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An Agnes Wendt

Göttingen, den 23. Dezember 1796

Teuerste Freundin!

Ich weiß, Sie vergeben mir diese herzlich gemeinte Überschrift. Das Wort Base wollte mir nie recht gefallen und das von Cousine haben die neulichen Cousins wohl um allen Kredit gebracht.

Ich nehme mir die Freiheit, meine Teuerste, Ihnen unsere beiden Kalender für das Jahr 1797 hier zu überreichen und Ihre Sammlung, falls Sie eine gemacht haben sollten, durch die Beilage von den diesjährigen zu komplettieren. Warum ich voriges Jahr zurückgeblieben bin, habe ich Ihrem Herrn Vater erklärt.

Ihr kleines Patchen ist ein wahrer Engel geworden. Ich sage dieses nicht bloß als Vater, sondern in Wahrheit unter der Firma der Philosophie, deren Professor ich bin. Mir und allen meinen Freunden ist noch nie ein Kind von dieser Art vorgekommen. Künftigen März wird sie 3 Jahre alt, und dennoch hat sie sich es schon zur Regel gemacht, jedesmal bei meinen Collegiis sich um ¾ vor die Türe des Auditoriums zu stellen, die nach meinem Wohnzimmer führt. So wie ich herauskomme, nimmt sie mir Uhr und Dose ab, faßt mich bei der Hand und führt mich so zu der Mutter, wo ich schon allerlei zu meiner Bequemlichkeit, größtenteils durch die Kleine zurecht gelegt, bereit finde. Hierdurch hat das vortreffliche Kind nicht allein die Aufmerksamkeit aller Personen im Hause auf sich gezogen, sondern auch einiger außer dem Hause. Die Frau Professorin Arnemann, eine geborne Engländerin und vortreffliche Dame, die selbst ein Töchterchen von ungefähr gleichem Alter hat, läßt sie fast wöchentlich zu sich holen, wo sie gewöhnlich den ganzen Nachmittag bei ihr zubringen muß. – Sie sehen also, meine Teuerste, aus diesem unwidersprechlichen Exempel, wie viel in der Welt auf die Wahl guter Taufpaten ankömmt. ...

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