damen und Herren unsanft zur Seite, ging auf ihn zu und rief ihm ins Gesicht:
»Herr, Sie sind ein Hochstapler, aber niemals der Kapitän Habel!«
Paul G. Olem sprang auf. – Tosender Lärm brach aus. Die um eine Sensation betrogenen Herren sahen sich blamiert – mehr noch die Damen. Sie fielen über Paul G. Olem her, der mit seinen breiten Schultern zum Ausgang drängte. Als er sich endlich bis zu der kleinen Treppe, die ins Vestibül führte, durchgekämpft hatte, standen da schon zwei Polizisten, die ihn am Arm nahmen und aufs Präsidium führten. Und der Wachthabende erklärte:
»Intellektuelle Urkundenfälschung, Urkundenfälschung und Betrug – und dringender Verdacht der Teilnahme an der Putschaffäre.«