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Rosalie an Marianen.
Ich wundre mich nicht über die mehr als gewöhnliche Kürze Ihres letztern Briefes; die zunehmende Schwäche und das Sterben Ihrer Tante, neben der Krankheit Ihres Herrn Bruders, sind Entschuldigung genug; mögen Sie nur auch immer Kräfte genug haben, alles zu tragen, was Sie übernahmen, und Ihren Plan auszuführen! Aber Sie schrieben mir letzthin:
»Ich fühle Segen bei der treuen Mühe, die ich mir gebe, wohl für Alles zu sorgen: – Nie war ich gesünder, nie muthiger, nie hatte ich mehr Freude über Ordnung, als jetzt, da ich sehe, daß acht verschiedene Hausbedienten über die neueingeführte Ordnung froh sind, meines Bruders Nutzen dadurch befördern, und sich dabei zu einem Stolz erhaben fühlen, der sie glücklich macht.«
Ach Mariane! der Geist Ihrer edeln Mutter ruht ganz auf Ihnen, und Sie sind also in Allem neue Stifterinn des Wohlstandes Ihrer Familie; gewiss ist über jeden Ihrer Tage Segen des Himmels ausgegossen – die Vorsicht lasse Sie ihn genießen, und gebe Ihnen Wohlseyn, so wie Sie es um sich verbreiten! Aber alles dieß wird für mich Aufforderung zu grosmüthiger Theilnahme an dem Glück Anderer, und zu gelassenem Hingeben meiner innigsten Wünsche.
Cleberg sagte mir: Wenn Ihr Herr Bruder sich wieder besser befinde, so führe er mich auf einige Tage zu Ihnen. Ich dankte ihm zärtlich für diesen freundlichen Entwurf – es war lindernder Balsam in eine brennende Wunde: denn, Mariane, ich vermisse Sie noch immer mit Schmerzen; doch ich soll Sie nachahmen, und den Beruf, nützlich zu seyn, allem vorziehen, damit meinen Kindern das Beispiel davon in mir gegeben werde. – Ich will es auch thun, und ich glaube, ich mache die Sache recht artig. Fragen Sie nur meinen Oncle und Cleberg darum. Dachten Sie aber wohl, daß Ihr kleines Briefchen uns den Anlaß zu großen Betrachtungen über die erste Anlage zu Tugend und Fehlern geben würde? Es war die Zeile, wo Sie von Jemand sagten:
»Stolz und spöttisch in Gesundheit und Glück – niedergeschlagen und bitter in Krankheit und Kummer.« –
Eitelkeit, in der ersten Jugend genährte Eitelkeit giebt diese Fehler (sagte mein Oncle). Buben, die etwas Geist – Mädchen, die eine Anlage zu Schönheit blicken lassen, schmeicheln der Eigenliebe der Eltern; man horcht auf jedes Wort des Papageyen; man betrachtet jeden Zug des Meerkätzchens mit Bewunderung, und pflanzt also die Keime der Selbstgefälligkeit in die jungen Seelen, bis der Knabe am Ende das Schwätzen für Verdienst, und das Mädchen den Putz und ihr Gesicht für Tugend hält; und je nachdem die Umstände den Eltern einen Rang und Vermögen dabei gaben, so vermehren die Schmeichler unter den Bekannten des Hauses und die Domestiquen diese Eitelkeit, welche dann in dem Sohn jede edle männliche Gesinnung erstickt, und die Tochter zu einer eiteln Thörinn macht. –
Sie können nicht glauben, mit was für einem Eifer mein Oncle dieses vorbrachte; und als ich sagte: Aber, theurer Oncle! – das sind wohl auch sehr mittelmäßige und begränzte Köpfe, Väter und Mutter, bei welchen dieses geschieht – so sagte er: »Mittelmäßige Köpfe! – Wollte Gott, Rosalie; aber, leider! Stolz der Eigenliebe greift die edelsten Seelen, selbst Weise, an.« – Er gieng nun eilends weg, kam sogleich wieder, und brachte die Briefe des jungen Lord Litteltons mit sich, von welchen er dann die Untersuchung vorlas, welche der Bösewicht über seine Fehler angestellt hatte, und dabei ganz dreiste seinen so großen, so edeln und weisen Vater, seinen Oncle, und seine vortrefliche Mutter, als Urheber seiner Laster anklagte, weil sie in der ersten Jugend zu viele Güte, zu viele Gefälligkeit für ihn hatten; alles, was er sagte, artig fanden, und selbst beleidigende oder verwegene Ideen belobten, und als Funken des Genies betrachteten. – Der nichtswürdige Mann! – Ich hörte mit Widerwillen zu; er empörte mich: denn ich habe alle Werke seines verehrungswerthen Vaters gelesen, und besonders die Briefe geliebt, welche er dem undankbaren Sohn über die englische Geschichte und Gesetze schrieb. – Mein Oncle war, möchte ich sagen, muthwillig genug, sich Mühe zu geben, mir eine Art Zutrauen auf das Urtheil dieses bösen Menschen einzuflößen, weil er mir auch den Brief vorlas, in welchem der Satan der Tugend huldigte. – Da er von einer vortreflichen und höchstliebenswerthen Lady sagt: »Daß sie ihm stets ihr Haus verschloß, und auf einem öffentlichen Spaziergang, wo er sie anredete, ihm die Ursache sagte – so bekennt er: »Daß die Lady Recht hatte, einem so unverschämten Menschen, wie er sey, ihren Umgang zu versagen; – er würde aber ihren Geist, ihre Tugend und Schönheit ewig verehren.« Auch wiederholt er diese Ausdrücke in einem Brief, wo er ihren Tod beklagt. Durch diese Anerkennung des Werthes der Tugend wollte mein Oncle den Ausdrücken des Tadels über seine Eltern ein Gewicht geben; ich wollte aber schlechterdings nichts als die Anmerkungen meines Oncle annehmen: der Bösewicht Littelton war mir zuwider.
Nach diesem wurden die Anlagen des Charakters und Verstandes meiner Kinder genau untersucht, und Entwürfe gemacht, dem Versehen der Eitelkeit vorzubeugen. – Ich freue mich seit diesem Augenblick doppelt, sagen zu können, daß mein Karl eher zum Denker als zum Schwätzer geboren ist, und deswegen habe ich auch bei dem Kleinen eine Sorge weniger, weil Wilhelm seinen Bruder so innig liebt, daß er in allem sich an ihn schmiegt, und also gewiß auch den Ton seiner Sitten am ersten nachahmt. – Cleberg lehrt sie dabei gut reden, da er, ohne auszusetzen, alle Abend den Kleinen eine Stunde schenkt, wo sie ihm von dem, was sie lernten, und was sie den Tag über freute, erzählen müssen, und er an sie immer nützliche Fragen thut, und ihnen richtige Begriffe von den Worten und Ideen giebt. Auch manchmal, wenn er Zeit hat, sie lange zu sehen, widerspricht er ihnen, scherzt und spottet ein wenig, um sie zu gewöhnen, dieses in allen Menschengesellschaften vorkommende Betragen mit guter Art anzunehmen und zu erwiedern. Nachdem sagt er mir allein seine Bemerkungen über die Kinder in Lob und Tadel, damit ich meiner Seits in den Morgenstunden die Gelegenheit nehme, seine Erinnerungen mit andern Worten und in meinem Ton neu in ihr Gedächtnis zu graben. – Denn Uebereinstimmung der Grundsätze des Vaters und der Mutter ist, neben dem guten Beispiel der Eltern, Hauptsache der Erziehung im väterlichen Hause. Wie oft, meine Beste! danke ich dem Himmel, daß ich meinem Söhnen mit Zuversicht sagen kann: Folget den Fußtapfen Eures Vaters! O wünschen Sie mir, daß Cleberg stets meine Tochter auf mich verweisen könne!
Nun muß ich Ihnen sogleich eine edle Handlung von meinem Cleberg erzählen, die Sie überzeugen wird, daß meine Söhne verdienstvoll werden müssen, wenn sie ihm folgen.
Sie wissen schon lange, daß zwischen meinem Oncle und seiner Familie eine Erkältung herrschte, deren Grund ich nie vollkommen erforschen konnte; Sie wissen auch, daß ich viele Mühe brauchte, den lieben Mann nur in etwas auszusöhnen. Cleberg war edelmüthig mit der Hälfte des mir einst ganz zugedachten Erbes zufrieden; aber er that jetzo noch mehr: Er suchte unter einem fremden Namen die Kinder von der meinem Oheim verhaßten Schwester kennen zu lernen, und fand in ihrem zweiten Sohn einen wirklich vortreflichen Jüngling. Diesen ließ er durch einen Freund unseres guten Latten unterstützen und ausbilden; schickte ihn auf eine Universität, und nach Frankreich. Ueberall sammelte der junge Mann Kenntnisse, und vortrefliche Zeugnisse von seinem Fleiß und seinen Sitten folgten ihm nach. Cleberg sah ihn am dritten Ort, gab sich ihm zu erkennen, reiste, da er nach Hof mußte, zu den Eltern des jungen Mannes, und schlug ihnen vor, ihm diesen Sohn, unter dem Namen Waller, durch Herrn Latten zuzuschicken, mit dem Ersuchen, daß Herr Waller bei ihm die gute Landwirtschaft studieren möge, und in der Amtsstube arbeiten könne; – er wolle ihn dann in sein Haus und an seinen Tisch nehmen, wo er dem Oncle bekannt werden könne – und da der junge Mann viel Sanftes und Gefälliges in seinem Betragen habe, so würde er dem ehrwürdigen, aber etwas ernsten Oncle gewiß mit der Zeit lieb werden, Cleberg und ich aber ihm alle Anweisung geben, die Zuneigung des lieben Alten zu gewinnen, weil wir ihn zu kleinen Diensten im Vorlesen, Spazierengehen, wenn er ihn allein sehe, u. s. w. anweisen würden. – – Auf diese Art kam wirklich der junge Mann in mein Haus, und nach so vielen Jahren der Entfernung von allen diesen Verwandten trat der edle gute Jüngling wieder in die Rechte der Freundschaft, welche immer zwischen Neffen und Oheim erhalten werden sollten. Cleberg selbst lehrte ihn so vorlesen, wie mein Oncle es liebt; sagte ihm alles, was dem alten Mann angenehm seyn konnte – und der liebe Greis heftete sich an den jungen Mann, äusserte aber manchmal die Sorge, daß er ihn zu viele Zeit kosten würde. – Da sagte aber mein Mann: Daß ihm der Umgang meines Oncles mehr nützen könnte, als die Canzleiarbeit des Nachmittags, wo immer nur mechanische Beschäftigungen vorkämen: Und auf diese Art will er eine vollkommne Versöhnung bewirken. – Ist dieses nicht schätzbar? – Und ist die Verbindung der Freundschaft mit Latten, mit Otts und ihren vortreflichen Weibern, nicht das beste Glück, das man ausser seinem Hause geniessen kann?
Frau Grafe hat wohl Recht, zu sagen: »Das Schicksal hat uns in einen günstigen Boden zusammengepflanzt, wie es oft schöne Baumkeime von verschiedener Gattung zusammenführt, und sie aufwachsen läßt, daß Große und Kleine in ihren Schatten und ihrer Schönheit glückliche Tage finden.« – In Wahrheit, selbst Fremde heften sich gerne an uns, und nehmen von uns ein Liebesbild in ihre Heimath mit. – Gewiß! treue Erfüllung seines Berufs und liebreiches Betragen gegen seine Nebenmenschen erwerben immer Achtung, Vertrauen und Liebe. – Cleberg zeigte mir aufs neue die Stärke des schönen Stolzes, der ihn sagen machte: Daß er ohne anders der beste Landbeamte seyn will.
»Rosalie! (sagte er) die Zierlichkeit deines Wuchses hat drei Wochenbetten widerstanden, und deine geschmackvolle Nettigkeit giebt deiner Kleidung immer ein Ansehen von neuem Putz, ungeachtet deine Kleiderkammer seit zwei Jahren keinen neuen Anzug erhalten hat; du bist auch mit meiner Jagduniform zufrieden, die mir eben so viel Ausgaben auf meiner Seite erspart. Ich möchte das Geld, welches unsere Garderobe weniger kostet, auf das neue amerikanische Futtergras und andre fremde nützliche Pflanzen verwenden, die in das neuangelegte Stück Land taugen, wo ich ohnehin meinen guten Bauern ein neues Schauspiel bereite, wenn sie den16 Schuh hohen Hanf sehen werden, in dessen Schatten man spazierengehen kann.«
Sie können denken, wie gerne ich einwilligte, und mich freute, daß der Entwurf meines Mannes, das zwischen der Stadt und Seedorf öde liegende Sandstück anzubauen, so gut gerathen ist. Der unter dem Sand entdeckte Lettich wurde mit dem Sand vermischt, gab guten Boden, und nun, da Ott, Grafe, Latten und mein Oncle sich auch Stücke zu kleinen Pachthöfen zumessen lassen, so bekommen wir an der Landstraße hin recht artige Bauerhöfe, die auf Kosten der vereinten Freunde aufgeführt werden – wo aber auch, wie mein Oncle sagt, mein Mann und Latten eine Grille auferziehen. Denn diese Höfe werden nach Art der Bauergüter in der Normandie angelegt, da um das Haus, den Obstgarten und die Scheune ein Graben läuft, von dessen aufgeworfener Erde eine Art Wall entsteht, der mit Brennholz besetzt wird; denn da man diesen neuen Pächtern, ohne Beschädigung der alten, keinen großen Antheil an dem Gemeindewald geben kann, so gerieth Latten auf diesen Vorschlag. Der Vortheil, den die Leute davon ziehen werden, und ich glaube wohl, auch die Neuheit, machten, daß der Gedanke mit allem Eifer aufgefaßt wurde; und unser Latten, welcher ohnehin, einem jungen Kaufmann zu Liebe, mit seinem Fritz und Karolinen eine Reise nach Frankreich machte, gieng bis in die Normandie, und brachte einen wackern Landmann von dort mit sich, welcher alles sehr genau und ordentlich angeben kann; denn die Häuser selbst werden auch anders gebaut, als bei uns gewöhnlich ist. – Latten sagte mir jüngst: »Er habe auf dem Guthe Ihres Herrn Bruders eine öde etwas sumpfige Strecke Landes gesehen: und wenn einmal Ihr kluger Rath in Allem angenommen würde, so wolle er kommen, und mit Hülfe seines Normanns den Sumpf in Pachthöfe verwandeln. – Es ist ein sehr glücklicher Zufall für mich, welcher vier edle junge Männer zusammenführte, und durch ihre Freundschaft eine Kette von zusammenhängenden guten und nützlichen Handlungen bildete, welche sich nun bis in Ihre Gegend erstrecken wird. Warum machen nicht Mehrere solche Verbindungen? Denn sie sind gewiß eben so leicht auszuführen, als Gewerbs- und Fabrik-Gesellschaften, wo man alle Triebräder in einander greifen macht. Zwei meiner innigen Wünsche für Seedorf sind nun zu ihrer Erfüllung gekommen: Es ist kein Bauerhaus mehr da, an welchem nicht entweder Hollunder mit weissen oder blauen Blüten, oder Geißblatt und sogenannte Schneeballen, eine Bank an dieser oder jener Seite der Häuser beschatten. Cleberg sorgt bei unserm Fürsten und den Benachbarten für Verbesserung der Landstraßen, und mein Oncle hat einem hier wohnenden alten Pflasterer freie Stube, Bett und Unterhalt mit der Bedingnis gegeben, daß er durch die kleinen Buben im Dorfe nach ihren Schulstunden kleine Kieselsteine sammeln lasse, und sie dann lehre, längs den Häusern hin drei Schuh breit einen Weeg für die Fußgänger zu machen. Der alte Brunnen wird neu gefaßt, und im obern Theil des Dorfs einer gegraben, damit die Leute, welche dort wohnen, erleichtert werden.
Julie und ich haben vier große Felder in Pacht genommen, und mit Lein besäen lassen, damit wir für den künftigen Winter den fleißigen Armen etwas zu spinnen geben können; und mein Oncle will, wenn wir eine gute Flachserndte machen, Räder, Spindeln und Kunkeln schaffen.
Latten hat eine Wittib mit ihrer Tochter hergebracht, welche ehmals in sehr gutem Stand und Vermögen lebte, aber durch viele unvermeidliche Unglücksfälle nach dem Tode ihres Mannes ganz herabgekommen ist, und nun hier in einem kleinen Nebengebäude des Pfarrhauses eingemiethet ist, wo sie eine Näh- und Strickschule für unsere Bauermädchen errichtete, und ihnen daneben freundlich und einfach aus des Herrn von Rochow Leben und Schriften erzählt, auch von den Arbeiten andrer Mädchen in den übrigen Orten und Ländern sagt; sie zu Reinlichkeit und Ordnung ermuntert; ihnen auch öfters von ihrer Tochter einige nützliche Volkslieder bei dem Klavier vorsingen läßt. Sie können nicht glauben, was diese vernünftige und gute Frau für eine Aenderung in unsern Mädchen hervorbrachte; wie mancher Bauer sich schon freute, ein Hemd zu tragen, das seine Tochter nähte – daß vielleicht auch mancher braver Bauernsohn sich im Voraus durch eines dieser geschickten Mädchen glücklich denkt. –
Verbesserung des Lebens, der Denkart und Arbeit des Landmannes ist Hauptwunsch und Beschäftigung meines Clebergs geworden. Er hat mit Bestellung guter Schulmeister angefangen; und um den Leuten das Verbot, länger als bis acht Uhr in der Schenke zu sitzen, durch etwas angenehm zu machen, so bekommen alle Dörfer ein Exemplar von der Braunschweigischen Bauern-Zeitung auf seine Kosten, welche ihnen der Schulmeister vorlesen muß, und die Leute freuen sich jetzt sehr darüber. – Wenn er nun den Tag mit dieser schönen Erfüllung seiner Amtspflichten geendigt hat, so kommt die süße väterliche Stunde, welche er seinen Kindern wiedmet. Nach dieser sind wir, wie gewöhnlich, mit dem Oncle und Otts, in unserm Saal vereint. Zeitungen, neue Bücher, Musik, und eine mäßige freundliche Abendsuppe, schließen die Scene: aber Ihre Stelle ist unbesetzt, und Sie vermisse ich noch immer; der Tisch wird aber so gerückt, daß Ihr Bild uns allen zulächelt kann, denn ich leide nicht, daß Jemand so zu sitzen käme, Ihnen den Rücken zuzukehren – ich könnte es nicht dulden, selbst wenn wir alle versammelt sind, oder Fremde bei uns haben. – Sie sollten doch sehen, wie artig Ihre Pathe Nanny, an dem Nebentischgen, bei Otten und Linkens Kindern die Hausehre macht, ob sie schon nicht viel größer ist als ihre Puppe – aber es macht mich sehr glücklich, daß ich alles natürliche Geschick zu einem gutgesinnten und artigen Mädchen in ihr aufblühen sehe.
Montesquieu sagt wohl. » Erziehung thut alles.« Ich liebe den großen Mann, ich verehre ihn, und glaube ihm gerne – aber Erziehung kann doch keine Anlage geben – dieses kann nur die Mutter Natur. – »Und wir, sagt mein Oncle, können nichts besseres thun, als die Fähigkeiten und Neigungen unserer Kinder in den ersten Jahren auszuspähen, den ersten Gelegenheiten zu ihrem Anbau, und den zweiten lauter gute und edle Gegenstände vorzustellen.« – Ernst, sehr ernst setzte er hinzu: – Rosalie! vergesse nie, daß die Erziehung der Kinder in drei Zeiten getheilt wird – daß die erste Epoche der Mutter anvertraut ist; in der zweiten der Vater allein alle Anstalten zu machen hat, und in der dritten Beide vereint arbeiten müssen. – Vielleicht, Mariane, sind die vier ersten Jahre der Kinder die wichtigstem für Leitung zu Kenntnis und Güte! O wie wichtig für Mütter!